TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/23 W209 2166594-1

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Veröffentlicht am 23.05.2018
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Entscheidungsdatum

23.05.2018

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W209 2166594-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Heinz NEUBÖCK, Wirtschaftstreuhand GmbH und Steuerberatungsgesellschaft, Bauernmarkt 24, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse vom 07.06.2017, GZ BE 17/2017, betreffend Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG für auf dem Betragskonto der XXXX GmbH unberichtigt aushaftende Sozialversicherungsbeiträge samt Verzugszinsen in Höhe von €

4.151,13 zuzüglich der ab 03.06.2017 auflaufenden Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % p.a. aus € 4.077,24 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 11.05.2017 teilte die belangte Behörde (im Folgenden die Gebietskrankenkasse) dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Beitragskonto der XXXX GmbH offene Dienstnehmer-Beitragsanteile sowie Beiträge und Beitragszuschläge in Höhe von € 7.129,07 aushaften würden. Da der Beschwerdeführer Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei und der offene Betrag trotz Fälligkeit bisher nicht eingebracht werden habe können, hafte er dafür, wenn die Uneinbringlichkeit auf einer schuldhaften Verletzung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten Pflichten beruhe. Hinsichtlich jener Beitragszeiträume, in denen keine Lohnzahlung mehr erfolgt sei (Oktober 2016 bis Dezember 2016), müsse der Beschwerdeführer unter Beweis stellen, dass er die Verbindlichkeiten gegenüber der Gebietskrankenkasse nicht schlechter behandelt habe als die Forderungen sonstiger Gläubiger. Zu diesem Zweck habe er binnen 14 Tagen einen rechnerischen Entlastungsnachweis zu erbringen, aus dem sich in monatsweiser Darstellung die offenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu Beginn des Monats November 2016, zu Beginn des Monats Dezember 2016 und zu Beginn des Monats Jänner 2017, die in diesen Monaten auf die Verbindlichkeiten geleisteten Zahlungen, die neu hinzugekommenen Verbindlichkeiten und der Saldo ablesen lasse. Zur Prüfung der Nachvollziehbarkeit und Plausibilität der Berechnung seien zudem korrespondierende Buchhaltungsunterlagen vorzulegen. Ansonsten sei der Rückstand mit beiliegendem Zahlschein binnen 14 Tagen zu begleichen. Auf dieses Schreiben erfolgte seitens des Beschwerdeführers keine Reaktion.

2. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 07.06.2017 wurde der Beschwerdeführer sodann als Geschäftsführer der Firma XXXX GmbH gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG verpflichtet, binnen 15 Tagen nach Zustellung des Bescheides € 4.151,13 zuzüglich der ab 03.06.2017 auflaufenden Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % p.a. aus € 4.077,24 an die belangte Gebietskrankenkasse zu bezahlen. Begründend führte die Gebietskrankenkasse zusammengefasst aus, dass die Firma XXXX GmbH aus dem Beitragszeitraum 9/2016 Dienstnehmer(beitrags)anteile in Höhe von € 338,35 schulde und aus den Beitragszeiträumen 10/2016 bis 12/2016 Beiträge in Höhe von € 3.738,89 (ebenfalls unter Berücksichtigung der Sanierungsquote), somit € 4.077,24 zuzüglich bis 02.06.2017 aufgelaufene Vezugszinsen in Höhe von € 73,89 aushaften würden. Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13.01.2017 sei über das Vermögen der XXXX GmbH ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und nach Annahme einer Sanierungsquote von 20 % mit Beschluss vom 18.04.2017 aufgehoben worden. Damit seien die über die Sanierungsquote hinausgehenden Beitragsschulden der Gesellschaft uneinbringlich und der für die Vertreterhaftung erforderliche Schaden eingetreten. Unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens mit einem weiteren Geschäftsführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen sei und damit zu dem von der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG betroffenen Personenkreis gehöre. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers, wieso ihn am Beitragsrückstand kein Verschulden treffe, sei nicht eingelangt, weshalb nunmehr die (anteilsmäßige) Haftung auszusprechen gewesen sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer seitens seiner steuerlichen Vertretung mit Schriftsatz vom 11.07.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte er vor, dass in den beschwerdegegenständlichen Beitragszeiträumen keine Gehälter mehr ausgezahlt und diese durch den Insolvenzentgeltfonds ersetzt worden seien, wodurch auch keine Beiträge angefallen seien. Die Gesellschaft habe ab der Zahlungsunfähigkeit keinerlei Zahlungen mehr an Gläubiger geleistet, weswegen auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprochen worden sei. Im Hinblick darauf, dass sohin keinerlei haftungsbegründendes Verhalten gesetzt worden sei, werde beantragt, erforderlichenfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das Verfahren einzustellen und den Bescheid ersatzlos zu beheben.

