TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/17 I416 1246843-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.05.2018
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Entscheidungsdatum

17.05.2018

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

I416 1246843-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien und RA Dr. Lennart BINDER LL.M., Rochusgasse 2/12 in 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2018, Zl. 275787408/180228634, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte nach seiner illegalen Einreise ins Bundesgebiet am 23.06.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.02.2004, Zl. 03 18.654-BAE gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG abgewiesen wurde und unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei und wurde er nach Nigeria ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.06.2009, Zl. A14 246.843-0/2008/7E als unbegründet abgewiesen.

2. Dem Beschwerdeführer wurden in weiterer Folge mehrere Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt, zuletzt wurde sein Aufenthaltstitel ROT-WEISS-ROT KARTE PLUS mit Gültigkeit bis 24.07.2018 verlängert.

3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 01.02.2012, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 4. und 5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate auf drei Jahre bedingt rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 14.01.2014, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt und die Probezeit des bedingten Strafteils der vorausgegangen Verurteilung auf fünf Jahre verlängert.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 04.04.2016, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten rechtskräftig verurteilt. Der Beschwerdeführer verbüßte zuletzt eine Haftstrafe in der JA XXXX vom 23.12.2016 bis 22.12.2017.

4. Am 10.4.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde zur beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass er ledig sei und zwei Kinder habe, die er aber seit 2013 nicht mehr gesehen habe. Leben würden beide bei der Kindesmutter XXXX, zu der er aber keinen Kontakt mehr habe. Er gab weiters an, dass er derzeit beim Verein XXXX gemeldet sei, schlafen würde er bei Freunden, deren Namen er aber nicht nennen könne. Zu seiner finanziellen Situation führte er aus, dass er keine Ersparnisse besitzen würde, er würde als Prediger und Fahrer für einen Paketdienst arbeiten und werde von der Kirche unterstützt, bekommen würde er ca. € 1000,-- netto im Monat. Gefragt ob er Mitglied in einem Verein, einer Hilfsorganisation sei oder sonstige private Bindungen anführen könne gab er wörtlich an: "Ich bin bei ca. 10 kirchlichen Organisationen Mitglied." Zu seinen persönlichen Verhältnissen führte er weiters aus, dass seine Angehörigen alle verstorben wären, er selbst habe 12 Jahre die Grundschule und fünf Jahre die Hochschule besucht und eine Ausbildung als Automechaniker. Auf Vorhalt, dass der Behörde hinsichtlich seiner Person ein Reisepass lautend auf XXXX, geb. am XXXX StA. Nigeria vorliegen würde, antwortete er wörtlich: "Sie mögen überprüfen ob dieser Namen irgendwo auf der Welt gebraucht wurde. Meine damalige Lebensgefährtin hat diesen Reisepass für mich organisiert, damit Sie mich heiraten kann. Bezüglich der Identität ist dies eine Übersetzung der Sprache Igbo und Yoruba, damit meine Lebensgefährtin den Altersunterschied kaschieren wollte hat sie mich um 11 Jahre älter gemacht. Das der Name XXXX geblieben ist, beruht auch auf meiner Lebensgefährtin, da ihr die Sprache Igbo besser gefallen hat." Gefragt ob er im Falle seiner Rückkehr mit strafrechtlichen oder politischen Folgen rechnen müsste gab er an, dass ihn die Organisationen, die ihm damals verfolgt hätten wieder verfolgen würden, und er als Prediger automatisch antichristlichen Gruppen ausgesetzt wäre. Gefragt, ob er noch Fragen habe, antwortete er wörtlich: "Es ist mir eigentlich egal, es wird sowieso immer gegen mich entschieden."

5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.04.2018, Zl. 275787408/180343195 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 77 Abs. 1 und Abs. 3 iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG 2005 zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung das gelindere Mittel der regelmäßigen Meldung bei der PI XXXX, verhängt. Die Übernahme des gegenständlichen Bescheides wurde vom Beschwerdeführer jedoch verweigert.

6. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2018, Zl. 275787408/180228634, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idF BGBl I Nr. 145/2017 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idF BGBl I Nr. 70/2015" erlassen (Spruchpunkt I.) und "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise "gemäß § 55 Absatz 4 FPG" wurde nicht eingeräumt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Zuletzt wurde "gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idF BGBl I Nr. 145/2017" gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.) erlassen.

7. Am 09.05.2018 erfolgte eine telefonische Nachfrage bei der PI

XXXX hinsichtlich seiner Meldeverpflichtung, wobei mitgeteilt wurde, dass er dieser in unregelmäßigen Abständen nachkommen würde.

8. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz, eingelangt am 08.05.2018, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend führte er unsubstantiiert aus, dass eine Rückkehrentscheidung unzulässig sei, das ein schutzwürdiges Privatleben bestehen würde, da der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig und Vater von zwei in Österreich lebenden Kindern sei. Er führte weiters aus, dass kein Grund für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gegeben sei, da der Beschwerdeführer schon seit Jahren in Österreich leben würde und als integriert gelten müsse. Es sei nicht richtig, dass die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich wäre und würde auch kein Anlass bestehen, ein Einreiseverbot zu verhängen. Letztlich führte er unsubstantiiert aus, dass es die Behörde unterlassen habe, die einzelnen Delikte des Beschwerdeführers inhaltlich zu prüfen, da diese Prüfung ergeben hätte, dass die Delikte einerseits schon längere Zeit zurückliegen würden, das verhängte Strafmaß relativ gering sei und es sich bei dem letzten Delikt um eine spezifische Situation handeln würde, die keinen Einfluss auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit hat. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass von einer Rückkehrentscheidung Abstand genommen wird, die Abschiebung nach Nigeria für unzulässig erklärt wird, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird und von einem Einreiseverbot Abstand genommen wird.

9. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 15.05.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, arbeitsfähig, spricht englisch und ist Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität gründet sich auf seiner Aussage.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Sein Gesundheitszustand steht seiner Rückkehr nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über familiäre Bindungen, da seine beiden Kinder im Bundesgebiet aufhältig sind. Er verfügt aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes und seiner Berufstätigkeit über eine gewisse soziale und berufliche Integration. Der Beschwerdeführer ist aktuell beim Verein XXXX in der XXXX gemeldet.

Das Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde bereits 2009 rechtskräftig negativ entschieden.

Der Beschwerdeführer verfügt durch die ihm ausgestellte ROT-WEISS-ROT KARTE PLUS über eine befristetes Aufenthaltsrecht und einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt bis 24.07.2018. Der Beschwerdeführer hat durch seine Verurteilungen einen Versagungsgrund für die Verlängerung seines Aufenthaltstitels gesetzt.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich insgesamt drei Mal strafrechtlich verurteilt:

01) LG XXXX vom 01.02.2012 RK 07.02.2012

§ 28a (1) 4.5. Fall SMG

Freiheitsstrafe 12 Monate, davon Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 07.02.2012

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 14.01.2014

02) LG XXXX vom 14.01.2014 RK 14.01.2014

§ 83 (1) StGB; § 107 (1) StGB

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 14.01.2014

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG XXXX vom 04.04.2016

03) LG XXXX vom 04.04.2016 RK 26.07.2016

§ 107 (1) StGB

Freiheitsstrafe 6 Monate

Der Beschwerdeführer war zuletzt vom 23.12.2016 bis 22.12.2017 in Strafhaft.

1.2. Zur Situation in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt. Der Beschwerdeführer erstattet kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr und ergaben sich auch amtswegig keine diesbezüglichen Hinweise.

