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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art130 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Baden, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2017, W209 2149449-1/5E, betreffend Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: M T in W, vertreten durch Prof. Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Weihburggasse 4/40), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Nach dem, vom Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis dargelegten Verfahrensgang stellte der Mitbeteiligte, ein 1989 geborener serbischer Staatsangehöriger, am 9. Juli 2013 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung Studierender samt Zweckänderung auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft gemäß § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG). Der Arbeitgebererklärung zufolge beabsichtigte die E GmbH (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) den Mitbeteiligten im Bereich "Heizungs-Solar-Klimainstallationen" unbefristet für 38,5 Wochenstunden und einer Entlohnung von monatlich EUR 1.600,-- brutto zu beschäftigen.
2 Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice W vom 6. November 2013 - der der Antrag zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG übermittelt worden war - wurde der Antrag mit der Begründung abgewiesen, dass die Entlohnung nicht dem geltenden Kollektivvertrag von EUR 1.992,17 brutto pro Monat entspreche.
3 Am 15. November 2013 legte der Mitbeteiligte eine Arbeitgebererklärung der E GmbH mit einer Entlohnung von EUR 1.992,17 brutto pro Monat vor.
4 Mit Schreiben vom 13. Jänner 2014 teilte die Niederlassungsbehörde dem Mitbeteiligten mit, dass aufgrund der Versagung der Zulassung als Schlüsselkraft durch das Arbeitsmarktservice W das Verfahren über den Antrag auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung als Schlüsselkraft formlos eingestellt werde und forderte in der Folge von ihm weitere Unterlagen zur Erledigung seines Verlängerungsantrags betreffend seine Aufenthaltsbewilligung Studierender an. Nach Mitteilung, dass dieser Verlängerungsantrag mangels Vorliegens der Voraussetzungen abgewiesen werden müsse, und Aufforderung zur Bekanntgabe, ob der Mitbeteiligte einen anderen Aufenthaltszweck anstrebe, beantragte er mit Urkundenvorlage und Stellungnahme vom 23. Oktober 2015 die Änderung des Aufenthaltszwecks von Schlüsselkraft unselbständig und Studierender auf Rot-Weiß-Rot-Karte. Er teilte dazu mit, dass er für den Fall einer Visumerteilung mit freiem Zugang zum Arbeitsmarkt sofort als Installateurhelfer bei der E GmbH beginnen könne, wo er dem Kollektivvertrag gemäß entlohnt werde.
5 Am 22. Dezember 2015 forderte die Niederlassungsbehörde den Mitbeteiligten zur Äußerung binnen 14 Tagen auf, ob er einen Aufenthalt als besonders Hochqualifizierter, als Fachkraft in einem Mangelberuf, als sonstige Schlüsselkraft oder als Studienabsolvent anstrebe. Mit Urkundenvorlage vom 4. Jänner 2016 legte der Mitbeteiligte eine neue Arbeitgebererklärung der E GmbH vom 16. Dezember 2015 über ein Beschäftigungsausmaß von zehn Wochenstunden bei EUR 441,21 brutto pro Monat vor. Als genaue Beschreibung der Tätigkeit war in der geänderten Erklärung "Hilfe bei der Umsetzung aller in unserem Betrieb anfallenden Leistungen im Installationsbereich - Sanitär, Heizung, Solar und Lüftung" angeführt.
6 Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 12. Jänner 2016 wurde der Antrag des Mitbeteiligten gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen und dies damit begründet, der Mitbeteiligte habe trotz Aufforderung den genauen Aufenthaltszweck nicht angegeben. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 10. März 2016 mit der Begründung aufgehoben, dass der Mitbeteiligte bereits in seiner Äußerung vom 23. Oktober 2015 erklärt habe, eine Beschäftigung als Installateurhelfer bei der E GmbH anzustreben, wofür eine Einstellungszusage vorgelegen habe. Damit sei er seiner Verpflichtung zur Bekanntgabe des Grundes für seinen Aufenthalt, nämlich die Aufnahme eines konkret bezeichneten unselbständigen Beschäftigungsverhältnisses, nachgekommen.
