TE Bvwg Beschluss 2018/5/17 I401 2148436-2

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Veröffentlicht am 17.05.2018
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Entscheidungsdatum

17.05.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I401 2148436-2/3E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 09.05.2018, Zl. IFA: 1086381004 VZ INT:

180400615 FAS, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit: Algerien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Gerhard AUER beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes war nicht rechtswidrig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Fremde, ein Staatsangehöriger von Algerien, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 08.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, aus wirtschaftlichen Gründen Algerien verlassen zu haben. Er habe in Algerien keine Arbeit finden können, mit der er sein Leben bzw. das Leben seiner Familie finanzieren hätte können. Er stamme aus einer sehr armen Familie. Sein Vater hätte ansonsten alleine für die Familie sorgen müssen. Im Falle seiner Rückkehr nach Algerien erwarte ihn dort die Armut.

1.2. Mit Bescheid vom 20.08.2016 wurde der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 25 Abs. 2 iVm Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO Ungarn für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Ungarn gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

1.3. Der gegen diesen Bescheid vom 20.08.2016 gerichteten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.11.2016, Zl. W165 2134804-1, gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben. Der Fremde sei nicht innerhalb der Frist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nach Ungarn überstellt worden.

1.4. Bei seiner am 01.02.2017 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde gab der Fremde, befragt, warum er einen Asylantrag stelle, an, dass kurz vor 2007 der Terror in Algerien begonnen habe und danach die Terroristen in die Städte gekommen seien. Sie hätten ihn gesucht. Ihn habe eine Person namens Abdulkader gesucht. Er sei dann geflüchtet.

Auf Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung gänzlich andere Fluchtgründe angegeben habe, erwiderte der Fremde, er habe angegeben, dass der Terrorismus sein Fluchtgrund gewesen sei und er eine zweite Chance für das Leben wolle. Befragt, ob er weitere Fluchtgründe habe, meinte er, dass er eine Lebensgefährtin habe. Wenn ihm kein positiver Bescheid zukomme, werde er nach Deutschland gehen und dort seine Freundin heiraten. Die noch einmal gestellte Frage, ob er weitere Fluchtgründe habe, verneinte er. Er wolle eine zweite Chance, er sei seit 18 Monaten hier und habe keinen einzigen Cent. Er könne nicht zum Arzt gehen, er habe kein Geld.

Näher zu der Person befragt, welche ihn gesucht habe, führte der Fremde aus, dass vor einigen Jahren die Terroristen in die Berge gegangen seien. Sie hätten zu den Leuten gesagt, sie sollten nicht zum Militär gehen. Er sei 1998 für zwei Jahre zum Militär gegangen und als er vom Militär zurückgekommen sei, hätten sie ihn gesucht. Sie hätten nicht nur ihn, sondern jeden, der den Militärdienst gemacht habe, gesucht. Erneut aufgefordert, konkrete Angaben zu der Person, die ihn gesucht habe, und zu den Umständen zu machen, erklärte der Fremde, dass diese Person ihn nicht getroffen habe, sondern einen Nachbarn von ihm. Sie habe seinen Nachbarn nach ihm gefragt und ihre Nummer hinterlassen. Er habe diese Person dann angerufen, woraufhin sie ihm mitgeteilt habe, er möge zu ihr gehen, was er jedoch nicht getan habe. Er habe das Haus dann zehn Tage lang nicht verlassen. Er sei dann kurz zu Hause gewesen und habe seine Mutter besucht. Dann habe er das Land verlassen.

Wieder befragt, was der konkrete Anlass seiner Flucht gewesen sei, legte der Fremde dar, er habe einfach nicht sterben wollen. Er kenne sich nicht aus, wer für wen arbeite. Er wolle, dass man ihm einen positiven Bescheid gebe, damit er in Frieden leben könne.

Auf Vorhalt, dass er keine konkreten Fluchtgründe vorgebracht habe, er nun konkret angeben solle, wann und warum er sein Heimatland verlassen habe, entgegnete er, dass das die Wahrheit sei. Er wolle keine Lügen erzählen. Wenn er keinen positiven Bescheid erhalte, komme er mit seiner Frau her.

