TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/18 W171 2195308-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2018
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Entscheidungsdatum

18.05.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z5
FPG §76 Abs3 Z9
FPG §77
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W171 2195308-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien alias Marokko alias Westsahara, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2018, Zl: XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste illegal in Österreich ein und stellte am 23.02.2017 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 18.04.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz sowie auf subsidiären Schutz abgewiesen und dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel gewährt. Gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z.3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z.2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig sei. In Erledigung der daraufhin erfolgten Beschwerde an das BVwG wurde diese mit Erkenntnis vom 11.04.2018 in allen Spruchpunkten abgewiesen.

1.3. Der Beschwerdeführer wurde mit 22.02.2018 von seiner Asylunterkunft abgemeldet.

1.4. Am 19.04.2018 wurde der BF im Rahmen einer Rücküberstellung aus Deutschland nach Österreich zurückgebracht und vor der Polizeiinspektion XXXX einvernommen. Dabei führte der BF im Wesentlichen aus, er leide an keinen schwerwiegenden Krankheiten, habe keinen Wohnsitz und auch keine Familienangehörigen in Österreich. Es gäbe keine in Österreich legal aufhältigen Personen, bei denen er während des Verfahrens wohnen könnte und er habe lediglich ein Barvermögen von EUR 12,--. Es gebe in Österreich keine Personen, von denen er sich Geld ausleihen könnte und besitze er keinen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedsstaates. Im Falle seiner Haftentlassung würde er nach Wien zu Bekannten gehen.

1.5. Ebenso am 19.04.2018 wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) der gegenständliche Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass sich der BF dem Verfahren entzogen habe und untergetaucht sei. Im vorliegenden Fall sei Fluchtgefahr gegeben, da der BF über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet verfüge und daher der berechtigte Verdacht vorliege, dass sich der BF der Behörde durch Untertauchen neuerlich entziehen werde. Die Verhängung der Schubhaft sei verhältnismäßig, da der BF über keine Reisedokumente und nicht genügend Barmittel verfüge, um seinen Unterhalt im Inland zu bestreiten. Es sei keine Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gegeben und sei der BF in Österreich nicht sozial verankert. Die Sicherung der Abschiebung sei erforderlich, da der BF nicht vertrauenswürdig und nicht gewillt sei, sich an Rechtsvorschriften zu halten. Der BF habe eine ergangene Rückkehrentscheidung angefochten, die Entscheidung der zweiten Instanz jedoch nicht abgewartet und sei weiter nach Deutschland gereist. In Österreich habe er keine Meldeadresse und verfüge auch über keine Wohnmöglichkeit. Er habe in Österreich gegen das Meldegesetz verstoßen und in Deutschland einen gänzlich anderen Namen und eine andere Staatsbürgerschaft angegeben. In Österreich seien keine familiären

Anknüpfungspunkte vorhanden und verfüge er über kein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu einer zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten Person.

Mit der Verhängung eines gelinderen Mittels könne im vorliegenden Fall nicht das Auslangen gefunden werden zumal sich der BF durch seine Ausreise nach Deutschland dem Verfahren in Österreich entzogen habe und im Rahmen der Rückkehrberatung zum Ausdruck kam, dass er nicht zurück nach Algerien reisen wolle. Es bestehe daher ein beträchtliches Risiko des wiederholten Untertauchens und sei daher die gegenständliche Schubhaft zu Recht verhängt worden.

1.6. Am 20.04.2018 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durch Konsultation der Algerischen Botschaft aufgenommen.

1.7. Am 27.04.2018 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und bezog sich im Wesentlichen auf die bereits im ersten Antragsverfahren vorgebrachten Fluchtgründe. Mit Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG vom 27.04.2018 wurde die weitere Fortsetzung der laufenden Schubhaft aktenkundig festgehalten.

