TE Vwgh Beschluss 2018/4/24 Ra 2018/05/0049

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2018
beobachten
merken

Index

L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2a;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §4 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der revisionswerbenden Partei Magistrat der Stadt Wien gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 22. Jänner 2018, Zl. VGW-221/008/15714/2017/VOR-1, betreffend Gebrauchserlaubnis (mitbeteiligte Partei: B KG in W; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die Mitbeteiligte stellte am 15. März 2017 beim Magistrat der Stadt Wien ein Ansuchen um Änderung ihres bisher genehmigten Schanigartens vor dem Haus W 1, S 4, in der Art, dass die bisher genehmigte Breite von 2,5 m auf 3,0 m erweitert werden solle.

5 Mit Spruchpunkt II des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 16. Mai 2017 wurde der gegenständliche Antrag betreffend Erteilung einer Gebrauchserlaubnis abgewiesen mit der Begründung, dass der Widerrufsgrund der mehr als einmaligen rechtskräftigen Bestrafung nach dem GAG auch einen Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2 GAG bilde.

6 Mit dem angefochtenen Beschluss wurde Spruchpunkt II des obgenannten Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Magistrat der Stadt Wien zurückverwiesen. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

7 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision. In den Revisionszulässigkeitsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob einschlägige Vorstrafen (mehrere Übertretungen des GAG) einen Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2 GAG darstellten. Das Vorliegen mehrerer einschlägiger Vorstrafen (insbesondere betreffend die eigenmächtige rechtswidrige Erweiterung des Schanigartens) sowie die damit zum Ausdruck kommende mangelnde Zuverlässigkeit des Betreibers eines Schanigartens stelle durchaus eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, denen ein gleiches Gewicht wie den in § 2 Abs. 2 GAG aufgezählten Interessen zukomme, dar. Die anders lautende Auffassung des Verwaltungsgerichtes hätte zur Folge, dass beim Vorliegen von einschlägigen Vorstrafen die Gebrauchserlaubnis zu erteilen, im Anschluss aber sogleich ein Widerrufsverfahren nach § 4 Abs. 1 GAG einzuleiten wäre, zumal § 4 Abs. 1 zweiter Satz GAG (anders als der erste und dritte Satz dieser Norm) nicht darauf abstelle, dass der Versagungsgrund nachträglich entstanden sein müsse.

§ 2 GAG, LGBl. Nr. 20/1966, in der Fassung LGBl. Nr. 61/2016

lautet auszugsweise:

"§ 2

Erteilung der Gebrauchserlaubnis

...

(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch gegenwärtige bzw. zu erwartende öffentliche Rücksichten, beispielsweise Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, des Winterdienstes (Säuberung von Schnee, Bestreuung bei Schnee und Glatteis u. dgl.), des Platzbedarfes für Lade- und Liefertätigkeit, der Aufenthaltsqualität für Personen (insbesondere Gewährleistung von Aufenthalts- und Kommunikationsbereichen), städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes, Nutzungskonzepte und Zonierungspläne (§ 1b), Schutzzonen nach § 7 der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der jeweils geltenden Fassung, oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen. Bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist. Eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauches ist möglichst gering zu halten.

     (2a) Die Gebrauchserlaubnis kann insbesondere versagt werden,

wenn den Interessen des Gemeingebrauches oder dem Schutz des

öffentlichen Grundes in der Gemeinde gemäß § 1 der Vorrang

gegenüber der Sondernutzung gebührt. Dies ist insbesondere der

Fall, wenn

1.        der mit der Sondernutzung verfolgte Zweck ebenso durch

die Inanspruchnahme von privatem Grund erreicht werden kann;

2.        die Sondernutzung an anderer Stelle bei geringerer

Beeinträchtigung des Gemeingebrauches erfolgen kann;

3. der öffentliche Grund in der Gemeinde gemäß § 1, beispielsweise Belag oder Ausstattung, durch die Art der Sondernutzung beschädigt werden kann und der Antragsteller nicht ausreichend Gewähr dafür leistet, dass die Beschädigung auf seine Kosten unverzüglich wieder behoben wird;

