Entscheidungsdatum
21.08.2017Index
60/04 Arbeitsrecht allgemeinNorm
AuslBG §2 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag Fischer über die Beschwerde des Herrn M. G. vom 12.05.2015 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 13.04.2015, MBA ... – S 32020/14, wegen Übertretung des § 28 Abs 1 Z 1 lit a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.07.2016 zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Nach § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 420,-- (d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Die Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahren und Vorbringen
1. Dem Verfahren lag ein Strafantrag der Finanzpolizei zu Grunde, wonach der betroffene Ausländer am 08.07.2014 im Betrieb des Beschwerdeführers (BF) in Wien, C., S., angetroffen worden sei, als er mit den Getränkekisten hantiert habe. Der Ausländer habe selbständig ein Personenblatt in englischer Sprache ausgefüllt (MBA..., AS1ff; Personenblatt MBA..., AS9f). Nach entsprechender Aufforderung (MBA..., AS17) brachte der BF am 05.09.2014 eine schriftliche Rechtfertigung ein (MBA..., AS24ff).
2. Am 11.09.2014 erließ die belangte Behörde ein Straferkenntnis, mit dessen Spruch dem BF eine Übertretung des § 33 Abs 1 ASVG iVm § 111 Abs 1 Z 1 ASVG angelastet wurde, während dessen gesamte Begründung ausschließlich Ausführungen zu einem Verstoß gegen § 28 Abs 1 AuslBG enthielt (MBA..., AS31ff). Dieses Straferkenntnis vom 11.09.2014 wurde mit Bescheid vom 13.04.2015 aufgehoben, zugleich wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen, mit dem der BF schuldig erkannt wurde, er habe als Arbeitgeber zu verantworten, dass er den Ausländer A. Ab., geboren am ...1981, ägyptischer Staatsbürger, von 25.05.2014 bis 08.07.2014 in Wien, S., mit der Übernahme des Aufgabengebietes Shisha/Wasserpfeife und Hilfstätigkeiten beschäftigt habe, obwohl keine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung vorgelegen sei. Dadurch habe er § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG iVm § 3 AuslBG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den BF nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a zweiter Strafsatz AuslBG eine Geldstrafe von € 2 100,-- bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen 2 Stunden verhängt sowie nach § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von € 210,- vorgeschrieben (ON0-1).
3. Ausschließlich gegen das Straferkenntnis vom 13.04.2015 brachte der BF durch seinen Rechtsanwalt (BFV) frist- und formgerecht Beschwerde ein und brachte insbesondere vor, die Beschäftigung des Ausländers habe erst Ende Juni 2014 begonnen. Zudem sei er mit dem gegenständlichen Straferkenntnis neuerlich bestraft worden, nachdem er bereits mit dem Straferkenntnis vom 11.09.2014, das mit Bescheid vom 13.04.2015 amtswegig aufgehoben wurde, in derselben Sache bestraft worden war; das sei rechtswidrig. Ihm sei ein Rechtsirrtum unterlaufen, der seine Schuld zwar nicht ausschließe, sein Verschulden aber gering erscheinen lasse. Auch habe die belangte Behörde die zahlreichen Milderungsgründe nicht entsprechend berücksichtigt, bei deren Anwendung sie – in Anwendung des § 20 VStG – die Mindeststrafe hätte unterschreiten müssen. Das Begehren des BF ist darauf gerichtet der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In eventu wurde die Herabsetzung der verhängten Strafe – in Anwendung des § 20 VStG – unter die Mindeststrafe begehrt (ON0-2).
4. Die Finanzpolizei brachte eine schriftliche Stellungnahme ein (ON6).
5. Mit Schreiben vom 04.12.2015 gab der BFV die Auflösung der Vollmacht in der gegenständlichen Rechtssache bekannt (ON7).
6. Am 22.07.2016 wurde vor dem VwG Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der ein Vertreter der Finanzpolizei teilnahm. Der betroffene Ausländer A. Ab. und Mag W. wurden als Zeugen befragt. Der BF erschien trotz zweimaliger ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Verhandlung (ON8; ON22-1; ON13). Die ebenfalls geladene belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung (ON17).
