TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/15 W123 2151292-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.05.2018
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Entscheidungsdatum

15.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W123 2151292-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2017, Zl. 1103919205-160150762, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 02.05.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 30.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am 31.01.2016 durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass der Cousin des Beschwerdeführers für die afghanische Regierung gearbeitet habe. Das hätten die Taliban erfahren. Eines Tages seien die Taliban zum Beschwerdeführer gekommen und hätten ihm gesagt, dass der Beschwerdeführer ihnen bekannt geben müsse, wenn der Cousin des Beschwerdeführers zurückkomme. Wenn der Beschwerdeführer es den Taliban nicht sage, würden sie den Beschwerdeführer töten. Deshalb sei der Beschwerdeführer geflohen.

3. Am 10.03.2017 erfolgte die Einvernahme vor der belangten Behörde.

Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"[...]

LA: Sie haben nunmehr die Möglichkeit, Ihre Beweggründe für das Verlassen Ihrer Heimat zu schildern. Bitte schildern Sie möglichst lebensnahe, also konkret und mit sämtlichen Details, sodass auch unbeteiligte Personen Ihre Darstellung nachvollziehen zu können.

VP: Ich bin nach Europa gekommen, weil ich gezwungen war, meine Heimat zu verlassen. Ich war Linienfahrer. Die Cousins meines Vaters arbeiten für die Regierung. Die Taliban haben mich aufgefordert, dass ich sie informieren soll, wenn der Cousin wieder im Heimatdorf ist. In unserer Region gibt es nur die Taliban. Wenn ich in die Stadt gefahren bin und danach retour ins Dorf, haben mich die Taliban durchsucht. Einmal haben Sie mich durchsucht und haben mir auch meine Tazkira weggenommen. Sie nahmen mich auf einen Berg mit. Sie haben mich gefesselt und geschlagen und fragten mich, wann dieser Cousin ins Dorf kommt. Ich habe ihnen gesagt, dass ich ihnen Bescheid geben werde, wann dieser Cousin wieder da ist. Einerseits waren die Taliban, die wollten, dass ich meinen Cousin verrate. Auf der anderen Seite, gab es meinen Cousin. Wenn ich ihn verraten hätte, hätte sich daraus eine Feindschaft entwickelt. Wenn ich für die Taliban spioniert hätte, wäre eine Feindschaft entstanden. Ich wollte weder für die Taliban spionieren noch mich mit meinen Cousin verfeinden. Deshalb habe ich mich entschlossen meine Heimat zu verlassen.

[...]

LA: Wer hat denn nun für die Regierung gearbeitet? Bei Ihrer Erstbefragung war es noch Ihr Cousin und jetzt plötzlich der Cousin des Vaters?

VP: Ich kann es nicht sagen. Wir bezeichnen auch die Cousins meines Vaters als unsere Cousins. Wir sind gemeinsam aufgewachsen und leben im selben Dorf.

[...]

LA: Was hat Ihr Cousin für die Regierung gemacht?

VP: Er hat im Gefängnis gearbeitet. Er war Polizist.

LA: Wo ist das Gefängnis?

VP: In Jalalabad.

LA: Wie oft ist Ihr Cousin nachhause gekommen?

VP: Der ist vielleicht einmal im Jahr heimlich ins Dorf gekommen. In unserem Dorf gibt es nur die Taliban.

LA: Wie lange hat Ihr Cousin schon im Gefängnis gearbeitet?

VP: Etwa zwei Jahre.

LA: Wie oft war er in diese Zeit zuhause?

VP: Kurz bevor ich ausgereist bin, war er für eine Nacht auf Besuch im Dorf. Daraufhin bin ich geflüchtet.

LA: Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Wie oft war er in diese Zeit zuhause?

VP: Ich habe ihn nur einmal gesehen. Er hat sich sogar vor uns versteckt.

[...]

LA: Wie oft wurden Sie durch die Taliban angehalten?

VP: Die Taliban haben mich an einem Tag mehrfach angehalten.

LA: Wurden alle Fahrzeuge aufgehalten?

VP: Natürlich. Es wird jedes Fahrzeug durchsucht.

LA: Wann wurden Sie auf den Berg gebracht?

VP: 15 Tage vor meiner Ausreise war das. Ich vermute, dass sie Bescheid bekommen haben, dass mein Cousin ins Heimatdorf kommen soll und wollten, dass ich für sie spioniere.

LA: Woher sollen diese wissen, dass Ihr Cousin kommen soll?

