TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/17 W118 2185482-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.05.2018
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Entscheidungsdatum

17.05.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §6
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W118 2185482-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ECKHARDT als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2836353010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Avs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Formular "Bewirtschafterwechsel" vom 19.03.2014 (Wirksamkeitsbeginn: 15.03.2014) zeigten Frau XXXX als Übergeberin sowie der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) als Übernehmer die Übergabe des Betriebs mit der BNr. XXXX mit gleichzeitiger Übertragung der Zahlungsansprüche im Rahmen der Einheitlichen Betriebsprämie an.

2. Mit Formular "Ergänzung zum Bewirtschafterwechsel zur Überprüfung des Vorliegens einer -(vorweggenommenen) Erbfolge¿ für die Erstzuweisung von Zahlungsansprüchen 2015" vom 17.11.2014 gaben Übergeberin und BF übereinstimmend an, Grund für die Übergabe sei ein Pachtvertrag vom 15.03.2014 gewesen. Die Beteiligten zählten nach eigenen Angaben nicht zum begünstigten Personenkreis, für den ein Nachweis der wirtschaftlichen Besserstellung laut Formular nicht erforderlich war. Ein solcher Nachweis für eine wirtschaftliche Besserstellung wurde dennoch nicht vorgelegt.

3. Mit Datum vom 27.05.2015 stellte der BF über die Internet-Applikation eAMA elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2015 und beantragte die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämie sowie die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015. Der Antrag umfasste die Top-up-Zahlung für Junglandwirte.

4. Mit Bescheid der AMA vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2836353010, gewährte die AMA dem BF Direktzahlungen in Höhe von EUR 111,60 im Rahmen der gekoppelten Stützung. Zahlungsansprüche im Rahmen der Basisprämie wurden dem BF nicht zugewiesen und aus diesem Grund auch keine Basisprämie gewährt.

Begründend führte die AMA aus:

"Um für die Erstzuweisung von Zahlungsansprüchen in Betracht zu kommen, muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

-

Abgabe eines Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2013 (Art. 24 Abs. 1 lit. b VO 1307/2013, § 8a Abs. 1 Z. 2 MOG)

-

Zuweisung von Zahlungsansprüchen aus dem Sonderfall Neubeginner für das Antragsjahr 2014 (§ 8a Abs. 1 Z. 1 MOG)

-

Übernahme eines Betriebs im Wege der (vorweggenommenen) Erbfolge bzw. Betriebsteilung oder Betriebszusammenschluss (Art. 14 VO 639/2014)

-

Übertragung des Rechts auf Teilnahme an der Basisprämienregelung (Art. 24 Abs. 8 VO 1307/2013)

-

Sonstiger Nachweis einer landwirtschaftlichen Tätigkeit im Antragsjahr 2013 (§ 8a Abs. 1 Z. 2 MOG, § 5 Abs. 1 DIZA-VO), insbesondere durch

o Ernte- und Erzeugungsmeldung für Wein des Jahres 2013 oder

o Belege, anhand deren eine im Jahr 2013 erfolgte Vermarktung von auf selbst bewirtschafteten Flächen erzeugten landwirtschaftlichen Produkten oder gehaltenen Tieren einschließlich daraus gewonnener tierischer Produkte nachvollziehbar ist oder

o die erfolgte Meldung an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern betreffend eine Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen im Jahr 2013.

Da keine dieser Voraussetzungen nachgewiesen werden konnte, werden keine Zahlungsansprüche zugewiesen."

Darüber hinaus sei keine Übertragung von Prämienrechten im Rahmen der Ergänzung zum Bewirtschafterwechsel durchgeführt worden, da das Vorliegen einer wirtschaftlichen Besserstellung des Übernehmers nicht nachgewiesen worden sei (Art. 14 VO 639/2014).

Mangels Zuweisung von Zahlungsansprüchen und mangels Gewährung der Basisprämie seien auch die Greening-Prämie und die Top-up-Zahlung für Junglandwirte nicht gewährt worden.