Es wird weiters festgestellt, dass er, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre. Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen und hat der Beschwerdeführer den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert bestritten, sodass das Bundesveraltungsgericht den maßgeblichen Sachverhaltes als ausreichend ermittelt und somit als entscheidungsreif ansieht und sich der vorgenommenen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keine schwere gesundheitliche Einschränkung bzw. auch keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorbrachte. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellungen zu seiner beruflichen Integration beruhen auf einem ZMR Auszug, sowie seinen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Dass der Beschwerdeführer im Besitz einer bis 24.07.2018 gültigen ROT-WEISS-ROT-KARTE PLUS ist und in den letzten Jahren wiederholt einer legalen Beschäftigung nachgegangen ist ergibt sich aus dem Akt bzw. einem Sozialversicherungsdatenauszug vom 10.04.2018.

Bei der vom Beschwerdeführer angegeben Meldeadresse handelt es sich um eine Postabgabestelle und nicht um eine Unterkunft. Laut Eintragung im ZMR ist der Beschwerdeführer obdachlos und nächtigt laut seinen Angaben bei Freunden in XXXX.

Die Feststellungen zu seinem Familienleben ergeben sich aus dem Akt und der niederschriftlichen Einvernahme vom 10.04.2018. Die beiden Kinder des Beschwerdeführers leben im Bundesgebiet bei der ehemaligen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und hat der Beschwerdeführer seit 2013 keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern bzw. seiner Lebensgefährtin.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers leiten sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 17.05.2018 ab und konnten ihn auch seine privaten und familiären Anknüpfungspunkte nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten.

2.3. Zu den Länderfeststellungen:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: Nigeria,

3. Quartal 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 8. November 2016, herangezogen.

Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Darüberhinaus sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen. Prinzipiell sollte es einer Person, die von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Es besteht daher auch für den Beschwerdeführer die Möglichkeit durch Umzug in einen anderen Teil des Landes allenfalls möglichen Repressionen auszuweichen, wobei aus dem Akt keine derartigen Repressionen ersichtlich sind.

Zur wirtschaftlichen Lage ist allgemein auszuführen, dass Nigeria seit 2014 als die größte Volkswirtschaft Afrikas gilt, im Jahr 2014 wurde sogar das Bruttoinlandsprodukt von Südafrika übertroffen, neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet. Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit 10 Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung. Auch die Mais- und Reisproduktion wurde - durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft. Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus.

Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird.

Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension. Jedoch wurde das Pension Reform Act novelliert, um die Kosten und Nutzen für die Mitarbeiter von öffentlichen und privaten Sektor zu harmonisieren. Bis März 2016 waren es etwa 7,01 Millionen Arbeitnehmer die beim Contributory Pension Scheme registriert sind und dazu beitragen. Dies repräsentiert etwa 7,45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung und 3,95 Prozent der gesamten Bevölkerung. 26 von 36 Bundesstaaten haben das Contributory Pension Scheme übernommen.

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Community Economic Empowerment and Development Strategy (CEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat. Geldtransfers und Investitionen der im Ausland lebenden Nigerianer tragen wesentlich zur Unterstützung der Wirtschaft bei.

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe. Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Schnecken und "grass-cutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet.

Da ein Meldewesen nicht vorhanden ist und auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem nicht existiert, ist es damit in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen".

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt. Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle. Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert. Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich. Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee. Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Zum Rechtsschutz ist auszuführen, dass das Institut der Pflichtverteidigung erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt wurde. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen. Rechtsberatungen und Rechtsbeistand bieten u.a. die folgenden Organisationen: Legal Aid Council; die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC); Legal Defence and Assistance Project (LEDAP). Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben.

Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass der ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführte Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe.

Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt außerdem darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, wenn es sich um Verurteilungen wegen Drogendelikten handelt, nach ihrer Rückkehr an die NDLEA überstellt werden, haben diese Personen ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Darüberhinaus gibt die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund an, weshalb Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich sind.

(Quellen):

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Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Zu den zur Feststellung, ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210). Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen, auch in der Beschwerde findet sich kein substantiiertes Vorbringen, welches die Richtigkeit der, der Entscheidung zugrunde gelegten, Länderberichte in Zweifel ziehen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50, § 52 Abs. 4 und Abs. 9 sowie § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

"Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. (Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1)-(3) ...

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen k

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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