7. Der Zeuge A. Ab. gab nach Wahrheitserinnerung und Belehrung über die Entschlagungsmöglichkeit an, er könne sich an die Kontrolle im Juli 2014 erinnern. Er habe damals im Lokal des BF als „Shisha-Mann“ gearbeitet. Er habe die Shishas vorbereitet und den Kunden gebracht und in der Früh das Lokal geöffnet und gereinigt. Er habe mit dieser Tätigkeit zwischen 8. und 10. Juni begonnen und bis etwa Anfang August im Lokal des BF gearbeitet. Es sei aber auch möglich, dass er bereits Ende Mai mit dieser Arbeit begonnen habe. Mit dem BF seien keine fixen Arbeitszeiten vereinbart worden, sondern seien diese von den Kunden abhängig gewesen; wenn Kunden gekommen seien, habe er begonnen zu arbeiten, seien keine Kunden da gewesen, habe er keine Arbeit gehabt. Es habe keinen schriftlichen Vertrag gegeben, aber es sei vereinbart gewesen, dass er um 11.00 Uhr mit der Reinigung beginnen und bis 01.00 Uhr arbeiten solle, sofern Kunden da waren. Als Bezahlung sei ein Pauschalbetrag von € 35,-- pro Tag vereinbart worden, wobei er gelegentlich Trinkgeld bekommen habe und in diesen Fällen insgesamt etwa € 50,-- pro Tag verdient habe. (ON15).
8. Die Zeugin Mag W. gab nach Wahrheitserinnerung und Belehrung über die Entschlagungsmöglichkeit an, sie könne sich an den Einsatz erinnern, der damals in mehreren Lokalen auf der C. gemeinsam mit dem Magistrat und der Polizei durchgeführt worden sei. Sie könne sich zwar an die Gegebenheiten im betroffenen Lokal erinnern, aber nicht an den konkreten Ausländer und dessen Tätigkeit (ON14).
II. Feststellungen
9. Der BF war im angelasteten Zeitraum Gewerbeinhaber des Gastgewerbes in der Betriebsart Bar in Wien, S. (MBA..., AS14).
10. In diesem Lokal war Herr A. Ab., geboren ...1981, ägyptischer Staatsbürger, zumindest von 25.05.2014 bis 08.07.2014 als „Shisha-Mann“ tätig. Als solcher war er dafür zuständig, die Shishas für Gäste herzurichten und sie anschließend zu den Kunden zu bringen. Darüber hinaus reinigte er das Lokal und öffnete es in der Früh. Mit dem BF war für diese Tätigkeit ein Entgelt von € 35,-- pro Tag vereinbart, gelegentlich erhielt der Ausländer auch Trinkgeld und verdiente dann etwa € 50,--/Tag. Vereinbart war auch, dass der Ausländer um 11.00 Uhr mit der Reinigung beginnen und bis 01.00 Uhr arbeiten sollte, wenn Kunden da waren. Der Ausländer nächtigte in dieser Zeit auch im Lokal (ON15; ON0-2; MBA-Akt, AS9ff). Herr A. Ab. verfügt im maßgeblichen Zeitraum über keine für die angelastete Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ bzw. „Daueraufenthalt – EU“ (unbestritten).
11. Am 08.07.2014 gegen 19.35 Uhr wurde Herr A. Ab. im Lokal des BF angetroffen, als er gerade im Bereich der Getränkekisten mit Kisten hantierte. Bei dieser Kontrolle gab er im von ihm ausgefüllten Personenblatt ua an, als „Shisha Mann“ beschäftigt zu sein und jeden Tag zu arbeiten (MBA-Akt, AS2 und AS9).
12. Über den BF war zum Tatzeitpunkt bereits eine Strafe nach dem AuslBG rechtskräftig verhängt worden (ON0-3).