7 In der Folge wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 27. Mai 2016 der Antrag des Mitbeteiligten vom 29. Oktober 2012 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Studierender mangels Vorliegens der Voraussetzungen abgewiesen und der Antrag vom 9. Juli 2013 auf Zweckänderung "Schlüsselkraft" unter Hinweis auf den rechtskräftig abweisenden Bescheid des Arbeitsmarktservice W vom 6. November 2013 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Auch dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. August 2016 aufgehoben, was das Verwaltungsgericht damit begründete, dass über den ersten Antrag bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden positiv abgesprochen worden sei. Im zweiten Spruchpunkt habe das Arbeitsmarktservice W den Antrag abgewiesen, weil eine Entlohnung von EUR 1.600,-- brutto monatlich nicht dem Kollektivvertrag entspreche, obwohl bereits aus der geänderten Arbeitgebererklärung vom 16. Dezember 2015 hervorgehe, dass die Arbeitgeberin nunmehr bereit sei, den Mitbeteiligten gemäß Kollektivvertrag zu entlohnen.
8 Mit dem im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Beschwerde gezogenen Bescheid der revisionswerbenden Partei wurde der Antrag des Mitbeteiligten vom 23. Oktober 2015 auf Zulassung als Fachkraft in einem Mangelberuf bei der Arbeitgeberin R GmbH mit der Begründung abgewiesen, dass die angegebene berufliche Tätigkeit als Heizungsmonteur in der derzeit gültigen Fachkräfteverordnung nicht als Mangelberuf aufgelistet sei.
9 Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde unter anderem mit dem Vorbringen, die belangte Behörde sei aktenwidrig davon ausgegangen, dass der potentielle Arbeitgeber die R GmbH sei. Aus der Arbeitgebererklärung gehe jedoch klar hervor, dass die E GmbH, also ein anderes Unternehmen, Arbeitgeberin sei.
10 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15. Februar 2017 wies die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde die Beschwerde als unzulässig zurück. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass "kein erstinstanzlicher Bescheid" vorliege, weil die E GmbH, die die Arbeitgebererklärung abgegeben habe, nicht mehr existiere. Unter ihrer Firmenbuchnummer sei nunmehr die R GmbH eingetragen. Dieses Unternehmen verfüge über eine Gewerbeberechtigung für den Handel mit Automobilen und Motorrädern. Nachfolgerin der E GmbH für den Bereich Gas- und Sanitärtechnik, Heizungs- und Lüftungstechnik sowie Klima- und Kältetechnik sei die G GmbH, die auch über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfüge. Trotz Aufforderung hätten weder die R GmbH noch die G GmbH eine Arbeitgebererklärung abgegeben. Da der ursprüngliche Bescheid infolge automatischen Datenabgleichs die R GmbH als Arbeitgeberin anführe, sei über den Antrag der E GmbH noch nicht abgesprochen worden. Es bestehe somit diesbezüglich kein Bescheid, gegen den Beschwerde habe erhoben werden können.
11 Mit Schriftsatz vom 1. März 2017 stellte der Mitbeteiligte Vorlageantrag, in dem er ergänzend ausführte, dass die Umbenennung des Unternehmens völlig unerheblich sei. Die R GmbH sei in jeder Hinsicht mit der E GmbH identisch. Beide Unternehmen hätten dieselbe Firmenbuchnummer. Die Begründung, dass kein erstinstanzlicher Bescheid vorliege, sei daher nicht nachvollziehbar.
12 Mit Urkundenvorlage vom 8. März 2017 reichte der Mitbeteiligte eine Arbeitgebererklärung der G GmbH nach und ersuchte um Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte bzw. Blauen Karte EU.
13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdevorentscheidung vom 15. Februar 2017 ersatzlos auf (Spruchpunkt A I.), und sprach aus (Spruchpunkt A II.), dass gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 6 AVG das Anbringen des Mitbeteiligten vom 8. März 2017 samt Arbeitgebererklärung der G GmbH zuständigkeitshalber an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice B zur weiteren Erledigung weitergeleitet werde. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
14 Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Begründung seines Erkenntnisses über den eingangs dargestellten Verfahrensgang hinaus weiter aus, der mit Beschwerdevorentscheidung vom 15. Februar 2017 "behobene" Bescheid vom 27. Oktober 2016, der auf Grundlage des Anbringens des Mitbeteiligten betreffend Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 NAG (als Fachkraft in einem Mangelberuf gemäß § 12a AuslBG) vom 23. Oktober 2016 und der Arbeitgebererklärung der E GmbH vom 16. Dezember 2015 ergangen sei, beziehe sich in seinem Spruch auf die R GmbH als Arbeitgeberin des Mitbeteiligten.