4.        durch eine Häufung von Sondernutzungen der

Gemeingebrauch besonders beeinträchtigt wird, sowie

5.        saisonalen temporären Nutzungen, beispielsweise für

Punsch- und Maronistände, Weihnachtsmärkte, Christbaummärkte, Silvesterpfade, Gelegenheitsmärkte u. dgl., nach erfolgter Interessensabwägung der Vorrang gebührt, oder der Gemeingebrauch durch die Sondernutzung wesentlich eingeschränkt würde und dieser daher der Sondernutzung vorgeht.

Abs. 2 vorletzter und letzter Satz gelten sinngemäß.

..."

8 § 4 GAG, LGBl. Nr. 20/1966, in der Fassung

LGBl. Nr. 61/2016 lautet auszugsweise:

"§ 4

Erlöschen der Wirksamkeit der Gebrauchserlaubnis

(1) Der Magistrat hat die Gebrauchserlaubnis zu widerrufen, wenn ein nachträglich entstandener Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2 bekannt wird, sofern nicht die Vorschreibung von Bedingungen, Befristungen oder Auflagen für die Ausübung des bewilligten Gebrauches ausreicht. Weiters ist die Gebrauchserlaubnis bei einer mehr als einmaligen Bestrafung wegen Übertretungen dieses Gesetzes oder wegen Nichteinhaltung der gemäß § 2 Abs. 2 auferlegten Verpflichtungen zu widerrufen. Weiters kann der Magistrat die Gebrauchserlaubnis widerrufen, wenn ein nachträglich entstandener Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2a bekannt wird, sofern nicht die Vorschreibung von Bedingungen, Befristungen oder Auflagen für die Ausübung des bewilligten Gebrauches ausreicht. Durch den Widerruf erlischt die Gebrauchserlaubnis."

9 Die im § 2 Abs. 2 GAG enthaltene Aufzählung der öffentlichen Rücksichten ist nicht abschließend (vgl. VwGH 29.4.2005, 2004/05/0308, mwN). Die Gebrauchserlaubnis ist daher auch dann zu versagen, wenn dem beantragten Sondergebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, andere als die im § 2 Abs. 2 (bzw. 2a) GAG demonstrativ aufgezählten öffentlichen Interessen, denen ein gleiches Gewicht wie den aufgezählten zukommt, entgegenstehen (vgl. wiederum VwGH 29.4.2005, 2004/05/0308, sowie VwGH 23.6.2015, 2013/05/0051).

10 Es versteht sich von selbst, dass ein "Widerruf" einer einmal erteilten Gebrauchserlaubnis im Sinne des § 4 Abs. 1 zweiter Satz GAG nur wegen Bestrafungen für Übertretungen in Frage kommt, die nach Erteilung der Gebrauchserlaubnis erfolgt sind. Somit liegt - wie dies auch das Verwaltungsgericht in seiner Begründung ausgeführt hat - angesichts der ausdrücklichen Regelung für Bestrafungen im zweiten Satz des § 4 Abs. 1 GAG nach der Systematik insofern eine eindeutige Rechtslage vor, als Bestrafungen nicht zu den Versagungsgründen des § 2 Abs. 2 und 2a GAG zählen, auf die im ersten und im dritten Satz des § 4 Abs. 1 GAG ausdrücklich verwiesen wird. Angesichts dessen ist im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gegeben, und es ist auch keine Konstellation vorhanden, die es erforderlich machen würde, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. VwGH 29.11.2016, Ra 2016/06/0066, mwN).

11 Bemerkt wird, dass dies auch sachlich erscheint, weil Strafen personenbezogen und schuldabhängig sind, sodass eine Gleichwertigkeit mit den der Sache nach am jeweiligen Gebrauch anknüpfenden im § 2 Abs. 2 und 2a GAG ausdrücklich genannten Tatbeständen nicht ersichtlich ist.

12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. April 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050049.L00

Im RIS seit

25.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten