TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/14 W238 2182249-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.05.2018
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Entscheidungsdatum

14.05.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2182249-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch die Mutter XXXX,XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 28.11.2017, OB XXXX, betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 BBG und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Antrag von

XXXX vom 14.02.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass Folge gegeben wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der minderjährige Beschwerdeführer stellte am 14.02.2017 - vertreten durch seine Mutter - beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis). Im Antragsformular ist folgender Hinweis der Behörde enthalten:

"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

2. Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde eingeholt. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 04.09.2017 erstatteten - Gutachten vom 20.11.2017 wurde als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkung der Leidensposition

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Autismus-Spektrum-Störung Unterer Rahmensatz, da regulärer Unterricht in einer Mittelschule möglich ist, sowie gute Entwicklung der Selbstständigkeit im Alltag

03.02.02

50

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt. Begründend wurde im Gutachten ausgeführt, dass für das Leiden eine Einschätzung mit 50 v.H. erfolge, weil eine Einschränkung der sozialen Interaktion und Kommunikation gegeben sei. Seitens des Sachverständigen wurde eine Nachuntersuchung mit Vollendung des 18. Lebensjahres empfohlen, weil eine Verbesserung des psychosozialen Funktionsniveaus möglich sei.

Zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde vom Sachverständigen ausgeführt, dass keine Funktionsbeeinträchtigung vorliege, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel behinderungsbedingt unmöglich mache. Öffentliche Verkehrsmittel würden vom Beschwerdeführer zu Zwecken der Freizeitgestaltung (Training für sportliche Aktivitäten) selbstständig benützt.

3. Am 27.11.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein bis 31.05.2022 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H. ausgestellt.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend stützte sich die belangte Behörde im Bescheid auf das im Verfahren eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 20.11.2017, wonach die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht gegeben seien.

Am Ende des Bescheides wurde angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.

Das Gutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.

5. Am 29.12.2017 übermittelte die Mutter des Beschwerdeführers dem Sozialministeriumservice eine Beschwerde gegen die "Nichtausstellung eines Parkausweises für Behinderte". Darin wurde ausgeführt, dass sich die Beschwerde gegen die Entscheidung der Behörde richte, ihrem Sohn, der im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sei, keinen Parkausweis für Behinderte auszustellen. Ihr Sohn ertrage es besonders bei größeren Menschenmengen nur sehr schwer, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Wiederholt müsste sie während der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit ihm aussteigen und versuchen, ihn zu beruhigen, bevor die Fahrt fortgesetzt werden könne. All dies belaste ihren Sohn sowohl physisch als auch psychisch sehr schwer. Aus diesem Grund seien sie darauf angewiesen, zu jedem seiner Termine oder auch bei gemeinsamen Ausflügen, das eigene Kraftfahrzeug zu benützen. Abschließend wurde um Überprüfung der Entscheidung der Behörde gebeten, ihrem Sohn keinen Parkausweis für Behinderte auszustellen.

6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 09.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Mit Mängelbehebungsauftrag vom 10.01.2018, zugestellt am 16.01.2018, trug das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer die Verbesserung seiner Beschwerde auf, da sie weder die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und der belangten Behörde noch ein - die Sache des Beschwerdeverfahrens umfassendes - Begehren enthielt. In diesem Zusammenhang wurde der Beschwerdeführer ausführlich über den Gegenstand des Bescheides vom 28.11.2017, die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO sowie darüber informiert, dass das formulierte Begehren auf die Entscheidungskompetenz des Bundesverwaltungsgerichtes Bedacht zu nehmen hat.

Der Beschwerdeführer wurde daher aufgefordert, bekanntzugeben, gegen welchen Bescheid sich seine Beschwerde richtet, sowie ein (die Sache des Beschwerdeverfahrens umfassendes) Begehren an das Bundesverwaltungsgericht zu richten. Es erging die Aufforderung, die Mängel binnen drei Wochen ab Zustellung der Verfügung zu beheben. Unter einem wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Beschwerde nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde.