5. Mit online gestellter Beschwerde vom 08.06.2016 führte der BF im Wesentlichen aus, vermutlich sei die Ergänzung zum Bewirtschafterwechsel nicht positiv beurteilt worden, da der Vergebührungsnachweis zum Pachtvertrag fehle. Dieser werde nunmehr übermittelt.

6. Mit E-Mail vom 16.06.2017 übermittelte die Landeslandwirtschaftskammer XXXX ergänzend ein Gutachten vom 28.10.2016 zur Angemessenheit und Wertverhältnismäßigkeit des Pachtvertrages.

7. Im Rahmen der Beschwerdevorlage führte die AMA im Wesentlichen aus, es fehle nach wie vor ein Gutachten zur wirtschaftlichen Besserstellung des BF, um die Ergänzung zum Bewirtschafterwechsel positiv beurteilen zu können. Zwar sei am 09.11.2016 ein Gutachten nachgereicht worden, dieses habe seitens der AMA aber nicht positiv beurteilt werden können.

8. Mit Schreiben des BVwG vom 08.02.2018 wurde der BF darauf hingewiesen, dass im angeführten Gutachten zwar ausgeführt werde, dass für die Nutzung der Gebäude ein unüblich niedriger Pachtzins vereinbart worden sei. Die weiterführenden Ausführungen ließen dessen ungeachtet jedoch nicht ohne Weiteres den Schluss zu, dass auch für die landwirtschaftlichen Nutzflächen ein unüblich niedriger Pachtzins vereinbart worden sei.

Insgesamt sei darauf hinzuweisen, dass der Nachweis einer wirtschaftlichen Besserstellung iSd Bezug habenden europarechtlichen Vorgaben darauf hinauslaufe, dass ein Vertrag zu Konditionen geschlossen wurde, der einem "Fremdvergleich" nicht standhalten würde. D.h. die vertraglichen Konditionen müssten so gestaltet sein, wie sie unter Fremden nicht akzeptiert würden.

Zur Beurteilung dieser Frage wäre - gegebenenfalls unter Angabe der üblichen Schwankungsbreiten - darzulegen, welche Pachtzinse für die tatsächlich verpachteten Pachtgegenstände üblicher Weise vor Ort bezahlt werden bzw. wurden. Diese wären den tatsächlich vereinbarten Pachtzinsen gegenüberzustellen. Dabei wäre im Hinblick auf die Flächenausstattung zumindest auf die Nutzungsart der Flächen (Acker, Grünland, Feldfutter) Bezug zu nehmen.

9. Mit Schreiben vom 16.03.2018 nahm der BF zum angeführten Schreiben des BVwG Stellung und führte im Wesentlichen aus, die Größe der Ackerflächen des BF sei überdurchschnittlich, die Lage besonders günstig. Die Pachtpreise schwankten in der betroffenen Gegend zwischen EUR 500,00 und EUR 1.000,00 je Hektar. Der Pachtzins des BF in Höhe von EUR 650,00 je Hektar könnte als nicht unüblich niedrig (miss)verstanden werden, sei tatsächlich aber ungewöhnlich niedrig. Ferner müsste hinsichtlich des verpachteten Gebäudes ein höherer Pachtzins festgesetzt werden. Bei gesamtbetrieblicher Betrachtungsweise sei eindeutig von einer Besserstellung des BF auszugehen. Der Gatte der Verpächterin sei unerwartet in jungen Jahren verstorben. Diese habe einen Pächter gesucht, der wertschätzend mit dem Pachtgegenstand umgeht. Da der BF in der Ortschaft aufgewachsen sei, habe er sich zur Pachtung des Betriebs entschlossen. Durch den persönlichen Kontakt mit der Verpächterin sei es zu einem unüblich niedrigen Pachtpreis gekommen.

