TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/15 LVwG-2018/26/0265-1

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Veröffentlicht am 15.05.2018
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Entscheidungsdatum

15.05.2018

Index

83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

AWG 2002 §50

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerde

a) des AA und

b) der BA,

beide vertreten durch Rechtsanwalt CC, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 15.01.2018, Zl *****, betreffend eine Angelegenheit nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen, soweit mit dem angefochtenen Bescheid über den Antrag auf Übermittlung einer Aktenkopie abgesprochen wurde.

Im Übrigen – soweit also mit dem angefochtenen Bescheid über die Anträge auf Bescheidzustellung sowie auf Akteneinsichtnahme abgesprochen wurde – wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid in diesem Umfang ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1)   Vorgeschichte:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 02.09.2008 wurde der DD GmbH die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Bodenaushubdeponie auf den Grundstücken **1, **2, **3 und **4, alle KG X bei Y, auf einer Fläche von 1,5566 ha und mit einer Kubatur von ca 30.000 m3 erteilt, dies unter Mitanwendung der Vorschriften der Gewerbeordnung, des Wasserrechtsgesetzes 1959 sowie der Straßenverkehrsordnung 1960, wobei in den Nebenbestimmungen ua angeordnet wurde, dass die gesamte Projektfläche bis spätestens 15.10.2013 durch geeignete Humusierung und Einsaat als landwirtschaftliche Nutzfläche herzustellen ist.

Eine dagegen ua von den nunmehrigen Rechtsmittelwerbern erhobene Berufung blieb erfolglos, mit dem Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 03.02.2009 wurden die gegen den Bewilligungsbescheid eingebrachten Berufungen als unbegründet abgewiesen, soweit sich die Rechtsmittel auf die Zulässigkeit der Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 bezogen, im Übrigen aber als unzulässig zurückgewiesen.

Die Behandlung der gegen diese Rechtsmittelentscheidung eingebrachten Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschluss vom 21.09.2009 abgelehnt.

Gleichermaßen lehnte der Verwaltungsgerichtshof eine Behandlung der Beschwerde, die ebenfalls gegen die Rechtsmittelentscheidung eingebracht worden war, mit Beschluss vom 30.09.2010 ab.

Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.09.2012 wurde über Antrag der DD GmbH auf der Rechtsgrundlage des § 48 Abs 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 die Verlängerung des Einbringungszeitraumes für die Bodenaushubdeponie bis spätestens 31.12.2020 verlängert (Spruchpunkt I.). Mit Spruchpunkt II. des angeführten Bescheides wurden verschiedene Auflagen des Genehmigungsbescheides vom 02.09.2008 abgeändert. Schließlich wurde unter Spruchpunkt III. des angeführten Bescheides eine namentlich bezeichnete Person zum Deponieaufsichtsorgan bestellt.

2)

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.01.2018 wurde über die Anträge der Nachbarn AA und BA gemäß Eingabe vom 11.01.2018

– auf Zustellung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y, mit dem die Deponie auf den Grundstücken **1, **2, **3 sowie **4, alle KG X bei Y, derzeit genehmigt ist,

– auf Akteneinsichtnahme und

– auf Herstellung sowie Übermittlung einer Aktenkopie

dahingehend entschieden, dass diese Anträge gemäß § 38 Abs 6 iVm mit §§ 48 sowie 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 als unzulässig zurückgewiesen wurden.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass den Nachbarn im vereinfachten Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 keine Parteistellung zukomme.

Dies treffe ebenso auf Folgeverfahren zu, in welchen über Anträge auf Verlängerung des Deponieeinbringungszeitraumes entschieden werde.

Die beantragte Bescheidzustellung setze ebenso wie die begehrte Akteneinsichtnahme Parteistellung im betreffenden Verfahren voraus. Da diese vorliegend nicht gegeben sei, habe den Anträgen nicht entsprochen werden können.

3)

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde des AA und der BA, womit die Durchführung einer mündlichen Rechtsmittelverhandlung und/oder eine Sachentscheidung des Landesverwaltungsgerichts Tirol mit dem Inhalt beantragt wurden, dass den gestellten Anträgen auf Bescheidzustellung, Akteneinsichtnahme und Herstellung sowie Übermittlung einer Aktenkopie stattgegeben werde.