III. Beweiswürdigung
13. Die Feststellungen ergeben sich aus den jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln, die sowohl für sich genommen als auch in ihrem Zusammenhang schlüssig und widerspruchsfrei sind. So wurden die Tätigkeit des Ausländers und der schließlich festgestellte Beschäftigungszeitraum nicht bestritten (ON0-2; MBA-Akt, AS26). Die konkrete Ausgestaltung der Beschäftigung ergibt sich aus der unbedenklichen Zeugenaussage des Ausländers in der mündlichen Verhandlung und dem von ihm bei der Kontrolle ausgefüllten Personenblatt (ON15; MBA-Akt, AS9f). Auch der Umstand, dass Herr Ab. über keine der angeführten arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen verfügte, wurde vom BF niemals in Zweifel gezogen.
14. Lediglich der Zeitpunkt des Beginns der Beschäftigung wurde vom BF insofern bestritten als dieser angab, dass Herr Ab. erst ab Ende Juni 2014 in seinem Betrieb tätig gewesen sei. Diesem Vorbringen wurde nicht gefolgt, weil ihm die diesbezüglich eindeutigen Angaben des betroffenen Ausländers im von diesem unmittelbar bei der Betretung am 08.07.2014 ausgefüllten Personenblatt entgegenstanden. Ein Grund, warum der Ausländer sich dabei geirrt haben sollte, kam nicht hervor. Dieses Ergebnis wird auch von der Aussage des Ausländers in der mündlichen Verhandlung getragen, als er zwar zunächst angab, zwischen 8. und 10. Juni mit der Arbeit für den BF begonnen zu haben, dann jedoch ergänzte es sei auch möglich, dass er schon Ende Mai mit dieser Arbeit begonnen habe. Angesichts der langen Dauer, die seit dem Tatzeitraum bis zur Befragung in der mündlichen Verhandlung verstrichen war, entsprach diese Unschärfe in der Erinnerung dem Erwartbaren und beeinträchtigte nicht die Glaubhaftigkeit der Aussage des Ausländers, die dieser übrigens ruhig, flüssig und insgesamt in einer Weise machte, die den Eindruck einer erlebnisbasierten Aussage hinterließ. Demgegenüber stimmt auch die zunächst getätigte Aussage des Zeugen, er habe am 8. oder 10. Juni begonnen, nicht mit den Angaben des BF überein, wonach die Beschäftigung erst Ende Juni begonnen habe. Darüber hinaus konnte der BF seine Behauptungen durch keinerlei geeignete Beweismittel stützen, insbesondere ließ er durch sein Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit ungenützt, zum Akteninhalt Stellung zu nehmen.
IV. Rechtliche Beurteilung
15. Vorab ist festzuhalten, dass mit der dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugrunde liegenden Beschwerde nur das Straferkenntnis vom 13.04.2015 angefochten wurde, nicht jedoch der unter einem erlassene Bescheid, mit dem das – zuvor ergangene – Straferkenntnis vom 11.09.2014 von Amts wegen aufgehoben wurde. Daher ist dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen, Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein das Straferkenntnis.
16. Eine vom BF vorgebrachte unzulässige Doppelbestrafung liegt schon deshalb nicht vor, weil mit dem mittlerweile aufgehobenen Straferkenntnis vom 11.09.2014 eine Strafe wegen Übertretung näher bezeichneter Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) verhängt worden war, mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 13.04.2015 jedoch im Hinblick auf den maßgeblichen Sachverhalt – erstmals – eine Strafe wegen Übertretung näher bezeichneter Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verhängt wurde.
17. Die mündliche Verhandlung konnte in Abwesenheit des BF durchgeführt und die Entscheidung verkündet werden, weil er rechtzeitig und ordnungsgemäß an seiner Wohnadresse geladen worden und unentschuldigt nicht erschienen war (ON8; ON22-1; der BF war persönlich zu laden, weil das Vollmachtsverhältnis mit seinem Rechtsanwalt im Zeitpunkt der Ladung bereits aufgelöst war, s dazu ON7).
