TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/22 W187 2184982-2

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Veröffentlicht am 22.05.2018
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Entscheidungsdatum

22.05.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W187 2184982-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.5.2018, XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 iVm § 22 Abs 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Vorverfahren

1.1 Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 22.3.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2 Bei der Erstbefragung am Tag der Antragstellung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen sowie dem islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung an, stamme aus der Provinz Nangarhar, wo sich seine Eltern, drei Brüder und eine Schwester aufhielten, und sei minderjährig. Er sei schlepperunterstützt über den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich gelangt, sein Zielland sei Norwegen gewesen. Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, seine Brüder seien bei der Armee, weshalb seine Familie durch die Taliban mit dem Tod bedroht worden wäre. Die Taliban hätten bei einem Angriff seinen Cousin getötet. Aus Angst um das Leben des Beschwerdeführers hätte sein Vater beschlossen, dass dieser das Land verlassen müsse. Außerdem sei die Sicherheitslage in seiner Provinz sehr schlecht; die Taliban und die Daesh seien sehr aktiv. Im Falle einer Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer, getötet zu werden.

1.3 Aus einem durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Auftrag gegebenen gerichtsmedizinischen Sachverständigen-Gutachten zur forensischen Alterseinschätzung vom 6.10.2016 ergibt sich ein im Bereich der Minderjährigkeit gelegenes Mindestalter des Beschwerdeführers zum Untersuchungszeitpunkt.

1.4 Nach Zulassung seines Verfahrens erfolgte am 13.7.2017 eine niederschriftliche Einvernahme des - zwischenzeitlich volljährigen - Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer gab eingangs an, sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen, er sei gesund und benötige keine Medikamente. Bis dato habe er wahrheitsgemäße Angaben erstattetet. Er habe seine Heimat im Jahr 2016 verlassen, er stamme aus einem Ort in der Provinz Nangarhar, wo er etwa sieben Jahre lang die Schule besucht hätte. Er sei ledig und habe keine Kinder; er habe drei Brüder und eine Schwester, über den aktuellen Aufenthaltsort seiner Familie wisse er nicht Bescheid. Der Beschwerdeführer habe zuletzt vor seiner Ausreise Kontakt zu seiner Familie gehabt. Der Beschwerdeführer habe sich zuletzt bei seinem Onkel mütterlicherseits aufgehalten, welcher ihm bei der Ausreise geholfen hätte. Die Taliban hätten ihr Haus überfallen, als der Beschwerdeführer gerade nicht zu Hause, sondern bei dem erwähnten Onkel aufhältig gewesen wäre. Er wisse lediglich, dass zwei Cousins väterlicherseits bei dem Überfall schwer verletzt worden wären. Sein kleiner Neffe sei von den Taliban getötet worden. Darüber, ob die restlichen Familienmitglieder überlebt hätten, habe er keine Informationen. Er würde diese sehr vermissen. Sein Vater habe den Beschwerdeführer eine Nacht vor besagtem Überfall auf ihr Haus zum Onkel geschickt; die Taliban hätten ihnen zuvor gedroht. Bei jenem Onkel habe er sich eine Nacht lang aufgehalten. An dem Tag, als er zum Onkel geschickt worden wäre, sei nachts ihr Haus überfallen worden. Am nächsten Tag habe sein Onkel ihn aus der Heimat weggeschickt, wo sich dieser nunmehr aufhalte, sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt. Dieser habe ebenfalls in der Provinz Nangarhar, eine etwa 20-minütige Autofahrt von seinem Elternhaus entfernt, gelebt. Weitere Angehörige in der Heimat habe er nicht. Ein Onkel väterlicherseits sei von den Taliban erschossen worden, dessen beiden Söhne seien bei dem Überfall schwer verletzt worden. Der Beschwerdeführer habe nur noch diesen einen Onkel mütterlicherseits. Seine Familie habe ihren Lebensunterhalt durch Arbeit der älteren Brüder und des Vaters des Beschwerdeführers finanziert, der Beschwerdeführer selbst sei Schüler gewesen und habe seinen Vater in der Landwirtschaft unterstützt, einen Beruf habe er nicht erlernt.

