TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/18 W169 1434386-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2018
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Entscheidungsdatum

18.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AVG §68
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W169 1434386-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2018, Zl. 830364105-180212169, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und §§ 52, 53 Abs. 1 iVm Abs. 2, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, wurde am 20.03.2013 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen, bei der er sich nicht ausweisen konnte, weshalb er festgenommen wurde. Im Zuge der Amtshandlung stellte der Beschwerdeführer den ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen des ersten Asylverfahrens brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass er in seinem Heimatdorf Probleme mit anderen Dorfbewohnern aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten gehabt habe. Es sei zu mehreren handgreiflichen Auseinandersetzungen gekommen und der Beschwerdeführer sei bei der Polizei wegen Körperverletzung angezeigt worden. Seither sei er von der indischen Polizei schikaniert worden.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.04.2013 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Zudem wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigen in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt und wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schenkte den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen keinen Glauben, da diese extrem vage und wenig detailreich sowie widersprüchlich waren. Unabhängig davon stünde dem Beschwerdeführer eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr sei nicht gegeben. Weiters seien keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Indien in eine lebensbedrohliche Notlage geriete, zumal ihm ein soziales Auffangnetz (Freunde, Bekannte, Familie und Verwandte) zur Verfügung stehen würden. Zudem sei der Beschwerdeführer gesund und könnte seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten. Auch die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet stelle keinen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar, zumal der Beschwerdeführer keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich habe. Zudem sei der Beschwerdeführer illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und halte sich erst seit wenigen Monaten hier auf.

