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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §209 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/17/0273 E 28. Februar 2000 98/17/0274 E 28. Februar 2000 98/17/0275 E 28. Februar 2000 98/17/0276 E 28. Februar 2000 98/17/0278 E 28. Februar 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der S registrierte Genossenschaft m.b.H., vertreten durch Dr. B und Dr. H, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 11. September 1996, Zl. 17.254/32-IA7/96, betreffend Festsetzung von Ausgleichsbeiträgen für das Jahr 1990 (Betrieb G), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 12. Dezember 1995 (zugestellt am 14. Dezember 1995), teilte der Vorstand des GB III der AMA der B reg. Genossenschaft m.b.H. (in der Folge: "aufnehmende Genossenschaft") mit, dass sich auf Grund der Neuerstellung der Endabrechnung für das Jahr 1990 wegen eines Gewerbesteuerguthabens eine Nachbuchung von insgesamt S 347.200,00 ergebe. Dieser Betrag sei vom Betrieb bereits für das Jahr 1989 einbezahlt worden. Für das Jahr 1989 werde dieser Betrag storniert und auf das Jahr 1990 umgebucht. Im Fall einer bescheidmäßigen Erledigung der Endabrechnung gelte dieses Schreiben als Parteiengehör.
Mit der Eingabe vom 20. Dezember 1995 ersuchte die "aufnehmende Genossenschaft", "für die Endabrechnung 1990 einen Bescheid zu erstellen". Da die übrigen Positionen des genannten "Bescheides" unumstritten seien, stimme sie dem Ersuchen der Behörde, eine Einschränkung auf die Position des Gewerbesteuerguthabens vorzunehmen, unpräjudiziell für die Zukunft zu. Die "aufnehmende Genossenschaft" behalte sich jedoch vor, gegen den im Zusammenhang mit der rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu erlassenden Bescheid Berufung einzubringen bzw. allenfalls auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zur Überprüfung der Verfassungskonformität der Bestimmungen anzurufen.
Mit Bescheiden vom 29. Dezember 1995 setzte der Vorstand des Geschäftsbereiches III der AMA sowohl für die Beschwerdeführerin als auch für die "aufnehmende Genossenschaft" den Ausgleichsbeitrag für das Abrechnungsjahr 1990, der auch das Gewerbesteuerguthaben beinhaltete, fest.
Die Beschwerdeführerin bekämpfte in der Berufung gegen den an sie ergangenen Bescheid die im Ausgleichsbeitrag enthaltene "strittige Gewerbesteuer" und machte die Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Fachausschusses für Milch und Milchprodukte der AMA geltend. Überdies brachte sie vor, mit Einbringungsvertrag vom 24. März 1995 sei der gesamte Geschäftsbetrieb der Beschwerdeführerin in die "aufnehmende Genossenschaft" eingebracht worden. Eine doppelte Vorschreibung sei rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin führe ab der Einbringung keinen Geschäftsbetrieb mehr.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, nach Punkt II Punkt 1.3 der Verordnung des Fachausschusses für Milch und Milchprodukte der AMA betreffend Ergänzung des Ausgleichs- und Zuschusssystems für das Jahr 1990 - Anwendungsregelung, betreffend bis einschließlich das Jahr 1989 betreffende, aber nach Ablauf dieses Jahres getätigte Zahlungen bzw. Gutschriften (Gewerbesteuer) in der Fassung des Verlautbarungsblattes der AMA für den Bereich Milch und Milchprodukte, Jahrgang 1995, ausgegeben am 16. Oktober 1995, seien die sich auf Grund bescheidmäßiger Erledigung ergebenden Gewerbesteuerguthaben aus dem bis 31. Dezember 1989 in Geltung gestandenen Abrechnungssystem und den davon betroffenen Abrechnungsjahren als Ausgleichsbeitrag einzuheben, der umgelegt auf die Anlieferungsmenge max. 10 g/kg betragen dürfe. Bei Punkt III sei ein Punkt 1.11 in dieser Verordnung eingefügt worden, der wie folgt laute:
"1.11. Produktbezogene Zuschüsse zur Abdeckung von bescheidmäßig vorgeschriebenen Gewerbesteuernachzahlungen, sofern diese in den Kalkulationen nicht ausreichend berücksichtigt sind. Durch die Systemumstellung sind Mehrbelastungen (Nachzahlungen), die aus der Veranlagung zur Gewerbesteuer entstehen, für die Jahre des bis 31. Dezember 1989 in Geltung gestandenen Abrechnungssystems in den bisherigen kalkulatorischen Ansätzen nicht enthalten. Wenn, bedingt durch die Umstellung des bis 31. Dezember 1989 in Geltung gestandenen Abrechnungssystems, Gewerbesteuernachzahlungen aus den Vorjahren eintreten, so wird dafür ein Zuschuss im Ausmaß von max. 10 g/kg Pos. 99 265 des die Gewerbesteuer betreffenden Abrechnungsjahres gewährt."