VP: Die haben ihre Leute und ihre Spione.

LA: Hat Ihr Cousin das in Jalalabad veröffentlicht?

VP: Nein, er hat es niemanden gesagt. Die Taliban haben in den Gefängnissen Ihre Spione.

LA: Warum töten diese Spione nicht gleich Ihren Cousin?

VP: Die Spione halten sich versteckt und wenn sie ihn erwischen werden sie ihn töten.

LA: Was war die genaue Forderung auf dem Hügel? Weiderholen Sie wortwörtlich.

VP: Die Taliban haben mich gefragt, wann mein Cousin ins Heimatdorf kommt und welchen Weg er nehmen wir. Ebenso in welcher Kleidung.

LA: Das waren genauso die Worte der Taliban?

VP: Die Taliban haben das gefragt. Wann und mit welcher Kleidung. Über welchen Weg und an welchem Tag.

LA: Woher hätten Sie das wissen sollen?

VP: Ich wusste es nicht. Aber die Taliban wollte, dass ich für diese die Informationen beschaffe.

LA: Wann ist dann Ihr Cousin gekommen?

VP: Von heute vor zweieinhalb Jahre.

LA: Wie viele Tage vor Ihrer Ausreise?

VP: Das genaue Datum weiß ich nicht.

LA: Ich habe Sie auch nicht nach einem Datum gefragt, sondern danach wie viele Tage vor Ihrer Ausreise Ihr Cousin dann ins Dorf gekommen sein soll?

VP: Ich glaube, ein oder zwei Monate davor.

LA: Sie haben aber angegeben, dass er kurz vor Ihrer Ausreise bei Ihnen gewesen sein soll?

VP: Genau weiß ich es nicht. Das weiß ich nicht.

[...]

LA: Wurden Sie nach diesem Vorfall nochmals bedroht?

VP: Nein. Dann bin ich geflüchtet. Davor sind sie immer zu uns nachhause gekommen und haben mich ausgefragt.

LA: Was war der fluchtauslösende Moment?

VP: Als sie mich auf den Berg gebracht haben.

LA: Wie lange blieben Sie dann noch zuhause?

VP: Ich bin dann etwa noch ein Monat zuhause geblieben.

LA: Nach diesem Monat sind Sie dann ausgereist?

VP: Ja.

LA: Wurden Sie auch einmal bedroht?

VP: Wie bedroht?

LA: Sie wurden aufgefordert den Taliban Information zu geben. Bedroht wurden sie bis jetzt noch nicht?

VP: An diesem, Abend haben Sie mich geschlagen und auch davor haben Sie mich mehrere Male aufgefordert.

LA: Wurden Sie bedroht?

VP: Sie haben mich geschlagen und mir Angst gemacht.

LA: Wann waren die Taliban erstmalig bei ihnen zuhause?

VP: Die waren immer im Dorf.

LA: Die Frage wird wiederholt.

VP: In unserer Region gibt es viele Taliban.

LA: Die Frage wird wiederholt!

VP: Sechs Monate vor meiner Ausreise sind diese zum ersten Mal gekommen. Man begegnet diesen Leuten täglich bis zu 20 Mal.

LA: Warum kann Ihre Familie nach wie vor in Ihrer Heimat leben wenn Sie ausreisen wollten?

VP: Meine Eltern können diese Reise nicht bestreiten.

LA: Warum nicht?

VP: Die Taliban kennen meine Familie.

LA: Warum hat Ihr Cousin nicht seine Frau und die Kinder aus dem Dorf geholt?

VP: Die Taliban hätten das nicht zugelassen.

LA: Wie hätten diese das verhindern sollen?

VP: Die Taliban erlauben ihm das nicht.

LA: Hat er nachgefragt?

VP: Nein. Er kann nicht nachfragen.

LA: Was spricht aus Ihrer Sicht gegen eine Rückkehr in Ihre Heimatprovinz?

VP: Wenn ich dort leben könnte, wäre ich doch nicht hierhergekommen.

LA: Sie weichen zum wiederholten Mal der Frage aus!

VP: Dort sind die Taliban. Die lassen einen dort nicht in Ruhe. Meine Eltern haben mir gesagt, dass ich nicht zurückkommen soll. Die haben den Taliban gesagt, dass ich in Europa bin.

LA: Wann haben Ihnen das Ihre Eltern gesagt?

VP: Vor ca. sechs Monaten.

