TE Bvwg Beschluss 2018/5/17 I401 2152944-2

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Veröffentlicht am 17.05.2018
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Entscheidungsdatum

17.05.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I401 2152944-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018, IFA: 646738903 VZ: 18029245, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA.

Nigeria, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Fremde, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 09.06.2013 den ersten Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Da Zweifel an der Altersangabe des Fremden auftraten, holte das Bundesasylamt ein medizinisches Sachverständigengutachten ein. Ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für medizinische Begutachtung in Asylverfahren kam nach einer multifaktoriellen Befunderhebung (Anamnese, körperlicher Untersuchung, radiologischer Bildgebung mit fachärztlicher Befundung) in seinem Gutachten vom 31.07.2013 zum Ergebnis, dass der Fremde zum Untersuchungszeitpunkt (am 18.07.2013) ein Mindestalter von 19,7 Jahren aufgewiesen habe bzw. als spätestmögliches "fiktives" Geburtsdatum der 04.11.1993 anzunehmen sei.

Auf den Vorhalt, zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz volljährig gewesen zu sein, entgegnete der Fremde bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt vom 10.09.2013, er sei nicht 19 Jahre alt. In der Folge wurde ihm mitgeteilt, dass nunmehr Dublin-Konsultationen mit Ungarn eingeleitet würden.

1.3. Mit Bescheid vom 11.11.2013 wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Ungarn gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig ist, er gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen wird sowie festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig ist.

1.4. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.09.2014, W205 1438898-1/14E, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

1.5. Mit Bescheid vom 17.02.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Fremden auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab, erteilte aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG keinen Aufenthaltstitel, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist, erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab, gewährte gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise, erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot und stellte fest, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 17.01.2017 verloren hat.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

1.6. Mit dem (per Telefax am 29.03.2017) an die belangte Behörde übermittelten Anbringen stellte der rechtsfreundlich vertretene Fremde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG und erhob gleichzeitig gegen den Bescheid vom 17.02.2017 eine Beschwerde. Mit Bescheid vom 15.02.2018 wies die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag zurück.

2.1. Am 26.03.2018 stellte der Fremde den zweiten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an diesem Tag gab er an, seine alten Fluchtgründe seien vollinhaltlich aufrecht. Neue Asylgründe habe er keine. Im Fall seiner Rückkehr habe er in seiner Heimat nichts und niemanden. Seine Eltern seien verstorben. Er habe Angst vor den Moslems, die im Norden des Landes die Christen immer wieder angreifen würden. Auch er habe im Norden Nigerias gelebt. Es gebe Hinweise, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohe oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, weil "wir" gegen die Moslems protestiert hätten. Diese hätten immer die Christen angegriffen. Er könnte von den Moslems und auch von den Regierungskräften getötet werden.

Die Änderung seiner Fluchtgründe sei ihm kurz vor der negativen Entscheidung, also kurz vor dem 15.03.2017, bekannt geworden.

2.2. Bei seiner niederschriftlichen am 08.05.2018 erfolgten Einvernahme durch die belangte Behörde gab der Fremde zunächst an, den (zweiten) Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt zu haben, weil seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben worden sei.

Die Frage, ob seine Fluchtgründe aus dem Vorverfahren noch aufrecht seien, bejahte der Fremde, verneinte hingegen die Frage, ob er im Vorverfahren bereits alle Fluchtgründe gesagt habe. Er sei in Österreich und habe hier ein anderes Leben. Er wolle mit seiner (namhaft gemachten) Freundin, die 27 oder 28 Jahre alt und Ungarin sei, sein Leben führen. Seine Freundin, mit der er seit ca. drei Jahren zusammen sei, helfe ihm bei allem, auch finanziell. Er wohne seit Anfang des Jahres 2017 bei ihr.

Auf die Frage, warum er bei seiner Freundin nicht gemeldet sei, antwortete der Fremde, er habe nicht gedacht, dass es notwendig wäre, sich woanders anzumelden. Er habe seine Geldtasche verloren, woraufhin er zum Magistrat gegangen und dort gesagt habe, dass er seine Ausweise verloren habe. Der Magistrat habe ihm dann mitgeteilt, dass er von der Adresse R. abgemeldet werde. Deshalb habe er keine andere Wahl gehabt, als sich (beim Verein Flüchtlingsprojekt B.) an der Adresse Z. anzumelden. Bei seiner Freundin habe er sich nicht angemeldet, weil sie Anfang 2017 nicht anwesend, sondern auf Reisen gewesen sei. Seine Freundin hätte erst beim Vermieter nachfragen müssen. Er habe aber keine Zeit zum Abwarten gehabt.

Neuerlich befragt, ob sich seine Fluchtgründe geändert hätten, führte der Fremde aus, er habe niemanden in Nigeria. Das Leben in Österreich sei besser. Er stamme aus dem Norden Nigerias und könne nicht mehr dorthin zurück. Er gehöre der Volksgruppe der Igbo an. Er habe im Norden Nigerias, das sei der muslimische Teil des Landes, gewohnt. Sie würden Christen töten. Er sei ursprünglich aus Biafra, sei aber im Norden Nigerias geboren worden. Die Regierung habe zu ihm gesagt, er solle nach Biafra zurück, aber er habe niemanden dort. Die Regierung wolle niemanden aus Biafra auf ihrem Grund und Boden. Das Militär und die Polizei brächten alle um. Man könne nichts dagegen tun. Er selbst sei schon einmal von der Regierung bedroht worden. Das habe er aber alles schon in seinem Vorverfahren erzählt.

Auf die erneut gestellte Frage, warum er einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stelle, äußerte der Fremde, er könne so nicht bleiben. Er wolle alles Mögliche tun, um auf legale Art und Weise in Österreich bleiben zu können. Wenn er keinen neuen Antrag gestellt hätte, wäre er auf sein eigenes Risiko in Österreich. Deshalb habe er einen neuen Asylantrag gestellt. Bei seinen Einvernahmen im Vorverfahren habe er alle seine Fluchtgründe genannt.

2.3. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018 hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Vorbringen des Fremden bereits Gegenstand des Erstverfahrens gewesen sei, wonach er wegen seiner politischen und religiösen Probleme und der Angst, dass er von der Boko Haram bzw. den Islamisten umgebracht oder von der Regierung eingesperrt werde, aus Nigeria geflüchtet sei.

Im gegenständlichen Verfahren habe der Fremde seine (Flucht-) Gründe aus dem vorrangehenden Asylverfahren vollinhaltlich aufrechterhalten. Daher habe sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit der Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Sein nunmehriges Vorbringen sei nicht glaubhaft. Er habe zwar angegeben, seit drei Jahren eine Freundin zu haben, es habe aber nicht festgestellt werden können, dass er mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt lebe.

An den Fluchtgründen und am objektiven und entscheidungsrelevanten Sachverhalt habe sich nichts geändert. Ein glaubwürdiger Kern seines neuen Vorbringens sei nicht ersichtlich. Mit dem nunmehrigen Asylantrag bezwecke der Fremde offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache. Die Lage im Herkunftsstaat des Fremden sei seit der Entscheidung über seinen vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert geblieben. Ihm würde keine Verletzung, wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben, drohen.

Was das Privat- und Familienleben bzw. die Freundin K. des Fremden betreffe, sei anzumerken, dass es sich um kein relevantes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK handle. Er habe bei der Einvernahme angegeben, seit bereits drei Jahren eine Beziehung zu haben. Dies sei jedoch nicht glaubhaft, weil er eine solche bei seiner Einvernahme am 01.02.2017 im Vorverfahren nicht erwähnt habe. Er gebe zwar nunmehr an, dass er mit der Freundin seit einem Jahr zusammen lebe, jedoch ist auch dies nicht glaubhaft. Es liege keine aufrechte Meldung von ihm an der Adresse seiner Freundin vor. Von der belangten Behörde hätten keine Abhängigkeiten festgestellt werden können, welche über eine übliche Bindung hinausgingen. Anzumerken sei, dass der Fremde volljährig sei, überdies an keiner schweren Krankheit leide. Daraus ergäben sich keine Pflegebedürftigkeit und damit eine ständige Betreuungsnotwendigkeit durch die Freundin.

Der Fremde habe bewusst den illegalen, deutlich unsichereren Weg gewählt und habe ihm von Anfang an bewusst sein müssen, dass das Familienleben in Österreich aufgrund der gewählten Einreisemodalitäten nur von kurzer Dauer, nämlich für die Dauer des Asylverfahrens, sein könne.

Sollte tatsächlich eine Beziehung zu seiner Freundin bestehen, sei anzuführen, dass aus der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden und dem bekundeten Interesse, weiterhin im Bundesgebiet verweilen zu wollen, private Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet ableitbar seien. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK sei der Eingriff einer öffentlichen Behörde in das Recht auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, wenn dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen sei und eine Maßnahme darstelle, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sei. Ausgangspunkt der Abwägung sei die Verankerung im Aufenthaltsstaat und die Konsequenzen der Außerlandesbringung für etwaige familiäre Bindungen. Dafür könnten die Dauer und die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes, die Intensität der familiären Bindungen, insbesondere die Dauer einer Ehe und die Anzahl sowie das Alter von Kindern, die Konsequenzen der Beeinträchtigung dieser Bindungen (z.B. bei Kindern, bei Behinderten), die reale Möglichkeit, das Familienleben anderswo führen zu können, die aufgrund rechtlicher Hindernisse, aber auch infolge Unzumutbarkeit für die mitbetroffenen Familienmitglieder fehlen könne, und begangene strafbaren Handlungen sowie Rückfälle bedeutend sein.

Demgegenüber stünden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes komme den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln würden, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne des Artikel 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Für die Notwendigkeit einer Ausweisung sei von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren könne.

Dem Fremden sei es auf Grund der geltenden Rechtslage (§ 21 NAG) und aufgrund seiner illegaler Einreise nicht möglich, den Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, was aufgrund der fehlenden Subsumierbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes unter die Ausnahmen des § 21 Abs. 2 NAG auch dem offenkundigen Willen des Gesetzgebers entspreche. Allein deshalb treffe ihn eine Ausreiseverpflichtung und sei daher mit einer Ausweisung vorzugehen. Der EGMR habe dazu ausgeführt, dass Personen, welche die Behörden eines (Vertrags-) Staates, ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren würden, grundsätzlich keine Berechtigung hätten, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Eine Ausweisung könnte allenfalls dann eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen, wenn der Fremde zum Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich vernünftiger Weise erwarten könne, sein Familien- oder Privatleben in Österreich weiterzuführen. Da der Fremde zum Zeitpunkt seiner Einreise hiervon in vernünftiger Weise nicht ausgehen habe können, erscheine er im Sinne des Art. 8 EMRK grundsätzlich nicht schützenswert. Er habe der beschwerlicheren Art (im Sinne hoher Kosten und Unwägbarkeiten bzw. Unsicherheiten und Gefahren) der illegalen Einreise gegenüber der legalen Antragsstellung bei einer Vertretungsbehörde den Vorzug gegeben bzw. es erst gar nicht versucht.

Der EGMR habe sich im Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06, zum Fall einer seit 27.10.1998 als Asylwerberin im Vereinigten Königreich (UK) aufhältigen ugandischen Staatsangehörigen mit der Frage der Interessensabwägung zwischen einem während des Asylverfahrens begründeten Privatleben und dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Zuwanderungskontrolle und damit verbundenen Abschiebung erfolgloser Asylwerber im Hinblick auf Art. 8 EMRK auseinandergesetzt. Er sei in Hinblick auf Art. 8 EMRK zu dem Schluss gekommen, dass es nicht erforderlich sei, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob (in diesem Fall) durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK entstanden sei. Im vorliegenden Fall sei das Bestehen eines Privatlebens nicht von Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung, weil einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz stehe und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolge. Ein zwischenzeitlich etabliertes Privatleben könne im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre. Im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) handle es sich bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer, ihr sei niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt worden und ihr Aufenthalt im UK sei daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher gewesen. Die Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge werde auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig. Der EGMR differenziere in Hinblick auf die Interessenabwägung zwischen dem Privatleben eines Fremden und dem öffentlichen Interesse an einer Ausweisung ausdrücklich zwischen im Aufenthaltsstaat rechtmäßig niedergelassenen und bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber vorübergehend zum Aufenthalt berechtigten Fremden.

Die österreichische höchstgerichtliche Judikatur stehe dazu im Einklang, dass von einer unterschiedlichen Gewichtung der Interessen eines bislang legal aufhältigen und eines bloß aufgrund seines Asylantrags zum Aufenthalt berechtigten Fremden auszugehen sei. Kern dieser Erwägungen sei somit die Frage, ob bzw. in welchem Zeitraum der Fremde zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen sei bzw. sei.