18. Die maßgeblichen Bestimmungen sehen vor:
19. Gemäß § 2 Abs 2 AuslBG, BGBl 218/1975 idF BGBl I 72/2013, gils als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs 5 AuslBG, d) nach den Bestimmungen des § 18 AuslBG oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.
20. Gemäß § 3 Abs 1 AuslBG, BGBl 218/1975 idF BGBl I 72/2013, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.
21. Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG, BGBl 218/1975 idF BGBl I 72/2013, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von € 1.000,- bis € 10.000,-, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von € 2.000,- bis € 20.000,- Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von € 2.000,- bis € 20.000,-, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von € 4.000,- bis € 50.000,-.
22. Nach § 28 Abs 7 AuslBG, BGBl 218/1975 idF BGBl I 72/2013, ist, wird ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen, die im allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.
23. Der Begriff der „Beschäftigung“ ist durch § 2 Abs 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist nach der ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird, wobei diese Beurteilung ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu erfolgen hat (vgl VwGH 23.05.2002, 2000/09/0190). Als Merkmale der persönlichen Abhängigkeit sind die Einordnung in die betriebliche Organisation, die Weisungsgebundenheit, die Kontrolle durch den Arbeitgeber, die disziplinäre Verantwortung sowie die persönliche Dienstleistungspflicht anzusehen (ua VwGH 28.02.2012, 2009/09/0128). Nach § 28 Abs 7 AuslBG kommt es zu einer Beweislastumkehr, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind. In diesen Fällen darf die Behörde eine unberechtigte Beschäftigung iSd AuslBG ohne weiteres anzunehmen, wenn der Arbeitgeber nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt (vgl VwGH 12.07.2011, 2009/09/0101).
24. Im konkreten Fall wurde Herr Ab. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die auf ein Arbeitsverhältnis hindeuteten, zumal er von Beamten der Finanzpolizei im Lokal des BF beim Hantieren mit Getränkekisten beobachtet wurde und bei dieser Gelegenheit auch angab, als „Shisha Mann“ beschäftigt zu sein. Zweifelsfrei handelte es sich bei dem Bereich, in dem der Ausländer angetroffen wurde (Lagerort der Getränkekisten) um einen Bereich des Betriebes, der Betriebsfremden in der Regel nicht zugänglich ist, und bei der Tätigkeit des Ausländers um eine solche, die in persönlicher Abhängigkeit zum BF erbracht wurde (zugewiesene Aufgaben bestanden in einfacher Tätigkeit ohne ins Gewicht fallenden eigenen Gestaltungsspielraum; Entlohnung pro Tag; Umfang der Dienstzeit deutet darauf hin, dass der Ausländer auf diese Beschäftigung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen war). Daher war die belangte Behörde berechtigt von einer dem AuslBG unterliegenden Beschäftigung ausgegangen. Es kamen auch keine Umstände hervor, die eine Tätigkeit ohne persönliche Abhängigkeit nahelegen würden. Damit war unzweifelhaft der objektive Tatbestand des §§ 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 AuslBG erfüllt.
25. Gemäß § 5 Abs 1 erster Satz VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Nach § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
26. Eine irrige Gesetzesauslegung – mag sie auch plausibel sein – muss ebenso wie die Unkenntnis des Gesetzes unverschuldet sein. Es bedarf dazu einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bei der zuständigen Stelle, die bloße Argumentation mit einer gewissen Rechtsauffassung genügt hingegen nicht (vgl VwGH 18.03.2015, 2013/10/0141). Voraussetzung für die Schuldlosigkeit ist aber jedenfalls, dass sich der BF durch konkrete Fragestellungen erkundigt hat (vgl VwGH 29.04.2015, Ra 2015/06/0046).