3. Die dagegen fristgerechte eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 30.07.2013, Zl. C4 434.386-1/2013/3E, als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass dem Bundesasylamt nicht entgegengetreten werden könne, wenn es in seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelange, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu vage und oberflächlich gehalten gewesen sei, als dass daraus eine konkrete, gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Verfolgungsgefahr aus asylrelevanten Motiven hätte abgeleitet werden können. In wenigen Stehsätzen habe der Beschwerdeführer angegeben, es habe Grundstücksstreitigkeiten gegeben und es sei gegen ihn eine falsche Anzeige wegen Körperverletzung erstattet worden. Er sei jedoch nicht in der Lage gewesen, diese behaupteten Probleme greifbar zu machen und in einer Art und Weise zu schildern, aus der man hätte schließen können, dass er diese Streitigkeiten tatsächlich selbst erlebt habe. In seiner freien Schilderung der Fluchtgründe sei der Beschwerdeführer oberflächlich geblieben und habe äußerst knapp angeben: "Wir hatten einen Grundstücksstreit und unsere Gegner waren stärker als wir. Sie haben mich verprügelt und auch eine Anzeige gegen mich erstattet. Die Polizei fing an, mich zu belästigen, deswegen habe ich dann auch Indien verlassen, das ist alles." Somit würden in seiner Erzählung konkrete Zeit- und Ortsangaben fehlen und habe er von sich aus auch nicht genannt, wer eigentlich seine Gegner gewesen seien bzw. um welches Grundstück es gegangen sei. Dem Beschwerdeführer seien sodann seitens des Bundesasylamtes einige Fragen gestellt worden, um darauf hinzuwirken, dass er den Sachverhalt vervollständigen möge, doch er sei auch bei der Beantwortung der Fragen nicht in der Lage gewesen, Details zu nennen, die geeignet gewesen wären, das Vorbringen zu untermauern. Der Beschwerdeführer meinte, seine Gegner (Mehrzahl!) seien entfernte Verwandte gewesen, wobei er aber über Nachfrage nur einen einzigen Namen angegeben habe. Auch habe er vage behauptet, es seien drei bis vier Vorfälle gewesen, doch habe er nicht auch nur einen einzigen Vorfall konkret schildern können. Zur angeblichen Anzeige bei der Polizei sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung davon gesprochen habe, dass es zu Handgreiflichkeiten gekommen sei. Wolle man diesen Angaben folgen, sei eine Anzeige wegen Körperverletzung sogar naheliegend. Dem gegenüber habe der Beschwerdeführer bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt aber auf die Frage, um welchen konkreten Vorfall es bei der Anzeige überhaupt gegangen sei, gemeint, dass alles gelogen gewesen sei und es eine falsche Anzeige gewesen sei. Letztlich habe der Beschwerdeführer auch keine Angaben dazu machen können, inwiefern die Polizei ihn belästigt bzw. schikaniert habe, wenn er nicht einmal gewusst habe, wie oft die Polizei bei ihm zu Hause gewesen sei. Dazu habe er nur vage erklärt, er wisse das nicht genau, er habe nur von seiner Familie gehört, dass "die Polizei immer wieder da" gewesen sei. Er könnte deshalb nicht mehr dazu sagen, da er selbst sich bei Verwandten aufgehalten habe, wobei er nicht einmal angeben habe können, welche Verwandte dies nun konkret gewesen seien bzw. wo genau er gelebt habe. Als der Beschwerdeführer nach etwaigen weiteren Vorfällen gefragt worden sei, habe der Beschwerdeführer nur gemeint: "Ich weiß nicht. Nein". In Anbetracht der Tatsache, dass zwischen der Ausreise des Beschwerdeführers und seiner Einvernahme vor dem Bundesamt nur wenige Monate vergangen seien, lasse es sich nicht nachvollziehen, aus welchem Grund der Beschwerdeführer hier nicht konkrete Angaben hätte machen können. Selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens des Beschwerdeführers wäre diesem eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung gestanden. Weiters wurde im Erkenntnis ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann mit Schuldbildung und Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft sei, sodass ihm schon von daher in Indien eine Existenzgrundlage möglich sei. Er verfüge in Indien nach seinen Angaben auch über soziale Anknüpfungspunkte (seine Eltern und seine beiden Schwestern), die ihm Rückhalt geben könnten. Von daher wäre er im Falle einer Rückkehr in die Heimat keineswegs völlig auf sich alleine gestellt. Es könne also insofern nicht angenommen werden, der Beschwerdeführer geriete im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage. Schwierige Lebensumstände alleine genügten für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG nicht. Mit der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz stehe dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht (mehr) zu und es würden auch keinerlei sonstige Gründe bestehen, die gegen eine Ausweisung sprechen würden. Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären oder sonstigen Bindungen zum Bundesgebiet, weshalb die Ausweisung keinen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Familienleben darstelle. Aufgrund des sehr kurzen Aufenthalts im Bundesgebiet könne auch nicht angenommen werden, dass durch die Ausweisung in das Privatleben des Beschwerdeführers in relevanter Weise eingegriffen werden würde. Im Hinblick darauf, dass dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen ein hoher Stellenwert zukomme und beim Beschwerdeführer keine fortgeschrittene Integration im Bundesgebiet festgestellt hätte werden können, wie etwa das Sprechen der deutschen Sprache, das Nachgehen einer legalen, geregelten Arbeit oder soziale Bindungen, er keinerlei Familienangehörige oder sonstige Verwandten im Bundesgebiet habe, sondern sich diese in Indien aufhalten würden, sein bisheriger kurzer Aufenthalt noch dadurch gemindert sei, als dieser nur insofern legal sei, als er sich auf einen unberechtigten Asylantrag stütze, sei dem öffentlichen Interesse an der Ausreise des Beschwerdeführers - im Verhältnis zu seinem privaten Interesse am Verbleib in Österreich - der Vorzug zu geben.

4. Am 26.02.2018 wurde der Beschwerdeführer im Reisezug Richtung Italien angehalten und hat er sich als XXXX ausgewiesen. Aufgrund einer erkennungsdienstlichen Behandlung konnte die wahre Identität des Beschwerdeführers ermittelt werden. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer aufgrund eines vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen und über ihn gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

5. Am 02.03.2018 hat der Beschwerdeführer dann aus dem Anhaltezentrum Vordernberg den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der am 02.03.2018 durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, dass er von 2015 bis Februar 2018 in Ungarn gewesen sei. Er habe vor zwei Monaten nach Indien telefoniert und erfahren, dass ein Cousin von ihm von der gegnerischen Kongresspartei umgebracht worden sei. Zudem sei seine Schwester von Leuten der Kongresspartei verletzt worden, nachdem diese nach dem Beschwerdeführer gefragt worden sei. Der Beschwerdeführer habe große Angst, dass er im Falle einer Rückkehr von den Anhängern der Kongresspartei umgebracht werde. Das Telefonat habe vor 15 Tagen stattgefunden.

6. Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beabsichtigte, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen, wurden dem Beschwerdeführer eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 AsylG 2005 sowie die aktuellen Länderfeststellungen zu Indien gemeinsam mit der Ladung zur Einvernahme am 19.03.2018 zugestellt.

7. Am 19.03.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Gegenwart eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer folgendes an (A: nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

"(...)

Feststellung: Sind sämtliche Angaben, die Sie im Zuge der Erstbefragung durch die Polizei gemacht haben richtig und halten Sie aufrecht?

A: Die Angaben, die ich dort gemacht habe, sind richtig.

F: Sie stellten bereits am 20.03.2013 in Österreich einen Asylantrag. Anm. VZ: 2271566. Dieser Antrag wurde gem. § 3,8 AsylG 2005 abgewiesen. Sie wurden gem, § 10 Abs 1 AsylG nach Indien ausgewiesen. Der Asylantrag erwuchs mit 02.08.2013 in II Instanz in Rechtskraft. Warum stellen Sie jetzt neuerlich einen Asylantrag?

A: Ich habe im Heimatland Indien Probleme, ich darf nicht zurück.

F: Was ist seit Rechtskraft ihres Vorverfahrens geschehen?

A: Darf ich erzählen? Ich habe 2013 einen Antrag gestellt, ich bin Mitglied einer SIKH Partei. Mit der Gegnerpartei habe ich öfters Streitigkeiten gehabt. Es hat öfters Versammlungen gegeben und mündliche Streitigkeiten. Nachdem es 2 oder 3 Mal solche Streitigkeiten gegeben hat, bin ich das Ziel von den Gegnern geworden, haben mich Parteimitglieder der RRS-Partei geschlagen. Man hat mich fast totgeschlagen und ich bin sehr verletzt geworden. Nachdem Krankenhaus bin ich wieder gesund geworden. Nach einiger Zeit hat man mich wieder aufgesucht und attackiert. Ich habe mich an einem anderen Ort versteckt, man hat mich zuhause gesucht und man hat nach mir gefragt. Wie ich gespürt habe, dass mein Leben unsicher ist in Indien, habe ich entschieden meine Heimat verlassen und habe das auch getan.

F: Wann war das?

A: 2012.

F: Es handelt sich also um eine politische Sache?

A: Ja.

F: Wie hat das Ganze angefangen?

A: Was meinen Sie damit?

F: Seit wann sind Sie Mitglied dieser SIKH Partei?

A: Seit 2005 und 2006.

F: Sie hatten also Probleme mit Mitgliedern der gegnerischen Partei?

A: Ja.

F: Haben Sie die Verletzungen bei der Polizei angezeigt?

A: Ich habe schon versucht eine Anzeige zu machen, weil die Leute von der Regierungspartei sind. So hat mich niemand gehört.

F: Wurden Sie tatsächlich verletzt?

A: Ja.

F: Wurden diese Verletzungen im Krankenhaus behandelt?

A: Ja, ich habe vom Arzt Medikamente bekommen. Sie wissen in unserem Ort gibt es praktische Ärzte die haben mich behandelt.

F: Wie oft wurden Sie von diesen Leute aufgesucht?

A: Mehrmals, mehrmals.

F: Hatten Sie einen Parteiausweis?

A: Nein habe ich nicht.

F: Waren Sie ein einfaches Mitglied oder hatten Sie eine besondere Funktion?

A: Nein, ich war nur ein einfaches Mitglied, ich hatte keine großartige Funktion.

F: Was ist sonst noch vorgefallen?

A: Ich könnte Ihnen geheilte Verletzungen zeigen.

Anmerkung: Darauf konnte verzichtet werden.

F: Was ist seither noch vorgefallen?

A: Bis jetzt haben Leute nach mir gefragt und haben mich aufgesucht.

F: Wo?

A: In meinem Dorf.

F: Seit wann haben Sie ihr Dorf verlassen?