1.5 Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2017, XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

1.6 Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig durch die Rechtsberatung des Beschwerdeführers eine Beschwerde eingebracht.

1.7 Mit Erkenntnis vom 21.3.2018, W192 2184982-1/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1, 10 Abs 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet ab und ließ die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu.

In der Begründung des Erkenntnisses stellte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Verfolgungssituation lokal begrenzt und aus den Feststellungen darüber erkennbar sei, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in die Stadt Kabul möglich und zumutbar sei. Nach den Feststellungen habe die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul. Der Beschwerdeführer sei nach eigenen Angaben keiner Verfolgung durch die afghanischen Behörden ausgesetzt. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass für den Beschwerdeführer dort aufgrund des Umstandes, dass seine drei älteren Brüder für die afghanische Nationalarmee respektive für in Nangarhar stationierte amerikanische Truppen tätig gewesen wären, das Risiko einer gezielten Verfolgung seiner Person durch eine Talibangruppierung bestehen würde. Da auch sonst keine konkrete gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung in seinem Heimatstaat vorliege, sei im Ergebnis die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG 2005 abzuweisen.

Bei einer Rückkehr in seine Heimatprovinz drohe dem Beschwerdeführer eine reale Gefahr einer Verletzung des Art 3 EMRK. Es stünde ihm jedoch eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul offen.

Da der Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen oder sonstigen familienähnlichen Nahebeziehungen in Österreich verfüge, sei ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben iSd Art 8 EMRK von vornherein auszuschließen. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher lediglich allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen. Die Integration des Beschwerdeführers in Österreich ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht im hohen Grad ausgeprägt. Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stünden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG sei die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiege und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliege. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stelle sohin keine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG iVm Art 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs 1 AsylG 2005 sei daher ebenfalls nicht geboten. Die Abschiebung nach Afghanistan sei daher auch zulässig. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage mangels entgegenstehenden Vorbringens des Beschwerdeführers 14 Tage. Die mündliche Verhandlung konnte wegen des Feststehens des Sachverhalts entfallen.

Die Frist zur Anfechtung dieses Erkenntnisses ist derzeit noch offen.

2. Gegenständliches Verfahren

2.1 Der Beschwerdeführer stellte am 3.5.2018 einen Folgeantrag Asyl. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 4.5.2018 vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer als Grund für seinen neuerlichen Asylantrag an, dass ein Bekannter bereits nach Afghanistan abgeschoben worden sei und erzählt habe, dass der Beschwerdeführer ebenfalls bald zurückgehen müsse. Des Weiteren habe dieser dort erzählt, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertiert sei, was jedoch nicht stimme. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre der Beschwerdeführer freiwillig nach Afghanistan zurückgegangen. Nach dem dieser Bekannte das erzählt habe, habe er bei einer etwaigen Rückkehr Angst um sein Leben. Deshalb könne er nicht zurückkehren. Er befürchte, dass ihn die Taliban umbringen würden. Er habe keine Beweise außer der Aussage seines Freundes. Der Bekannt sei Anfang April 2018 abgeschoben worden und seit dem wisse der Beschwerdeführer von den Lügen, die dieser verbreite.

2.2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ am 9.5.2018 eine Verfahrensanordnung gemäß §§ 29 Abs 3 und 15a AsylG, wonach dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Weiters teilte die belangte Behörde mit, dass beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben. Durch diese Mitteilung gelte die Zwanzigtagesfrist nicht. Die belangte Behörde wies den Beschwerdeführer auch darauf hin, dass er der Meldepflicht gemäß § 15a AsylG unterliege.