8. Mit Eingabe vom 31.01.2018 kam der Beschwerdeführer dem Mängelbehebungsauftrag fristgerecht vollständig nach.

9. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie veranlasst. In dem daraufhin auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstellten Gutachten vom 06.03.2018 führte die befasste Sachverständige auszugsweise Folgendes aus (Wiedergabe ergänzt um die Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"Anamnese:

14 Jahre alter Bub, der in Begleitung seines Vaters zur Untersuchung kommt. Der Vater bleibt auch während der gesamten Untersuchung dabei. Die Familie stammt aus Tschetschenien und sei seit 2003 in Österreich.XXXX wurde bereits in Österreich geboren. Die Familie hat in Österreich Asyl bekommen. Laut Vater sei sowohl die

Schwangerschaft als auch die Geburt ... völlig unauffällig

verlaufen. Aber es sei dann die Sprachverzögerung aufgefallen. XXXX habe in der Nacht als Baby viel geschrien. Die Eltern hätten dann logopädische Behandlung in Anspruch genommen. Es sei dann mit dem Sprechen besser geworden. XXXX habe dann die Schule besucht, aber nie Freunde gehabt. Er besuche jetzt die 4. Klasse einer neuen Mittelschule, habe aber schlechte Noten. Auf die Frage, wie er sich mit dem Lernen tue, antwortet sein Vater für ihn und macht ihn leider sehr ‚herunter'. Er könne gar nichts, er tauge ‚gar nichts'. XXXX wirkt dabei ganz ungerührt.

...

Sonst liebe XXXX Sport. Basketball, Laufen, Eislaufen. Dazu könne er auch selbständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinfahren, weil er da nur 1 oder maximal 2 Stationen fahren müsse. Überall sonst, wo er mehr Stationen fahren müsse, könne er dies nicht, weil er da mit Panik reagiere.

Frühere Erkrankungen

Keine. (...)

Vegetativ: Größe: 150 cm Gewicht: 45 kg Nikotin: 0 Alkohol: 0

Medikamentöse Therapie: 0

Neurologischer Status:

Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe. Keine pathologischen Reflexe. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Romberg, Unterberger, Zehen- und Fersenstand unauffällig. Gangbild unauffällig

Psychischer Status:

Bewusstseinsklar und allseits orientiert. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit regelrecht. Gedankenductus regelrecht. Befindlichkeit ausgeglichen, freundlich, kooperativ. In alle Richtungen gut mitschwingend. Stabil. Keine Suizidalität.

Intelligenz: Auf die Fragen, ob er rechnen könne, sagt er selbst:

schlecht.

7x3= 24. 100-7=?. 5x6=40.

Lesen: Ich lasse ihn die Einleitung des ‚Kleinen Prinzen' vorlesen, was er mehr schlecht als recht kann. Aber er kann überhaupt nicht wiedergeben, was er gelesen hat. Also ist sinnerfassendes Lesen absolut nicht möglich. Den Unterschied zwischen See/Fluss kann er nicht schlüssig erklären. Auch nicht zwischen Stiege/Leiter.

Beantwortung der Fragen:

1. Die dauernden Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers sind als Diagnoseliste anzuführen. Weiters wird ersucht auszuführen, in welchem Ausmaß die angeführten Leidenszustände vorliegen und wie sich diese auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken.

Autismus-Spektrum-Störung

Diese Störung wirkt sich auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in der Form aus, dass laut Eltern auf Grund der Eigenart von XXXX, dieser Menschenansammlungen nicht aushalten kann und [diese] daher wiederholt während der Nutzung öffentlicher

Verkehrsmittel ... mit ihm aussteigen müssen, ihn zunächst beruhigen

müssen, bevor sie die Fahrt mit ihm wieder fortsetzen können.

Auch wenn diesbezüglich noch keine fachärztlichen Befunde vorliegen, ist diese Symptomatik bei Autismus glaubwürdig und nachvollziehbar.

2. Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor?