1.8. Am 15.05.2018 wurde die gegenständliche Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei am 19.04.2018 aus Deutschland rücküberstellt worden. Dennoch läge keine Fluchtgefahr vor, da das Fehlen eines Reiseersatz- bzw. Personendokumentes oder das Fehlen finanzieller Mittel noch keine Umstände darstellen würden, die Fluchtgefahr begründen würden. Diese Faktoren seien bei Asylwerbern typischerweise vorliegend und sei dem BF nach seiner Rücküberstellung aus Deutschland nicht Gelegenheit gegeben worden, seine Vertrauenswürdigkeit zu beweisen. Die Behörde habe es verabsäumt weitere Ermittlungen zu einer potenziellen Wohnmöglichkeit des BF anzustellen, da der BF in seiner Einvernahme angegeben habe, nach einer etwaigen Entlassung nach Wien zu einer Bekannten zu gehen. Dies stelle einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, da der BF über eine Bekannte in Wien verfüge, bei der er eine Wohnmöglichkeit habe und welche ihn auch finanziell unterstützen würde. Die zeugenschaftliche Einvernahme dieser namentlich angegebenen Bekannten wurde beantragt. Weiters sei dem BF kein Rechtsberater zur Seite gestellt worden. Die Behörde habe zu Unrecht die Anordnung eines gelinderen Mittels unterlassen, da über die Möglichkeit einer Unterkunftnahme bei der angegebenen Bekannten und/oder die Anordnung einer periodischen Meldeverpflichtung naheliegend gewesen seien. Bei

ordnungsgemäßer Verfahrensführung wäre bereits vor der Schubhaftverhängung eine Wohnadresse bekannt gewesen und erweise sich der Schubhaftbescheid aufgrund eines wesentlichen Begründungsmangels daher als rechtswidrig.

Im vorliegenden Fall sei die Schubhaft auch unverhältnismäßig, da die erwartbare Schubhaftdauer relativ lange sein werde. Die von der Behörde im Bescheid festgehaltene Prognose hinsichtlich einer Abschiebung Ende des zweiten Quartals bzw. zu Beginn des 3. Quartals sei unrealistisch und sei die Aufrechterhaltung der Schubhaft daher unverhältnismäßig.

Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Ein Kostenersatzantrag wurde ebenso gestellt.

1.9. Das BFA legte die Verfahrensakten dem Gericht am 16.05.2018 vor und erstattete mit der Vorlage eine Stellungnahme in welcher im Wesentlichen der bekannte und unstrittige Sachverhalt wiederholt und unter Wiederholung der wesentlichen Argumentation auf die Bescheidbegründung verwiesen wurde. Unter Beantragung des Ersatzes der Verfahrenskosten wurde näher ausgeführt, dass hinsichtlich des Folgeantrags am 18.05.2018 eine Erstbefragung stattfinden werde. Es sei beabsichtigt, diesen Antrag gemäß § 68 AVG zurückzuweisen. Weiters werde der BF am XXXX zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates vor die Algerische Botschaft vorgeführt.

Eine nunmehr im Beschwerdeverfahren behauptete enge Bindung zu einer namentlich genannten Bekannten des BF sei insofern zu relativieren, da der BF seit 22.02.2018 offensichtlich nicht mehr in Österreich aufhältig gewesen ist und nach Deutschland geflüchtet sei. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass trotz der nunmehr behaupteten engen Bindung des BF zu dieser Bekannten, diese ihn auch nicht vor einer Flucht nach Deutschland abhalten habe können. Der BF habe am 02.05.2017 an einer Rückkehrberatung teilgenommen, sich jedoch als nicht rückkehrwillig erwiesen. Für den BF habe auch im Laufe des Beschwerdeverfahrens die Möglichkeit bestanden, sich zur freiwilligen Ausreise anzumelden. Dies sei nicht erfolgt. Im Zuge der Befragung des BF hätte dieser die nun angegebene Bekannte und die nun behauptete Wohnmöglichkeit der Behörde bekannt geben können. Der Vorwurf, dem BF sei keine Rechtsberatung zur Seite gestellt worden, werde zurückgewiesen. Der BF sei am 19.04.2018 um 13.30 Uhr festgenommen worden und sei dies der ARGE Rechtsberatung mittels Mail am 19.04.2018 um 14.56 Uhr

bereits mitgeteilt worden. Die verhängte Schubhaft sei daher rechtmäßig und werde beantragt, die Zulässigkeit der Fortsetzung der gegenständlichen Schubhaft gerichtlich festzustellen.