In eventu wurde begehrt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zur Begründung des Rechtsmittels wurde kurz zusammengefasst ausgeführt, dass sie Miteigentümer einer Wohnung im Anwesen Adresse 2 in X seien, wobei sich diese Eigentumswohnung in einer Entfernung von etwa 230 m zur verfahrensgegenständlichen Deponie befinde.

Nach der Judikatur der Höchstgerichte hätten sie als Nachbarn auch im vereinfachten Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 Parteistellung, dies jedenfalls zur Frage, ob die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren vorlägen.

Um diese beschränkte Parteistellung wirksam durchsetzen zu können, sei ihnen der entsprechende Bescheid zuzustellen.

Eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung der Nachbarn sei im gegenständlichen Fall nicht durchgeführt worden, sodass sie ihre Parteistellung auch nicht verlieren hätten können, dies infolge Präklusion.

Zu Untermauerung ihres Vorbringens verwiesen die Rechtsmittelwerber auf verschiedene Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Verwaltungssenates Tirol, wobei auch vergleichsweise auf das vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nach der Gewerbeordnung Bezug genommen wurde.

Die Beschwerdeführer befassten sich in ihrem Rechtsmittel auch näher mit dem abfallrechtlichen Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom 02.09.2008.

Im Genehmigungsverfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 werde den Nachbarn explizit eine auf das konkrete Bewilligungsverfahren für eine Behandlungsanlage beschränkte Parteistellung eingeräumt, im vereinfachten Genehmigungsverfahren dabei explizit das Recht der Einsichtnahme und der Äußerung eingeräumt.

In diesem Umfang komme ihnen ein Mitspracherecht auch im Verfahren zur Verlängerung der Deponiebewilligung zu.

Im Sinne der Bestimmung des § 50 Abs 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 bestehe ein Mitspracherecht der Nachbarn dahingehend, ob zwischenzeitlich der Verlängerung der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung ein Versagungsgrund entgegenstehe.

Sei durch den Bescheid der belangten Behörde vom 02.09.2008 keine Betriebsgenehmigung erteilt worden, komme eine Verlängerung des Einbringungszeitraumes in die Deponie nicht in Frage.

Gleiches gelte, wenn der Bescheid vom 02.09.2008 gar nicht befristet gewesen wäre, da diesfalls gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 AWG 2002 eine 20-jährige Genehmigungsdauer gelte, womit dann der verfahrensgegenständliche Verlängerungsantrag noch nicht zulässig gewesen wäre, zumal ein solcher frühestens 5 Jahre vor Ablauf der festgelegten Dauer zulässig sei.

Sowohl im Raumordnungskonzept als auch im Flächenwidmungsplan der Gemeinde X sei die Deponiefläche als Freiland ausgewiesen. Diese Widmung stehe der Errichtung bzw dem Betrieb einer Bodenaushubdeponie entgegen.

Der mit den Widmungsregelungen gegebene Immissionsschutz gewähre nach der Rechtsprechung ein Recht des Nachbarn auf Einhaltung der Widmung und stelle dies eine Genehmigungsvoraussetzung dar.

II.      Sachverhalt:

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 02.09.2008, bestätigt mit dem Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 03.02.2009, wurde der DD GmbH die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung einer Bodenaushubdeponie auf den Grundstücken **1, **2, **3 sowie **4, alle KG X bei Y, auf einer Fläche von 1,5566 ha und mit einer Kubatur von ca 30.000 m3 erteilt, wobei in einer Nebenbestimmung angeordnet wurde, dass die gesamte Projektfläche bis spätestens 15.10.2013 durch geeignete Humusierung und Einsaat als landwirtschaftliche Nutzfläche herzustellen ist.

Über Antrag der DD GmbH wurden mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 13.09.2012

– der Einbringungszeitraum für diese Bodenaushubdeponie bis längstens 31.12.2020 verlängert und

– mehrere Auflagenpunkte abgeändert sowie

– eine namentlich bezeichnete Person zum Deponieaufsichtsorgan bestellt.