10. Mit Datum vom 15.05.2018 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt. Dieser Verhandlung wurde der Verfasser des vom BF vorgelegten Gutachtens beigezogen.

Die AMA führte eingangs der Verhandlung aus, die Festlegungen im Merkblatt "Information zum Formular -Ergänzung zum Bewirtschafterwechsel¿" sowie auf der Rückseite des entsprechenden Formulares (für "wirtschaftliche Besserstellung" bei Verpachtung erforderlich: unbefristeter Pachtvertrag mit beidseitigem Kündigungsverzicht von mindestens 6 Jahren; Vergebührung des Pachtvertrags; Vorlage eines Gutachtens eines anerkannten Sachverständigen, der bestätigt, dass der Pachtzins zzgl. monetärer Bewertung allfälliger Nebenleistungen max. 50 % des ortsüblichen Pachtpreises beträgt und bei Berücksichtigung aller Faktoren eine dauerhafte wirtschaftliche Besserstellung gegeben ist) seien interne Festlegungen, die aus den Urteilen des EuGH Rs. C-44/89 bzw. Rs. C-384/00 abgeleitet worden seien.

Im konkreten Fall sei das vorgelegte Gutachten nicht anerkannt worden, weil das Gutachten nicht von den vereinbarten Werten bzw. Pachtzinsen im Vertrag ausgegangen sei.

Entscheidungswesentlich legte der Mitarbeiter der Landeslandwirtschaftskammer XXXX im Folgenden dar, dass sich aus seiner Warte unter Berücksichtigung der Bonität und der Lage der Flächen des BF unter Zusammenzählung der Gesamtflächenpacht (EUR 14.175,00/Jahr) für rund 21,7 ha zzgl. EUR 10.800,00 Euro als Gebäudepachtzins pro Jahr, ein jährlicher ortsüblicher Gesamtpachtzins für den Betrieb in Höhe von EUR 24.975,00 ergeben würde.

Die AMA verwies auf eine eigene, fachlich nicht näher fundierte Aufstellung, die hinsichtlich der Flächen zu geringeren Ergebnissen kam; die Einschätzung hinsichtlich des Stallgebäudes wurde bestritten.

Zur Befristung des Pachtvertrages bis zum Jahr 2020 führte der BF aus, der Sohn der Verpächterin sei dann 23 Jahre alt und zugleich beginne eine neue Förderperiode. Der Sohn könne im Jahr 2020 selbst entscheiden, ob er den Betrieb weiterführen möchte oder ob der BF ihn weiter bewirtschaften könne.

Abschließend stellte der BF nach Manuduktion durch den Richter den Antrag, durch einen Amtssachverständigen eine Bewertung der Liegenschaft durchführen zu lassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF übernahm seinen Betrieb mit Wirksamkeitsbeginn 15.03.2014 von Frau XXXX . Diese bewirtschaftete den Betrieb nach dem überraschenden Tod ihres Gatten vorübergehend selbst. Da der Sohn der Frau XXXX zu diesem Zeitpunkt erst 15 Jahre alt war, wurde der Pachtvertrag bis Ende 2020 befristet. Zu diesem Zeitpunkt beginnt zum einen die neue Programmplanungsperiode für die Gemeinsame Agrarpolitik; zum anderen wird der Sohn der Verpächterin zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt sein und selbst entscheiden können, ob er den Betrieb übernimmt oder ob der BF den Betrieb weiterführen kann.

Der der angeführten Betriebsübertragung zugrunde liegende Pachtvertrag umfasst 21,54 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sowie ein Wirtschaftsgebäude mit den vorhandenen Futter- und Düngerlagerstätten. Als Pachtzins wurden EUR 3.000,00 jährlich für das Stallgebäude und EUR 650,00/ha Pachtfläche = EUR 14.000,00, in Summe EUR 17.000,00 jährlich vereinbart.

Selbst bei Zugrundelegung jenes Pachtzinses, der vom Bediensteten der Landeslandwirtschaftskammer XXXX im Rahmen der Verhandlung als für Gebäude und Flächen ortsüblich ermittelt wurde (EUR 24.975,00), ergibt sich im Verhältnis zum vereinbarten Pachtzins (EUR 17.000,00) lediglich eine Differenz von EUR 7.975,00 bzw. von rund 32 %.

Mit Datum vom 27.05.2015 stellte der BF über die Internet-Applikation eAMA elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2015 und beantragte die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämie sowie die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015. Der Antrag umfasste die Top-up-Zahlung für Junglandwirte.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie aus dem Ermittlungsverfahren des BVwG, insbesondere der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

Der BF hinterließ einen zutiefst aufrichtigen Eindruck, seine Angaben wurden auch seitens der AMA nicht bestritten.

Wie in der rechtlichen Würdigung zu zeigen sein wird, kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob den Angaben des Mitarbeiters der Landeslandwirtschaftskammer XXXX tatsächlich gefolgt werden kann. Dieser verfügt über hinreichende Expertise und hat in der Verhandlung einen durchaus kompetenten und um Wahrheit bemühten Eindruck hinterlassen. Seine Angaben wurden von der AMA zwar nur pauschal bestritten, es wäre der AMA jedoch noch Gelegenheit zu geben gewesen, diesen auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. In der Sache:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

"Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten [...].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[...]."

"Artikel 24

Erstzuweisung der Zahlungsansprüche

(1) Zahlungsansprüche werden den Betriebsinhabern zugewiesen, die gemäß Artikel 9 der vorliegenden Verordnung zum Bezug von Direktzahlungen berechtigt sind, sofern sie,

a) außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände, bis zu dem gemäß Artikel 78 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festzusetzenden Termin für die Einreichung von Anträgen im Jahr 2015 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämienregelung beantragen, und

b) vor jedweder Kürzung oder jedwedem Ausschluss nach Titel II Kapitel 4 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 infolge eines Beihilfeantrags auf Direktzahlungen, auf eine nationale Übergangsbeihilfe oder auf ergänzende nationale Direktzahlungen im Jahr 2013 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zum Empfang von Zahlungen berechtigt waren.

[...].

(2) Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände ist die Anzahl der je Betriebsinhaber 2015 zugewiesenen Zahlungsansprüche gleich der Zahl der beihilfefähigen Hektarflächen, die der Betriebsinhaber gemäß Artikel 72 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 in seinem Beihilfeantrag für 2015 anmeldet und die ihm zu einem von dem betreffenden Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Dieser Zeitpunkt darf nicht nach dem in diesem Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung dieses Beihilfeantrags liegen.

[...].

(8) Im Falle des Verkaufs oder der Verpachtung ihres Betriebs oder eines Teils davon können natürliche oder juristische Personen, die die Anforderungen des Absatzes 1 dieses Artikels erfüllen, mittels eines vor dem gemäß Artikel 78 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festzusetzenden endgültigen Termins für die Einreichung von Anträgen im Jahr 2015 unterzeichneten Vertrags das Recht zum Erhalt von Zahlungsansprüchen gemäß Absatz 1 dieses Artikels an einen oder mehrere Betriebsinhaber übertragen, sofern dieser bzw. diese die Voraussetzungen gemäß Artikel 9 der vorliegenden Verordnung erfüllt bzw. erfüllen.

[...]."

"Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [...].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[...]."

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 1, im Folgenden VO (EU) 639/2014:

"Artikel 14

Vererbung, Änderung des Rechtsstatus oder der Bezeichnung sowie Zusammenschluss und Aufteilung

1. Hat ein Betriebsinhaber den Betrieb oder einen Teil des Betriebs durch Vererbung oder vorweggenommene Erbfolge erhalten, so ist er berechtigt, in seinem eigenen Namen die Anzahl und den Wert der Zahlungsansprüche, die dem erhaltenen Betrieb oder Teil dieses Betriebs zuzuweisen sind, unter denselben Bedingungen wie der ursprüngliche Betriebsinhaber zu beantragen.

[...]."

b) Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greeningprämie") sowie der Zahlung für Junglandwirte, abgelöst.

Die Gewährung der Basisprämie setzt gemäß Art. 24 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 die Zuweisung von (neuen) Zahlungsansprüchen voraus. Diese Zahlungsansprüche konnten vom Antragsteller gemäß Art. 24 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 selbst "erwirtschaftet" worden sein, indem dieser im Antragsjahr 2013 landwirtschaftlich tätig war (Recht auf Teilnahme, "Eintrittsticket"). War ein Antragsteller nicht selbst im Jahr 2013 landwirtschaftlich tätig, konnten ihm keine Zahlungsansprüche zugewiesen werden. Das Recht auf Teilnahme (und allenfalls auch die Referenzwerte aus dem Jahr 2014 zur Bestimmung der Höhe des Werts der Zahlungsansprüche) konnten einem Antragsteller aber bei entsprechender Beantragung auch von einem anderen Antragsteller übertragen werden; vgl. insb. Art. 24 Abs. 8 VO (EU) 1307/2013. Ferner konnten Prämienrechte im Rahmen der Basisprämien-Regelung im Rahmen der Vererbung oder einer vorweggenommenen Erbfolge gemäß Art. 14 Abs. 1 VO (EU) 639/2014 übergehen. Schließlich konnten gemäß Art. 30 VO (EU) 1307/2013 unter bestimmten Voraussetzungen und bei entsprechender Beantragung Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve zugewiesen werden, wenn ein Antragsteller andernfalls keine Zahlungssprüche zugewiesen bekam.

Für den vorliegenden Fall ist mangels entsprechender Beantragung ausschließlich zu prüfen, ob eine vorweggenommene Erbfolge vorliegt. (Die Beantragung der Top-up-Zahlung für Junglandwirte ersetzt nicht einen Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen aus der nationalen Reserve; vgl. dazu exemplarisch und mwN BVwG 15.02.2018, W118 2159445-1).

Die AMA übermittelte Antragstellern, die ihren Betrieb durch Übergabe nach Abgabe eines Mehrfachantrags-Flächen 2013 erhalten hatten, ein Formular "Ergänzung zum Bewirtschafterwechsel", um ihnen den Nachweis der Übernahme des Betriebs im Rahmen einer (vorweggenommenen) Erbfolge zu ermöglichen; vgl. das Merkblatt der AMA "Direktzahlungen 2015 - Information zum Formular -Ergänzung zum Bewirtschafterwechsel¿", abrufbar unter https://www.ama.at/Formulare-Merkblaetter#1638.

Die AMA vermutet bei einer Reihe von Personen (insbesondere bei nahen Verwandten), dass Verträge im Rahmen einer vorweggenommen Erbfolge abgeschlossen wurden. Bei Personen außerhalb dieses "begünstigten Kreises" verlangt die AMA den Nachweis einer wirtschaftlichen Besserstellung, die einer vorweggenommenen Erbfolge gleichgestellt wird und die durch ein entsprechendes Gutachten zu belegen ist. Der Sachverständige hat laut Erläuterungen auf dem Formular im Gutachten zu bestätigen, dass die Summe des Pachtpreises (Kaufpreis bzw. Pachtzins zzgl. monetäre Bewertung allfälliger Nebenleistungen) max. 50 % des ortsüblichen Pachtpreises beträgt und bei Berücksichtigung aller Faktoren eine dauerhafte wirtschaftliche Besserstellung gegeben ist. Der Pachtvertrag muss unbefristet abgeschlossen und darf nicht vor Ablauf von sechs Jahren kündbar sein.

Bei diesen verwaltungsinternen Festlegungen stützt sich die AMA insbesondere auf das Urteil des EuGH vom 16.05.2002, Rs. C-384/00, Bredemeier, ECLI:EU:C:2002:300. In diesem Urteil führte der EuGH in den Rz. 27 ff. im Wesentlichen aus, der Begriff "erbähnliche Übergabe" beziehe sich auf jede Übergabe, deren Wirkungen mit denen eines Übergangs im Wege der Erbfolge vergleichbar seien. Dies sei der Fall, wenn die Übergabe ihrem Zweck und ihrem Gegenstand nach in erster Linie auf die Fortsetzung der Tätigkeit des Betriebs durch den mutmaßlichen Erben und nicht auf die Erzielung des Marktwerts des Betriebs durch den Erblasser gerichtet sei. Dies sei etwa dann der Fall, wenn die Bedingungen des Vertrages, der dem betreffenden Vorgang zugrunde liegt, so gestaltet seien, dass sie den mutmaßlichen Erben besser stellten als einen Wirtschaftseilnehmer (im Anlassfall DM 500,00/ha anstelle von ortsüblichen DM 800,00 bis DM 1.000,00/ha), der einen vergleichbaren Betrieb zu Marktbedingungen übernimmt. Dabei seien auch die Dauer des Vertrages sowie die Möglichkeit einer Kündigung zu berücksichtigen. Der gewährte Vorteil sei dauerhaft zu gewähren. Die Beurteilung habe unter Würdigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu erfolgen.

Mithin kommt es darauf an, dass der jeweilige Vertrag zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen nicht abgeschlossen worden wäre. In Österreich ist diese Denk-Figur vor allem im Finanzrecht als "Fremdvergleich" gebräuchlich; vgl. etwa VwGH 18.12.2008, 2006/15/0208.

Die AMA überträgt die tragenden Überlegungen der Rs. Bredemeier auf Art. 14 Abs. 1 VO (EU) 639/2014. Auch wenn es in der Rs. Bredemeier - wie ausgeführt - um den Begriff der "erbähnlichen Übergabe" ging, spricht aus Warte des BVwG - auch wenn es sich dabei um eine extensive Auslegung handeln mag - grundsätzlich nichts dagegen, die Ausführungen des EuGH zur Interpretation des Begriffs der vorweggenommenen Erbfolge in Art. 14 Abs. 1 VO (EU) 639/2014 heranzuziehen. Da Art. 14 Abs. 1 VO (EU) 639/2014 keinen Verweis auf nationale Bestimmungen enthält, ist der Begriff als Begriff des Unionsrechts einheitlich und autonom auszulegen, wobei diese Auslegung unter Berücksichtigung seiner gewöhnlichen Bedeutung, des Regelungszusammenhangs und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Zwecks zu ermitteln ist; vgl. EuGH 27.02.2014, Rs. C-396/12, van der Ham, ECLI:EU:C:2014:98, Rz.31 f.. Da es auch in der Rs. Bredemeier um die Übertragung von Quotenrechten (konkret: Milchquoten) im Erbweg ging, kann davon ausgegangen werden, dass bei der Auslegung des Art. 14 Abs. 1 VO (EU) 639/2014 tatsächlich dieselben Maßstäbe angelegt werden können.

Auch das Kriterium einer 50 %-igen Minderung des ortsüblichen Pachtzinses erscheint grundsätzlich geeignet, eine wirtschaftliche Besserstellung zu dokumentieren. Dabei kann es sich allerdings lediglich um einen Richtwert handeln, von dem im Einzelfall bei Nachweis der allgemeinen Voraussetzungen im Sinn der Rs. Bredemeier abgewichen werden kann. Auch der VwGH betont, dass bei einem Fremdvergleich stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles Bedacht genommen werden muss; vgl. VwGH 11.05.2005, 2001/13/0209.

