TE Bvwg Beschluss 2018/5/14 W238 2172239-2

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Veröffentlicht am 14.05.2018
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Entscheidungsdatum

14.05.2018

Norm

AVG §13 Abs3
BBG §40
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32

Spruch

W238 2172239-2/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über den Antrag von XXXX, geboren am XXXX, auf Wiederaufnahme eines Verfahrens nach dem Bundesbehindertengesetz beschlossen:

A) Der Wiederaufnahmeantrag wird gemäß § 17, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1, 32 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 07.06.2017 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 28.08.2017 wurde der Antrag des nunmehrigen Einschreiters vom 19.01.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen.

2. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2018, W238 2172239-1/3E, als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

3. Mit per E-Mail an das Bundesverwaltungsgericht übermittelter Eingabe vom 19.02.2018 teilte der Einschreiter mit, dass gegen das Erkenntnis vom 30.01.2018 keine Rechtsmittel eingebracht würden, obwohl in sämtlichen Instanzen das verfassungsgesetzlich eingeräumte Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden sei, da ihm weder ein näher bezeichnetes Gutachten zur Kenntnis gebracht noch Parteiengehör vor Erlassung des Erkenntnisses gewährt worden sei. In dieser Angelegenheit werde an das Sozialministeriumservice der Antrag auf Aufhebung des Bescheides erster Instanz im Sinne des § 68 Abs. 2 AVG gestellt.

4. Am 20.02.2018 wurde diese Eingabe vom Bundesverwaltungsgericht zur allfälligen weiteren Veranlassung an das Sozialministeriumservice weitergeleitet.

5. Mit Schreiben vom 05.03.2018 teilte das Sozialministeriumservice dem Einschreiter mit, dass seinem Begehren vom 19.02.2018 auf Aufhebung des Bescheides vom 07.06.2017 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 28.08.2017 nicht entsprochen werde. Es wurde darauf hingewiesen, dass gemäß § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Anspruch auf Ausübung des der Behörde zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts zustehe.

6. Mit per E-Mail an das Sozialministeriumservice übermittelter Eingabe vom 07.03.2018 beantragte der Einschreiter in Bezug auf das Schreiben der Behörde vom 05.03.2018 die Erlassung eines Bescheides. Gleichzeitig stellte er den Antrag, "von Amts wegen eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 und 3 AVG zu verfügen".

7. Am 03.04.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens seitens des Sozialministeriumservice mit dem Ersuchen um weitere Veranlassung vorgelegt. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 69 Abs. 4 AVG die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zustehe, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen habe. Der hier verfahrensgegenständliche Wiederaufnahmeantrag des Einschreiters wurde im Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W238 2172239-2 protokolliert.

8. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom 29.03.2018 wurde der Antrag des Einschreiters auf Aufhebung des Bescheides (Beschwerdevorentscheidung) vom 28.08.2017 betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß § 68 Abs. 2 AVG zurückgewiesen. Die gegen diesen Bescheid mit Eingabe vom 20.04.2018 erhobene Beschwerde des Einschreiters wurde im Bundesverwaltungsgericht nach ihrer Vorlage am 23.04.2018 zu Zahl W262 2172239-3 protokolliert. Eine Entscheidung darüber wird gesondert ergehen.

9. Mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.04.2018, zugestellt am 19.04.2018, erging folgender Auftrag zur Verbesserung des Wiederaufnahmeantrages an den Einschreiter:

"...

Sie haben Ihren Wiederaufnahmeantrag ausdrücklich auf § 69 AVG gestützt. Eine Stattgebung eines Antrags aus dem Grunde des § 69 Abs. 1 AVG würde jedenfalls voraussetzen, dass das wiederaufzunehmende Verfahren ‚durch Bescheid abgeschlossen' wurde, gegen den ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zulässig war.

...

Auf das nach dem Vorgesagten durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes abgeschlossene Verfahren sind die §§ 69

f. AVG somit nicht anwendbar; seine Wiederaufnahme könnte somit ausschließlich mit einem Antrag gemäß § 32 VwGVG angestrebt werden.

§ 32 VwGVG lautet wie folgt:

...

Ein Wiederaufnahmeantrag muss bestimmten Anforderungen an Form und Inhalt genügen:

Der Wiederaufnahmeantrag muss das mit Erkenntnis abgeschlossene Verfahren bezeichnen, welches wieder aufgenommen werden soll.

Ferner muss der Antrag alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit, d. h. der Einhaltung der subjektiven und objektiven Frist maßgeblichen Angaben enthalten. Der Wiederaufnahmewerber hat gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft zu machen, dass die gesetzlich vorgegebenen Fristen eingehalten wurden.