27. Im gesamten Verfahren kam nicht hervor, dass der BF Erkundigungen bei zuständiger Stelle oder sonst Maßnahmen getroffen hätte, um sich über die maßgebliche Rechtslage zu informieren. Diese Unterlassung wiegt umso schwerer, als ihm als Gewerbetreibenden im Bereich der Gastronomie bewusst sein hätte müssen, dass für die Beschäftigung von Ausländern besondere Bestimmungen zu beachten sind und die Tätigkeit einer Person in seinem Betrieb als – weitere ihn treffende Verpflichtungen auslösende – Beschäftigung zu betrachten sein kann, dies umso mehr, wenn dafür bestimmte Aufgaben, Dienstzeiten und ein Entgelt vereinbart sind. Auch aufgrund der im Tatzeitpunkt bereits vorliegenden einschlägigen Vormerkung hätte dem BF bewusst sein müssen, dass die Arbeit des betroffenen Ausländers in seinem Betrieb gewissen rechtlichen Voraussetzungen unterliegen kann, die er allenfalls zu klären gehabt hätte. Daher kann eine allenfalls vorliegende Unkenntnis des BF von der übertretenen Verwaltungsvorschrift bzw deren irrige Auslegung nicht unverschuldet sein.
28. Bei der hier gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes „Ungehorsamsdelikt“ (ua VwGH 21.01.2004, 2001/09/0230). Bei Ungehorsamsdelikten gilt die gesetzliche Vermutung des Vorliegens der fahrlässigen Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung, wenn das Vorliegen eines tatbildmäßigen Verhaltens festgestellt und das mangelnde Verschulden durch den BF nicht glaubhaft gemacht worden ist. Es ist sohin Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, etwa durch die Beibringung geeigneter Beweismittel oder Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl VwGH 30.06.1998, 96/11/0175).
29. Im Verfahren ergaben sich – auch aus dem Vorbringen des BF – keine Anhaltspunkte, dass dem BF im konkreten Fall die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsnorm nicht möglich gewesen wäre. Folglich konnte er nicht im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG glaubhaft machen, dass ihn hinsichtlich der tatbildlichen Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden traf.
30. Somit ist auch der subjektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.
31. Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
32. Nach § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
33. Nach § 16 Abs 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
34. Im Hinblick auf die im Tatzeitpunkt bereits vorliegende einschlägige (nach wie voor nicht getilgte) Vormerkung des BF (ON0-3) ist der zweite Strafsatz des § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG maßgeblich, der eine Geldstrafe von € 2 000,-- bis € 20 000,-- vorsieht.
35. Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat kann nicht als gering betrachtet werden, weil jede Verletzung der Vorschriften des AuslBG in erheblichem Ausmaß die gesamtwirtschaftlichen Interessen, die im Bereich einer Verzerrung des Arbeitsmarktes hinsichtlich des Arbeitskräfteangebotes, des Lohnniveaus, der Abgabenhinterziehung und des primären Schutzes inländischer Arbeitskräfte liegen, sowie die Interessen der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer selbst, weil wesentliche Schutzbestimmungen des Arbeits- und Sozialrechtes bei der illegalen Beschäftigung von Ausländern keine Anwendung finden, schädigt. Der Unrechtsgehalt der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung kann somit – selbst bei Annahme des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen – nicht als gering erachtet werden.
36. Auch das Ausmaß des Verschuldens des BF kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und dem BF zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig angesehen werden, weil weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Vielmehr musste der BF als Gewerbetreibender über die gültige Verpflichtung nach dem AuslBG informiert sein und hätte schon allein aus diesem Grund besondere Vorsicht bei der Beschäftigung von Personen üben müssen. Gegebenenfalls hätte er bei geeigneter Stelle entsprechende Auskünfte einholen müssen. Auch der vom BF ins Treffen geführte Rechtsirrtum kann das Verschulden des BF im konkreten Fall nicht geringfügig erscheinen lassen, zumal er aufgrund seiner konkreten gewerblichen Tätigkeit und der bereits im Tatzeitraum vorliegenden einschlägigen Vormerkung in besonderer Weise dazu verhalten war, sich über die geltende Rechtslage zu informieren.
37. Im konkreten Fall waren daher die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens und eine Einstellung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG nicht erfüllt, weil – wie bereits ausgeführt – einerseits die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und andererseits das Verschulden des BF nicht als gering angesehen werden konnten.