4. Am 03.08.2017 einlangend legte die belangte Kasse die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Mit Schreiben vom 05.03.2018 forderte das Bundesverwaltungsgericht die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers nach Darlegung der Rechtslage auf, binnen vier Wochen nach Erhalt des Schreibens zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung eine Aufstellung aller im Beurteilungszeitraum 10/2016 bis 12/2016 insgesamt fälligen Beitragsforderungen einerseits und aller sonstigen Geschäftsforderungen andererseits sowie aller auf diese Forderungen geleisteten Zahlungen vorzulegen und zum Vorbringen der Gebietskrankenkasse, der Beschwerdeführer habe im Beitragszeitraum 09/2016 vorsätzlich Dienstnehmer(beitrags)anteile einbehalten, Stellung zu nehmen.

6. Über Ersuchen der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers wurde die gesetzte vierwöchige Frist mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2018 um weitere vier Wochen erstreckt. Bis dato langte keine Stellungnahme des Beschwerdeführers oder seiner steuerlichen Vertretung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Der am 30.12.1953 geborene Beschwerdeführer ist seit 19.10.1999 gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer vertretungsbefugter Geschäftsführer der XXXX GmbH (Primärschuldnerin)

Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13.01.2017 wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und nach Annahme einer Sanierungsquote von 20 % mit Beschluss vom 18.04.2017 aufgehoben.

Im Zeitraum von 01.01.2007 bis 12.01.2017 war XXXX bei der Primärschuldnerin beschäftigt. Dieser bezog sein Gehalt bis einschließlich September 2016.

Die Primärschuldnerin schuldet (unter Berücksichtigung der Sanierungsquote) aus dem Beitragszeitraum 9/2016 Dienstnehmeranteile in Höhe von € 338,35 und aus den Beitragszeiträumen 10/2016 bis 12/2016 Beiträge in Höhe von € 3.738,89, somit einen Betrag in Höhe von € 4.077,24 zuzüglich der bis zum 02.06.2017 angefallenen Verzugszinsen in Höhe von € 73,89.

Bis dato wurden trotz Aufforderung seitens der Gebietskrankenkasse und des Bundesverwaltungsgerichtes weder ein Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht noch eine Stellungnahme zur angeschuldigten Einbehaltung von Dienstnehmeranteilen erstattet.

2. Beweiswürdigung:

Der Organstellung des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin ist einem von Amts wegen eingeholten Firmenbuchauszug (FN XXXX ) zu entnehmen.

Die o.a. Beschlüsse des Landesgerichtes Eisenstadt ergeben sich aus der Insolvenzdatei.

Die Beschäftigung des angeführten Dienstnehmers und deren Dauer wurden nicht bestritten. Die Beschwerde bestreitet hingegen, im gesamten beschwerdegegenständlichen Zeitraum keine Gehälter mehr ausgezahlt zu haben. Die Lohnzahlung bis 30.09.2016 ergibt sich jedoch aus dem Bericht des Masseverwalters vom 07.03.2017.

Der Haftungsbetrag wurde lediglich dem Grunde nach, nicht jedoch der Höhe nach bestritten. Es kann somit auf die im angefochtenen Bescheid detailliert dargelegte Berechnung der aushaftenden Beiträge bzw. einbehaltenen Dienstnehmerbeitragsanteile samt Verzugszinsen seitens der Gebietskrankenkasse verwiesen werden, die keinen Anlass bietet, am ermittelten Haftungsbetrag zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 4 (Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ASVG) entschieden wird und auch nicht eine Angelegenheit gemäß § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG als Vorfrage zu beurteilen ist, liegt im gegenständlichen Beschwerdeverfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

Die im beschwerdegegenständlichen Zeitraum anzuwendenden maßgebenden Rechtsvorschriften lauten:

§ 58 ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2010:

"Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge; Beitragsvorauszahlung

§ 58. (1) bis (4) ...

(5) Die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(6) bis (8) ..."

