TE OGH 2018/3/22 4Ob244/17m

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Veröffentlicht am 22.03.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei BSB Personalservice GmbH, *****, vertreten durch die Nusterer & Mayer Rechtsanwälte OG in Sankt Pölten, wider die beklagte Partei B***** GmbH (vormals BS Personal GmbH), *****, vertreten durch Prof. Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 20.000 EUR), 10.000 EUR sA und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2017, GZ 4 R 114/17i-20, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird richtiggestellt auf „B***** GmbH“.

II. Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

I. Die Änderung der Firma der Beklagten wurde von deren Generalversammlung am 20. November 2017 beschlossen und am 22. November 2017 zu FN ***** im Firmenbuch eingetragen. Dies war gemäß § 235 Abs 5 ZPO richtigzustellen.

II. Die Klägerin wurde am 18. Juni 2016 errichtet und am 16. September 2016 mit der Firma „BSB Personalservice GmbH“ zu FN ***** im Firmenbuch eingetragen. Mit Einbringungsvertrag vom 20. September 2016 wurde das am selben Ort wie die Klägerin ansässige Einzelunternehmen „BSB Personalservice e.U.“, FN *****, in die Klägerin eingebracht; dieses Einzelunternehmen war am 5. September 2014 in das Firmenbuch des Erstgerichts eingetragen worden.

Die Beklagte wurde mit der Firma „BS Personal GmbH“ am 6. Mai 2016 errichtet und am 16. Mai 2016 ebenfalls ins Firmenbuch des Erstgerichts eingetragen.

Beide Parteien betreiben denselben Geschäftszweig, nämlich die Überlassung von Arbeitskräften bzw das Personalleasing, die Klägerin bzw ihre Rechtsvorgängerin seit zumindest 2014 und die Beklagte seit ihrer Errichtung, und haben ihre Geschäftstätigkeit auf das westliche Niederösterreich sowie Teile des Waldviertels ausgerichtet.

Aufgrund der auf die §§ 1 und 9 UWG gestützten Unterlassungsklage bejahten die Vorinstanzen in einer Gesamtbetrachtung die Verwechslungsgefahr der beiden Firmen und trugen der Beklagten auf, im geschäftlichen Verkehr im westlichen Niederösterreich zu Zwecken des Wettbewerbs die Benutzung des Firmenbestandteils „BS Personal“ zu unterlassen, sowie jede diesem Verbot widerstreitende Ankündigung zu beseitigen, soweit ihr die Verfügung darüber, oder ein dies ermöglichender Einfluss, auf den unmittelbaren Verfügungsberechtigten zusteht.

Die außerordentliche Revision der Beklagten wendet sich gegen die Bejahung der Verwechslungsgefahr; sie zeigt jedoch keine erheblichen Rechtsfragen auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Bestandteile einer Firma sind als Firmenschlagwort aufgrund ihrer Namensfunktion nach § 9 Abs 1 UWG geschützt, wenn sie Unterscheidungs- bzw Kennzeichnungskraft besitzen. Sie müssen etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sich schon seiner Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen oder Unternehmen zu unterscheiden. Keine Unterscheidungskraft besitzen rein beschreibende Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden. Enthält das Zeichen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (17 Ob 3/07a mwN; vgl RIS-Justiz RS0117763).

Ob ein Firmenschlagwort Unterscheidungskraft besitzt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und verwirklicht – grobe Fehlbeurteilung ausgenommen – keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0121895).

2. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es auf die Verkehrsauffassung an, also auf die durchschnittlichen Anschauungen eines nicht ganz unbeträchtlichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise; entscheidend ist der Gesamteindruck, nicht eine zergliedernde Betrachtung der Einzelheiten (RIS-Justiz RS0079509). Die Verwechslungsfähigkeit zweier Kennzeichen ist niemals abstrakt, sondern allein bezogen auf die konkrete Kollisionslage zu beurteilen (4 Ob 253/03i = RIS-Justiz RS0118587). Ob Verwechslungsgefahr von Unternehmens-kennzeichen vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere den Bekanntheitsgrad der Kennzeichen auf dem Markt und den Grad der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen und den Grad der Gleichartigkeit zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen. So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Kennzeichen ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl RIS-Justiz RS0115351; RS0121482). Maßgebend ist der Kennzeichnungsgrad, wie weit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, eine bestimmte Ware oder Leistung angesehen wird, wobei das Unternehmen selbst nicht bekannt sein muss (vgl RIS-Justiz RS0078788). Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welcher Einfluss auf den Gesamteindruck des Zeichens seinen einzelnen Teilen zukommt (vgl RIS-Justiz RS0066753), wobei es auf die Wirkung auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Zeichenadressaten ankommt (RIS-Justiz RS0117324); es genügt, wenn Verwechslungsgefahr nur für einen mehrerer angesprochener Verkehrskreise besteht (vgl RIS-Justiz RS0117324 [T13]).

