TE Vwgh Beschluss 2018/4/24 Ra 2018/17/0034

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2018
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
StVG;
VStG §53d;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2018/17/0093 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0039 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0087 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0040 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0083 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0079 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0042 B 21. September 2018 Ra 2018/17/0038 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0033 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0036 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0035 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0041 B 24. April 2018 Ra 2018/17/0037 B 21. September 2018 Ra 2018/17/0080 B 24. April 2018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Mag. Brandl sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der A W in T bei W, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 17. Oktober 2017, LVwG-490094/7/HW, betreffend Aufschub des Strafvollzuges, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Über die Revisionswerberin wurden mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Februar 2015 wegen Übertretungen des Glücksspielgesetzes vier Geldstrafen in Höhe von jeweils EUR 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 34 Stunden) verhängt.

2 Nachdem die Revisionswerberin wegen Uneinbringlichkeit aufgefordert worden war, die Ersatzfreiheitsstrafen anzutreten, beantragte sie den Aufschub des Strafvollzuges unter sinngemäßer Anwendung der §§ 53d und 54a VStG. Diese Anträge wurden mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. Juni 2017 abgewiesen; mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde ab (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass eine Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.).

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revisionswerberin bringt vor, dass im vorliegenden Fall strittig sei, ob es sich bei den (fehlenden) Bestimmungen betreffend Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Bereich des VStG um echte Gesetzeslücken handle. Das Erkenntnis des VwGH vom 19. März 2014, Ro 2014/09/0009, behandle die hier vorliegende "Tatsache", dass bei Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe in einem Gefangenenhaus die Hafterleichterungen anzuwenden seien, nicht. Diese "Frage" sei noch nie vom Verwaltungsgerichtshof entschieden worden.

7 Die Revision erweist sich als unzulässig:

8 Der Verfassungsgerichtshof hatte in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 2013, B 628/2013, VfSlg. 19.831/2013, keine Bedenken gegen die den Vollzug einer (Ersatz-)Freiheitsstrafe regelnden Bestimmungen des VStG: Der Verfassungsgerichtshof hielt fest, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum liege, die im Strafvollzugsgesetz (StVG), BGBl. Nr. 144/1969, eingeräumte Möglichkeit der Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe auch im VStG vorzusehen oder in diesem Bereich nicht zu gewährleisten. Von diesem Gestaltungsspielraum habe der Gesetzgeber dahingehend Gebrauch gemacht, dass er die Bestimmungen der §§ 3 und 3a StVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht für anwendbar erklärt habe. Nach dem Willen des Gesetzgebers habe der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nur in Ausnahmefällen in einem gerichtlichen Gefangenenhaus zu erfolgen; in der Regel gingen daher insoweit die Bestimmungen des VStG jenen des StVG vor, was mit Blick auf die relativ geringe Höhe der im VStG vorgesehenen maximalen (Ersatz-)Freiheitsstrafen (zwei, nur bei Vorliegen besonderer Erschwerungsgründe sechs Wochen - §§ 12 und 16 VStG) sowie vor dem Hintergrund, dass das VStG weitergehende Erleichterungen als das StVG ermögliche (vgl. zB zu Aufschub und Unterbrechung des Strafvollzuges § 54a VStG einerseits bzw. §§ 5 und 6 StVG andererseits), nicht zu beanstanden sei.

9 Die Behandlung der von der Revisionswerberin gegen das - auch hier bekämpfte - Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschluss vom 13. Dezember 2017, E 4098/2017-5, abgelehnt. Dabei verwies der Verfassungsgerichtshof in seiner Begründung auf das Erkenntnis VfSlg. 19.831/2013.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass mangels Vorliegens einer echten Gesetzeslücke, die Bestimmungen der §§ 3 und 3a StVG (Erbringung gemeinnütziger Leistungen) nicht analog im Verwaltungsstrafrecht anzuwenden sind (vgl. VwGH 19.3.2014, Ro 2014/09/0009; 24.4.2014, Ro 2014/02/0022). Das LVwG ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen; diesbezüglich stellt sich daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

11 Sofern die Revisionswerberin vorbringt, bei einem Vollzug in einem Gefangenenhaus kämen die Hafterleichterungen sehr wohl zur Anwendung, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Vollzug ihrer Ersatzfreiheitsstrafe in einem Polizeianhaltezentrum angeordnet worden ist. Soweit die Revision mit diesem Vorbringen dem Grund nach gleichheitsrechtliche Bedenken gegen die unterschiedliche Anwendbarkeit der Bestimmungen des StVG geltend macht - je nachdem, ob die Ersatzfreiheitsstrafe in einem Polizeianhaltezentrum oder in einem gerichtlichen Gefangenenhaus vollstreckt wird -, ist auszuführen, dass dies eine verfassungsrechtliche Frage ist, zu deren Lösung der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht zuständig ist (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/10/0072). Eine vom Verwaltungsgerichtshof zu behandelnde Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird damit vor dem Hintergrund der zitierten ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts nicht aufgezeigt. Ein weiteres Zulässigkeitsvorbringen wurde nicht erstattet.

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

13 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. April 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018170034.L00

Im RIS seit

25.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten