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19/05 Menschenrechte;Norm
ABGB §9;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der 1969 geborenen GV in Wien, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Jänner 2000, Zl. 310.042/2-III/11/99, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. März 1999 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei mit einem Reisevisum mit Geltungsdauer vom 10. Jänner 1999 bis 9. April 1999 nach Österreich eingereist und halte sich seither im Bundesgebiet auf. Sie beabsichtige daher, ihren mit dieser Einreise begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Niederlassungsbewilligung zu verlängern. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 sei jedoch die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu versagen, wenn diese zeitlich an den durch ein Reisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden solle. Dieser Versagungsgrund sei gegeben. Die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei daher zu verweigern.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK sei die Versagung eines Aufenthaltstitels, sofern damit in das Privat- und Familienleben des Antragstellers eingegriffen würde, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele notwendig sei. Dabei sei das Ausmaß der Integration des Antragstellers und seiner Familienangehörigen sowie die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen zu beachten. Zwar bestünden im Falle der Beschwerdeführerin durch den Aufenthalt ihres Ehegatten in Österreich unabsprechbare familiäre Bindungen im Bundesgebiet. Dennoch könne keinesfalls ein Aufenthaltstitel erteilt werden, weil die öffentlichen Interessen zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele höher zu werten seien als die nachteiligen Folgen einer Verweigerung des Aufenthaltstitels auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin. Das Interesse an einem geordneten Fremdenwesen erfordere es, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollten, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 lautet:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn
...
2. der Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll;"
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0238, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, ist für die Beurteilung der Frage, ob der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 vorliegt, ausschließlich maßgeblich, dass sich der Fremde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Anschluss an eine mit einem Reisevisum erfolgte Einreise im Bundesgebiet aufhält.
Dass dies hier der Fall war, wird von der Beschwerdeführerin ausdrücklich zugestanden.
Ist aber der "absolute" (vgl. die in § 10 Abs. 1 FrG 1997 gebrauchte Formulierung "... ist zu versagen, wenn ...") Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 wirksam geworden, ist die Erteilung einer Bewilligung nach § 8 Abs. 1 FrG 1997 ausgeschlossen. Eine Ermessensübung unter Berücksichtigung der in § 8 Abs. 3 FrG 1997 genannten Kriterien hat bei den in § 10 Abs. 1 FrG 1997 genannten Versagungsgründen nicht zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0233).
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die belangte Behörde habe zwar die Anwesenheit ihres Ehegattin im Bundesgebiet erwähnt, jedoch nicht näher begründet, weshalb die öffentlichen Interessen an der Versagung der Bewilligung ihre privaten Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK überwögen. Art. 8 Abs. 2 MRK stehe jedoch im Verfassungsrang, sodass die Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 ihm "nach dem Stufenbau der rechtlichen Bedingtheit wie auch nach dem der derogatorischen Kraft" untergeordnet seien.
Anders als die Beschwerdeführerin und offenbar auch die belangte Behörde meinen, ist jedoch bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 gestützten Entscheidung aus den im - zur vergleichbaren Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG 1992 ergangenen - Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, dargelegten Gründen eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Verhältnisse des Fremden im Sinne des Art. 8 MRK nicht geboten (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 98/19/0238).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt dem Art. 8 MRK gegenüber den Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997, welche überdies später erlassen wurden, keine derogatorische Kraft zu. Stünde § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 im Widerspruch zu Art. 8 MRK, wäre die erstgenannte Bestimmung verfassungswidrig. Dies ist jedoch aus den im bereits zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993 genannten Gründen, welche auch auf § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 zutreffen, nicht der Fall.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 25. Februar 2000
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000190032.X00Im RIS seit
20.11.2000