§ 59 ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 79/2015:

"Verzugszinsen

§ 59. (1) Werden Beiträge nicht innerhalb von 15 Tagen

1. nach der Fälligkeit,

2. in den Fällen des § 4 Abs. 4 nach dem Ende des Monats, in dem der Dienstgeber Entgelt leistet,

eingezahlt, so sind von diesen rückständigen Beiträgen, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten. Erfolgt die Einzahlung zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der 15-Tage-Frist, so bleibt diese Verspätung ohne Rechtsfolgen. Der Hundertsatz berechnet sich jeweils für ein Kalenderjahr aus dem Basiszinssatz (Art. I § 1 Abs. 1 des 1. Euro-Justiz-Begleitgesetzes, BGBl. I Nr. 125/1998) zuzüglich vier Prozentpunkten; dabei ist der Basiszinssatz, der am 31. Oktober eines Kalenderjahres gilt, für das nächste Kalenderjahr maßgebend. Für rückständige Beiträge aus Beitragszeiträumen, die vor dem Zeitpunkt einer Änderung dieses Hundertsatzes liegen, sind die Verzugszinsen, soweit sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits vorgeschrieben sind, mit dem jeweils geänderten Hundertsatz zu berechnen. § 108 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, gilt entsprechend. Für die Berechnung der Verzugszinsen können die rückständigen Beiträge auf den vollen Eurobetrag abgerundet werden.

(2) Der zur Entgegennahme der Zahlung berufene Versicherungsträger kann die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch ihre Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären. Die Verzugszinsen können überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat.

(3) Der im Abs. 1 vorgesehene Zeitraum von 15 Tagen beginnt in den Fällen, in denen die Beiträge vom Träger der Krankenversicherung nach § 58 Abs. 4 oder § 68a Abs. 1 dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden, erst mit Ablauf des zweiten Werktages nach Aufgabe der Beitragsvorschreibung (sie gilt als Zahlungsaufforderung) zur Post; wird die Beitragsvorschreibung durch Organe des Trägers der Krankenversicherung zugestellt, so beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der Zustellung.

(4) Die vom Träger der Krankenversicherung eingehobenen Verzugszinsen sind auf die beteiligten Versicherungsträger und sonstigen Stellen schlüsselmäßig nach Maßgabe des auf den einzelnen Versicherungsträger entfallenden Gesamtbeitragsrückstandes am Ende des Vormonates aufzuteilen."

§ 67 ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 86/2013:

"Haftung für Beitragsschuldigkeiten

§ 67. (1) bis (9) [...]

(10) Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend."

§ 83 ASVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 588/1991:

"Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze

§ 83. Die Bestimmungen über Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen gelten entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung."

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

§ 67 Abs. 10 ASVG zufolge haften u.a. die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Voraussetzung für den Eintritt der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist, dass die betreffenden Sozialversicherungsbeiträge beim Primärschuldner uneinbringlich sind. Erst wenn dies feststeht, ist auf die Prüfung der für die Haftung nach dieser Bestimmung maßgebenden weiteren, an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen (VwGH 16.09.1991, 91/15/0028; 09.02.1982, 81/14/0072).

Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13.01.2017 wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und nach Annahme einer Sanierungsquote von 20 % mit Beschluss vom 18.04.2017 aufgehoben. Damit sind die über die Sanierungsquote hinausgehenden Beitragsschulden der Gesellschaft uneinbringlich.

Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 - 2. SVÄG 2010, BGBl. I Nr. 102/2010, besteht neben den im § 67 Abs. 10 ASVG auferlegten Pflichten auch eine allgemeine, die Vertreter der Beitragsschuldner gegenüber den Beitragsgläubigern treffende Pflicht, aus den von ihnen verwalteten Mitteln für die Abfuhr der Beiträge zu sorgen. Damit ist zur bisherigen Haftung für nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge und Meldeverstöße (gleichrangig) eine neue Haftung wegen Ungleichbehandlung (von Gläubigern) hinzugetreten (Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG6 (2017) § 67 Rz 77a).

Gemäß der auf die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG übertragbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parallelbestimmung des § 25a Abs. 7 BUAG liegt Gläubigergleichbehandlung dann vor, wenn das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, die zu Beginn des Beurteilungszeitraumes bereits fällig waren oder bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes fällig wurden, dem Verhältnis der in diesem Zeitraum erfolgten Beitragszahlungen zu den insgesamt fälligen Beitragsverbindlichkeiten entspricht. Unterschreitet die Beitragszahlungsquote die allgemeine Zahlungsquote, so liegt eine Ungleichbehandlung des Sozialversicherungsträgers vor (vgl. VwGH 29.01.2014, 2012/08/0227).

Im vorliegenden Fall bezieht sich die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Gläubigerungleichbehandlung auf die Beitragszeiträume 10/2016 bis 12/2016.

Unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Rechtsprechung zur abgabenrechtlichen Haftung (vgl. u.a. VwGH 19.06.1985, Slg. Nr. 6012/F, 17.09.1986, 84/13/0198, 16.12.1986, 86/14/0077, und 06.03.1989, 88/15/0063) ist es auch im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren Sache des haftungspflichtigen Geschäftsführers dazulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig (zur Gänze) entrichtet wurden, und dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten. Denn ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt - über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (VwGH 13.03.1990, 89/08/0217).

Der Beschwerdeführer wurde sowohl seitens der belangten Gebietskrankenkasse als auch vom Bundesverwaltungsgericht aufgefordert, eine Aufstellung aller im Beurteilungszeitraum 10/2016 bis 12/2016 insgesamt fälligen Beitragsforderungen einerseits und aller sonstigen Geschäftsforderungen andererseits sowie aller auf diese Forderungen geleisteten Zahlungen vorzulegen. Der Beschwerdeführer ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Damit ist im Lichte der o.a. Rechtsprechung davon auszugehen, dass er seine Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Gläubiger schuldhaft verletzt hat.

Im Falle der Nichterbringung eines Nachweises der Gläubigergleichbehandlung haftet der Vertreter für die von der Haftung betroffenen Beitragsschulden zur Gänze (vgl. nochmals VwGH, 04.10.2001, 98/08/0368). Somit besteht im vorliegenden Fall die Haftung des Beschwerdeführers für die gesamte die Beitragszeiträume Oktober 2016 bis Dezember 2016 betreffende und die Sanierungsquote übersteigende Beitragsschuld (€ 3.738,89).

Soweit die Beschwerde vorbringt, im fraglichen Zeitraum seien gar keine Gehälter mehr geleistet worden, weswegen dafür auch keine Beträge zu entrichten gewesen seien, ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Anspruchsprinzip die Beitragspflicht unabhängig von der Auszahlung der Löhne besteht.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, wurde dem Dienstnehmer XXXX bis einschließlich September 2016 sein Lohn noch ausbezahlt, jedoch entgegen § 153c StGB die Dienstnehmeranteile nicht abgeführt. Gemäß § 153c Abs. 2 StGB trifft diese Pflicht auch das zur Vertretung berufene Organ. Somit liegt auch hinsichtlich der einbehaltenen und die Sanierungsquote übersteigenden Dienstnehmerbeiträge (€ 338,35) eine haftungsbegründende Pflichtverletzung des Beschwerdeführers vor.

Gemäß § 83 ASVG gelten die Bestimmungen über die Haftung auch für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze (Derntl a.a.O., § 67 Rz 103).

Da die Pflichtverletzung des Vertreters dafür ursächlich ist, dass der Sozialversicherungsträger die Beitragszahlungen und Dienstnehmerbeiträge nicht ordnungsgemäß erhalten hat, hat dieser Vertreter auch die (anteiligen) Verzugszinsen als wirtschaftliches Äquivalent für die verspätete Zahlung zu tragen (vgl. Derntl a.a.O., § 67 Rz 104a).

Somit erfolgte auch die Vorschreibung der Verzugszinsen im vorliegenden Fall zu Recht.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung folgt in allen wesentlichen Rechtsfragen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die in den rechtlichen Erwägungen zu Spruchpunkt A) an der jeweiligen Stelle zitiert wird.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsgerichtshof infolge der grundsätzlich zeitraumbezogen anzuwendenden Beitragsregelungen des ASVG seit Inkrafttreten des § 58 Abs. 5 ASVG noch nicht in einem Fall, in dem die neue Regelung anzuwenden war, entschieden hat. In seinen nach dem Inkrafttreten des § 58 Abs. 5 ASVG ergangenen Erkenntnissen hat er aber sehr wohl darauf hingewiesen, dass nach der neuen Rechtslage zu den den Vertretern auferlegten Pflichten im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG nunmehr auch die allgemeine, die Vertreter der Beitragsschuldner gegenüber den Beitragsgläubigern treffende Pflicht gehört, aus den von ihnen verwalteten Mitteln für die Abfuhr der Beiträge zu sorgen.

Insofern ist daher auch die in der Vergangenheit zur Verpflichtung der Gläubigergleichbehandlung ergangene Rechtsprechung nunmehr auch in jenen Fällen heranzuziehen, in denen die neue Rechtslage anzuwenden ist.

Da somit eine auf den vorliegenden Fall übertragbare einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiert, liegt gegenständlich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung, Nachweismangel,
Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W209.2166594.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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