Dabei geht das BVwG davon aus, dass im Rahmen der Bewertung die Flächen nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Art. 14 Abs. 1 VO (EU) 639/2014 spricht von der Übertragung des Betriebs oder Teilen davon. Der landwirtschaftliche Betrieb wird gemäß Art. 4 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 definiert als die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden. Gründe dafür, dass der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs in der vorliegenden Konstellation anders auszulegen wäre, sind nicht ersichtlich. Eine Verschiebung dergestalt, dass rechnerisch für das Betriebsgebäude ein höherer Betrag einzustellen wäre, sodass der verbleibende Pachtzins für die Flächen als unüblich niedrig betrachtet werden könnte, scheidet somit aus. Vielmehr muss der Pachtvertrag in seiner Gesamtheit beurteilt werden.

Darüber hinaus muss es sich bei der Vergleichsgröße um ortsübliche Pachtpreise handeln, nicht um solche, die von einzelnen Personen aufgrund besonderer Umstände bezahlt würden. (Auch wenn die Bestimmung der Ortsüblichkeit durch das konstante Zurückgehen der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe zunehmend erschwert wird.)

Im vorliegenden Fall hat sich gezeigt, dass selbst bei Zugrundelegung der Angaben des Mitarbeiters der Landeslandwirtschaftskammer, der diese nach eigenen Angaben "als Interessenvertreter des BFs in seiner Funktion als Sachverständiger in der LK" und somit wohl grundsätzlich nicht zum Nachteil des BF getätigt hat, der tatsächlich vereinbarte Pachtzins lediglich um 32 % unter dem nach Darstellung des Mitarbeiters der Landeslandwirtschaftskammer als ortsüblich zu betrachtenden Pachtzins liegt.

Schwerer wiegt im Ergebnis jedoch, dass der Pachtvertrag befristet abgeschlossen wurde und die Befristung zum einen auf die dann beginnende neue Förderperiode sowie zum anderen auf den Eintritt der Volljährigkeit des Sohnes der Verpächterin abgestimmt wurde, um diesem allenfalls die Weiterführung des Betriebes vorzubehalten. Wenn der BF vorbringt, die Verpächterin hätte auf einen wertschätzenden Umgang mit der Liegenschaft Wert gelegt und deshalb einen verminderten Kaufpreis in Kauf genommen, ist darauf hinzuweisen, dass dies keine Vorgangsweise darstellt, die unter Fremden unüblich wäre. Auch ein verlässlicher Vertragspartner besitzt einen Wert, der im Rahmen der Preisbildung auch unter Fremden Berücksichtigung finden kann, ohne dass der Preis deshalb unüblich niedrig würde.

Insgesamt konnte somit nicht erkannt werden, dass der Pachtvertrag vornehmlich auf die Fortsetzung der Tätigkeit des Betriebs durch den BF und nicht auf die Erzielung eines angemessen Pachterlöses durch die Verpächterin gerichtet gewesen wäre.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Vor diesem Hintergrund brauchten auch die Angaben des Mitarbeiters der zuständigen Landeslandwirtschaftskammer nicht weiter hinterfragt zu werden. Insbesondere erübrigte sich die Bestellung eines Amtssachverständigen zur Bewertung der Liegenschaft.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Frage des Übergangs von Prämienrechten im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge liegt weder Rechtsprechung des VwGH noch - in Zusammenhang mit der Basisprämie - des EuGH vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Befristung, Betriebsübernahme, Bewertung, Direktzahlung,
einheitliche Betriebsprämie, Einzelfallprüfung, gekoppelte Stützung,
Gesamtbetrachtung, Gutachten, Junglandwirt, Kündigung,
landwirtschaftliche Tätigkeit, landwirtschaftlicher Betrieb,
Mehrfachantrag-Flächen, mündliche Verhandlung, Nachreichung von
Unterlagen, Nachweismangel, Pacht, Prämiengewährung, Revision
zulässig, Übertragung, Vergleich, Wertermittlung, Zahlungsansprüche,
Zuteilung, Zuweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W118.2185482.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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