1.10. Nach Überprüfung der für die beantragte Zeugin bekannt gegebenen Daten durch das Gericht wurde diese am 16.05.2018 gerichtlicherseits kontaktiert und bestätigte sie die prinzipielle Möglichkeit und Bereitschaft, den BF eine Wohnmöglichkeit zu bieten. Eine finanzielle Unterstützung im Sinne von Gewährung einer Unterkunft und Nahrung wurde dem Richter gegenüber ebenso bestätigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person und zum Verfahren:

1.1. Der BF reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 20.02.2017 und am 27.04.2018 je einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Er ist nicht österreichischer Staatsbürger und daher Fremder im Sinne des § 2 Absatz 4 FPG. Er ist algerischer Staatsangehöriger und besitzt keinen Aufenthaltstitel für einen Unionsstaat.

1.3. Er leidet an keinen die Hafttauglichkeit ausschließenden gesundheitlichen Einschränkungen.

1.4. Der BF ist in Österreich unbescholten.

Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Das Asylverfahren anlässlich des Antrages vom 20.02.2017 ist abgeschlossen. Eine rechtskräftige (durchsetzbare) Rückkehrentscheidung liegt vor. Das Folgeantragsverfahren (Antrag vom 27.04.2018) ist nicht abgeschlossen. Es ist beabsichtigt diesen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

2.2. Ein Heimreisezertifikat liegt derzeit noch nicht vor.

2.3. Ein Termin für die Abschiebung ist noch nicht festgelegt.

2.4. Der BF ist hafttauglich.

2.5. Die Vorführung vor die Algerische Botschaft ist für XXXX beabsichtigt.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Der BF hatte in Österreich seit 22.02.2018 keinen gemeldeten Hauptwohnsitz und war für die Behörde nicht greifbar.

3.2. Er verfügt aktuell über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet, hat aber die Möglichkeit bei einer Bekannten zu wohnen und sich anzumelden.

3.3. Der BF ist nicht vertrauenswürdig.

3.4. Gegen ihn besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

3.5. Er ist nicht gewillt, freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.

3.6. Er ist vor Beendigung seines Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nach Deutschland weitergereist und hat sich somit dem laufenden Verfahren entzogen.

3.7. Er verwendete vor unterschiedlichen Behörden unterschiedliche Identitäten und hat daher versucht diese über seine wahre Identität zu täuschen.

3.8. Gegen den BF lag zum Zeitpunkt seiner Folgeantragstellung eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor und befand er sich dabei bereits in Schubhaft.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Der BF geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach.

4.2. In Österreich leben keine Verwandten des BF.

4.3. Der BF hat in Österreich eine gute Bekannte, die ihn auch in ihre Wohnung aufnehmen und verpflegen würde. Darüber hinaus gehende nennenswerte soziale Kontakte die den BF tendenziell von einem Untertauchen abhalten können, bestehen nicht.

4.4. Er verfügt aktuell über kein Barvermögen und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.4.):

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person des BF ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und den Aktenbestandteilen im Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus einem Auszug aus dem Strafregister. Hinsichtlich der Hafttauglichkeit des BF (1.3.) wird angemerkt, dass sich weder aus der Anhaltedatei, noch aus dem anderen Akteninhalt Rückschlüsse auf eine etwaige Haftuntauglichkeit ersehen ließen. Seitens beider Parteien wurde dem Gericht auch diesbezüglich keine anderslautende Meldung erstattet, sodass das Gericht von keinen gesundheitlichen Einschränkungen des BF hinsichtlich seiner Hafttauglichkeit ausgehen konnte.