Mit einer weiteren Verfahrensanordnung vom 9.5.2018 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer darauf hin, dass er gemäß § 52a Abs 2 BFA-VG verpflichtet sei, ein Rückkehrgespräch innerhalb einer Woche ab Übernahme gegenständlicher Verfahrensanordnung in Anspruch zu nehmen.

2.3 Die belangte Behörde führte am 15.5.2018 eine Einvernahme des Beschwerdeführers im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu und seiner bevollmächtigten Rechtsberaterin durch. Die Einvernahme hatte auszugsweise folgenden Verlauf:

"[...]

Leiter der Amtshandlung: Entsprechen die Angaben zu Ihren Gründen für die Folgeantragstellung, die Sie bei der Polizei am 4.5.2018 angegeben haben der Wahrheit?

Antragsteller: Ja.

Leiter der Amtshandlung: Können Sie noch einmal kurz zusammenfassen, warum Sie jetzt nicht mehr nach Afghanistan zurückkehren könnten?

Antragsteller: Ich wollte zuerst freiwillig nach Afghanistan zurückkehre, das geht jetzt aber nicht, da ich vom islamischen Glauben abgefallen sei und dass ich Alkoholiker geworden bin. Ein Freund, der in der Türkei ist, hat mich gewarnt, ich solle nicht nach Afghanistan zurück, da ich sonst getötet werde. Ich habe Angst, dass das auch meine Familie und meine Brüder erfahren. Diese würden mich auch nicht am Leben lassen. Wenn so etwas bekannt wird, oder jemand so etwas behauptet, wird man nicht mehr in Ruhe gelassen.

Leiter der Amtshandlung: Sind Sie noch Moslem und sind Sie jetzt Alkoholiker?

Antragsteller: Ja, ich bin noch Moslem, aber ich bin kein Alkoholiker.

Leiter der Amtshandlung: Wie gut und woher kennen Sie diese Person?

Antragsteller: Ich kenne ihn von Niederösterreich, er hat in der Nähe von mir gelebt. Er war ein Freund und er kommt wie ich aus Nengarhar.

Leiter der Amtshandlung: Wie heißt diese Person genau?

Antragsteller: XXXX .

Leiter der Amtshandlung: Wie alt ist diese Person?

Antragsteller: Das weiß ich nicht.

Leiter der Amtshandlung: Wann wurde diese Person abgeschoben?

Antragsteller: Ich glaube er ist Anfang April abgeschoben worden.

Leiter der Amtshandlung: Seit wann wissen Sie von diesen Gerüchten?

Antragsteller: Seit Anfang Mai ungefähr.

Leiter der Amtshandlung: Bei der Polizei haben Sie gesagt, dass Sie seit Anfang April von diesen Lügen wüssten. Was sagen Sie dazu?

Antragsteller: Ich habe ein paar Tage nach meiner Anmeldung zur freiwilligen Rückkehr davon erfahren und bin zur Polizei gegangen und habe einen neuen Antrag gestellt.

Leiter der Amtshandlung: Frage wird wiederholt.

Antragsteller: Das habe ich so nicht gesagt.

Leiter der Amtshandlung: Sie haben gerade behauptet, dass diese Person Ihr Freund ist, warum würde diese Person diese Gerüchte über Sie verbreiten?

Antragsteller: Das weiß ich nicht warum, aber er hat es gemacht.

Anmerkung: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlich verkündeten Bescheid aufzuheben. Es wird auch erwogen gegen Sie ein zweijähriges Einreiseverbot zu verhängen.

Leiter der Amtshandlung: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

Antragsteller: Ja. Erstens ich möchte darum bitten, hier in Österreich bleiben zu können - ich würde auch auf jede Unterstützung des Staates verzichten. Ich würde selbst für meinen Lebensunterhalt aufkommen - ich würde arbeiten und Steuern zahlen. Zweitens, wenn das nicht geht bitte ich um ein wenig Zeit, damit ich in ein anderes Land gehen kann. Drittens, wenn das auch nicht möglich ist, würde ich sogar lieber nach Ungarn zurückkehren, obwohl das so ein schlechter Ort ist. Ich kann auf jeden Fall nicht zurück nach Afghanistan. Mein Leben ist dort in Gefahr ich bin auch nur ein Mensch. Ich möchte hier in Österreich bleiben und mir ein Leben aufbauen.

Leiter der Amtshandlung: Möchten Sie den Ihnen am 9.5.2018 persönlich ausgehändigten aktuellen Feststellungen zur Lage in Afghanistan eine Stellungnahme abgeben?

Antragsteller: Das habe ich nicht verstanden, was da drin steht.

Leiter der Amtshandlung: Haben Sie sich von irgendjemanden dieses Blatt erklären lassen, oder übersetzen?

Antragsteller: Nein, habe ich nicht. Ich brauche keine Informationen zu Afghanistan, ich weiß, dass dort Krieg und Gewalt vorherrschen.

[...]

Leiter der Amtshandlung: Warum haben Sie von den zuvor genannten Gerüchten von einem Freund aus der Türkei erfahren. Können Sie das erklären?

Antragsteller: Der Freund, der momentan in der Türkei ist, ist auch aus Nengarhar. Er hat davon erfahren, da die Leute im Dorf natürlich alle reden.

Leiter der Amtshandlung: Wie heißt der Freund der jetzt in der Türkei ist?

Antragsteller: XXXX .

Leiter der Amtshandlung: Ich finde keine dieser beiden Personen auch nicht in allen verschiedenen Schreibweisen.

Antragsteller: Ich kenne die beiden nur unter diesen Namen

Leiter der Amtshandlung: Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint?

Antragsteller: Nein, habe ich nicht.

Leiter der Amtshandlung: Haben Sie noch Unterlagen, die Sie vorlegen und in das Verfahren einbringen möchten.

Antragsteller: Nein.

Leiter der Amtshandlung: Hat die Rechtsberatung noch Fragen?

Antragsteller: Aufgrund jüngster massiver Vorfälle in Afghanistan besteht keine sichere IFA im Herkunftsstaat. Dahingehend sind von der Behörde dringlich Ermittlungen einzuleiten und das Verfahren zuzulassen. Die von der Behörde ausgehändigten Länderinfos sind nicht mehr aktuell und stellen somit nicht die Rückkehrsituation für afghanische Staatsangehörige dar. Herr XXXX ist strafrechtlich unbescholten und ein zweijähriges Einreiseverbot ist jedenfalls nicht zu verhängen, da die Folgeantragstellung durchaus begründet ist.

2.4 Im Anschluss an die Einvernahme verkündete die belangte Behörde mündlich den verfahrensgegenständlichen Bescheid, mit dem sie den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufhob.

Der Bescheid ist im Wesentlich damit begründet, dass der Beschwerdeführer keine neuen Fluchtgründe vorgebracht habe, es sich um eine entschiedene Sache handle und die nunmehr vorgebrachten Fluchtgründe jeder Glaubwürdigkeit entbehrten. Die allgemeine Lage im Herkunftsland habe sich nicht entscheidungsrelevant geändert. Bei einer Abschiebung drohe keine Verletzung der Integrität des Beschwerdeführers und keine Bedrohung der genannten Menschenrechte. Es sei auch keine wesentliche Veränderung der persönlichen Verhältnisse seit der letzten Entscheidung eingetreten. Es drohe daher keine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers wie in § 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005.

2.5 Am 16.5.2018 gab die Rechtsberatung des Beschwerdeführers die ehemalige Adresse des Herrn bekannt, der in Afghanistan in Bezug auf den Beschwerdeführer agiere.