LA: Was spricht aus Ihrer Sicht gegen eine Rückkehr nach z.B. Kabul, wo die Sicherheitslage besser ist?

VP: Auch in Kabul gibt es die Probleme mit den Taliban.

[...]"

4. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Es wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Die Beweiswürdigung lautet auszugsweise:

"Ebenso ist Ihr vorgebrachter Marsch auf einen Hügel, nicht plausibel. Warum die Taliban Sie hätten mit auf einen Hügel nehmen um Ihnen zu sagen, dass diese hätten wissen wollen wann, auf welchem Weg und in welcher Kleidung Ihr Cousin in das Dorf hätte kommen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Die Taliban würden nicht mit zehn Mann mit Ihnen auf einen Hügel gehen, um Ihnen dies zu sagen. Diese hätten Sie direkt bei der Straßensperre schlagen und Ihnen deren Forderungen mitteilen können, wenn es solche überhaupt gegeben hätte. Zudem konnten Sie nicht einmal genau sagen, wann dieser Vorfall überhaupt gewesen sein soll.

Ein weiteres Indiz für unglaubwürdige Aussagen ist, dass Sie einerseits nicht einmal klar benennen konnten, wer nun tatsächlich für die Regierung gearbeitet haben soll. Einerseits war es in Ihrer Erstbefragung noch Ihr Cousin, danach waren es die Cousins Ihres Vaters und am Ende war es dann nur noch ein Cousin von Ihnen, um welche es sich gehandelt haben soll. Warum die Taliban dann genau Sie aus dieser Familie hätten auswählen sollen um die Information zu beschaffen, ist nicht plausibel. Diese hätten doch noch Ihren Vater und vor allem den Vater Ihres Cousins zu Verfügung gehabt. Zusätzlich wären auch noch die Gattin Ihres Cousins und dessen Kinder in Ihrem Heimatdorf gewesen. Diese würden ein perfektes Druckmittel darstellen, damit sich Ihr Cousin freiwillig den Taliban stellen würde. Dass man für diese Informationen einen Jugendlichen brauchen würde, ist nicht plausibel.

Zudem kommt, dass es Ihrer Familie und Ihrem Onkel in Ihrer Heimat nach wie vor gut gehen würde und diese nicht mehr von den Taliban bedroht werden sollen, weil sie ihnen mitgeteilt hätten, dass Sie nach Europa gegangen sein sollen. Wenn die Taliban mit dieser Aussage tatsächlich zufrieden gewesen sein sollen, kann Ihre gesamte Geschichte so nicht stimmen und es kann sich bei dieser Aussage nur um eine weitere Schutzbehauptung Ihrer Person handeln, welche begründen soll, dass Ihre ganze Familie nach wie vor dort leben können soll. Wäre es den Taliban tatsächlich um Ihren Cousin gegangen und hätte Ihre Geschichte nur einen kleinen der Wahrheit entsprechenden Kern, hätten die Taliban nach Ihrer Ausreise sofort die Informationen von einem anderen Familienmitglied eingefordert. Nachdem dies jedoch ganz offensichtlich nicht der Fall war, kann davon ausgegangen werden, dass die Taliban erst gar kein Interesse an Ihrem Cousin gehabt hätten und es sich bei Ihrem Vorbringen nur um eine erfundene Geschichte handeln kann.

Zudem kommt, dass wenn Ihr Cousin tatsächlich von den Taliban verfolgt worden wäre, dieser seine Frau und seine Kinder niemals in Ihrem Heimatdorf gelassen hätte. Wäre dessen Familie tatsächlich in Gefahr gewesen, hätte dieser seine Frau und die Kinder zu sich in die Stadt Jalalabad geholt und wäre nicht nur einmal innerhalb von zwei Jahren nachhause gekommen. Wenn die Taliban tatsächlich einen Druck auf Ihren Cousin hätten erzeugen wollen, hätten diese mit dessen Gattin und Kinder ein einfaches Spiel gehabt. Die Taliban hätten einen Umzug nicht verhindern können, so wie diese auch den Besuch Ihres Cousins nicht verhindern können haben sollen.

Dass die Taliban gewusst haben sollen, dass Ihr Cousin bald zu Ihnen ins Dorf hätte kommen sollen, kann ebenso nur auf einer reinen Spekulation Ihrerseits beruhen. Hätten die Taliban tatsächlich Spione im Gefängnis gehabt, hätten diese jederzeit auch Zugang zu Ihrem Cousin gehabt und diese würden niemals einen Jugendlichen für Informationen brauchen. Wären Ihre Schilderungen nur im Ansatz auf einer wahren Begebenheit beruhend, hätten die Taliban Ihren Cousin jederzeit im Gefängnis töten können und hätten nicht einen derart ausgefallenen und unwahrscheinlichen Aufwand, wie von Ihnen geschildert, betreiben müssen.