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.5.):

Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass bereits der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid vom 18.04.2017 die aufschiebende Wirkung aberkannt worden ist. Die gleichzeitig ausgesprochene Rückkehrentscheidung ist daher bereits seit der Zustellung des Bescheides durchsetzbar. Nunmehr, nach Zustellung des Erkenntnisses des BVwG vom 11.04.2018 liegt auch Rechtskraft vor. Das Vorliegen eines Titels für die Außerlandesbringung wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Hinsichtlich des noch laufenden Folgeantragsverfahrens kann nur insoweit festgehalten werden, dass die diesbezügliche Einvernahme für den 18.05.2018 angesetzt wurde.

Aufgrund der Informationen aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass vorerst am XXXX die Vorführung vor die algerische Botschaft angesetzt ist und erst danach mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF gerechnet werden kann.

Hinsichtlich der Feststellung zu 2.4. darf auf die Ausführungen unter 2.1. (Zur Person und zum Verfahrensgang) verwiesen werden.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.8.):

Die Feststellung zu 3.1. ergibt sich aus der Einsicht in das zentrale Melderegister. Daraus war zu entnehmen, dass er am 22.02.2018 von seiner eingetragenen Unterkunft abgemeldet wurde. Seither gibt es keine neue Eintragung im zentralen Melderegister (3.2.). Im Zuge der vorinformativen Kontaktaufnahme des Gerichtes mit der in der Beschwerdeschrift konkret genannten Bekannten des BF bestätigte diese, dass der BF bei ihr wohnen könnte und sich auch dort anmelden könnte. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde konnte daher aufgrund dieser Vorprüfung als glaubhaft bewertet werden.

Der Beschwerdeführer hat vor den österreichischen und deutschen Behörden unterschiedliche Identitäten und jeweils eine unterschiedliche Staatsangehörigkeit angegeben. Er hat sein Beschwerdeverfahren nicht abgewartet und das Land illegal verlassen bzw. ist in Deutschland illegal eingereist. Er hat gegen die in Österreich geltenden Meldebestimmungen verstoßen und ist daher in einer Gesamtbetrachtung nicht als vertrauenswürdig zu bezeichnen. Wenn nun in der Beschwerdeschrift angeführt wird, dass dem BF aufgrund der sofortigen Festnahme nach seiner Wiedereinreise in Österreich gar keine Möglichkeit gegeben wurde, seine Vertrauenswürdigkeit unter Beweis zu stellen, darf ausgeführt werden, dass der Beschwerdeführer zuvor durchaus die Möglichkeit gehabt hatte, im Rahmen seines ersten Antragsverfahrens auf internationalen Schutz seine Vertrauenswürdigkeit dadurch unter Beweis zu stellen, dass er sich nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens den Behörden zur Verfügung gehalten und seine Mitwirkung im Zuge des Verfahrens der Außerlandesbringung angeboten hätte. Dies war nicht der Fall. Für die Behörde bestand im Zeitpunkt der Festnahme keine Veranlassung, das bisher missbrauchte Vertrauen neuerlich entgegen zu bringen. Das Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung (3.4.) ergibt sich bereits aus den Ausführung zu 2.1..

Mit Verfahrensanordnung vom 18.04.2017 bestand für den BF die Möglichkeit, bis zum 02.05.2017 ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen. Aus den Informationsunterlagen ergibt sich, dass diese Beratung am 02.05.2017 stattgefunden hat, der BF jedoch als nicht rückkehrwillig qualifiziert wurde (Beschwerdevorlage vom 16.05.2018). Aus dem Akteninhalt ergibt sich zudem, dass der Beschwerdeführer vor Beendigung des Beschwerdeverfahrens nach Deutschland gereist ist sowie dort eine andere Identität und eine andere Staatsangehörigkeit angegeben hat. Die Feststellungen zu 3.6. und 3.7. ergeben sich in dieser Weise aus der im Akt erliegenden Information über die Rücküberstellung des BF (AS 5-25).