2.6 Der Verwaltungsakt langte am 18.5.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein, worüber das BVwG die belangte Behörde gemäß § 22 Abs 2 BFA-VG mit Mitteilung vom selben Tag informierte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist Muslim sunnitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Er stammt aus der Provinz Nangarhar, wo er zuletzt die Schule besuchte und seinen Vater in der Landwirtschaft unterstützte. Der damals minderjährige Beschwerdeführer reiste im März 2016 illegal ins Bundesgebiet ein, wo er am 22.3.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers hielten sich zuletzt dessen Eltern, seine drei Brüder, eine Schwester sowie ein Onkel mütterlicherseits auf; der aktuelle Aufenthaltsort seiner Familienmitglieder steht nicht fest.

1.2 Das vom Beschwerdeführer mit Antrag vom 22.3.2016 initiierte (erste) Asylverfahren wurde rechtskräftig negativ abgeschlossen (BVwG 21.3.2018, W192 2184982-1/2E). Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen, subsidiärer Schutz wurde in Bezug auf Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 nicht gewährt. Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gewährt, und es wurde eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen.

1.3 Der Beschwerdeführer stellte in Folge am 3.5.2018 einen neuerlichen (den gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.

Der Beschwerdeführer ist ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann.

1.4 Die neuerlich vorgebrachte Bedrohung ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere bei Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative kann von einer tatsächlichen Bedrohung durch die Verbreitung von Gerüchten über den Beschwerdeführer in seiner Heimatprovinz nicht ausgegangen werden.

1.5 Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes, insbesondere eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat bzw. Kabul seit rechtskräftiger Erledigung des Antrags vom 21.3.2018 ergeben hätte.

1.6 Dem Beschwerdeführer würde bei einer Überstellung nach Afghanistan kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan als innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative in die Stadt Kabul, liefe er nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

2. Beweiswürdigung

2.1 Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes hat das BVwG im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsicht in den der belangten Behörde übermittelten Aktenvorgang und Einsicht in die Dokumentationsquellen des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers im erstbehördlichen Verfahren Beweis erhoben.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, das Erstverfahrens des Beschwerdeführers und die geplant gewesene Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem vorliegenden Akteninhalt.

Die vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates, wie die Angst vor den Taliban, sind im Wesentlichen dieselben, die bereits im rechtskräftigen Vorverfahren als unglaubhaft erkannt worden waren. Selbst bei Wahrunterstellung stünde dem Beschwerdeführer, wie im Erstverfahren festgestellt, eine innerstaatliche Fluchtalternative offen.

Das Verbreiten von Gerüchten über den Beschwerdeführer, von dem er aus einem nicht näher feststellbaren Freund erfahren haben will, der sich derzeit in der Türkei aufhalten soll, kann nicht nachvollzogen werden. Es scheint sich um bewusst herangezogene Behauptungen zu handeln, um einer bevorstehenden Abschiebung nach Afghanistan zu entgehen. Sie ist nicht nachvollziehbar und nicht nachprüfbar. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts auch keinerlei Hinweise gegeben, um die Identität seines Informanten auch nur ausfindig machen zu können. Das Verbreiten von Gerüchten über den Beschwerdeführer in seiner Heimatprovinz erscheint daher nicht glaubhaft. Daran kann auch die Information über eine angebliche ehemalige Adresse des zurückgekehrten Freundes nichts ändern. Schließlich ist es unwahrscheinlich, dass ein Freund über einen Freund derartige Geschichten verbreitet, die ihn mit dem Tod bedrohen könnten.

Selbst bei einer Wahrunterstellung ist die Bedrohung durch die Verbreitung von Gerüchten in seiner Heimatprovinz bei Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative - wie im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts näher ausgeführt - nicht geeignet, eine Bedrohung für den Beschwerdeführer darzustellen, weil sie im Raum Kabul nicht wahrgenommen würde und daher keine Behauptungen über den Beschwerdeführer bekannt wären, die ihm gefährlich werden könnten.

Die Feststellungen zu Leben des Beschwerdeführers in Österreich und zu seinem aktuellen Gesundheitszustand stützen sich ebenfalls auf die diesbezüglich in den wesentlichen Punkten durchgehend gleichbleibenden und glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren.