Neben dem an sich schon sehr vagen und in Teilen nicht plausiblen Vorbringen haben Sie sich dann zuletzt auch noch in Widersprüche verwickelt. So haben Sie zuerst behauptet, dass Sie 15 Tage vor Ihrer Ausreise auf den Berg gebracht worden sein sollen und kurz darauf wären Sie dann doch noch ein Monat nach diesem Vorfall in Ihrem Heimatdorf verblieben. Hätte es dieses Ereignis tatsächlich gegeben und Sie tatsächlich das Gefühl der Angst verspürt, wären Sie so rasch als möglich ausgereist und hätten sich hier nicht in einen derartigen Widerspruch verwickelt.

Den nächsten Widerspruch haben Sie dann zum Besuch Ihres Cousins vorgebracht. Hier haben Sie zuerst geschildert, dass dieser kurz vor Ihrer Ausreise bei Ihnen zuhause gewesen sein soll. Plötzlich soll diese dann doch schon zweieinhalb Jahre vor Ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt bei Ihnen zuhause gewesen sein. Dies wäre dann aber schon mehr als ein Jahr vor Ihrer Ausreise gewesen und somit bei weitem nicht mehr kurz vor Ihrer Ausreise. Plötzlich sollen es dann doch wieder ein bis zwei Monate vor Ihrer Ausreise gewesen sein. Dies kann aber schon alleine wegen Ihrer Schilderungen zu Mitnahme auf den Berg nicht stimmen, da Ihr Cousin schon wieder weg gewesen wäre, bevor Sie überhaupt aufgefordert worden wären den Taliban die Informationen zu geben. Derartige Widersprüche sind nur bei einer erfundenen Geschichte möglich. Hätten Sie die an sich schon sehr vage erzählte Geschichte tatsächlich erlebt, hätten Sie sich niemals in solche Widersprüche verwickelt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Sie eine persönliche Gefährdungslage in keiner Weise glaubhaft gemacht haben, zumal weder eine Drohung gegen Ihre Person noch gegen Ihren Cousin oder Ihre Familie glaubhaft machen konnten. Eine tagtägliche mehrfache Anhaltung und Kontrolle durch die Taliban stellt keine Bedrohung dar, zumal diese jedes Fahrzeug aufhalten würden und Sie als Paschtune der selben Volksgruppe angehören würden und somit eine Diskriminierung aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit auszuschließen ist. Demnach kann auch der behaupteten Gefährdungslage für den Fall Ihrer Rückkehr nicht gefolgt werden."

5. Gegen den oben genannten Bescheid der belangten Behörde richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 22.03.2017. Der Cousin des Vaters des Beschwerdeführers habe als Polizist in einem Gefängnis für die afghanische Regierung gearbeitet. Die Taliban würden die afghanische Regierung und die mit ihr verbündeten westlichen Alliierten bekämpfen. Deshalb seien die Taliban an den Beschwerdeführer herangetreten und hätten von ihm wissen wollen, wann der Cousin des Vaters wieder im Dorf sei. Der Betreffende arbeite nämlich in Jalalabad. Die Frau und die Kinder des Cousins würden aber nach wie vor im Heimatort leben, weswegen der Cousin regelmäßig dort zu Besuch sei. Schließlich sei der Beschwerdeführer sogar von den Extremisten entführt worden. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren, da gegen ihn Verfolgungshandlungen gesetzt worden seien. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht, da der Beschwerdeführer in Kabul über kein familiäres oder soziales Netzwerk verfüge.

6. Mit Schreiben vom 04.08.2017 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 20.10.2017, 09.30 Uhr, an. Der Beschwerdeführer wurde zu Handen des Vereins Menschenrechte (siehe Vollmacht vom 17.03.2017, AS 249) geladen (siehe OZ 5).

Am 20.10.2017 - bei Aufruf der Sache um 09:33 Uhr - stellte der erkennende Richter fest, dass der Beschwerdeführer nicht erschienen ist.