Auf nochmaliges Nachfragen äußerte er, dass der Nachbar ungefähr 2007 nach ihm gefragt habe. Auf die Frage, wo er sich zwischen 2007 und der Einreise in Österreich aufgehalten habe, gab der Fremde an, man müsse verstehen, dass er ein armer Mann sei und nichts zu essen habe. Wiederholt befragt, führte er an, dass er in Griechenland gewesen sei.

Auf weiteren Vorhalt, dass er in der Erstbefragung angegeben habe, sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben, bestätigte der Fremde diese Angabe. Er habe die Dolmetscherin nicht verstanden, er habe nicht gelogen. Seine Familie sei arm, wäre sie dies nicht, wäre er nicht hier. Auf weiteren Vorhalt, dass er das Protokoll der Erstbefragung unterschrieben habe und der Dolmetscher ein Mann gewesen sei, gab er an, dass es eine Frau gewesen sei, aber bei der Unterschrift habe ihm ein Mann erklärt, dass er unterschreiben müsse.

Auf Vorhalt, warum er Griechenland verlassen habe, wenn er dort - laut Erstbefragung - von 2008 bis 2015 als Koch bzw. Mechaniker tätig gewesen sei, erklärte er, dass die Wirtschaft dort "kaputt gegangen" sei und er keine Arbeit habe finden können. Man könne dort wegen der Touristen nur im Sommer arbeiten.

Im Falle seiner Rückkehr nach Algerien befürchte er, dass sie ihn ermorden.

1.5. Mit Bescheid vom 08.02.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Fremden auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien gemäß § 3 Abs. 1 und gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG als unbegründet ab (Spruchpunkt I. und II.). Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zudem gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keine Frist für eine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG (Spruchpunkt IV.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).

1.6. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Fremden wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2017, I405 2148436-1/5E, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

2.1. Der Fremde, dessen Identität von der algerischen Botschaft am 18.01.2018 positiv bestätigt wurde, konnte trotz mehrerer Versuche (auf dem Luftweg) nicht nach Algerien abgeschoben werden, weil gegenüber der Lebensgefährtin des Fremden als (Haupt-) Mieterin der Wohnung in der M-Gasse in Wien, an der auch er gemeldet war bzw. ist, am 01.03.2018 eine Räumungsklage beim Bezirksgericht eingebracht wurde.

2.2. Der Fremde wurde wegen seines nicht berechtigten Aufenthaltes festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel eingeliefert. Bei seiner am 15.04.2018 erfolgten Einvernahme betreffend die beabsichtigte Erlassung der Schubhaft gab der Fremde unter anderem an, er habe am 25. oder 26.04.2017 in einer Moschee geheiratet; er habe keine Sorgepflichten. Außer seiner Frau habe er in Österreich keine Familienangehörigen oder enge Freunde. Seine Eltern, seine drei Brüder und seine sechs Schwestern würden in Algerien leben. Er bekomme seit neun Monaten eine Unterstützung von der Caritas und sein in Frankreich lebender Onkel unterstütze ihn alle zwei Monate finanziell.

2.3. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 15.04.2018 wurde zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft angeordnet.

2.4. Aus dem Stande der Schubhaft stellte der Fremde am 26.04.2018 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Fremde, befragt, warum er einen neuen Asylantrag stellt, an:

"Es hat sich nichts geändert. Meine angegebenen Fluchtgründe sind noch aufrecht. Ich suche abermals um Asyl an, da meine Frau hier lebt.

Die Frage, ob er alle Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe genannt habe, bejahte er.

Befragt, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat zu befürchten habe, erklärte er:

"Ich weiß es nicht. Meine Frau ist hier. Ich hab über eine solche Frage noch nicht nachgedacht."

