TE Bvwg Beschluss 2018/5/15 W159 2194917-1

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Veröffentlicht am 15.05.2018
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Entscheidungsdatum

15.05.2018

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W159 2194917-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. von Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen Asyl vom 23.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Absatz 5 BFA-VG idgF die

aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Gambia, gelangte (spätestens) am 16.05.2017 unter Umgerhung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 23.03.2018 Zl. XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigens abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchteil IV. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchteil V. festgestellt, dass die Abschiebung nach Gambia zulässig sei, unter Spruchteil VI. keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt, unter Spruchteil VII. einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und Spruchteil VIII. festgestellt, dass der Antragsteller sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 25.01.2018 verloren hat.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller, vertreten durch den XXXX fristgerecht gegen alle Spruchpunkte Beschwerde erhoben und auch ausdrücklich die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Zu Spruchpunkt II. wurde insbesondere vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Gambia einen Klima ständigen Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wäre. Die Behörde habe fälschlicherweise behauptet, dass der Beschwerdeführer in der Lage wäre, sein Leben in Gambia zu organisieren und zu finanzieren; er verfüge aber dort über keinerlei Eigentum oder sonstige finanzielle Mittel und wäre gänzlich auf sich alleine gestellt und könnte auch keine vorbereitende Maßnahmen treffen, um zumindest vorrübergehend eine Unterkunft oder eine Arbeit zu finden, zumal er in Gambia über keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte (mehr) verfüge. Das Vorbringen sei auch detailliert und genügend substantiiert gewesen sowie schlüssig und sei mit den allgemeinen Verhältnissen in Gambia vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen vereinbar und plausibel.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Der Beschwerdeführer macht ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen insbesondere Art. 3 EMRK geltend. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um "vertretbare Behauptungen" handelt.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass der Beschwerdeführer bereits einmal rechtskräftig wegen eines Drogendeliktes verurteilt wurde. Es handelt sich dabei allerdings um eine bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe von drei Monaten (Überlassung von Cannabiskraut).

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde den Sachverhalt (und die Beweiswürdigung) nicht bloß unsubstantiiert bestritten, sondern diesbezüglich ein konkretes und substantiiertes Vorbringen erstattet.

Dazu führt der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Verhandlungspflicht nach § 21 Absatz 7 BFA-VG in ständiger Judikatur wie folgt aus:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes eben außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08. September 2015, Ra 2014/01/022, mwN und viele andere mehr).

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur und des Beschwerdevorbringens erscheint im vorliegenden Fall eine mündliche Beschwerdeverhandlung erforderlich. Dies wäre jedoch bei einem sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht möglich, da die Beschwerdeverhandlung die Anwesenheit des Beschwerdeführers regelmäßig voraussetzt. Gerade bei Rückkehrentscheidungen ist nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eine mündliche Verhandlung zur Ermittlung der persönlichen Verhältnisse und des persönlichen Eindrucks besonders geboten (z.B. VfGH vom 11.10.202017, E 2007/2017-11, VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, VwGH vom 30.06.2016, Ra 2016/21/0185 und viele andere mehr).

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W159.2194917.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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