Der BFV gab zum Nichterscheinen des Beschwerdeführers an: "Der letzte Kontakt mit dem Beschwerdeführer war im März 2017. Der Beschwerdeführer war mehrmals bei uns im Büro. Die vom Beschwerdeführer angegebene Adresse und Telefonnummer sind nicht mehr aktuell. Im September, ich glaube es war der 22., wurde unsererseits ein ZMR-Auszug gemacht. Eine Kollegin hat dann einen Hausbesuch gemacht und hat den Beschwerdeführer nicht angetroffen. Sie hat eine Nachricht sowie eine Visitenkarte hinterlassen, der Beschwerdeführer hat sich aber nicht mehr gemeldet."

Die Verhandlung wurde daher auf unbestimmte Zeit vertagt.

7. Eine ZMR-Anfrage vom 08.11.2017 ergab folgenden Eintrag: XXXX , gemeldet seit 24.08.2017. Die Adresse des Beschwerdeführers ist nach wie vor aufrecht.

8. Mit Schreiben vom 09.11.2017 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 28.02.2018, 13:00 Uhr, an. Der Beschwerdeführer wurde persönlich per Adresse XXXX , geladen; ebenso der Verein Menschenrechte Österreich (siehe OZ 7).

Am 28.02.2018 - bei Aufruf der Sache um 13:00 Uhr - stellte der erkennende Richter erneut fest, dass der Beschwerdeführer nicht erschienen ist. Kurz vor Beginn der mündlichen Verhandlung langte ein Schreiben der AUVA, Unfallkrankenhaus Linz, vom 28.02.2018 ein, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer erst heute Vormittag aus der stationären Pflege entlassen wurde und daher den Termin zur Verhandlung nicht wahrnehmen kann. Der Richter vertagte erneut die Verhandlung auf unbestimmte Zeit.

Die Verhandlung wurde daher wiederum auf unbestimmte Zeit vertagt.

9. Mit Schreiben vom 08.03.2018 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 02.05.2018, 13:00 Uhr, an. Der Beschwerdeführer wurde wiederum persönlich per Adresse XXXX , geladen; ebenso der Verein Menschenrechte Österreich (siehe OZ 11).

Am 02.05.2018 - bei Aufruf der Sache um 13:00 Uhr - stellte der erkennende Richter erneut fest, dass der Beschwerdeführer nicht erschienen ist.

Die BFV gab bekannt, dass der Beschwerdeführer das letzte Mal am 25.04.2018 in ihrer Geschäftsstelle gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe damals gesagt, dass er an der Verhandlung am 02.05.2018 teilnehmen werde. Die BFV wisse nicht, wo sich der Beschwerdeführer zurzeit befinde und warum er nicht zur Verhandlung erschienen ist. Die BFV habe heute auch mehrfach versucht, den Beschwerdeführer am Handy zu erreichen. Jedoch sei die BFV immer nur auf die Mobilbox des Beschwerdeführers gelangt.

Der erkennenden Richter stellte daraufhin fest, dass der Beschwerdeführer nunmehr bereits zum dritten Mal (unentschuldigt) nicht zur Verhandlung erschienen ist. Daher wird die Verhandlung in seiner Abwesenheit durchgeführt.

Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"Eröffnung der Verhandlung

R legt den Gegenstand der Verhandlung wie oben eingetragen dar.

Eröffnung des Beweisverfahrens

Der R erklärt den bisherigen Akteninhalt (vorgelegter Verwaltungsakt des BFA und Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und zum Inhalt der hier zugrunde liegenden Niederschrift.

Die BFV verweist auf das bisherige Vorbringen und die bereits vorgelegten Bescheinigungsmittel. Der BF hat bei der Vorbereitung für die mündliche Verhandlung angegeben, dass die Angaben in der Erstbefragung sowie in der Einvernahme vor dem BFA der Wahrheit entsprochen haben.

R: Möchten Sie zum Asylvorbringen etwas ausführen?

BFV: Zum Asylvorbringen möchte ich vorbringen, dass der BF von den Taliban verfolgt wird. Aufgrund der Tätigkeit seines Cousins, der bei der Polizei arbeitete, geriet auch der BF ins Visier der Taliban. Der BF wurde sogar von den Taliban entführt und geschlagen. Aus Angst um sein Leben verließ er das Land. Eine Rückkehr ist ihm deshalb nicht möglich.

R: Zur Entführung der Taliban auf den Berg. Wissen Sie, wie der BF es geschafft hat, von diesem Berg von den Taliban zu fliehen?

BFV: Nein, das hat er nicht gesagt.

