TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/7 99/05/0134

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Veröffentlicht am 07.03.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs5;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Angela Fuith in Oberwart, vertreten durch Dr. Wolfgang Steflitsch und Mag. Wolfgang Steflitsch, Rechtsanwälte Steflitsch OEG in Oberwart, Hauptplatz 14, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde Stegersbach wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache (weitere am Verfahren gemäß § 8 AVG beteiligte Parteien: 1. Franz Kaiser in Stegersbach, Hauptplatz 9, 2. Hedwig Kaiser in Stegersbach, Hauptplatz 9), zu Recht erkannt:

Spruch

In Anwendung des § 42 Abs. 4 in Verbindung mit § 62 Abs. 2 VwGG und § 66 Abs. 4 AVG wird die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Stegersbach vom 28. September 1998, Zl. B/23/1998, als verspätet zurückgewiesen.

Die Marktgemeinde Stegersbach hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. September 1998 war den weiteren am Verfahren beteiligten Parteien vom Bürgermeister der Marktgemeinde Stegersbach die Baubewilligung für die Errichtung eines Abstellraumes mit den Ausmaßen von 6 m mal 4 m erteilt worden. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin als Anrainerin am 30. November 1998 berufen, die Berufung wurde am selben Tag zur Post gegeben.

Am 9. Juni 1999 brachte die Beschwerdeführerin die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Gemeinderat der Marktgemeinde Stegersbach ein. Nach Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes an die belangte Behörde, den versäumten Bescheid nachzuholen oder die Akten vorzulegen, und einer Verlängerung der eingeräumten Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides bis 31. Dezember 1999 legte die belangte Behörde eine Erledigung vom 17. Dezember 1999 vor. Auch die Beschwerdeführerin legte diese Erledigung, die der Beschwerdeführerin z.Hd. ihres ausgewiesenen Vertreters am 28. Dezember 1999 zugestellt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof vor. Diese Erledigung ist als Bescheid überschrieben, im Spruch wird gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Berufung gegen den Baubescheid des Bürgermeisters als verspätet zurückgewiesen. Unterfertigt ist diese Erledigung "Für den Gemeinderat" mit einem Gebilde, das möglicherweise ein W darstellt, ein von diesem Buchstaben ausgehender Bogen ist nach rechts ausgezogen, darüber befinden sich zwei Punkte. Der so genannte Bescheid enthält weder den Namen des Genehmigenden, noch eine Fertigungsklausel durch die Kanzlei.

Die Beschwerdeführerin brachte vor, diese Erledigung stelle keinen Bescheid im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG dar. Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, bekannt zu geben, in welcher Weise die Erledigung vom 17. Dezember erstellt wurde (Hinweis auf § 18 Abs. 4 AVG i.d.F. BGBl. Nr. 158/1998), teilte die belangte Behörde mit, die gegenständliche Erledigung sei mit schriftlichem Bescheid vom 17. Dezember 1999 nach erfolgter Behandlung durch den Gemeinderat durchgeführt worden. Der Bescheid sei gemäß den Bestimmungen der Burgenländischen Gemeindeordnung vom

1. Vizebürgermeister der Marktgemeinde Stegersbach mit der Fertigungsklausel "Für den Gemeinderat" unterzeichnet worden. Bei der gegenständlichen Fertigung handle es sich nicht um eine Paraffe, sondern um die ordnungsgemäße Unterschrift des 1. Vizebürgermeisters. Gleichzeitig wurde eine Fotokopie des im Akt einliegenden "Bescheides" der Marktgemeinde Stegersbach vom 17. Dezember 1999 übermittelt, der dieselbe Unterfertigung aufwies wie die oben geschilderte.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG u.a. erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 158/1998 hat jede schriftliche Erledigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Erledigung mit dem Erledigungstext des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die Genehmigung im Sinne des Abs. 2 aufweist. Da die vorgelegte Erledigung des Gemeinderates mit einer unleserlichen Unterschrift unterfertigt ist und der Name des Genehmigenden fehlt und, wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, die leserliche Beifügung des Namens auch nicht durch die Angabe der bloßen Funktionsbezeichnung "Für den Gemeinderat" ersetzt werden kann (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 11. Oktober 1994, Zl. 94/05/0097, und vom 28. September 1999, Zl. 99/05/0017), stellt die Erledigung vom 17. Dezember 1999 somit keinen Bescheid dar.

Da die belangte Behörde sohin nicht über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters entschieden hat, ein Antragsteller, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der Behörde geltend zu machen, aber jedenfalls Anspruch auf eine Entscheidung hat, selbst dann, wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann (vgl. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A), war die Beschwerdeführerin berechtigt, Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Dieser hat, da die belangte Behörde innerhalb der eingeräumten Frist den Bescheid nicht nachgeholt hat, in der Sache selbst zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 16. September 1999 wurde der Beschwerdeführerin z.Hd. ihrer ausgewiesenen Anwälte vorgehalten, dass der Bescheid des Bürgermeisters nach erfolglosem Zustellversuch an die Beschwerdeführerin beim Postamt am 2. November 1998 hinterlegt und von der Beschwerdeführerin persönlich am 9. November 1998 behoben worden sei. Eine Fotokopie der Niederschrift, die mit dem Amtsleiter des Postamtes Stegersbach über die erfolgte Zustellung aufgenommen wurde, wurde beigelegt. Auch in der Erledigung vom 17. Dezember 1999 wurde in der Begründung ausgeführt, dass die Zustellung des Bescheides des Bürgermeisters vom 28. September 1998 am 9. November 1998 erfolgte und damit die am 30. November 1998 zu Post gegebene Berufung verspätet eingebracht war. Zur Verspätung selbst hat die Beschwerdeführerin auch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nichts Relevantes vorgebracht, weshalb die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 28. September 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 7. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999050134.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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