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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der M GmbH in W, vertreten durch Dr. Stephan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in 1220 Wien, St. Wendelin-Platz 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 27. Februar 2018, Zl. VGW- 101/020/16717/2017-2, VGW-101/V/020/16718/2017, VGW- 101/V/020/16719/2017, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für das Mietwagen-Gewerbe und das Taxi-Gewerbe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 25. Oktober 2017 wurde der revisionswerbenden Partei gemäß § 91 Abs. 2 GewO in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Z 1 GelverkG die Gewerbeberechtigung für das Mietwagen-Gewerbe und für das Taxi-Gewerbe (jeweils beschränkt auf eine näher bestimmte Anzahl von Personenkraftwagen) entzogen. Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer der revisionswerbenden Partei, der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien wegen Übertretung des § 153c StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden war, trotz Aufforderung durch die Behörde nicht innerhalb der in der Aufforderung gesetzten Frist von zwei Monaten als Person mit maßgeblichem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte entfernt worden war.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde abgewiesen und ausgesprochen, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zwar auf ihrem Deckblatt den handelsrechtlichen Geschäftsführer als Revisionswerber anführt, in ihrer Textierung und auch in der Fertigung aber die revisionswerbende Partei nennt, sodass sie dieser zuzurechnen ist und die Bezeichnung des handelsrechtlichen Geschäftsführers (der nicht Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren war und dem auch keine Berechtigung zur Erhebung der Revision zukäme) als offenkundiges Versehen zu beurteilen ist.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dass sich § 91 Abs. 2 GewO nur auf jene Personen beziehe, denen ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zustehe. Die Behörde habe der revisionswerbenden Partei eine Frist bekanntgegeben, innerhalb der die Person zu entfernen sei. Wesentlich sei dabei, dass die Person nicht "auszuschließen", sondern zu "entfernen" sei. Es sei davon auszugehen, dass der Entzug des maßgebenden Einflusses ausreiche, ein völliger Ausschluss werde vom Gesetz nicht gefordert. Es fehle Rechtsprechung zur Frage, "ob die Entfernung durch internen Entzug des maßgebenden Einflusses auf den Betrieb der Geschäfte vollendet wurde."
7 Dazu ist festzuhalten, dass sich aus den - wenngleich disloziert getroffenen - Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis ergibt, dass der (alleinige) handelsrechtliche Geschäftsführer, dessen Entfernung von der Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO aufgetragen worden war, nicht innerhalb der von der Behörde dazu gesetzten Frist als Geschäftsführer abberufen worden war und seine Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer auch nicht etwa durch Rücktritt geendet hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einem alleinigen handelsrechtlichen Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung schon im Hinblick auf deren rechtliche Organisationsform ein maßgeblicher Einfluss im Sinne des § 91 Abs. 2 GewO zu (vgl. etwa VwGH 20.10.2004, 2004/04/0051); der Geschäftsführer als notwendiges Organ der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Gesellschaft gegenüber zur Tätigkeit verpflichtet, verantwortlich und haftbar, die aktive und passive Vertretungsmacht des Geschäftsführers ist nach außen unbeschränkbar, sodass es weiterer Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal des maßgeblichen Einflusses des handelsrechtlichen Geschäftsführers nicht bedarf (vgl. VwGH 29.3.1994, 94/04/0017). Ein behaupteter "interner Entzug des maßgebenden Einflusses" (in der Revision wird ohne weitere Konkretisierung auf eine "interne Vereinbarung" Bezug genommen, durch die dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der maßgebende Einfluss genommen worden sei) kann die Vertretungsbefugnis des handelsrechtlichen Geschäftsführers nach § 20 Abs. 2 GmbHG nicht beschränken und würde daher, selbst wenn sie festgestellt würde, nichts daran ändern, dass es zur "Entfernung" im Sinne des § 91 Abs. 2 GewO erforderlich ist, dass die Bestellung der betroffenen Person zum handelsrechtlichen Geschäftsführer innerhalb der dafür gesetzten Frist widerrufen wird (oder die Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer aus anderen Gründen, etwa Rücktritt des Geschäftsführers nach § 16a GmbHG, endet).
8 Vor diesem Hintergrund kann es auch nicht, wie die Revision meint, zur Zulässigkeit der Revision führen, dass es das Verwaltungsgericht unterlassen hat, die von der revisionswerbenden Partei zum Beweis der "Entfernung durch internen Entzug des maßgebenden Einflusses" namhaft gemachte Alleingesellschafterin zu vernehmen.
9 Die Revision bringt zur Zulässigkeit weiters vor, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, unter welchen Gesichtspunkten die Frist nach § 91 Abs. 2 GewO von der Behörde zu bestimmen sei. Der Verwaltungsgerichtshof erachte es nicht als unwesentlich, ob es aus objektiver Sicht möglich sei, einen handelsrechtlichen Geschäftsführer innerhalb einer bestimmten Frist zu entfernen. Das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, da es die Größe des Unternehmens "und die damit einhergehende Schwierigkeit, einen neuen handelsrechtlichen Geschäftsführer ausfindig zu machen", nicht ausreichend berücksichtige.
10 Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision darzutun, weil jene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das angefochtene Erkenntnis nach Ansicht des Revisionswerbers abweiche, nicht konkret (unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. dazu VwGH 9.3.2018, Ra 2017/03/0054) dargelegt wurde. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber mit seinem Vorbringen auch nicht aufzeigt, dass aus objektiven Gründen ein Widerruf der Bestellung nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten möglich gewesen wäre (dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass alle Anteile an der Gesellschaft nach dem im Verfahrensakt erliegenden Firmenbuchauszug von einer Person gehalten werden und auch nicht vorgebracht wurde, dass die Person während der gesamten Frist etwa nicht handlungsfähig gewesen wäre). Schließlich stellt die Frage, ob eine von der Behörde gesetzte Frist zur Entfernung der Person mit maßgeblichem Einfluss nach § 91 Abs. 2 GewO als angemessen zu beurteilen ist, keine grundsätzliche Rechtsfrage dar, sondern unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision begründet, wenn sie zumindest vertretbar ist (vgl. hier auch VwGH 26.4.2005, 2004/03/0145, wonach nicht zu erkennen ist, dass eine Frist von vier Wochen in jedem Fall als zu knapp bemessen anzusehen ist, um die Abberufung einer GmbH-Geschäftsführerin durchzuführen).
11 Soweit die revisionswerbende Partei zur Begründung der Zulässigkeit der Revision auch vorbringt, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob ein Fristerstreckungsansuchen bei der nach § 91 Abs. 2 GewO gesetzten Frist "beachtlich" sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass zum einen die gesetzte Frist im vorliegenden Fall nicht verlängert wurde, und zum anderen innerhalb der gesetzten - nicht als unangemessen zu erkennenden - Frist keine Entfernung des handelsrechtlichen Geschäftsführers erfolgte. Für eine "Beachtlichkeit" eines Fristerstreckungsansuchens in dem offenbar von der revisionswerbenden Partei gedachten Sinn, nach dem ein solches Ansuchen - auch wenn ihm nicht innerhalb der gesetzten Frist entsprochen wird - den Ablauf der wirksam gesetzten, angemessenen Frist verhindere, bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt.
12 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 2. Mai 2018
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030040.L00Im RIS seit
28.05.2018Zuletzt aktualisiert am
07.09.2018