Der BF stellte am 27.04.2018 einen Folgeantrag. Zu dieser Zeit bestand bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme auf Grundlage des Bescheides des BFA vom 18.04.2017 und befand sich der BF bereits seit 19.04.2018 in aufrechter Schubhaft (3.8.).

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):

Die Feststellungen zu diesem Punkt beruhen im Wesentlichen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der polizeilichen Befragung vom 19.04.2018 und den gerichtlichen Ermittlungsergebnissen (4.3.). Der BF gibt in seiner Befragung selbst glaubhaft an, in Österreich keine Verwandten zu haben. Als Barvermögen gibt er EUR 12,-- an und führt näher aus, keine Kreditkarte oder Bankomatkarte zu haben (AS 37). Im gegenständlichen Verwaltungsakt finden sich keine Hinweise darauf, dass der BF jemals in Österreich einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen wäre (4.1.). Die fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit (4.4.) ergibt sich bereits aus den finanziellen und beruflichen Feststellungen. Hinsichtlich der Feststellung zu 4.3. folgt das Gericht dem Vorbringen des BF in der Beschwerdeschrift im Zusammensicht mit der gerichtlich durchgeführten vorinformativen Kontaktaufnahme mit der namentlich angegeben Bekannten des BF. Dadurch, dass der BF selbst in seiner Befragung vom 19.04.2018 keine sonstigen Kontakte angegeben hat und geschuldet der Tatsache, dass der BF mit einer längeren Unterbrechung durch seinen Aufenthalt in Deutschland bisher lediglich einige Monate in Österreich aufhältig war, ergibt sich klar, dass sich in dieser kurzen Zeit diesbezüglich kein tragfähiges soziales Netz gebildet haben kann. Anhaltspunkte für eine gegenteilige Sachlage sind nicht gegeben, ein diesbezügliches Vorbringen wurde nicht erstattet. Angemerkt wird, dass das Gericht zwar von guten Kontakten des BF mit der von ihm angegebenen Bekannten ausgeht, es sich jedoch erwiesen hat, dass selbst diese guten Kontakte in der Vergangenheit klar nicht ausgereicht haben den

Beschwerdeführer an einer Ausreise nach Deutschland zu hindern. Das für den BF daher bestehende soziale Umfeld war nicht in der Lage, sein Untertauchen zu verhindern und hat sich dieses Umfeld auch seit seiner Festnahme und seit der Verhängung in Schubhaft nicht verändert.

2.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die im aktuellen Asylverfahren und im gerichtlichen Verfahren zutage getretenen Kontakte reichen nicht hin, im vorliegenden Fall von der Annahme ausgehen zu können, dass tatsächlich ein ausreichend tragfähiges soziales Netz für den BF vorliegen könnte und wurde dies auch in dieser Form in der Beschwerdeschrift nicht behauptet. Die Unwilligkeit zur Ausreise in den Herkunftsstaat ergibt sich bereits aus dem Vorverhalten des BF durch seine Ausreise in den Nachbarstaat Deutschland und seine Weigerung, eine freiwillige Rückkehr ins Auge zu fassen. Die in der Beschwerdeschrift vorgebrachten sozialen Kontakte zu der beantragten Zeugin (Bekannte des BF) konnten seitens des Gerichtes im kurzen Wege geklärt werden und war sohin für das Gericht glaubwürdig dargetan, dass der BF bei dieser Bekannten eine Wohnmöglichkeit haben würde. Dementsprechend konnte in weiterer Folge von einer Einvernahme des BF und der beantragten Zeugin Abstand genommen werden. Im Übrigen ging das Gericht vom behördlich festgestellten Sachverhalt aus.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der

Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig"(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Der BF reiste illegal nach Österreich ein und stellte im Inland mittlerweile zwei Anträge auf internationalen Schutz. Gegen ihn liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor und wurde der Antrag auf Erteilung eines Heimreisezertifikates zeitnah mit seiner Inhaftierung gestellt. Er verfügt seit 22.02.2018 in Österreich nicht mehr über einen Hauptwohnsitz und war daher für die Behörde spätestens seit diesem Zeitpunkt nicht mehr greifbar. Er ist nicht rückreisewillig und zeigte sich dies auch, als der BF vor Beendigung seines Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nach Deutschland weitergereist ist. Er hat sich unterschiedlicher Identitäten in Österreich und in Deutschland bedient und schließlich im Zeitpunkt der bereits laufenden Schubhaft einen Folgeantrag gestellt. Er hat daher nach rechtlicher Qualifikation des Gerichtes im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Vorverhaltens die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 5 und 9 FPG verwirklicht. Das Gericht geht daher in weiterer Folge im gegenständlichen Fall nicht davon aus, dass sich der BF auf freiem Fuße für die Behörde bereithalten würde. Aufgrund der geschilderten Verhaltensweisen des BF geht das Gericht davon aus, dass beim BF aktuell sowohl eine qualifizierte Ausreiseunwilligkeit, als auch Sicherungsbedarf gegeben ist.

3.1.4. Die im behördlichen Bescheid herangezogenen Feststellungen sind korrekt und nicht zu bemängeln. Aufgrund der eindeutigen Aussagen des BF im Rahmen der Einvernahme vor der PI am 19.04.2018 bestand für das Einvernahmeorgan keine Veranlassung, innerhalb der einzelnen vollkommen verneinten Punkte (Befragung über Verwandtschaft und sonstige sozialen Kontakte) noch weitere Fragen zu stellen. Wenn eine Person angibt, keine Angehörigen und sonstigen Personen in Österreich zu haben, dann ist auch nicht näher nachzufragen, welche Personen es noch geben könnte. Im Hinblick auf dieses Vorbringen im Rahmen der Beschwerdeschrift verkennt die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers klar, dass es nicht Aufgabe des Einvernahmeorgans ist, Themen näher zu erörtern, die bereits verneint worden sind und für die es keinen näheren Hinweis gibt. Der Beschwerdeführer seinerseits ist zur Mitwirkung verpflichtet und in diesem Sinne auch zur zeitnahen und richtigen Angabe von Informationen schon im eigenen Interesse angehalten. Tut er dies nicht, so muss er sich die daraus möglicherweise entstehenden Nachteile selbst zurechnen. So ist auch in diesem Fall die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass keine nennenswerten sozialen Kontakte und auch keine Wohnmöglichkeit für den BF bestehen würde. Der lediglich kurzgefasste Hinweis der BF werde in Wien bei einer etwaigen Freilassung zu einer Bekannten gehen, kann die davor klar gegebene Angabe, es gebe in Österreich keine legal aufhältige Person, bei der er wohnen könne, nicht aushebeln. Das behördliche Verfahren ist daher in diesem Punkt nicht mit einem Mangel behaftet.

Im Zuge des gerichtlichen Verfahrens hat sich ergeben, dass der Beschwerdeführer über eine einzige Person verfügt, die ihm derart gewogen, dass er auch dort seinen Wohnsitz begründen könnte. Es war daher im gerichtlichen Verfahren diesbezüglich eine anderslautende Feststellung zu tätig. Richtigerweise kommt es daher zu einer Aufweichung der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Ziffer 9. Diese ist in weiterer Folge im Hinblick auf den gerichtlichen Fortsetzungsausspruch nur teilweise erfüllt. Da der BF aber im Zuge seiner Anhaltung in Schubhaft am 07.04.2018 einen Folgeantrag gestellt hat, hat er hierdurch nunmehr auch den Tatbestand der Ziffer 5 klar erfüllt. Während im behördlichen Verfahren keine Veranlassung zur weiteren Ermittlung einer potenziellen Wohnmöglichkeit bestanden hat und daher die Ziffer 9 zur Gänze erfüllt wurde, war im gerichtlichen Verfahren von einer Wohnmöglichkeit auszugehen und daher die Ziffer 9 nur mehr teilweise gegeben. Durch die zusätzliche Erfüllung der Ziffer 5 zeigte sich, dass auch im Hinblick auf den