15 Die im Firmenbuch unter der Nummer FN 1xxxxx d registrierte E GmbH sei mit Generalversammlungsbeschluss vom 10. August 2016 in R GmbH umbenannt worden. Am 8. März 2017 habe der Mitbeteiligte dem Bundesverwaltungsgericht eine Arbeitgebererklärung der G GmbH vorgelegt und die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte bzw. Blauen Karte EU beantragt. Die im Firmenbuch unter FN 4xxxxx m registrierte G GmbH sei am 16. Oktober 2015 errichtet worden. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 10. August 2016 sei ihr unter anderem der gesamte operative Betrieb Gas- und Sanitärtechnik, Heizungs- sowie Lüftungstechnik, Klima- und Kältetechnik der E GmbH übertragen worden.
16 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht ausgehend von diesem Sachverhalt nach Wiedergabe maßgeblicher gesetzlicher Bestimmungen, dass sich der mit Beschwerdevorentscheidung vom 15. Februar 2017 "behobene" Bescheid des Arbeitsmarktservice B vom 27. Oktober 2016, der auf der Grundlage des Anbringens vom 23. Oktober 2016 und der Arbeitgebererklärung der E GmbH vom 16. Dezember 2015 ergangen sei, in seinem Spruch auf die R GmbH als Arbeitgeberin des Mitbeteiligten beziehe. Die im Firmenbuch unter FN 1xxxxx d registrierte E GmbH sei mit Generalversammlungsbeschluss vom 10. August 2016 in R GmbH umbenannt worden. Eine Änderung der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft sei dadurch nicht eingetreten. Der ursprüngliche Bescheid der belangen Behörde habe daher - entgegen der in der Beschwerdevorentscheidung geäußerten Rechtsansicht der Behörde - auf den richtigen Arbeitgeber Bezug genommen.
17 Am 8. März 2017 habe der Mitbeteiligte eine Arbeitgebererklärung der G GmbH vorgelegt. Obgleich dem bisherigen Vorbringen des Mitbeteiligten eindeutig zu entnehmen sei, dass eine Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 NAG als Fachkraft in einem Mangelberuf im Sinn des § 12a AuslBG und nicht eine Blaue Karte EU im Sinn des § 12c AuslBG beantragt worden sei, werde damit aber nunmehr die Zulassung zu einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber begehrt. Nach § 13 Abs. 8 AVG sei es zulässig, einen verfahrenseinleitenden Antrag in jedem Stadium des Verfahrens zu ändern, sofern diese Änderung nicht wesentlich sei. Gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 8 AVG seien im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Modifikationen eines Antrags aber jedenfalls nur soweit möglich, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruchs des verwaltungsbehördlichen Bescheids dargestellt habe, ausgewechselt werde. Da der Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 2016 dem Erfordernis des § 20d Abs. 2 AuslBG entsprechend, wonach die Zulassung nur für den im Antrag angegebenen Arbeitgeber gelte, in seinem Spruch auf die R GmbH als Arbeitgeberin des Mitbeteiligten verweise, nunmehr vom Mitbeteiligten jedoch die Zulassung zu einer Beschäftigung bei der G GmbH begehrt werde, sei der Prozessgegenstand ausgewechselt worden, weswegen von einer wesentlichen Änderung des Anbringens auszugehen sei. Liege eine wesentliche Änderung vor, sei dies als Zurückziehung des ursprünglichen Anbringens und Stellung eines neuen Anbringens zu qualifizieren. Es sei daher die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Zulassung zu einer Beschäftigung bei der R GmbH (vormals: E GmbH) mangels Vorliegens eines diesbezüglichen Anbringens ersatzlos zu beheben und das (neue) Anbringen gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice B, in dessen Arbeitsmarktsprengel sich der Betriebssitz der G GmbH befinde, zur Erledigung im Sinn des § 20d Abs. 1 AuslBG weiterzuleiten gewesen.
