TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/10 VGW-041/025/11518/2017

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Veröffentlicht am 10.11.2017
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Entscheidungsdatum

10.11.2017

Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

ASVG §33 Abs1
ASVG §111 Abs1
ASVG §111 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Frey über die Beschwerde des Herrn U. B. vom 14.08.2017 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 21.07.2017, Zl. MBA ...-S 28015/17, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF,

zu Recht e r k a n n t :

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 182,-- Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat folgenden Wortlaut:

„Sie sind als Inhaber eines Gastronomiebetriebes (Gastgewerbe in der Betriebsart Kaffeehaus) in Wien, M.-straße (Gisa-Zl. ...), das ist der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, der Ihnen als Dienstgeber aufgrund des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes- AVG obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen bzw. zur Übermittlung von Meldungsabschriften an den Dienstnehmer insofern nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen, als sie laut vorliegender Anzeige der Wiener Gebietskrankenkasse am 31.3.2017 um 22:15 Uhr (Datum und Zeitpunkt der Sachverhaltsfeststellung durch Kontrollorgane der Wiener Gebietskrankenkasse) in dem von Ihnen in Wien, M.-straße betriebenen Gastgewerbebetrieb (Kaffeehaus), Frau E. Er., geb. 1993, türk. Staatsb., bei der es sich um eine in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherter, tägl. Arbeitszeit 8 Stunden/5 x pro Woche, Entlohnung EUR 1487,06,-/Monat), laut nachträglicher Meldung handelt, als Kellnerin mit Inkasso (zB. Aufnahme von Getränken und Servieren) beschäftigt hat, ohne diese vor Arbeitsantritt am 31.3.2017 lt. deren Aussage vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wobei die Anmeldeverpflichtung so erfüllt hätte werden können, dass der Dienstgeber in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, Namen du Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Person sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung), weil die Dienstgeberkontonummer, die Namen und die Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der oben angeführten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt nicht dem zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet worden waren.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 33 Abs. 1 ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 910,00, falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 6 Stunden

gemäß § 111 Abs. 2 erster Strafsatz ASVG in Verbindung mit § 9 VStG 1991

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 91,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe

(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung)

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 1.001,00.

Außerdem sie die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor:

Er habe am Freitag, dem 31.03.2017, dringend nach Holland reisen müssen. Da die Dame schon bei ihm gearbeitet hätte, habe er sie gebeten, dass sie für einen oder zwei Tage im Lokal arbeiten solle. Er habe einen Anruf bekommen und sei gleich mit dem ersten Flug nach Holland geflogen. Durch den Stress habe er leider vergessen, die Dame anzumelden. Er sei schon seit fünf Jahren selbstständig und wenn man seine Akten durchschaue, sehe man, dass ihm so etwas noch nie passiert ist. Er bitte daher, die Strafe „abzusetzen“ oder zu mindern.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Indem die Beschäftigte nicht nach dem ASVG als Dienstnehmerin angemeldet wurde, ist der Tatbestand erfüllt.

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2180 €, im Wiederholungsfall von 2180 € bis zu 5000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigem Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Im vorliegenden Fall ist die Geldstrafe nahe der gesetzlichen Mindeststrafe festgesetzt. Es liegt kein Milderungsgrund vor. Insbesondere ist der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr unbescholten. Wenngleich kein Umstand erschwerend war, kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass Milderungsgründe beträchtlich überwiegen. Es erschien daher eine außerordentliche Strafmilderung oder Herabsetzung auf die Mindeststrafe in Höhe von 730,-- Euro nicht angezeigt.

Weiters war bei der Strafbemessung auf Folgendes Bedacht zu nehmen:

Die zur Last gelegte Verletzung des ASVG schädigte in nicht unerheblichem Maße das öffentliche Interesse an der fristgerechten Anmeldung von Dienstnehmern beim zuständigen Träger der Krankenversicherung und an der damit verbundenen sozialen Absicherung der betreffenden Arbeitskräfte, weshalb die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes durch die Tat nicht gering war.

Das Verschulden konnte nicht als gering eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Insbesondere kann eine dringende Abreise ein Unterlassen der Anmeldung zur Sozialversicherung nicht entschuldigen, da eine Mindestangaben-Anmeldung auch telefonisch über das ELDA-Callcenter hätte vorgenommen werden können.

Gemäß § 45 Abs. 1 erster Satz Z 4 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG kann die Behörde, anstatt die Einstellung zu verfügen, dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Im gegenständlichen Fall sind die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens und eine Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 erster Satz Z 4 VStG sowie eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG schon deshalb nicht erfüllt, da – wie bereits ausgeführt – das Verschulden nicht gering war.

Da das Verschulden nicht gering war, kommt auch eine niedrigere Strafe wegen Erstmaligkeit des ordnungswidrigen Handelns (§ 111 Abs. 2 zweiter Satz ASVG) nicht in Betracht.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe sowie den für die gegenständliche Verwaltungsübertretung vorgesehenen Strafrahmen erscheint die verhängte Strafe selbst bei ungünstigen finanziellen Verhältnissen angemessen. Sie erscheint auch aus general- und spezialpräventiven Erwägungen erforderlich, um die Begehung derartiger Übertretungen in Hinkunft hintan zu halten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch genannte Gesetzesstelle.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (wie die zitierte Judikatur zeigt). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche (über den Einzelfall hinausgehende) Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage (der rechtskonformen Strafbemessung) vor.

Schlagworte

Versicherungspflicht; Arbeitsbeginn; Anmeldung zur Sozialversicherung; Anmeldepflicht; Pflichtversicherung; kein geringes Verschulden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.041.025.11518.2017

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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