38. Mildernd wirkte das Zugeständnis der wesentlichen Sachverhaltselemente, die vom BF während des gesamten Verfahrens nicht bestritten wurden. Weitere Milderungsgründe kamen nicht hervor. Dem diesbezüglichen Vorbringen des BF wurde aus folgenden Überlegungen nicht gefolgt: Begehung aus achtenswerten Beweggründen (§ 34 Abs 1 Z 3 StGB) konnte insofern nicht festgestellt werden, als den Ausländer für € 35,--/Tag – insbesondere im Hinblick auf die vereinbarten Arbeitszeiten – umfangreiche Pflichten trafen und somit der dem BF aus der Beschäftigung entstehende Nutzen allenfalls ebenfalls vorliegende wohltätige Elemente zumindest aufwog. Tatbegehung nur aus Unbesonnenheit (§ 34 Abs 1 Z 7 StGB) konnte insofern nicht festgestellt werden, als im Hinblick auf die konkreten Umstände der Tat und des BF (gewerbliche Tätigkeit im Bereich der Gastronomie, einschlägige Vormerkung, umfangreiche Vereinbarung hinsichtlich Dienstpflichten) nicht von Unbesonnenheit, sondern einer zumindest nicht unbeträchtlichen Sorglosigkeit, allenfalls sogar bedingtem Vorsatz auszugehen war. Tatbegehung unter einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommenden Umständen (§ 34 Abs 1 Z 11 StGB) konnte insofern nicht festgestellt werden, als dafür auch im Hinblick auf das zum Verschulden bereits Gesagte jegliche Anhaltspunkte fehlen. Sinngemäß gilt das auch für den vorgebrachten Milderungsgrund der Tatbegehung in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 34 Abs 1 Z 12 StGB). Da der BF neben der einschlägigen Übertretung des AuslBG auch zahlreiche – nicht einschlägige – verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen aufweist (ON0-3), kam ihm der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zu Gute.
39. Erschwerend war zu berücksichtigen, dass die BF die Tat im Rahmen der Ausübung eines Gewerbes und über einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum hinweg beging. Die im Tatzeitpunkt vorliegende rechtskräftige einschlägige Vormerkung war strafsatzbestimmend und daher nicht als Erschwerungsgrund zu werten.
40. Im Hinblick auf Zahl und Gewicht der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe konnte kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe festgestellt werden, sodass eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG nicht in Betracht kam (vgl VwGH 27.02.1992, 92/02/0095; VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0096 zur ausschließlichen Maßgeblichkeit der Bedeutung, nicht der Anzahl der Milderungs- und Erschwerungsgründe im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts).
41. Da der BF seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse im gesamten Verfahren nicht bekanntgegeben hat und durch sein Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung eine Eruierung eben dieser verhindert war, war von durchschnittlichen Werten auszugehen.
42. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den anzuwendenden Strafrahmen (€ 2 000,-- bis € 20 000,--) scheint die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe von € 2 100,--, die sich am untersten Rand des anzuwendenden Strafrahmens bewegt, jedenfalls nicht als unangemessen hoch. Eine weitere Herabsetzung kam, selbst unter Berücksichtigung des vom BF abgelegten Geständnisses keinesfalls in Frage, weil die Tat im Rahmen der Ausübung eines Gewerbes und über einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum begangen wurde. Die Strafe ist auch unter Beachtung spezial- und generalpräventiver Aspekte angemessen. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist den Strafzumessungskriterien mit Ausnahme der allseitigen Verhältnisse angemessen und zur Geldstrafe verhältnismäßig.
43. Aus diesen Gründen war die Beschwerde abzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.
44. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es existiert einschlägige Rechtsprechung des VwGH, diese ist auch nicht uneinheitlich. Die gegenständliche Entscheidung weicht ihr nicht ab (vgl zitierte Rechtsprechung des VwGH). Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Ausländer; Beschäftigung; Beschäftigungsbewilligung; Milderungsgrund; Unbesonnenheit; StrafzumessungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.041.066.5788.2015Zuletzt aktualisiert am
24.05.2018