A: 2013

F: Und diese Leute haben noch immer nicht begriffen, dass Sie gar nicht im Land sind?

A: Könnte sein, dass sie darüber Bescheid wissen, trotzdem haben sie immer wieder nach mir gefragt.

F: Was bezwecken diese Leute damit?

A: Dass sie mich umbringen werden.

F: Weil Sie einer SIKH-Partei angehören?

A: Ja, das stimmt und wir haben mit diesem Leute Auseinandersetzungen gehabt, deshalb.

F: Was ist seither noch vorgefallen?

A: Seit einem Monat bin ich in Haft, vorher habe ich mit meiner Heimat Kontakt aufgenommen, von zuhause wurde mir mitgeteilt, dass mein Cousin von den Gegnern umgebracht wurde.

F: Warum?

A: Er war auch Mitglied von der SIKH-Partei gewesen.

F: Was hat das mit ihrem Fluchtvorbringen zu tun?

A: Ich bin genau ein Parteimitglied wie mein Cousin und es könnte mit mir auch passieren.

F: Wann genau wurden Sie darüber informiert?

A: Vor der Haft habe ich telefonisch Kontakt aufgenommen.

F: Wann war das Telefonat in etwa?

A: Das Datum weiß ich nicht.

Vorhalt: Sie gaben bei der Erstbefragung am 2.3.2018 auf die Frage, was sich seit Rechtskraft ihres Vorverfahrens konkret geändert habe an, dass Sie vor 2 Monaten telefoniert hätten und erfahren hätten, dass ihr Cousin umgebracht worden wären. Auf einer der nächsten Fragen gaben Sie wieder an, dass Sie das Telefonat vor 15 Tagen geführt hätten, was ist jetzt richtig und warum dieser Widerspruch?

A: Ich sitze seit einem Monat in Haft.

F: Die Frage wird wiederholt

A: Nein ich sagte 10 bis 15 Tage vorher habe ich telefoniert und er wurde vor 2 bis 3 Monaten umgebracht.

F: Gibt es Beweise, dafür, dass er wegen seiner Zugehörigkeit zur SIKH-partei umgebracht wurde?

A:Ich sitze hier, ich habe keine Beweise.

F: Haben Sie seit Ihrer ersten Asylantragstellung das österr. Bundesgebiet wieder verlassen?

A: Ja

F: Wo waren Sie?

A: In Ungarn

F: Wann haben Sie Österreich verlassen?

A: 2015.

F: Warum waren Sie in Ungarn in Haft?

A: Ich war 18 Monate in Haft.

F: Warum?

A: Da ich keine Dokumente hatte.

Vorhalt: Sie waren aber unseren Aufzeichnungen zufolge Asylwerber in Ungarn?

A: Ich habe in Österreich einen Asylantrag gestellt, nicht in Ungarn.

F: Sie wurden bereits zu Ihrem ersten Asylantrag niederschriftlich einvernommen. Können Sie sich noch an diese Einvernahmen erinnern?

A: Nein.

F: Stimmen die damals von Ihnen gemachten Angaben ?

A: Ja.

Vorhalt: Sie haben jedoch 2013 eine ganz andere Geschichte präsentiert, Sie hatten private Grundstücksprobleme mit einem Dorfbewohner, wären fälschlicherweise angezeigt worden und wären von der indischen Polizei schikaniert worden, warum erzählen Sie jetzt etwas ganz anderes?

A: Ich war damals so verzweifelt und hatte Angst gehabt, ich hatte zwei Gründe genannt, der erste war, was sie gesagt haben und der zweite war, mein politisches Problem.

Vorhalt: Sie hatten kein Wort darüber verloren, dass Sie ein politisches Problem hätten

A: Mein Dorfbewohner ist auch von meiner Gegnerpartei.

F: Halten Sie ihre Gründe von erstem Asylantrag aufrecht?

A: Ja. Ich habe beide Probleme gesagt, es waren die Grundstücksstreitigkeiten und auch die politische Mitgliedschaft.

F:Gibt es noch weitere Gründe, die eine Asylantragstellung rechtfertigen könnten?

A:Nur die zwei.

F: Wo hat man ihren Cousin gefunden?

A: Es ist von der Stadt Richtung Dorf gegangen, mein Vater hat mir das gesagt, er ist attackiert und umgebracht worden.

F: Gibt es darüber Polizeiprotokolle oder ist dieser Fall in den Medien gewesen?

A: Ich habe keine Dokumente, aber mein Vater hat mir das so mitgeteilt, was ich gerade erzählt habe. Ich habe auch nicht so viel Geld, dass ich tatsächlich telefonieren könnte.

F: Sind die Täter nach erwischt worden?

A: Ich weiß es nicht, der Täter ist Mitglied der jetzigen Regierungspartei.

F:Wie kann man das wissen, wenn man nicht weiß, er der oder die Täter sind?

A: Die Nachbarschaft wissen, wer das gemacht hat.

F: Gibt es noch weitere Gründe, die eine neuerliche Asylantragstellung rechtfertigen würden?

A: Das waren die Gründe, was ich erzählt habe, ich darf nicht zurück nach Indien. Wenn ich zurückehre werde ich umgebracht.

F: Wer genau sind ihre Gegner wegen den Grundstücksstreitigkeiten?

A: Er heißt XXXX .

F:Wie genau haben sich diese Grundstücksstreitigkeiten zugetragen?

A: Um mein Grundstück, jeder Anteil gehört ihm, er wollte meinen Anteil auch haben, ich sagte nein ich verkaufe das nicht.

Vorhalt: Es wurde schon im Vorverfahren festgestellt, dass das Grundstück ihrem Großvater gehört, was sagen Sie dazu?

A: Bei uns in Indien ist das so, das Grundstück von meinem Großvater gehört meinen Vater und somit auch mir.

F: Was haben Sie sonst noch zu tun mit XXXX ?

A: Wegen dem Grundstück hatte ich öfters Streitigkeiten.

F: Wie lange kennen Sie ihn schon?

A: Schon lange. Er ist vom gleichen Dorf.

F: Gibt es sonst noch eine Beziehung zu ihm?

A: Nein, sonst nicht.

Vorhalt: Im ersten Verfahren sagten Sie, dass er ein entferner Verwandter wäre?

A: Nein, er ist von den gleichen Dorfbewohnern.

F: Wer von ihren Angehörigen lebt noch im Heimatland?

A: Ja. Meine Schwester lebt im Heimatland, sonst niemand.

F: Haben Sie zuhause ein Dokument, das ihre Identität beweisen kann?

A: Nein. Sonst nur Onkels und Tanten.

F: Haben sich mittlerweile ihre privaten Interessen bzw. ihre familiäre Situation geändert?

A: Nein.

F: Sind Sie in Österreich je mit dem Gesetz in Konflikt gekommen?

A: Nein. Ich war einmal bei der Polizei, weil ich mit einem Mann in ein Geschäft gegangen bin, wobei dieser Mann etwas in die Flasche gefüllt hat und der Geschäftsführer hat die Polizei gerufen.

Das Bundesamt beabsichtigt, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Anmerkung: Dazu wird ihnen mitgeteilt, dass Sie eine Mitteilung gem. § 29 Asylgesetz 2005 und § 52a (2) BFA-VG erhalten haben.

F: Wollen Sie konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

A: Ich kann nur sagen, ich darf nicht nach Indien zurück, mein Leben ist unsicher in meinem Heimatland.

F: Möchten Sie zu den Länderfeststellungen zu Indien etwas anführen?

A: Ich versteh das nicht.

F: Sie wurden am 26.11.2013 wegen Ladendiebstahl in Wien in einem Supermarkt betreten, wurden Sie verurteilt?

A: Ich habe ihnen bereits erzählt, ich war mit einem Landsmann in einem Supermarkt, da hat man in seiner Tasche etwas gefunden, die Polizei kam und ich war bei der Polizeiinspektion. Mithilfe des Dolmetsches sagte ich, ich wusste darüber nichts. Der zuständige Beamte hat mir gesagt, so etwas sollte nicht passieren.

F: Wurden Sie verurteilt?

A: Weiß ich nicht, ich bin nach 20 Minuten, nach der Befragung frei gekommen.

F: Hat es eine Gerichtsverhandlung gegeben?

A: Nein.

F: Sie wurden am 17.08.2015 in Wien Westbahnhof wegen Versicherungsbetrug und Gebrauch fremder Ausweise angezeigt, wurden Sie verurteilt?

A: Am Westbahnhof, nein.

Vorhalt: Sie werden aktuell wegen Urkundenfälschung §§ 223, 123 und 229 StGB von der Staatsanwaltschaft Wien zur Aufenthaltsermittlung wegen Vergehens gesucht, GZ: XXXX , wurde Ihnen das mitgeteilt?

A: Nein, das weiß ich nicht.

Vorhalt: Sie haben schon wie beim Vorverfahren, erst im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle einen Asylantrag gestellt, was sagen Sie dazu?

A: Ich habe nicht gewusst, dass mein Asyl abgeschlossen ist, deshalb.

F: Sie haben sich mit der Aufenthaltsberechtigungskarte eines anderen Asylwerbers ausgewiesen, wie sind Sie zu dieser Karte gekommen?

A: Ich habe diese Jacke von einem Landsmann bekommen und ich wusste nicht, dass dieser Ausweis in der Jackentasche war. Ich sagte zur Polizei, ich habe keinen Ausweis, der Polizist hat nach kontrolliert und hat diese Karte in der Jacke gefunden, obwohl diese Jacke ihm gehört.

Vorhalt: Ihnen wurde im Vorverfahren eine Frist von 2 Wochen für eine freiwillige Ausreise gewährt, dieser sind Sie nicht nachgekommen. Zudem ergibt sich aus der Aktenlage, dass Sie nach ihrer ersten Einreise in das österreichische Bundesgebiet fast ausschließlich aus Mitteln der Öffentlichen Hand lebten und nicht gewillt sind, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.

Aus diesem Grund ist beabsichtigt, gegen Sie ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot zu erlassen. Es wird Ihnen die Möglichkeit gegeben, dazu binnen 10 Tagen (ha. eingelangt) schriftlich Stellung zu nehmen.

A: Ich rede ehrlich, ich habe keinen Brief erhalten. Mein Rechtsanwalt hat mich einmal informiert, ob ich freiwillig nach Hause möchte. Ich sagte nein, dann habe ich keine Information und keinen Brief erhalten.

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: .

Frage an die Rechtsberaterin: Haben Sie Vorbringen oder Fragen?

A: Die Rechtsberaterin hat keine Frage:"

(...)"

8. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.),es wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde von der Erteilung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG abgesehen und unter Spruchpunkt VII. wurde gegen dem Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zur Begründung seines zweiten Asylantrages Umstände geltend gemacht habe, die seiner Schilderung zufolge vor Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 30.07.2013 im ersten Asylverfahren bestanden hätten. Auch aus der von Amts wegen zu berücksichtigenden Ländersituation sei kein entscheidungsrelevanter neuer Sachverhalt abzuleiten.

Zum Herkunftsstaat stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Folgendes fest:

"(...)

Sicherheitslage

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).

Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011

Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).

(...)

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_09493FC61FD08185D486477F8D93E1EE/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

-

Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 5.12.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

SATP - South Asia Terrorism Portal (9.1.2017): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2016,

http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/database/indiafatalities.htm, Zugriff 9.1.2017

(...)

Allgemeine Menschenrechtslage

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 16.8.2016). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2016). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 16.8.2016). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.8.2016).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit bei (USDOS 13.4.2016).

Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2016), eine verallgemeinernde Bewertung kaum möglich:

Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 16.8.2016). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 16.8.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2016).

Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im Maoistengürtel begehen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 13.4.2016).

Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der Bürger. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 13.4.2016).

Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o.D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC forderte von den Bundesstaatenregierung, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Behörden haben die Streitkräfte nicht dazu aufgefordert, Todesfälle während der Haft an die NHRC zu melden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 13.12.2016

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NHRC - The National Human Rights Commission India (o. D.): The National Human Rights Commission India, http://www.nhrc.nic.in/Documents/Publications/NHRCindia.pdf, Zugriff 5.1.2017

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 13.12.2016

(...)

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 28.12.2016

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9.2016).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9.2016).

Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9.2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9.2016).

Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslose

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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