R: Der BF hat vor dem BFA am 10.03.2017 ausgesagt, dass die Taliban sechs Monate vor seiner Ausreise zum ersten Mal gekommen seien. Wissen Sie, ob der BF damals schon bedroht wurde und wie oft? Wann wurde der BF zeitlich vor seiner Flucht nach Europa das erste Mal bedroht?

BFV: Nein, dazu habe ich leider nichts Genaues. Ich verweise auf die Beschwerde.

Nunmehr übergibt der R der BFV folgende Unterlagen:

* Auszug des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 02.03.2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018) mit folgendem Inhalt: "Green Zone" in Kabul; High-profile Angriffe in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat; Sicherheitslage in den Provinzen Kabul, Balkh und Herat; Erhaltungskosten in Kabul; Auszüge aus dem Bankensystem in Afghanistan

* EASO-Bericht, "Afghanistan Netzwerke" (Stand Jänner 2018)

* Auszug Erkenntnis BVwG 04.04.2017, W197 2109210-1/22E; Paschtunen

Der BFV wird eine Frist bis längstens 16.05.2018 zur Stellungnahme eingeräumt.

Kein weiteres Vorbingen."

10. Am 09.05.2018 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der Beschwerdeführer am 29.04.2018 wegen § 28a (1,2) SMG in Untersuchungshaft genommen wurde.

11. Am 11.05.2018 nahm die Vertretung des Beschwerdeführers zu den seitens des Bundesverwaltungsgerichtes übermittelten Länderinformationen Stellung. Zur Situation von Rückkehrenden wurde auf den Artikel von XXXX , Überleben in Afghanistan, Asylmagazin 3/2017, verwiesen. Ferner auf den Bericht von Dr. XXXX zum Nachrichtendienst der Taliban. Der Beschwerdeführer sei aufgrund der Tätigkeit der Cousins als Polizisten von den Taliban verfolgt und bedroht. Der Beschwerdeführer habe in Kabul kein soziales oder familiäres Netzwerk, über das er vor der Rückkehr eine Unterkunft ermitteln könnte. Eine innerstaatliche Fluchtalternative scheide daher aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist ein lediger und volljähriger afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Paschtunen. Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Nangarhar und hat dort den Großteil seines Lebens verbracht. Der Beschwerdeführer verfügt über eine elfjährige Schulbildung sowie Berufserfahrung als Fahrer (Chauffeur). Die Familie des Beschwerdeführers (Vater, Mutter und Schwester) leben in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers. Ferner leben zwei Onkeln ebenfalls im Heimatort des Beschwerdeführers.

Es kann nicht die Feststellung getroffen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in die Städte Herat, Mazar-e-Sharif oder Kabul ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde. Bei einer Rückkehr kann er mit geringfügiger finanzieller Hilfe seiner Familie rechnen und könnte seine Existenz dort auch - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, in den Städten Herat, Mazar-e-Sharif oder Kabul eine einfache Unterkunft zu finden.

Der Beschwerdeführer kann die Hauptstadt Kabul und die Städte Mazar-e-Sharif und Herat - über Kabul - von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner entgeltlichen Tätigkeit nach. Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs besucht, konnte jedoch kein Sprachzertifikat nachweisen. Der Beschwerdeführer ist in keinem Verein aktiv. Der Beschwerdeführer ist seit 29.04.2018 in Untersuchungshaft.

1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:

1.2.1. Staatendokumentation (Stand 02.03.2017 inklusive integrierter Kurzinformation vom 30.01.2018)

Sicherheitslage Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

Distrikt Kabul

Gewalt gegen Einzelpersonen

21

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

18

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

50

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

31

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

28

Andere Vorfälle

3

Insgesamt

151

(EASO 11.2016)

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Provinz Kabul

Gewalt gegen Einzelpersonen

5

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

89

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

30

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

36

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

1

Andere Vorfälle

0

Insgesamt

161

(EASO 11.2016)

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

Erhaltungskosten in Kabul

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

Sicherheitslage Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Gewalt gegen Einzelpersonen

95

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

197

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

41

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

144

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

15

Andere Vorfälle

4

Insgesamt

496

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

Sicherheitslage Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).

Gewalt gegen Einzelpersonen

30

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

81

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

26

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

70

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

18

Andere Vorfälle

1

Insgesamt

226

Im Zeitraum 1.1. -

31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

High-profile Angriff

Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).

Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).

High-profile Angriffe

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

Herat

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes - verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).

Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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