Im gegenständlichen Fall stelle sich die persönliche Situation des Fremden nun so dar, dass sich die Dauer seines Aufenthalts auf die ihm zurechenbaren Handlungen, nämlich das Stellen eines letztlich unbegründeten und zurückgewiesenen Antrages auf internationalen Schutz, beschränke. Im Zeitraum seines Aufenthalts im Bundesgebiet wäre ihm nie ein durch das Asylrecht begründetes und dauerhaftes Aufenthaltsrecht zugekommen. Er habe realistischer Weise nicht davon ausgehen können, dass ihm ein anderweitiges Aufenthaltsrecht zukommen werde. Eine gegenteilige Ansicht widerspräche den Bestimmungen des Fremdenrechts, welche den Zuzug von Fremden ins Bundesgebiet regeln würden, und würde in letzter Konsequenz dazu führen, dass durch eine Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle die Bestimmungen des Fremdenrechts de facto außer Kraft gesetzt werden. Besonders sei darauf hinzuweisen, dass es sich im gegenständlichen Fall um kein durch besondere Umstände qualifiziertes privates Interesse an einem Aufenthalt im Bundesgebiet handle, welches im Einzelfall zu einem anderen Resultat führen könnte. Die Dauer des Aufenthalts des Fremden und die daraus resultierenden privaten Interessen seien ausschließlich auf seine eigenen, letztlich rechtswidrigen Handlungen zurückzuführen, was kein Recht auf Schutz seiner privaten Interesses an einem dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet begründen könne. Die gegenteilige Ansicht würde dazu führen, dass Fremde, die die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Asylantragstellung bzw. eine illegale Einreise unterlassen würden, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen würden, was zu einer unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip). Abgesehen davon, dass dem Fremden bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt seines Verfahrens bewusst sein habe müssen, dass ihm weder ein auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht noch eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich zukommen werde, habe er im Verfahren auch keine besonders gewichtigen privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich aufzuzeigen vermocht.

Es bestünden somit keine relevanten familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich, so dass die Ausweisung des Fremden keinen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens darstelle.

Das Vorverfahren sei rechtskräftig geworden und die gegen den Fremden ausgesprochene Rückkehrentscheidung bzw. Ausweisung sei aufrecht, zumal er zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen habe, allerdings 18 Monate noch nicht vergangen seien. Er verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Der nunmehrige Folgeantrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, weil er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und die Fluchtgründe bereits behandelt worden seien bzw. das Vorbringen jeglicher Glaubwürdigkeit entbehre. Die faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung, z.B. die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, seien bereits gegeben bzw. stünden unmittelbar bevor. Die allgemeine Lage im Herkunftsland des Fremden habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass ihm bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage wie auch die persönlichen Verhältnisse und der körperliche Zustand des Fremden seit der letzten Entscheidung nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen werde. Dasselbe gelte auch für seine persönlichen Verhältnisse; eine Veränderung in Hinblick auf die vorherige Entscheidung sei nicht eingetreten. Mangels einer Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts werde voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen, wobei anzumerken sei, dass der Maßstab für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG lediglich eine Prognoseentscheidung sei. Es lägen alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor.

3. Mit Schreiben vom 08.05.2018 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakt, welche der zuständigen Gerichtsabteilung am 14.05.2018 zugewiesen wurden, vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Fremden:

Der Fremde, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stammt aus der im Norden Nigerias gelegenen Stadt Kano, besuchte dort - seinen Angaben folgend - fünf Jahre die Grundschule und war bis zu seiner Ausreise im Jahr 2013 in Nigeria als Schuhputzer tätig. Er ist gesund und arbeitsfähig und ist zum gegebenen Zeitpunkt beim Verein B. als "obdachlos" gemeldet. Er bekennt sich zum katholischen Glauben.

Der Fremde hat zu keinem Zeitpunkt über einen regulären österreichischen Aufenthaltstitel verfügt und war nur während der Dauer seiner Asylverfahren zum Aufenthalt in Österreich berechtigt.

Mit (erstem) am 28.01.2014 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen für Wien vom 22.01.2014 wurde der Fremde als junger Erwachsener wegen des versuchten Vergehens des gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln nach § 15 StGB und § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, wovon sechs Monate bedingt nachgesehen wurden, bei einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit (zweitem) rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 08.05.2014 wurde der Fremde als junger Erwachsener wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG sowie (neuerlich) wegen des gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten, wobei die Probezeit des bedingten Strafteils auf fünf Jahre verlängert, verurteilt.

Mit (drittem) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23.07.2015 (in Rechtskraft erwachsen am 27.07.2015) wurde der Fremde wieder wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, wobei die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe widderrufen wurde.

Seit (zumindest) 09.06.2013 hält sich der Fremde in Österreich auf.

Familienangehörige des Fremden leben in Nigeria. Er weist keine relevante Integration auf.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird, insbesondere nicht wegen einer drohenden politischen Verfolgung. Dies wurde von ihm auch nicht behauptet.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem Folgeantrag auf internationalen Schutz und aufgrund der allgemeinen Lage in Nigeria wird festgestellt, dass der Fremde im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird.