Darüber hinaus muss der Antragsteller den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 bis 4 VwGVG stützt, aus eigenem Antrieb in seinem Antrag konkretisiert und schlüssig darlegen.

Der Wiederaufnahmeantrag ist als fristgebundenes außerordentliches Rechtsmittel schriftlich einzubringen.

Das Bundesverwaltungsgericht erteilt den Auftrag, dass folgende Mängel binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich zu verbessern sind:

-

Sie werden aufgefordert, darzulegen, ob Ihr an die Behörde gerichtetes und auf § 69 AVG gestütztes Begehren als Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 32 VwGVG zu verstehen ist.

-

Sie werden aufgefordert, zu erklären, ob das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2018, Zahl W238 2172239-1/3E, abgeschlossene Verfahren wieder aufgenommen werden soll, oder welches sonstige mit Erkenntnis abgeschlossene Verfahren wieder aufgenommen werden soll.

-

Sie werden aufgefordert, alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmebegehrens maßgeblichen Angaben bekanntzugeben (vgl. dazu § 32 Abs. 2 und 3 VwGVG). Geben Sie zu diesem Zweck den Zeitpunkt (möglichst mit Datum) an, zu dem Sie Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund erlangt haben, sowie auch den Tag an, an dem das in Rechtskraft erwachsene Erkenntnis Ihnen gegenüber erlassen (zugestellt) wurde.

-

Sie werden aufgefordert, den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 bis 4 VwGVG stützt, genau anzugeben und ggfs. dessen Vorliegen zu belegen.

-

Sie werden aufgefordert, das verbesserte Wiederaufnahmebegehren schriftlich beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen. Hinsichtlich der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen wird auf die Verordnung des Bundeskanzlers über den elektronischen Verkehr zwischen Bundesverwaltungsgericht und Beteiligten (BVwG-EVV) hingewiesen. Dazu ist anzumerken, dass E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung ist (§ 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV). Die gesonderten Bestimmungen für Rechtsanwälte sind zu beachten.

Sie werden darauf hingewiesen, dass Ihr Wiederaufnahmebegehren nach fruchtlosem Ablauf der oben genannten Frist zur Verbesserung gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen werden wird."

10. Mit per E-Mail an das Bundesverwaltungsgericht übermittelter Eingabe vom 20.04.2018 teilte der Einschreiter bezugnehmend auf den Mängelbehebungsauftrag vom 16.04.2018 mit, dass seine Eingabe vom 07.03.2018 mit dem Bundesverwaltungsgericht nichts zu tun habe, sondern das mit Bescheid des Sozialministeriumservice Burgenland vom 07.06.2017 abgeschlossene Verfahren betreffe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 07.06.2017 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 28.08.2017 wurde der Antrag des nunmehrigen Einschreiters vom 19.01.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2018, W238 2172239-1/3E, als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

Mit per E-Mail an das Sozialministeriumservice übermittelter Eingabe vom 07.03.2018 stellte der Einschreiter (u.a.) den Antrag, "von Amts wegen eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 und 3 AVG zu verfügen".

Der Antrag wurde von der Behörde zur weiteren Veranlassung dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Das Anbringen des Einschreiters genügt den Anforderungen an Form und Inhalt eines Wiederaufnahmeantrages nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht erteilte dem Einschreiter daher mit Verfügung vom 16.04.2018, zugestellt am 19.04.2018, nach ausführlicher Belehrung über die Rechtslage und die Voraussetzungen eines Wiederaufnahmeantrages nach § 32 VwGVG einen entsprechenden Mängelbehebungsauftrag.

Der Einschreiter ist dem Auftrag zur Behebung von Mängeln seiner Eingabe nicht nachgekommen.

Er teilte dem Bundesverwaltungsgericht per E-Mail vom 20.04.2018 lediglich mit, dass seine Eingabe vom 07.03.2018 mit dem Bundesverwaltungsgericht nichts zu tun habe, sondern das mit Bescheid des Sozialministeriumservice Burgenland vom 07.06.2017 abgeschlossene Verfahren betreffe.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Gerichtsakt zu W238 2172239-1, dem Wiederaufnahmeantrag, dem Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes und der Eingabe des Einschreiters vom 20.04.2018. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4

BBG.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung durch den Senat zu erfolgen.

Zwar handelt es sich vorliegend um einen Wiederaufnahmeantrag nach § 69 AVG (richtig: § 32 VwGVG). Da jedoch das Verfahren, dessen Wiederaufnahme der Beschwerdeführer begehrt, die Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass zum Gegenstand hat und im Bundesverwaltungsgericht einer Senatsentscheidung vorbehalten ist, hat auch die Entscheidung über die Wiederaufnahme eines solchen Verfahrens durch Senat zu erfolgen.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages:

3.3. § 32 VwGVG lautet wie folgt:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

..."