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen neurologischer Funktionen vor, sehr wohl aber psychischer und intellektueller, und zwar im Rahmen der Autismus-Spektrum-Störung, cognitive Einschränkungen und klaustrophobe Symptome.

3. Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten vor.

4. Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

5. Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?

Es liegt keine anhaltende Schwäche des Immunsystems vor.

6. Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?

Es liegt keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.

7. Stellungnahme zu den im Rahmen des Verfahrens vorgelegten Befunden und Unterlagen.

Es liegt nur ein Schreiben der Mutter vor, aber keine entsprechenden Befunde oder Unterlagen über entsprechende Behandlungen oder Therapien.

8. Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde sowie der Beschwerdeergänzung erhobenen Einwendungen.

Die Beschreibung der Mutter über die Probleme, die XXXX in öffentlichen Verkehrsmitteln hat, entspricht einer ‚klaustrophoben' Symptomatik, die als eigenständige Symptomatik bestehen kann, aber auch gut zu der genannten Autismus-Spektrum-Störung passt, da bei dieser Störung, die eine Störung der Kommunikation und Wahrnehmung ist, es für die Betroffenen oft sehr schwer ist, unter vielen fremden Menschen zu sein. Daher habe ich auch ohne Behandlungsnachweis und ohne fachärztlichen Befund vorerst die Nichtbenützbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel als gegeben angenommen. Allerdings mussXXXX bis dahin unbedingt psychotherapeutische Behandlung nachweislich in Anspruch nehmen und eventuell auch nervenfachärztliche Behandlung.

9. Stellungnahme zu einer allfälligen zum angefochtenen Gutachten vom 20.11.2017 abweichenden Beurteilung.

Zum angefochtenen Gutachten vom 20.11.2017 kommt es bezüglich der Zusatzeintragung wegen der Nicht-Benützbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel deshalb zu einer unterschiedlichen Beurteilung, weil der Gutachter nicht berücksichtigt hat, dass XXXX kurze Distanzen, wie Fahrt zum Sport, 1-2 Stationen, zwar selbständig bewältigen kann, nicht aber längere Distanzen, die mehrere Stationen benötigen, und wo dann die oben beschriebene Symptomatik auftritt.

10. Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Eine Nachuntersuchung ist in 2 Jahren, also März 2020, erforderlich, da, wennXXXX therapeutisch etwas gegen seine klaustrophoben Symptome unternimmt, eine Besserung eintreten könnte."

10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.04.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 14.02.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO, der von der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet wurde (vgl. zum entsprechenden Hinweis im Antragsformular Punkt I.1.).

Am 27.11.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein bis 31.05.2022 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H. ausgestellt.

Über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO wurde im angefochtenen Bescheid nicht abgesprochen.

Beim Beschwerdeführer besteht folgende Funktionseinschränkung, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird:

Autismus-Spektrum-Störung.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigung, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 06.03.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Beim Beschwerdeführer liegen im Rahmen einer Autismus-Spektrum-Störung mit kognitiven Einschränkungen und klaustrophoben Symptome erhebliche Einschränkungen psychischer und intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen vor.

Diese Störung wirkt sich auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in der Form aus, dass der 14-jährige Beschwerdeführer Menschenansammlungen nicht aushalten kann. Kurze Distanzen (1-2 Stationen) kann der Beschwerdeführer zwar bewältigen. Bei längeren Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln treten jedoch klaustrophobe Symptome auf. Seine Eltern müssen während der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wiederholt mit ihm aussteigen und ihn beruhigen, bevor sie die Fahrt mit ihm fortsetzen können.

Aufgrund der festgestellten psychischen und intellektuellen Funktionseinschränkungen kann dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht derzeit nicht zugemutet werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen über Datum der Einbringung und Wertung des Antrags auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO, über die Ausstellung eines Behindertenpasses und über den Gegenstand des angefochtenen Bescheides basieren auf dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellungen zum Vorliegen erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 06.03.2018. Darin wurde auf die Art und Schwere des Leidens des Beschwerdeführers sowie dessen Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffene medizinische Beurteilung basiert auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und entspricht den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen). Zwar wurden seitens des Beschwerdeführers keine fachärztlichen Befunde vorgelegt und keine Behandlungsnachweise erbracht. Die festgestellte Symptomatik bei Autismus stellte sich für die Sachverständige im Lichte der klinischen Untersuchung und der Schilderung der Eltern des Beschwerdeführers dennoch als glaubwürdig und nachvollziehbar dar. In diesem Zusammenhang erachtete die befasste Sachverständige allerdings eine Nachuntersuchung in zwei Jahren für geboten, weil eine Besserung der klaustrophoben Symptome eintreten könnte, wenn der Beschwerdeführer psychotherapeutische und allenfalls auch nervenfachärztliche Behandlung in Anspruch nimmt.

Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten wurde der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Keine der Parteien hat Einwände gegen das Sachverständigengutachten erhoben.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 06.03.2018. Es wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

3.2. Zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens

Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO.

Die belangte Behörde wertete dies - wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid ergibt - auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass (vgl. dazu auch den Hinweis im Antragsformular unter Pkt. I.1.).

Ausgehend von dieser Wertung des Anbringens durch die belangte Behörde ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes allerdings nicht nachvollziehbar, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht (auch) - entweder im Rahmen eines gesonderten Bescheides oder im Wege eines zusätzlichen Spruchpunktes im angefochtenen Bescheid - abgesprochen wurde.

Es trifft zwar zu, dass dem Begehren des Beschwerdeführers auf Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b StVO erst dann entsprochen werden könnte, wenn im Behindertenpass die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" vorgenommen wurde.

Dennoch kann die bescheidmäßige Erledigung des Antrags auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht dadurch ersetzt werden, dass (lediglich) am Ende des angefochtenen Bescheides angemerkt wird, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist dessen ungeachtet mit Blick auf den Spruch des angefochtenen Bescheides ausschließlich die Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.3.1. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

3.3.2. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

"§ 1. ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

...

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

..."

3.4.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186; 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, je mwN).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

3.4.2. Diese (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglichkeit, Stehen, Sitzplatzsuche etc.), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen "insbesondere" als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen können.

3.5. Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das - vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig erkannte und im Rahmen des Parteiengehörs unwidersprochen gebliebene - Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 06.03.2018 zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der gutachterlichen medizinischen Beurteilung ist dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt - angesichts der bei ihm festgestellten psychischen und intellektuellen Funktionseinschränkungen - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid spruchgemäß abzuändern.

Die belangte Behörde hat folglich die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass des Beschwerdeführers vorzunehmen und in weiterer Folge dem - bislang offenbar unerledigt gebliebenen - Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises stattzugeben.

Abschließend wird angemerkt, dass seitens der befassten Sachverständigen zwecks Erbringung eines Nachweises über in Anspruch genommene psychotherapeutische bzw. nervenfachärztliche Behandlung der beim Beschwerdeführer bestehenden klaustrophoben Symptomatik eine Nachuntersuchung in zwei Jahren vorgeschlagen wurde.

3.6. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem im Beschwerdeverfahren eingeholten - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, das von den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs unwidersprochen zur Kenntnis genommen wurde. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich an, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt - gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine Verhandlung nicht beantragt wurde - die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht bei Einräumung des Parteiengehörs auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, indem ihm seitens des Verwaltungsgerichtes mitgeteilt wurde, dass - sollte er eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen - eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung in Aussicht genommen werde. Der Beschwerdeführer hat sich daraufhin nicht mehr geäußert.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Zwar liegt ein solcher Verzicht dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des erwähnten Umstands eines entsprechenden Hinweises an den Beschwerdeführer und der ihm explizit eingeräumten Gelegenheit zur Antragstellung nicht der Fall. Die unterbliebene Antragstellung kann vor diesem Hintergrund als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu insbesondere Punkt II.3.4.1.); die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, sind - soweit für den Fall von Bedeutung - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2182249.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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