Diese Verordnung sei - aus den im Bescheid näher angeführten Gründen - nicht gesetzwidrig. Demnach sei die Festsetzung des Ausgleichsbeitrages einschließlich der "strittigen Gewerbesteuer" rechtmäßig.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst an ihn erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 8. Juni 1998, B 3409/96-8 u.a., ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus, soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse das Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. z.B. VfSlg. 12241/1989, 12322/1990, 12479/1990, 13197/1992, zur Rückwirkung im Abgabenrecht) sowie angesichts des Umstandes, dass durch die angefochtene Verordnung nicht nur Ausgleichsbeiträge von Gewerbesteuerguthaben eingehoben, sondern für Nachzahlungen Gewerbesteuerzuschüsse gewährt würden, die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, nicht entgegen §§ 3 ff MOG Ausgleichsbeiträge entrichten zu müssen, sowie in dem Recht, nicht entgegen § 68 Abs. 4 MOG nach Ablauf von fünf Jahren Ausgleichsbeiträge festgesetzt und vorgeschrieben zu bekommen, verletzt. Sie macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie
die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit die Beschwerdeführerin in der Verordnungsbestimmung Punkt II Punkt 1.3 der Verordnung des Fachausschusses für Milch und Milchprodukte der AMA, ausgegeben am 16. Oktober 1995, einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 MOG und eine Verfassungswidrigkeit wegen Rückwirkung der Verordnung gegeben erachtet und die Ansicht vertritt, dies begründe jeweils auch die Verletzung einfachgesetzlich gewährleisteter Rechte, wird zunächst auf die Begründung des Ablehungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Juni 1998 verwiesen. Gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung und deren Rückwirkung sind auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken entstanden. Somit hat die belangte Behörde die Verordnungsbestimmung zu Recht angewendet. Eine gesetzwidrige Auslegung des Inhalts der Verordnungsbestimmung bei der Bescheiderlassung wurde von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht behauptet. Eine aus diesen Gründen gegebene Verletzung einfachgesetzlich gewährleisteter Rechte wurde nicht aufgezeigt.
In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird auch die Verjährung der Festsetzung des Ausgleichsbeitrages für das Jahr 1990 eingewendet.
Gemäß § 68 Abs. 4 MOG, BGBl. Nr. 210/1985 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 396/1991, eine inhaltsgleiche Regelung gilt im Übrigen auch nach dem § 29 Abs. 2 AMA-G, unterliegt das Recht, Beiträge und Zuschüsse nach diesem Bundesgesetz festzusetzen oder zu beanspruchen oder zu Unrecht geleistete Beiträge und Zuschüsse zurückzufordern, der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, bei Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung zehn Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Leistungspflicht oder der Leistungsanspruch entstanden ist oder für das zu Unrecht Leistungen erbracht wurden. Hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung gelten § 209 Abs. 1 und § 238 BAO sinngemäß.