Die Frage, ob nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen Verwechslungsgefahr besteht, bildet keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS-Justiz RS0112739; RS0042805).

3. Wenn Aussprache und Phantasiecharakter der Zeichen den Sinngehalt des übereinstimmenden Zeichenbestandteils in den Hintergrund treten lassen und dieser daher nicht beschreibend wirkt, ist die Verwechslungsgefahr zu bejahen, weil letztlich zwei Phantasiebezeichnungen vorliegen, die in dem am Wortanfang stehenden und den Gesamteindruck prägenden Zeichenbestandteil übereinstimmen (RIS-Justiz RS0117609).

4.1. Die Benützung einer den firmenrechtlichen Vorschriften entsprechenden Firma kann das nach § 9 UWG geschützte Recht eines Anderen verletzen (RIS-Justiz RS0078817).

4.2. Die Benutzung eines mit einem älteren fremden Kennzeichen verwechslungsfähigen Firmen-bestandteils läuft im Regelfall den berechtigten Interessen des Kennzeicheninhabers in unlauterer Weise zuwider; es müssen besondere Umstände vorliegen, um eine solche Zeichenbenützung ausnahmsweise als lauter beurteilen zu können (vgl 17 Ob 36/08f = RIS-Justiz RS0124582).

5. Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, die einen wesentlichen Firmenbestandteil bildenden Buchstabenfolgen „BSB“ und „BS“ – bei denen es sich um Abkürzungen und letztlich Phantasiebezeichnungen handle – seien gemeinsam mit den schwach kennzeichnungskräftigen, beschreibenden und den Unternehmensgegenstand kennzeichnenden Wortfolgen „Personalservice“ und „Personal“ zu betrachten.

Dass dadurch zumindest eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn besteht, bei der die beteiligten Verkehrskreise zwar erkennen, dass es sich um zwei verschiedene Unternehmen handelt, aber aus der Ähnlichkeit der Bezeichnungen schließen, dass diese Unternehmen in Beziehungen wirtschaftlicher oder organisatorischer Art stehen (vgl RIS-Justiz RS0078978; RS0078840), hält sich im Rahmen der zitierten Rechtsprechungsgrundsätze und bedarf keiner Korrektur im Einzelfall. Zusätze, die einem fremden Unternehmenskennzeichen beigefügt werden, können nämlich die Gefahr von Verwechslungen nur dann beseitigen, wenn sie dem Zeichen eine ganz andere Eigenart geben (RIS-Justiz RS0078840). Dass dies hier nicht vorliegt, weil nicht nur die Buchstabenfolge „BSB“ bzw „BS“, sondern auch der auf den Unternehmensgegenstand hinweisende Zusatz Unterschiede zur Firma der Klägerin nicht hervorhebt, sondern verwischt, ist jedenfalls vertretbar.

Da nicht alleine und für sich betrachtet auf die Buchstabenfolgen „BSB“ bzw „BS“ abzustellen ist, kommt es auf die von der Revision aufgeworfene Frage der „Kollision von Zweibuchstabenmarken mit Dreibuchstabenmarken“ nicht an.

6. Soweit die Revisionswerberin ihr Firmenlogo und das der Klägerin als Wortbildzeichen gegenübergestellt wissen will, gelingt ihr ebenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

Abgesehen davon, dass auch die Schriftform, in der ein kennzeichnendes Firmenschlagwort geschrieben ist, nicht allein ausschlaggebend ist (RIS-Justiz RS0078840 [T10]), hat das Berufungsgericht vertretbar darauf verwiesen, dass angesichts der in den Logos enthaltenen Wortbestandteile die Verwechslungsgefahr im Sinne möglicher Beziehungen wirtschaftlicher oder organisatorischer Art zwischen den Unternehmen nicht ausgeräumt wird.

Abgesehen vom Wortsinn zeigen die Logos eine wenn auch nicht gleiche, so doch ähnliche (serifenlose und kursive) Schriftart und sie sind im Übrigen beide farblich in Schwarz und gedecktem Grün gehalten. Trotz der nicht ähnlichen graphischen Bestandteile – die gegenüber den Wortbestandteilen aber eher in den Hintergrund treten – vermag die Revision eine deutliche Unterscheidungskraft, welche den Gesamteindruck prägen könnte, und damit eine aufzugreifende Fehlbeurteilung der Vorinstanzen auch hier nicht aufzuzeigen.

7. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Schlagworte

BS Personal GmbH,

Textnummer

E121449

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00244.17M.0322.000

Im RIS seit

24.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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