Was das "Familienleben" des Fremden betrifft, ist auf die im Bescheid vom 08.05.2108 betreffend Aufhebung des Abschiebeschutzes dargelegten, zum gegebenen Zeitpunkt nicht zu beanstandenden Ausführungen, keine Lebensgemeinschaft zu führen bzw. in keiner Beziehung zu leben, hinzuweisen.

Der Fremde weist kein schützenswertes Privat- oder Familienleben, keine Einkünfte und keine Mittel zu seinem Unterhalt im Bundesgebiet auf. Er leidet an keinen (schweren) gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Fremde verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Nigeria ist seit der Erlassung des Bescheides vom 17.02.2017, mit dem der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, nicht eingetreten, insbesondere nicht auf sein ("neues") Vorbringen bezogen.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften, unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.1.1. § 12a Abs. 1 und 2 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017) lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Der § 22 Abs. 10 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) lautet:

"Entscheidungen

§ 22 ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

3.1.2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.1.3. Voranzustellen ist, dass der Fremde einen (weiteren Asylbzw.) Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 sind erfüllt:

Gegen den Fremden besteht auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides der belangten Behörde vom 17.02.2017 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG 2005. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen darauf gestützt, dass sich der illegal nach Österreich eingereiste Fremde seit Juni 2013 im Bundesgebiet aufhalte, er mit Ausnahme des vorübergehenden Aufenthaltsrechts über kein Aufenthaltsrecht und kein Familienleben bzw. keine "familienähnliche" Beziehung in Österreich verfüge, auch wenn er behaupte, eine gleichgeschlechtliche Beziehung zu haben. Eine wesentliche integrative Bindung zu Österreich bestehe nicht. Den persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stünden maßgebliche öffentliche Interessen gegenüber. Insbesondere die Verschleierung der wahren Identität durch Falschangaben zum Lebensalter und die (drei) strafgerichtlichen Verurteilungen, die illegale Einreise in das Bundesgebiet und die ausgeübte Schwarzarbeit seien geeignet, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft in Österreich zu gefährden.

Weiters wurde mit dieser Entscheidung der belangten Behörde der (erste) Antrag des Fremden auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen, sodass fest steht, dass ihm in Nigeria keine asylrelevante Verfolgung droht.

Auch gibt es dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erk. VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde gesund und damit erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte.

Außerdem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Überdies halten sich Familienangehörige in Nigeria auf, sodass er nach seiner Rückkehr nicht auf sich allein gestellt ist.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die es nahelegen würden, dass, bezogen auf den Fremden, ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Der Fremde führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben, lebt nicht in einer bestehenden Lebensgemeinschaft und weist auch sein Privatleben erkennbar keine besonders ausgeprägte Intensität auf.

Befragt zu seinem Familienleben, führte der Fremde bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 01.02.2017 aus, einen (namhaft gemachten) boyfriend zu haben, jedoch darüber nicht sprechen wolle, weil es sein Privatleben sei. Es sei nur eine Angelegenheit zwischen ihnen.

Was sein Privat- und sein Familienleben betrifft, gab der Fremde an bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde vom 08.05.2018 an, seit Anfang 2017 bei einer Freundin, einer 27 oder 28 Jahre alten Ungarin, mit der er seit drei Jahren zusammen sei, zu wohnen. Das würde bedeuten, dass er sie im Jahr 2015 kennen gelernt hätte. Bei seiner Einvernahme vom 01.02.2017 machte der Fremde keine Angaben zu einer (seit ca. zwei Jahre bestehenden) Beziehung zu einer Freundin, sondern erklärte vielmehr, einen boyfriend, worüber er nicht sprechen wolle, zu haben. Hätte tatsächlich eine bereits länger dauernde Beziehung zu seiner (ungarischen) Freundin bestanden, hätte er sie erwähnt. Dass er eine drei Jahre dauernde Beziehung mit einer Freundin hat und er seit ca. seit einem Jahr bei ihr wohnt, ist daher - insgesamt betrachtet - nicht glaubwürdig, insbesondere auch deshalb, weil er im Zeitraum vom 11.04. bis 24.10.2017 an zwei verschiedenen Adressen in Wien und nicht bei der angeblichen Freundin mit Hauptwohnsitz gemeldet war und er seit 14.03.2018 beim Verein B. als "obdachlos" gemeldet ist.

Der Folgeantrag des Fremden auf internationalen Schutz wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig war.

Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende ohne Durchführung einer Verhandlung zu treffende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu erledigen.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
mangelnder Anknüpfungspunkt, private Interessen, strafrechtliche
Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I401.2152944.2.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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