Fortsetzungsausspruch die notwendigen Kriterien für die Annahme von Sicherungsbedarf jedenfalls weiterhin erfüllt waren.

3.2.0. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Inschubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass der Gewichtung des öffentlichen Interesses ein weitaus höherer Stellenwert zuzuschreiben war. Das Gericht geht in einer Gesamtschau nicht davon aus, dass der BF aufgrund des einen genannten Kontakt im Inland tatsächlich über ein tragfähiges soziales Netz verfügen kann, zumal diese Bekannte bereits einmal nachweislich nicht in der Lage war, ein Untertauchen durch eine Flucht nach Deutschland zu verhindern. Es sind im Verfahren keine Gründe ans Tageslicht getreten, die das notwendige Gewicht hätten, hier ein Überwiegen der privaten Interessen über die öffentlichen Interessen nach Sicherheit, Ordnung und einem geregelten Asyl- und Fremdenwesen manifestieren zu können. Weiters hat der Beschwerdeführer gegen verwaltungsrechtliche Bestimmungen verstoßen (Untertauchen etc.) und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland herrschende Rechtssystem beabsichtigt. Das erkennende Gericht geht daher - wie oben angeführt - von einer Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Das Abwarten der konkreten Information durch die Botschaft hinsichtlich der Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist dem BF jedenfalls zumutbar und wird danach zu entscheiden sein, ob, gemessen an der Auskunft der Botschaft, die Fortsetzung der Schubhaft dann weiter zulässig sein wird, oder nicht. Die gegenständliche Schubhaft ist daher nach Rechtsansicht des Gerichtes auch verhältnismäßig.

3.3.0. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts derzeit nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland bzw. in Europa verbleiben kann, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und erfolgreich untertauchen würde. Eine familiäre bzw. soziale Bindung, die unter normalen Umständen eventuell Halt bieten könnte, ist nicht ausreichend vorhanden. Eine gute Bekannte ist zwar vorhanden, doch hat die Vergangenheit bereits gezeigt, dass dies nicht ausreichend gewesen ist, den BF vom Untertauchen abzuhalten. Der BF war in der Vergangenheit nicht gewillt,

seinen Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet zu legalisieren und er ist nicht willig in seine Heimat zurückzukehren. Unter Berücksichtigung aller Umstände geht das Gericht nicht davon aus, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden könnte. Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu sehen, dass ihn die pure Anordnung einer Wohnsitznahme, einer Meldeverpflichtung oder einer Kaution dazu bringen würde, nicht wieder unterzutauchen und sich den Behörden zu entziehen.

3.4.0. Die Weiterführung der Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.5.0. Der Vorwurf, es sei kein Rechtsberater bestellt worden konnte aufgrund des im Akt dokumentierten Vorganges zur Bestellung eines Rechtsberaters nicht verifiziert werden. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerdeschrift ist als aktenwidrig anzusehen, zumal die Rechtsvertretung des BF im Verfahren vor Beschwerdeerhebung Akteneinsicht genommen hatte.

Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges vorerst keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Auf die Verpflichtung zur periodischen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit gem. § 80/6 FPG wird verwiesen.

Zu Spruchpunkt III.:

Da die Behörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Anhaltung, Aufwandersatz, Fluchtgefahr, Fortsetzung,
gelinderes Mittel, Gesamtbetrachtung, Interessenabwägung,
Kostenersatz, öffentliches Interesse, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W171.2195308.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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