2.5. Bei seiner durch die belangte Behörde am 09.05.2018 erfolgten Einvernahme äußerte der Fremde zunächst, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch aufrecht seien, er habe aber hier eine Frau, mit er nach islamischen Recht verheiratet sei. Bis zu seiner Schubhaft habe er mit ihr zwei Jahre in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Er wisse nicht, ob sie jetzt noch an der Adresse gemeldet sei. Sie wären gemeinsam an derselben Adresse gemeldet gewesen. Er sei nach Österreich gekommen, um sein bisheriges Leben hinter sich zu lassen, welches voller Terror und Angst gewesen sei, und um Sicherheit zu finden. Als Kind habe er Hinrichtungen, die von einer terroristischen Gruppe durchgeführt worden seien, erlebt. Dadurch habe er ein seelisches Trauma erlitten. Er wolle hier ein ordentliches Leben führen und nicht Geld in die Heimat schicken. Er wolle eine ordentliche Arbeit finden und dieser auch nachgehen. Er wolle mit seiner Frau ein glückliches Leben führen.

Auf die neuerlich gestellte Frage, warum er einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gab der Fremde an, was hätte er sonst machen, wohin hätte er gehen sollen. Er habe sonst nirgendwo einen Platz. Als er in Österreich angekommen sei, habe Österreich Geld für ihn bekommen. Er habe aber weder die Möglichkeit bekommen, die deutsche Sprache zu lernen, noch sich weiterbilden zu lassen. Trotz seiner Bereitschaft habe er keine Arbeit bekommen.

Nachdem ihm auf seine Frage, ob sein Antrag abgewiesen wird, die Auskunft erhielt, dass dieser zurückgewiesen werden wird, gab er, obwohl er mehrmals auf die ihn treffende Mitwirkungspflicht hingewiesen wurde, keine Antworten mehr oder verneinte die an ihn gerichteten Fragen.

Mit dem nun zu prüfenden, mündlich verkündeten Bescheid vom 09.05.2018 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A):

1. Feststellungen zur Person des Fremden:

Die Identität des Fremden steht fest.

Er ist volljährig, gesund, erwerbsfähig und Staatsangehöriger von Algerien; er bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er spricht nicht Deutsch und ging in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach.

Mit (erstem) in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.11.2015 wurde der Fremde wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen gemäß §§ 127 und 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, wovon acht Monate bedingt nachgesehen wurden, bei einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Durch das (zweite) rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15.09.2016 erfolgte eine Verurteilung des Fremden wegen des versuchten Vergehens des Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen gemäß § 15 StGB und §§ 127 und 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, wovon acht Monate bedingt nachgesehen wurden, wobei die Probezeit des bedingten Strafteils auf insgesamt fünf Jahre verlängert wurde.

Seit (zumindest) 08.09.2015 hält sich der Fremde in Österreich auf, wobei er hier über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt. Familienangehörige des Fremden leben in Algerien. Er weist keine relevante Integration auf, jedenfalls keine die über das hinausgeht, was allein aufgrund der kurzen Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet erwartet werden kann.

Der erste Antrag des Fremden vom 08.09.2015 wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2017 als unbegründet abgewiesen.

Bei seiner durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.04.2018 erfolgten Einvernahme, bei der er den Folgeantrag auf internationalen Schutz stellte, brachte der Fremde keine neuen bzw. keine neu entstandenen asylrelevanten Fluchtgründe vor.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem nunmehr zweiten Antrag auf internationalen Schutz und aufgrund der allgemeinen Lage in Algerien, bei dem es sich um einen sicheren Herkunftsstaat handelt (vgl.§ 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 47/2016) wird festgestellt, dass der Fremde im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird.

Im rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren brachte der Fremde zusammengefasst vor, Algerien aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben. Eine sonstige aktuelle seine Person betreffende berücksichtigungswürdige Verfolgungsgefahr wurde von ihm nicht dargelegt.

Seinen Folgeantrag begründete er damit, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch aufrecht seien, er nach Österreich gekommen sei, um sein bisheriges Leben hinter sich zu lassen, welches voller Terror und Angst gewesen sei, und um Sicherheit zu finden, er hier ein ordentliches und glückliches Leben mit seiner (nach islamischen Recht verheirateten) Frau führen wolle.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Fremde in Algerien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird, insbesondere nicht wegen einer drohenden politischen Verfolgung.

Der Fremde weist kein schützenswertes Privat- oder Familienleben, keine Einkünfte und keine Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts im Bundesgebiet auf. Er leidet an keinen (schweren) gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Es ist nicht ersichtlich, dass seine Abschiebung nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, zumal Algerien ein sicherer Herkunftsstaat ist.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung entgegenstünden. Der Fremde verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Algerien ist seit der Entscheidung über den ersten Antrag des Fremden auf internationalen Schutz nicht eingetreten, insbesondere nicht auf sein neues Vorbringen bezogen.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie in den zu überprüfenden Bescheid Beweis erhoben.