Die Beschwerdeführerin ist eine reg. Genossenschaft m.b.H. Der Betrieb der Beschwerdeführerin wurde in die "aufnehmende Genossenschaft" nach Art. III Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) eingebracht. Dies führte nicht zur Auflösung und Löschung der den Betrieb einbringenden Genossenschaft im Firmenbuch. Die Vermögensgegenstände sowie Rechte und Pflichten des eingebrachten Unternehmens gingen - mangels einer diesbezüglichen Rechtsgrundlage - nicht gesamthaft auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über, sondern im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Demnach hatte die Festsetzung des Ausgleichsbeitrages für das vor der Einbringung nach Artikel III UmgrStG gelegene Jahr 1990 mit einem Bescheid an die Beschwerdeführerin und nicht an die "aufnehmende Genossenschaft" zu ergehen, weil die Beschwerdeführerin und nicht die "aufnehmende Genossenschaft" Schuldnerin des Ausgleichsbeitrages 1990 war und durch die Einzelrechtsnachfolge (vgl. im Bereich der Bundesabgaben Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, UmgrStG 2, § 12 Rz 5) auch keine Änderung in der Verpflichtung zur Entrichtung dieses Augleichsbeitrages eintrat. Sollte die "aufnehmende Genossenschaft" auf Grund des Einbringungsvertrages allfällig entstehende Schulden zivilrechtlich mitübernommen haben, ändert auch dies nichts an der Verpflichtung der Beschwerdeführerin gegenüber dem Gläubiger zur Entrichtung des Ausgleichsbeitrages für das Jahr 1990.
Bei der Festsetzung des Ausgleichsbeitrages für das Jahr 1990 sind die Bestimmungen des AVG anzuwenden (§ 29 Abs. 1 AMA-G). Hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung gelten § 209 Abs. 1 und § 238 BAO sinngemäß.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 209 BAO (vgl. hg. Erkenntnis vom 9. März 1993, Zlen. 91/15/0093, 0094) unterbricht jede nach außen hin erkennbare Handlung der Behörde, die zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen wird, die Verjährung auch dann, wenn sie sich nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet hat, aber zur Geltendmachung des Abgabenanspruches in irgendeiner Weise geeignet war, mag es sich auch nur um die Feststellung des Abgabenschuldners handeln. Diese Eignung ist dem an die "aufnehmende Genossenschaft" ergangenen Schreiben vom 12. Dezember 1995 nicht abzusprechen.
Das noch im Jahre 1995 zugestellte Schreiben der Behörde vom 12. Dezember 1995 ist an die aufnehmende Genossenschaft ergangen, die nach den Bestimmungen des AVG weder als Schuldnerin noch als Haftende in Betracht kommen kann. Diese nach außen hin erkennbare Handlung der Behörde, die zur Geltendmachung des im Beschwerdefall strittigen Anspruches unternommen wurde, ist eine solche Unterbrechungshandlung nach § 209 BAO auch dann, wenn sie nicht an die Beitragsschuldnerin gerichtet war. Die mit Ablauf des Jahres 1990 begonnene Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Anspruches begann infolge der Unterbrechung mit Ablauf des Jahres 1995 neu zu laufen. Die Verjährung der Festsetzung des Ausgleichsbeitrages war im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz vom 29. Dezember 1995 durch Zustellung am 3. Jänner 1996 somit noch nicht eingetreten. Die belangte Behörde konnte daher mit Recht davon ausgehen, dass die Festsetzung des Ausgleichsbeitrages nicht verjährt war. Auch der behauptete Verfahrensmangel wegen angeblicher Unterlassung der Prüfung der Zulässigkeit der Festsetzung des Ausgleichsbeitrages aus Gründen der Verjährung liegt demnach nicht vor.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Februar 2000
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Nachstehende Beschwerde(n) wurde(n) im gleichen Sinn erledigt am 28.2.2000 98/17/0273-0276, 0278
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998170272.X00Im RIS seit
04.12.2001