Die rechtskräftigen strafgerichtlichen Verteilungen sind aktenkundig und dem Beschwerdeführer bekannt.

Soweit festgestellt wird, dass hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten sind, ist auszuführen, dass sich das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts auf aktuelle Informationen verschiedener Quellen, wie das BFA oder den UNHCR stützt.

Die zugrunde liegenden Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, entgegen dem Vorbringen in der Stellungnahme vom 15.5.2018 an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Im Hinblick auf die Gefährdungssituation des Beschwerdeführers im Falle einer Überstellung nach Afghanistan, ergeben sich die Feststellungen aus den im Akt enthaltenen Länderfeststellungen betreffend Afghanistan, im Speziellen auf die Stadt Kabul in Zusammenschau mit den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise konkret dargestellt, inwiefern seine Abschiebung nach Afghanistan für ihn eine reale Gefahr bedeuten würde, oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Seine Behauptung, dass er im Falle seiner Rückkehr mit der Ermordung durch die Taliban oder seine Brüder bedroht werde, ist - wie bereits mehrfach ausgeführt - nicht glaubhaft.

Den Länderberichten zur Versorgungs- und Sicherheitslage in Afghanistan und der Stadt Kabul ist im gegenständlichen Verfahren der Beschwerdeführer nicht substantiell entgegengetreten. Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des BVwG im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen und auf die vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zitierten Berichte zwar keineswegs verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Kabul nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul und größere Transitrouten hat. Auch ist Kabul eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens gut erreichbare Stadt. Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Terroranschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Kabul nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Zuletzt hat es Angriffe auf schiitische Muslime gegeben. Jedoch allein der Umstand, dass an diesen Orten ein Bombenanschlag terroristischer Gruppierungen erfolgen könnte, begründet bei der derzeitigen Gefahrenlage für den Beschwerdeführer noch keine stichhaltigen Gründe für ein reales Risiko der Verletzung seiner durch Art 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. liegt deshalb noch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts vor (VwGH 25.4.2017, Ra 2017/01/0016, mwN).

Die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge ereignen sich - wie sich aus einer Gesamtschau der Länderberichte und dem notorischen Amtswissen ableiten lässt - hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen, dass die Lage in der Stadt Kabul nicht insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden könnte.

Zusammenfassend ergibt sich beim Beschwerdeführer das Bild, dass der Beschwerdeführer schlicht nicht gewillt ist, Österreich zu verlassen und nach Afghanistan zurückzukehren.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

3.1.1 Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl I 2005/100 idgF, lautet auszugsweise wie folgt:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden.

...

Entscheidungen

§ 22. (1) ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

3.1.2 Das Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 2012/87 idgF, lautet auszugsweise wie folgt:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.2 Zu Spruchpunkt A)

3.2.1 Die belangte Behörde hat im Zuge eines Verfahrens über einen Folgeantrag des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Beschwerdeführers aufgehoben.

Daher war diese Entscheidung vom BVwG gemäß § 22 BFA-VG zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Im Einzelnen bedeutet dies:

3.2.2 Aufrechte Rückkehrentscheidung (§ 12a Abs 2 Z 1 AslyG 2005):

Gegen den Beschwerdeführer liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet seit seiner Asylantragstellung nicht verlassen.

3.2.3 Res iudicata (entschiedene Sache) (§ 12a Abs 2 Z 2 AsylG 2005):

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 23.3.2018, wie im Verfahrensgang dargestellt, den Erstantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend den Status des Asylberichtigten und den Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen.

Im gegenständlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer erklärt, dass er nach wie vor Angst vor den Taliban habe und er der Ermordung durch die Taliban befürchte. Sein diesbezügliches Fluchtvorbringen wird - wie in der Beweiswürdigung näher ausgeführt - als unglaubwürdig angesehen.