Die Feststellung der wahren Identität des Fremden, somit seine Herkunft, seine Staatsbürgerschaft und Sprache betreffend, fußt auf einer positiven Identifizierung durch die algerische Botschaft vom 18.01.2018.

De Feststellung zu seinem Gesundheitszustand sowie zu den Lebensumständen des Fremden gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde. Die Feststellungen zur fehlenden Integration des Fremden in Österreich beruhen auf der Tatsache, dass er nach eigenen Angaben keine Verwandten in Österreich hat und hier über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte verfügt, fußen insbesondere auf seinen Einvernahmen vom 15.04. und 09.05.2018. Dass er in Österreich über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte verfügt, kann ebenfalls auf seine bei den (beiden) Einvernahmen getätigten Aussagen gestützt werden, wie auch die Feststellung, dass er keine ausreichenden Existenzmittel hat und nicht erwerbstätig ist. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Fremden im Bundesgebiet ist seit Erlassung des in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2017 keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes ersichtlich.

Die Feststellungen zu den Verurteilungen ergeben sich aus einem Strafregisterauszug der Republik Österreich.

Die Länderfeststellungen zu Algerien, welche der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde gelegt wurden, zeigen keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien gegenüber der Zeit der vorangehenden erstinstanzlichen Entscheidung vom 08.02.2017 bzw. des erlassenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2017 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.1.1. § 12a Abs. 1 und 2 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017) lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Der § 22 Abs. 10 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) lautet:

"Entscheidungen

§ 22 ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

3.1.2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.1.3. Voranzustellen ist, dass der Fremde einen (weiteren Asylbzw.) Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 sind erfüllt:

Gegen den Fremden besteht auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2017 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005.

Weiters wurde mit dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes der Erstantrag des Fremden auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen, sodass feststeht, dass ihm in Algerien keine asylrelevante Verfolgung droht.

Auch gibt es dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erk. VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde gesund und damit erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte.

Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien als sicheren Herkunftsstaat derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Überdies hält sich seine Familie in Algerien auf, sodass er nach seiner Rückkehr nicht auf sich allein gestellt ist.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die es nahelegen würden, dass, bezogen auf den Fremden, ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Der Fremde führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und weist auch sein Privatleben erkennbar keine besonders ausgeprägte Intensität auf. Das Bundesverwaltungsgericht führte in seinem Erkenntnis vom 31.03.2017 bereits aus, dass der Fremde eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen, mit der er nach muslimischem Ritus verheiratet sei und im gemeinsamen Haushalt lebe, habe, jedoch diese Beziehung zu einem Zeitpunkt begründet worden sei, in dem den Beteiligten der unsichere Aufenthaltsstatus des Fremden hätte bewusst sein müssen. Im Fall einer Trennung könne jedenfalls telefonischer oder postalischer Kontakt gepflegt werden. Zudem wären auch Besuche angesichts der relativ geringen Entfernung zwischen Algerien und Österreich und der Vielzahl der Reisemöglichkeiten möglich. An seiner bereits bestehenden Beziehung hat sich nichts geändert.

Der Fremde verfügt unverändert über keine qualifizierten Deutschkenntnisse. Für die Teilnahme an sonstigen weiterbildenden Kursen oder der Absolvierung einer (beruflichen) Ausbildung fehlt es an jeden Hinweisen. Er ging und geht keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit in Österreich nach. Seinen Angaben zufolge bestreitet nach wie vor seinen Lebensunterhalt seine Lebensgefährtin.

Der Zweit- bzw. Folgeantrag des Fremden auf internationalen Schutz wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig war.

Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende ohne Durchführung einer Verhandlung zu treffende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu erledigen.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zum faktischen Abschiebeschutz noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Diebstahl, faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig,
Folgeantrag, Gewerbsmäßigkeit, Identität der Sache, strafrechtliche
Verurteilung, subjektive Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I401.2148436.2.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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