Gegenstand des nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheides der belangten Behörde vom 15.01.2018 ist die Zurückweisung der Anträge der Rechtsmittelwerber gemäß Eingabe vom 11.01.2018

– auf Zustellung des Bescheides, mit dem die verfahrensgegenständliche Deponie derzeit genehmigt ist,

– auf Akteneinsichtnahme und

– auf Übermittlung einer Aktenkopie

als unzulässig.

Die beschwerdegegenständliche Bodenaushubdeponie wurde von der belangten Behörde im vereinfachten Verfahren nach § 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 genehmigt. Aufgrund des Verlängerungsantrages (in Bezug auf den Einbringungszeitraum) führte die belangte Behörde zwar eine Verhandlung an Ort und Stelle durch, dies insbesondere zur Überprüfung der Deponie, eine mündliche Verhandlung mit einer Kundmachung im Sinne der Vorschriften des § 42 AVG 1991 fand aufgrund des Verlängerungsantrages allerdings nicht statt.

Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer einer Wohnung des Gebäudes Adresse 2 in X, wobei die betreffende Eigentumswohnung in einer Entfernung von etwa 230 m zur verfahrensgegenständlichen Deponie gelegen ist.

III.     Beweiswürdigung:

Beweiswürdigend ist in der vorliegenden Rechtssache festzuhalten, dass sich der vorstehend festgestellte Sachverhalt in unbedenklicher Weise aus den gegebenen Aktenunterlagen, aber auch aus dem eigenen Vorbringen der Rechtsmittelwerber ergibt.

Die Feststellungen zur Bewilligung der streitverfangenen Bodenaushubdeponie, zur Verlängerung des Einbringungszeitraumes in diese Deponie, zur Durchführung eines vereinfachten Verfahrens nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 sowie zum Gegenstand des angefochtenen Bescheides beruhen auf der unzweifelhaften Aktenlage.

Gegen die von der belangten Behörde dem erkennenden Verwaltungsgericht zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegten Aktenunterlagen bestehen keinerlei Bedenken.

Dass die beiden Beschwerdeführer Miteigentümer am Gebäude Adresse 2 in X sind und die diesbezügliche Eigentumswohnung in einer Entfernung von etwa 230 m zur verfahrensgegenständlichen Deponie gelegen ist, basiert auf dem eigenen Rechtsmittelvorbringen der Beschwerdeführer.

Gegen die diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführer obwalten ebenfalls keinerlei Bedenken.

Die Feststellung, dass von der belangten Behörde keine Verhandlung durchgeführt worden ist, dies aufgrund des Verlängerungsantrages der Konsensinhaberin der strittigen Deponie, welche eine Präklusionswirkung auslösen hätte können, geht schließlich ebenfalls auf die vorliegenden Aktenunterlagen zurück.

IV.      Rechtslage:

In der vorliegenden Beschwerdesache sind die folgenden Bestimmungen

-    des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl I Nr 102/2002, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 70/2017, sowie

-    des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 161/2013,

verfahrensmaßgeblich:

1) Abfallwirtschaftsgesetz 2002:

„§ 37

Behandlungsanlagen

Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen

(1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. …

(2) 

(3) Folgende Behandlungsanlagen – sofern es sich nicht um IPPC-Behandlungsanlagen handelt – und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50) zu genehmigen:

1.  Deponien, in denen ausschließlich Bodenaushub- und Abraummaterial, welches durch Ausheben oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund anfällt, abgelagert werden, sofern das Gesamtvolumen der Deponie unter 100 000 m3 liegt;

2.  …

§ 50

Vereinfachtes Verfahren

(1) Im vereinfachten Verfahren sind die §§ 38, 39, 43 und 46 bis 49 nach Maßgabe der folgenden Absätze anzuwenden.

(2) Die Behörde hat einen Antrag für eine Genehmigung gemäß § 37 Abs. 3 vier Wochen aufzulegen. Die Auflage ist in geeigneter Weise, wie Anschlag in der Standortgemeinde oder Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde, bekannt zu geben. Die Nachbarn können innerhalb der Auflagefrist Einsicht nehmen und sich zum geplanten Projekt äußern. Die Behörde hat bei der Genehmigung auf die eingelangten Äußerungen Bedacht zu nehmen.

(3) Ein Bescheid ist innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des Antrags zu erlassen.

(4) Parteistellung im vereinfachten Verfahren hat der Antragsteller, derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z 2 bis 4 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 im Verfahren geltend zu machen. Dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen, einschließlich Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.“

2) Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991:

„§ 17

Akteneinsicht

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

(2) …“

V.       Erwägungen:

1)

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid die beantragte Übermittlung einer Aktenkopie an den Rechtsvertreter der beiden Beschwerdeführer verwehrt worden ist, ist seitens des entscheidenden Verwaltungsgerichts wie folgt festzuhalten:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Wien ist aus der Bestimmung des § 17 AVG ein Anspruch auf Übermittlung einer Aktenkopie nicht ableitbar (vgl dazu VwGH vom 25.02.2010, Zl 2009/06/0226, und vom 28.04.2009, Zl 2009/06/0015).

Dies erklärt sich schon aus dem Wortlaut des § 17 Abs 1 AVG, in welchem festgelegt ist, dass die Parteien „bei der Behörde“ in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen können und sich von Akten oder Aktenteilen „an Ort und Stelle“ Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen können.

Demnach ist schon aufgrund des Gesetzeswortlautes klar, dass die Herstellung von Aktenkopien im Amt zu geschehen hat, die Behörde aber nicht verpflichtet ist, Aktenteile oder Kopien davon an Parteien zu übersenden.

Folglich können die beiden Rechtsmittelwerber durch die Zurückweisung ihres diesbezüglichen Antrages mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden sein, dies unabhängig von der Frage, ob der betreffende Antrag nun richtigerweise abzuweisen gewesen wäre (vgl dazu den Beschluss des VwGH vom 09.11.2016, Zl Ro 2016/10/0031, bezüglich der Abweisung eines Antrages auf Bescheidzustellung mangels Parteistellung). Mit Blick auf die Begründungsausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach den Beschwerdeführern im vereinfachten Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 keine Parteistellung zukomme, ist nämlich vorliegend von einem bloßen Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis auszugehen, dass der bekämpfte Bescheid tatsächlich eine meritorische Erledigung in Form einer Abweisung darstellt (siehe dazu das VwGH-Erkenntnis vom 28.03.2008, Zl 2007/12/0081).

Insgesamt ist für die beiden Beschwerdeführer aufgrund ihres Antrages auf Übermittlung einer Aktenkopie gegenständlich nichts zu gewinnen, ihrer Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung musste in diesem Umfang ein Erfolg versagt werden.

2)

Was die Entscheidung der belangten Behörde im bekämpften Bescheid über den Antrag der beiden Rechtsmittelwerber auf Bescheidzustellung sowie auf Akteneinsichtnahme anbelangt, ist demgegenüber Folgendes vom erkennenden Verwaltungsgericht auszuführen:

Es trifft zwar zu, dass den Nachbarn im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 grundsätzlich keine Parteistellung zukommt (VwGH vom 23.02.2012, Zl 2008/07/0012), doch hat die belangte Behörde bei ihrer entsprechenden Argumentation übersehen, dass den Nachbarn zur Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, eine insoweit eingeschränkte Parteistellung eingeräumt ist (vgl VwGH 23.02.2012, Zl 2008/07/0012, 17.02.2011, Zl 2007/07/0134, und 16.12.2010, Zl 2007/07/0045), worauf die beiden Beschwerdeführer in ihrem Rechtsmittel zu Recht hingewiesen haben.

Feststellungsgemäß sind die beiden Beschwerdeführer als Nachbarn in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Deponie anzusehen, befindet sich ihre Eigentumswohnung doch in einer Entfernung von etwa 230 m zur streitverfangenen Bodenaushubdeponie.

Bereits mit dem Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 05.11.2008 wurde im Gegenstandsfall die Nachbarstellung der beiden Rechtsmittelwerber als gegeben betrachtet, das Landesverwaltungsgericht Tirol hat keinen Anlass, von dieser Anschauung abzugehen.

Sachverhaltsgemäß hat die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung mit Präklusionsfolgen im Sinne des § 42 AVG durchgeführt, sodass die beiden Beschwerdeführer vorliegend ihre (eingeschränkten) Parteirechte auch nicht verloren haben können.

Die eingeschränkte Parteistellung der beiden Rechtsmittelwerber (in Bezug auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002) verschafft ihnen die Rechte auf Akteneinsichtnahme (vgl dazu auch § 50 Abs 2 AWG 2002) sowie auf Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 13.09.2012, zumal die Rechtsmittelwerber ja auch in der Lage sein müssen, ihre eingeschränkten Parteirechte entsprechend wahrzunehmen (siehe dazu das VwGH-Erkenntnis vom 18.02.2015, Zl Ra 2014/04/0014, zur ähnlichen Situation bei einem vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs 1 GewO 1994).

Nach fester Überzeugung des Landesverwaltungsgerichts Tirol kann nun für die verfahrensgegenständliche Verlängerung des Einbringungszeitraumes in die strittige Bodenaushubdeponie nichts anderes gelten wie für das ursprüngliche vereinfachte Genehmigungsverfahren nach dem AWG 2002 für diese Deponie, zumal mit der Verlängerung der Bewilligungsdauer ein neues Recht für die Deponiebetreibung für die Konsensinhaberin geschaffen wird, dies über den bisher konsentierten Zeitraum hinaus, sodass für das Verfahren zur Verlängerung der Genehmigungsdauer nichts anderes gelten kann als für das vorhergehende Verfahren zur Bewilligung einer Deponie auf eine bestimmte Dauer.

Dementsprechend war der angefochtene Bescheid in dem Umfang zu beheben, als mit diesem die Anträge der Rechtsmittelwerber auf Bescheidzustellung sowie auf Akteneinsichtnahme zurückgewiesen wurden.

Auf das weitere Beschwerdevorbringen war vorliegend nicht einzugehen, da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nur die Frage der Parteirechte der Rechtsmittelwerber zu lösen war. Mit Blick auf den durch den Spruch der Erstinstanz festgelegten Beschwerdegegenstand konnte eine andere Fragestellung nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sein.

VI.      zum Absehen von einer mündlichen Rechtsmittelverhandlung:

Im Gegenstandsfall konnte schon deshalb von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid (teilweise) aufzuheben war (vgl § 24 Abs 2 Z 1 zweiter Fall VwGVG).

Insoweit der bekämpfte Bescheid nicht aufzuheben war, sohin bezüglich des Abspruches der belangten Behörde über die beantragte Übermittlung einer Aktenkopie, konnte von einer Rechtsmittelverhandlung deshalb abgesehen werden, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstanden (vgl § 24 Abs 4 VwGVG).

Die Rechtsmittelwerber haben vorliegend in ihrer Beschwerde Rechtsfragen releviert, wogegen verfahrensmaßgebliche Sachverhaltsbestreitungen nicht erfolgten, sodass in der vorliegenden Beschwerdesache auf der Tatsachenebene keine Klärungen notwendig waren.

VII.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die in der gegenständlichen Beschwerdesache zu lösenden Rechtsfragen konnten anhand der klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden. Dies betrifft insbesondere die Fragen,

-   ob aus § 17 AVG ein Anspruch auf Übermittlung einer Aktenkopie ableitbar ist und

-   inwieweit Nachbarn in einem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 eingeschränkte Parteistellung zuzugestehen ist.

An die in der vorliegenden Beschwerdeentscheidung aufgezeigte Judikatur des Höchstgerichts hat sich das erkennende Gericht auch gehalten, sodass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Gegenstandsfall nicht hervorgekommen ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Aicher

(Richter)

Schlagworte

Nachbarrechte im vereinfachten Verfahren nach dem AWG 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.26.0265.1

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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