Im Kern ist dieses Fluchtvorbringen - die angebliche Angst vor den Taliban - gleich geblieben, objektiv nachvollziehbare und glaubhafte neue Tatsachen hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Das Vorbringen über die Verbreitung von Unwahrheiten über ihn in seiner Heimatprovinz war nicht glaubhaft. Darüber hinaus kann es auch keine Auswirkungen bei Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative haben. In Bezug auf die Fluchtgründe des Beschwerdeführers liegt voraussichtlich eine entschiedene Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG vor, und steht der oben zitierte rechtskräftige Bescheid einer neuerlichen Absprache über diese Gründe sohin voraussichtlich entgegen.

Auch im Hinblick auf die Sicherheits- und Versorgungslage in seinem Herkunftsland, Afghanistan, brachte der Beschwerdeführer nichts Substantiiertes vor. Einzig, dass er sich persönlich vor den Taliban - verstärkt durch die angebliche Entführung seines Bruders - fürchte, was jedoch - wie schon mehrfach ausgeführt - nicht glaubhaft ist, und dass in Afghanistan Krieg herrsche. Insofern wurde den Feststellungen der belangten Behörde im gegenständlich zu überprüfenden Bescheid, dahingehend dass sich die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers seit dem ersten Verfahren nicht wesentlich geändert habe, nicht substantiiert entgegengetreten.

Es ist daher nach einer Grobprüfung davon auszugehen, dass der gegenständliche Folgeantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückzuweisen sein wird, weil im Zuge der Grobprüfung keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

3.2.4 Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK ( § 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005):

Im ersten Verfahrensgang haben die belangte Behörde und das Bunedsverwaltungsgericht in seinem abweisenden Erkenntnis vom 23.3.2018 ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (§ 50 FPG), insbesondere wenn der Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Anspruch nimmt.

Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor der belangten Behörde sind keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden.

Es sind auch keine erheblichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt (VwGH 13.9.2016, Ra 2016/01/0096), dass nach der ständigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).

Demzufolge müsste die Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des Art 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.

Eine, den Beschwerdeführer individuell drohende Verfolgung hat dieser, wie bereits mehrfach ausgeführt, auch nicht glaubhaft vorgebracht.

Dies umso mehr, als im oben zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verwiesen hat, die davon ausgeht, dass die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert sei, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art 3 EMRK verstoßen würde (vgl VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0134, vgl die Urteile des EGMR jeweils vom 12. Jänner 2016, jeweils gegen Niederlande: S. D. M., Nr. 8161/07; A. G. R., Nr. 13 442/08; A. W. Q. und D. H., Nr. 25 077/06; S. S., Nr. 39 575/06; M. R. A. u.a., Nr. 46 856/07).

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl etwa VwGH 19.2.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführt, kann die Außerlandesschaffung eines Fremden auch dann gegen Art 3 EMRK verstoßen, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden höchstgerichtlichen Judikatur ist eine solche Situation jedoch nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK notwendig, konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 25.5.2016, Ra 2016/19/0036).

Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden bzw zu Tage getreten, dass der Beschwerdeführer einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr in seine Heimatprovinz Nagarhar bzw als innerstaatliche Schutzalternative nach Kabul ausgesetzt wäre.

Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK dar bzw ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art 8 EMRK gerechtfertigt.

Unter Hinweis auf die im Verwaltungsakt erliegenden Länderberichte ist davon auszugehen, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht. Mit Ausnahme der nicht glaubhaften Bedrohungen durch die Taliban, hat der Beschwerdeführer auch keine derartigen Umstände, die konkret ihn als Person betreffen, vorgebracht.

3.2.5 Rechtmäßigkeit des Verfahrens

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs 3 AVG) zu beachten ist.

Die belangte Behörde hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.

Gemäß § 22 Abs 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG 2005 in gegenständlichem Fall gegeben, daher war spruchgemäß zu entscheiden.

3.3 Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision

3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die Judikatur unter Punkt 3.2); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Glaubwürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W187.2184982.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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