Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Mag. R***** N*****, vertreten durch Mag. Michael Stanzl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner DI H***** N*****, vertreten durch Dr. Raimund Hora, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. März 2018, GZ 43 R 61/18s-246, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 3. Jänner 2018, GZ 2 C 15/11w-233, in der Hauptsache mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1 Eine von einer höheren Instanz verfügte Verfahrensergänzung ist nur innerhalb des Schranken des (im Außerstreitverfahren analog anzuwendenden) § 496 Abs 2 ZPO vorzunehmen (1 Ob 33/17k = RIS-Justiz RS0120282 [T2]). Hebt das Gericht zweiter Instanz die erstinstanzliche Entscheidung wegen des Fehlens rechtserheblicher Tatsachenfeststellungen auf, können die Parteien im zweiten Rechtsgang zu den von der Aufhebung betroffenen Teilen des Verfahrens neues Vorbringen erstatten. Bereits im ersten Rechtsgang abschließend erledigte Streitpunkte können dagegen nicht wieder aufgerollt werden (RIS-Justiz RS0042014 [T3]; RS0042031; RS0042411 [T3]), eben auch nicht im Verfahren außer Streitsachen (RIS-Justiz RS0042014 [T8]; RS0042031 [T21]; RS0042411 [T9]).
1.2 Im ersten Rechtsgang des Aufteilungsverfahrens, der mit der Entscheidung 1 Ob 83/16m endete, wurde (unter anderem) dem Antragsgegner die Leistung einer Ausgleichszahlung an die Antragstellerin auferlegt. Die Höhe dieser Ausgleichszahlung war damit ein abschließend erledigter Streitpunkt. Das von ihr im zweiten Rechtsgang neu gestellte Verzugszinsenbegehren (für den Zeitraum zwischen der Entscheidung im ersten Rechtsgang und dem Erhalt dieser Ausgleichszahlung) wiesen die Vorinstanzen unter Beachtung der zitierten Rechtsprechung zurück. Mit dem Argument, es entspreche der Billigkeit, ihr den durch die verzögerte Zahlung des Antragsgegners entstandenen „Zinsenschaden“ als weiteren Ausgleichsbetrag zuzusprechen, zeigt sie keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG wahrzunehmende Fehlbeurteilung auf. Das – nach dem Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts im ersten Rechtsgang – fortgesetzte Verfahren diente allein der Entscheidung über das Begehren der Antragstellerin auf Zahlung eines „Entgelts“ für die Benützung der Ehewohnung von 80.000 EUR; das neu gestellte Verzugszinsenbegehren hat mit dieser Frage nicht das Geringste zu tun.
2. § 49 AußStrG erlaubt generell nur neue Tatsachen und Beweismittel. Neue Sachanträge und Einwände im Rekurs bleiben ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0006796 [T7]). Das Rekursgericht wies auf der Grundlage dieser Rechtsprechung das erstmals im Rekurs der Antragstellerin enthaltene Begehren von weiteren 20.000 EUR an „Benützungsentgelt“ als Verstoß gegen das Neuerungsverbot zurück. Der Revisionsrekurs enthält dazu keine Argumente und zeigt damit auch insofern keine erhebliche Rechtsfrage auf.
3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, die Tatsache, dass ein Teil – wie hier der Antragsgegner – während des Verfahrens das frühere eheliche Haus nutzen konnte, könne im Rahmen der Billigkeitsentscheidung bei der Festsetzung der Höhe der Ausgleichszahlung Beachtung finden (6 Ob 178/03z mwN ua). Dabei sei zu Lasten des ausgleichspflichtigen Ehegatten bei der Bemessung der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen, dass er sich den Aufwand für eine anderweitige Wohnmöglichkeit erspart (RIS-Justiz RS0057765 [T2, T9]). Das Rekursgericht sprach der Antragstellerin von den begehrten 80.000 EUR, ohne dass darin eine Fehlbeurteilung iSd § 62 Abs 1 AußStrG läge, 50.000 EUR als Ausgleich für den Umstand zu, dass sich der Antragsgegner keine neue Wohnung „schaffen musste“. Dass die angestrebte Zuerkennung eines fiktiven Benützungsentgelts (in der Höhe des fiktiven „Rohertrages“) für den alleinigen Gebrauch der ehemaligen Ehewohnung durch den Antragsgegner nach ihrem Auszug aus dem gemeinsamen Haushalt bei der Ermittlung der Ausgleichszahlung nicht in Anschlag zu bringen ist, hält sich im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (1 Ob 68/00g; 6 Ob 94/04y, jeweils mwN).
4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Textnummer
E121533European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00065.18T.0430.000Im RIS seit
04.06.2018Zuletzt aktualisiert am
31.10.2018