3.4. Der Einschreiter stellte am 07.03.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, einen nicht näher konkretisierten Antrag, "von Amts wegen eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 und 3 AVG zu verfügen".

Dieser Antrag wurde seitens der Behörde am 03.04.2018 zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet.

Der Einschreiter stützte seinen Wiederaufnahmeantrag zwar ausdrücklich auf § 69 AVG. Eine Stattgebung eines Antrags aus dem Grunde des § 69 Abs. 1 AVG würde jedoch voraussetzen, dass das wiederaufzunehmende Verfahren "durch Bescheid abgeschlossen" wurde, gegen den ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zulässig war.

Demgegenüber erhob der Einschreiter vorliegendenfalls in dem von seinem Wiederaufnahmeantrag betroffenen Verfahren das Rechtsmittel der Beschwerde an das Verwaltungsgericht, wobei die Verwaltungssache durch (abweisendes) Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2018, Zahl W238 2172239-1/3E, zum Abschluss gelangt und in Rechtskraft erwachsen ist. Weist das Verwaltungsgericht die gegen einen verwaltungsbehördlichen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab und lässt es den Bescheid (bzw. die Beschwerdevorentscheidung) unverändert, ist dieses Erkenntnis derart zu werten, dass das Verwaltungsgericht ein mit dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheides bzw. der Beschwerdevorentscheidung übereinstimmendes Erkenntnis erlässt. Ein solches Erkenntnis tritt - wie jede andere Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, welche die Angelegenheit erledigt, die zunächst von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war - an die Stelle des beim Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides.

Auf durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes abgeschlossene Verfahren sind die §§ 69 f. AVG somit nicht anwendbar; ihre Wiederaufnahme könnte somit ausschließlich mit einem Antrag gemäß § 32 VwGVG angestrebt werden.

3.5. Gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.09.2010, 2010/11/0108; 13.11.2012, 2012/05/0184) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind.

Im Verbesserungsauftrag ist konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH 30.10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153; 14.10.2013, 2013/12/0079).

3.6. Das vorliegende Anbringen genügt den Anforderungen an Form und Inhalt eines Wiederaufnahmeantrages nicht. Abgesehen davon, dass sich der Einschreiter auf die falsche Rechtsgrundlage (§ 69 AVG) gestützt hat, erklärte er nicht, ob das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2018, Zahl W238 2172239-1/3E, abgeschlossene Verfahren wieder aufgenommen werden soll, oder welches sonstige mit Erkenntnis abgeschlossene Verfahren wieder aufgenommen werden soll. Auch enthielt sein Wiederaufnahmeantrag keine Angaben für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmebegehrens im Sinne des § 32 Abs. 2 und 3 VwGVG. Ebenso wenig wurde vom Einschreiter der Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 bis 4 VwGVG stützt, angegeben. Schließlich wurde der Wiederaufnahmeantrag entgegen § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV per E-Mail eingebracht.

Das unter Punkt I.6. dieses Beschlusses wiedergegebene Vorbringen kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher nicht als zulässiger Wiederaufnahmeantrag im vorgenannten Sinn gewertet werden.

3.7. Dem Einschreiter wurde sohin mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.04.2018, zugestellt am 19.04.2018, ein entsprechender Mängelbehebungsauftrag binnen zwei Wochen mit Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages bei fruchtlosem Verstreichen der Frist erteilt.

Der Einschreiter ist dem Auftrag zur Behebung von Mängeln seiner Eingabe nicht nachgekommen.

Er teilte dem Bundesverwaltungsgericht per E-Mail vom 20.04.2018 lediglich mit, dass seine Eingabe vom 07.03.2018 mit dem Bundesverwaltungsgericht nichts zu tun habe, sondern das mit Bescheid des Sozialministeriumservice Burgenland vom 07.06.2017 abgeschlossene Verfahren betreffe.

Der Wiederaufnahmeantrag war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

3.8. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung in sinngemäßer Anwendung des § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil der Antrag zurückzuweisen war.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit dem Wiederaufnahmeantrag hinreichend geklärt ist.

Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, weil eine zurückweisende Entscheidung, in der nur darüber abgesprochen wird, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, nicht aber über die Sache selbst, aus der Sicht des Art. 6 EMRK keine (inhaltliche) Entscheidung "über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen" darstellt. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auf die unter Punkt II.3.5. zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.

Schlagworte

Frist, Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag, Wiederaufnahme,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2172239.2.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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