Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr.
Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Krammer, Rechtsanwalt in Horn, gegen die beklagte Partei F***** F*****, vertreten durch Dr. Mario Noe-Nordberg, Rechtsanwalt in Waidhofen an der Thaya, wegen Feststellung (Streitwert: 32.847,20 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. März 2018, GZ 11 R 19/18x-12, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger und die Ehefrau des Beklagten sind Kinder der im Jahr 2017 verstorbenen Erblasserin. Mit Notariatsakt vom 28. 5. 2014 hatte die Erblasserin ihre Liegenschaften an ihren Schwiegersohn, den Beklagten, übergeben.
Der Kläger erhebt Anspruch auf den „Schenkungspflichtteil“, wobei er sich in dritter Instanz noch auf das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts sowie eine „sittenwidrige und absichtliche Schädigung“ durch Vereitelung seiner Pflichtteilsansprüche stützt.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren schon aufgrund des erstatteten Tatsachenvorbringens ab.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger vermag in seiner außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:
1. Auf den Sachverhalt sind die einschlägigen Bestimmungen idF des ErbRÄG 2015 anzuwenden, auch wenn die Schenkung bereits vor dem 1. 1. 2017 stattgefunden hat (§ 1503 Abs 7 Z 1 und 2 ABGB).
2. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 2 Ob 145/16m EF-Z 2017/37 (Tschugguel) = iFamZ 2017/73 (Schweda) = EvBl 2017/57 (Apathy) in einem Fall, dem ebenfalls Schenkungen an ein Schwiegerkind des Erblassers zugrunde lagen, sowohl das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts als auch Rechtsmissbrauch verneint. Er stellte klar, dass die durch die Festlegung der Zweijahresfrist als „kritische Zeit für Umgehungen des Noterbrechts“ zum Ausdruck gebrachte Wertung des Gesetzgebers abschließend ist. Erfolgte die Schenkung an eine nicht pflichtteilsberechtigte Person vor der Zweijahresfrist des § 785 Abs 3 ABGB aF, können sich die Pflichtteilsberechtigten daher nicht erfolgreich darauf stützen, dass die Schenkung rechtsmissbräuchlich nur zur Vermeidung einer Schenkungsanrechnung vorgenommen worden sei (RIS-Justiz RS0131055). Damit wird auch dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit Rechnung getragen.
Diese Entscheidung wurde im Schrifttum ausnahmslos zustimmend glossiert. In 2 Ob 91/16w wurde diese Rechtsprechung in einem vergleichbaren Fall fortgeschrieben (vgl auch 2 Ob 213/17p).
3. Die Grundsätze der Entscheidung 2 Ob 145/16m sind uneingeschränkt auf die neue Rechtslage übertragbar, weil die Zweijahresfrist in § 782 Abs 1 ABGB nF unangetastet blieb. Da die Schenkung mehr als zwei Jahre vor dem Tod der Erblasserin erfolgte, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen sie sich zur Schenkung an den Beklagten entschloss. Die Berufung auf Rechtsmissbrauch, damit aber auch auf Sittenwidrigkeit (§ 1295 Abs 2 ABGB) scheidet jedenfalls aus.
4. Die Auslegung des Parteivorbringens wirft ebenso wie die Frage, ob eine Klage schlüssig ist, in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0037780, RS0042828). Die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es – ausgehend vom Tatsachenvorbringen des Klägers – ein Umgehungsgeschäft verneint hat, sind zumindest vertretbar:
4.1 Dies gilt insbesondere für die Auffassung, dass die Ehefrau des Beklagten noch keine rechtliche Stellung erlangt hat, die mit jener eines Eigentümers vergleichbar ist (auch zu diesem Kriterium vgl 2 Ob 145/16m).
4.2 Die Revisionsausführungen des Klägers zum Fall einer möglichen Ehescheidung sind überdies bloße Spekulation. Vorbringen, dass eine Scheidung drohen könnte, hat der Kläger nicht erstattet.
4.3 Der behauptete Widerspruch zwischen den Entscheidungen 2 Ob 145/16m und 2 Ob 354/98t liegt nicht vor. Da im zuletzt erwähnten Fall das zweiaktige Umgehungsgeschäft bereits vollendet war, hatte der Senat auch keine Veranlassung, Überlegungen über die rechtliche Stellung der im Umweg über einen Dritten beschenkten Übernehmerin vor dem abschließenden Rechtsgeschäft anzustellen. Eine Situation, wie sie der Entscheidung 2 Ob 354/98t, zugrunde lag, könnte zwar auch hier noch eintreten, wenn der Beklagte die Liegenschaften tatsächlich an seine Ehefrau überträgt. Dann wäre aber der Kläger durch die neue Verjährungsbestimmung des § 1487a ABGB, wonach für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis der für das Bestehen des Anspruchs maßgebenden Umstände abzustellen ist, ohnehin geschützt.
5. Auf die Frage, ob das vom Kläger auf § 765 Abs 2 ABGB gestützte Feststellungsinteresse überhaupt zu bejahen wäre (vgl § 789 iVm § 790 Abs 2 ABGB), muss unter diesen Umständen nicht mehr eingegangen werden.
Textnummer
E121525European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00080.18F.0425.000Im RIS seit
01.06.2018Zuletzt aktualisiert am
24.01.2019