18 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Frage, ob eine wesentliche Änderung des Anbringens im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG vorliege, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt worden sei.
19 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde, die die Zulässigkeit ihrer Revision unter anderem damit begründet, dass bei einem ersatzlosen Beheben der Beschwerdevorentscheidung eine materielle Entscheidung über die anhängige Beschwerde zu treffen gewesen wäre.
20 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision zurückzuweisen, in eventu sie abzuweisen.
21 Die Revision ist aus dem angeführten Grund zulässig und auch berechtigt.
22 Zunächst ist zum Einwand in der Revisionsbeantwortung, die Revision sei infolge Fehlens eines Revisionspunkts nicht gesetzmäßig ausgeführt, darauf hinzuweisen, dass es im Fall einer sogenannten Amtsrevision nicht um die Geltendmachung subjektiver Rechte geht, weshalb in solchen Revisionen das Formerfordernis der Angabe der Revisionspunkte gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG nicht zum Tragen kommt (§ 28 Abs. 2 VwGG; siehe auch VwGH 8.3.2018, Ro 2017/12/0008, Rn. 28, mwN). Auch der Sachverhalt lässt sich - ungeachtet des zunächst vorgenommenen Verweises auf das angefochtene Erkenntnis - noch ausreichend aus den Revisionsausführungen entnehmen.
23 In der Sache selbst kann auf vorhandene Judikatur verwiesen werden. So hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 2015, Ro 2015/08/0026, VwSlg. 19271 A, ausführlich mit dem Verhältnis zwischen Ausgangsbescheid und Beschwerdevorentscheidung und den sich daraus ergebenden Folgen für die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte im Fall eines Vorlageantrags auseinandergesetzt. Für den vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang das Folgende hervorzuheben: Ist die Beschwerde zulässig, wurde sie mit der Beschwerdevorentscheidung aber zurückgewiesen, so hat das Verwaltungsgericht inhaltlich über die Beschwerde zu erkennen (und den Ausgangsbescheid zu bestätigen, zu beheben oder abzuändern). Auch in diesem Fall tritt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung, ohne dass letztere explizit behoben werden muss. Der Grundsatz, dass die Beschwerdevorentscheidung an die Stelle des Ausgangsbescheids tritt, gilt in den Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung hingegen nicht (siehe dazu etwa VwGH 14.9.2016, Ra 2015/08/0145).
24 Anders als das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis offenbar annimmt, wurde mit der die Beschwerde zurückweisenden Beschwerdevorentscheidung der damit angefochtene ursprüngliche Bescheid nicht behoben. Die Beschwerdevorentscheidung trat in diesem Fall auch nicht an die Stelle des ursprünglichen Bescheids. (Die Behörde ging in ihrer Beschwerdevorentscheidung vielmehr davon aus, dass gar kein Bescheid vorliege, weshalb es auch zur Zurückweisung der Beschwerde kam.) Auch mit der mit Spruchpunkt A I. des angefochtenen Erkenntnisses vorgenommenen Beseitigung der Beschwerdevorentscheidung wurde der Bescheid vom 27. Oktober 2016 nicht behoben. Ausgehend von der Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts, dass der ursprüngliche Bescheid wirksam erlassen wurde, hätte es über die Beschwerde des Mitbeteiligten gegen diesen Bescheid zu entscheiden gehabt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wäre in diesem Fall an die Stelle der die Beschwerde zurückweisenden Beschwerdevorentscheidung getreten, ohne dass es dafür einer ausdrücklichen Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung bedurft hätte.
25 Erst nach einer Behandlung der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht stellte sich allenfalls die Frage einer Änderung des verfahrenseinleitenden Antrags und deren Behandlung im Verfahren durch das Verwaltungsgericht. Fällt der Antrag im weiteren Verfahren weg, so ist ein darüber ergangener Bescheid mangels Zuständigkeit zu beheben.
26 Indem das Verwaltungsgericht dies verkannte, belastete es sein Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
27 Die in der Revisionsbeantwortung beantragte Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG unterbleiben.
Wien, am 25. April 2018
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017090033.L00Im RIS seit
25.05.2018Zuletzt aktualisiert am
29.05.2018