Entscheidungsdatum
26.03.2018Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §137 Abs2 Z4Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch die Richterin Mag. Ulrike Seidel über die Beschwerde von Herrn AB AA, AF 4, AD AE, gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 08.02.2018, Zahl yyy,
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
II. Der Beschwerdeführer hat keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang, Beschwerdevorbringen:
1.1.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn AB AA zur Last gelegt, dass er am 11.04.2017 zwischen 17:00 Uhr und 19:00 Uhr in AE, AF 4, Bereich GP xx KG AI Gülle auf dem angeführten Grundstück unmittelbar neben oberirdischen Gewässern (AJgraben) ausgebracht habe, obwohl jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, seine Anlage so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten habe, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden werde. Über den AJgraben sei Gülle in die AEer Ache gelangt, wo es am 15.04.2017 bei der Wehranlage „AI“ zu Schaum- und Schlierenbildung im Gewässer im Bereich der Staumauer gekommen sei.
Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 begangen und wurde gemäß § 137 Abs 2 Z 4 WRG eine Geldstrafe in der Höhe von € 350,- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) zuzüglich Verfahrenskosten in der Höhe von € 35,- sohin gesamt € 385,- verhängt.
In der Begründung wurde beginnend mit der Anzeige der Polizeiinspektion Bad Gastein der Verfahrensgang mit folgenden Verfahrensschritten wiedergegeben:
- Anzeige (Anm: vom 16.06.2017)
- Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.06.2017
- Telefonische Mitteilung des Beschuldigten vom 14.07.2017 mit Verweis auf die Einvernahme bei der Polizei vom 19.05.2017
- Ersuchen der belangten Behörde vom 01.02.2018 an das Referat Gewässerschutz um Stellungnahme
- Stellungnahme Referat Gewässerschutz (Anm: vom 05.02.2018)
In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer es nicht in Abrede gestellt habe, dass er am 11.04.2017 auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen auf dem angeführten Grundstück Gülle ausgebracht habe und zumindest an zwei Stellen zu nahe an den AJgraben, nach seinen Angaben im „Toleranzbereich“, gedüngt habe. Außer Frage stehe auch, dass er den Werfer bedient habe. Wie aus den Lichtbildern 17 bis 22 des Abschlussberichtes der Polizei ersichtlich, sei an mehreren Stellen bis ganz an den bzw. in den AJgraben die Gülle ausgebracht worden. Die Güllerückstände seien auf den angeführten Fotos auch deutlich erkennbar. Er habe gegen die angeführten Bestimmungen (§§ 31 Abs 1 und 137 Abs 2 WRG) verstoßen. Er habe zumindest diese beiden Male die Gülle bis ganz an den bzw. in den AJgraben ausgebracht, was wiederum am 15.04.2017 zu Schaum- und Schlierenbildungen in der AEer Ache im Bereich der Wehranlage AI geführt habe. Dass eine Verunreinigung selbst nach vier Tagen nach der Gülleausbringung noch möglich sei, sei vom Referat Gewässerschutz bestätigt worden. Es bestünden für die Behörde keine Zweifel an der Begehung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung.
Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, dass als Verschulden Fahrlässigkeit anzulasten gewesen sei, strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit gewertet worden. Die persönlichen Verhältnisse seien insofern berücksichtigt worden, als sie angegeben worden seien (keine Angaben zu den finanziellen Verhältnissen). Die verhängte Strafe bewege sich im ganz untersten Bereich des Strafrahmens (2,4%) und sei aus spezial- wie generalpräventiven Erwägungen erforderlich.
1.2.
Gegen das Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer persönlich bei der belangten Behörde Beschwerde (Niederschrift vom 22.02.2018) und brachte vor, dass das Gerichtsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Salzburg mit Schreiben vom 17.08.2017 eingestellt worden sei. Im Gerichtsverfahren sei von Herrn Mag. AK ein Gutachten erstellt worden. Aus diesem gehe hervor, dass durch seine Gülleausbringung am 11.04.2017 es zu keiner Schaum- und Schlierenbildung auf der AEer Ache am 15.04.2017 bei der Wehranlage AI gekommen sei. Da er keine Schuld an der Schaum- und Schlierenbildung habe, ersuche er das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen. Das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. rer. nat Mag AL AK vom 16.08.2017 zu Aktenzeichen 10 St 91/17h wurde vorgelegt.
1.3.
Mit Schreiben vom 26.02.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Salzburg zur Entscheidung vor und teilte in einem mit, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. auf die Teilnahme daran verzichtet werde.
Mit Schreiben vom 14.03.2017 erging vom Landesverwaltungsgericht das Ersuchen an den Beschwerdeführer die gerichtliche Entscheidung vorzulegen.
Mit Email vom 21.03.2018 wurde vom Beschwerdeführer das Schreiben der Staatsanwaltschaft Salzburg, Aktenzahl 10 St 91/17h.1, vom 17.08.2017 betreffend Benachrichtigung von der Einstellung des Verfahrens vorgelegt.
2. Sachverhalt, Beweiswürdigung:
Der Beschwerdeführer hat am 11.04.2017 auf der GN xx KG AI mit einem Mähtrac, auf welchem ein Werfer montiert war, Gülle ausgebracht. Die Grundfläche grenzt an ein Gewässer (AJgraben), welches in die AEer Ache entwässert. In zwei Bereichen wurde auf diesem Grundstück im Nahebereich des AJgrabens Gülle ausgebracht.
Am 14.04.2017 wurde vom Grundeigentümer der GN y, yy und z je KG AI auf diesen Grundflächen ebenfalls Gülle ausgebracht.
Am 15.05.2017 wurde bei der Wehranlage AI an der AEer Ache im Bereich der Staumauer eine Schaum- und Schlierenbildung festgestellt.
Von Herrn J. AM wurde Anzeige bei der PI Bad Gastein erstattet, welche ihren Abschluss-Bericht vom 07.06.2017 mit Darstellung der Tat an die Staatsanwaltschaft Salzburg übermittelte und mit Schreiben vom 16.06.2017 eine Anzeige an die belangte Behörde erstattete.
Im Zuge der Aufforderung zur Rechtfertigung gab der Beschwerdeführer am 14.07.2017 unter Verweis auf das polizeiliche Vernehmungsprotokoll vom 19.05.2017 an, dass er nichts falsch gemacht hat und die Verunreinigung bei der Wehranlage nicht durch ihn verursacht sein kann, da er bereits am 11.04.2017 gedüngt hat, die Verunreinigung aber erst am 14.04.2017 angezeigt wurde.
Zu diesem Vorbringen holte die belangte Behörde mit Schreiben vom 01.02.2018 eine Stellungnahme des Referats für Gewässeraufsicht beim Amt der Salzburger Landesregierung ein mit der Frage, ob es möglich ist, dass eine Verunreinigung in der AEer Ache vier Tage nach der Gülleverbringung durch den Beschwerdeführer entstehen konnte. Der Amtssachverständige für Gewässerschutz führte in seiner Stellungnahme vom 05.02.2018 aus, dass der übermittele Polizeibericht und die Fotos ein starkes Indiz für eine Gewässerverunreinigung sind, jedoch hat eine Beweissicherung für eine Gewässerverunreinigung eine Probenahme oberhalb und unterhalb der Eintragsstelle sowie eine chemische Analyse der Proben zu umfassen. Beides wurde, soweit bekannt, nicht durchgeführt, sodass nur grundsätzliche Feststellungen getroffen werden können. In Abhängigkeit der jeweiligen Neigung des an das Gewässer angrenzenden Bereichs und der Witterung, insbesondere bei Niederschlag, kann ein Eintrag von Gülle in ein Gewässer sowohl in einem als auch in vier Tagen nach dem Aufbringen auf das Feld erfolgen. Es ist daher möglich, dass beide Gülleaufbringungen am 14.04.2017 als auch am 11.04.2017 zu einer Verunreinigung der AEer Ache geführt haben, allerdings wurden Analyseergebnisse von Probenahmen zur Ermittlung der Konzentrationen der für einen Gülleeintrag in ein Gewässer relevanten Parameter nicht übermittelt.
Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer nicht mehr in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis bracht, sondern mit 08.02.2018 das nun angefochtene Straferkenntnis erlassen.
Aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Gutachten AK vom 16.08.2017 ergibt sich, dass im Nachhinein nicht mehr feststellbar war, in welchem Ausmaß und in welcher Konzentration Gülle in den Wasserkörper des AJgrabens und nachfolgend in die AEer Ache gelangten. Die von der Polizei entnommenen Wasserproben sind nicht analysiert worden und sind nach so langer Zeit auch nicht mehr verwertbar. Auch wenn am 15.07.2017 Schlieren- und Schaumbildung bei der Wehranlage AI festgestellt wurden, die höchstwahrscheinlich auf die Gülleausbringung zurückzuführen ist, liegt kein signifikanter Hinweis auf eine massive und andauernde Belastung durch dieses singuläre Ereignis vor. Vielmehr ist von einer raschen Verdünnung der direkt eingebrachten und vermutlich auch eingeschwemmten Verunreinigung auszugehen. Auch im Zuge der Befundaufnahme am 04.08.2017 ergaben sich keine Hinweise auf eine anhaltende Beeinträchtigung. Eine nachhaltige und maßgebliche Verschlechterung des Gewässerzustandes durch diese Tathandlung ist nicht zuletzt aufgrund der Selbstreinigungskräfte durch die benthischen Organismen im Fließgewässer auszuschließen. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass durch das Einbringen von Gülle in den AJgraben und seine Uferbereiche es zu keiner Gefährdung von Menschen sowie des Tier- und Pflanzenbestandes und ebenso wenig eine Verschlechterung des Zustandes von Gewässern, des Bodens oder der Luft auszugehen ist. Ob zum Zeitpunkt des Vorfalls eine potentielle Gefahr bestand lässt sich rückblickend nicht mehr beantworten, da die genauen Mengen und Konzentrationen der Wasserverunreinigung nicht dokumentiert sind. Die vorliegenden Ergebnisse lassen aber keinen Rückschluss auf eine derartige, allenfalls temporäre Gefährdung zu.
Mit Schreiben vom 17.08.2017, Zahl 10 St 91/17h-1, teilte die Staatsanwaltschaft Salzburg dem Beschwerdeführer mit, dass das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren wegen § 181 StGB gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wird, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht. In Anbetracht der Ermittlungsergebnisse war nachträglich nicht mehr feststellbar, ob seine Düngung überhaupt (mit-)ursächlich für die Schlieren- und Schaumbildung vom 15.4.2017 war.
In beweiswürdigender Hinsicht ist festzustellen, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus der klaren und unwidersprüchlichen Aktenlage ergibt.
Das Landesverwaltungsgericht hat hiezu erwogen:
I.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat gemäß § 50 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF, das Verwaltungsgericht gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, … und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Vom Beschwerdeführer wurde als Beschwerdegrund vorgebracht, dass das gegen ihn geführte gerichtliche Strafverfahren auf Basis eines in diesem Verfahren eingeholten Gutachtens eingestellt worden ist, da ihn keine Schuld an der Schaum- und Schlierenbildung am 15.04.2017 trifft. Unter Vorlage des Gutachtens und der Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 17.08.2017 hinsichtlich der Verfahrenseinstellung wurde beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren (ebenfalls) einzustellen.
Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen ist gemäß § 22 Abs 1 VStG eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung bildet.
Gemäß § 137 Abs 6 Wasserrechtsgesetz – WRG, BGBl. Nr. 215/1959 idgF ist eine Übertretung nicht zu bestrafen, wenn sie den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt.
§ 22 Abs 1 VStG statuiert – untermauert durch die Bestimmung des § 137 Abs 6 WRG – den grundsätzlichen Vorrang des gerichtlichen Strafrechts vor dem Verwaltungsstrafrecht. Eine Tat ist danach nur dann als Verwaltungsübertretung strafbar, wenn sie nicht gleichzeitig einem gerichtlichen Straftatbestand unterfällt. Das bedeutet: Lässt sich die Tat formal sowohl einem verwaltungsrechtlichen als auch kriminalstrafrechtlichen Tatbestand subsumieren, so ist die diesbezügliche Erfüllung des verwaltungsstrafrechtlichen Delikts nur eine scheinbare: Die Tat ist – bei Begehung unter diesen Umständen - verwaltungsstrafrechtlich nicht strafbar; der Täter verwirklicht im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand (siehe Lewisch/Fister/Weilguni, Kommentar Verwaltungsstrafgesetz, Wien 2013, RZ 3 zu § 22 VStG).
Artikel 4 Abs 1 7. Zusatzprotokoll zur Menschenrechtskonvention (ZP MRK) besagt, dass niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden darf. In diesem Sinne ist zunächst zu prüfen, ob die strafgerichtlich verfolgte Handlung einerseits und die verwaltungsstrafrechtliche Übertretungshandlung andererseits dieselbe strafbare Handlung iSd Art. 4 Abs. 1 7. ZP MRK betreffen (VwGH 10.01.2017 Ra 2016/02/0230 vgl. E 15. April 2016, Ra 2015/02/0226).
Dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weiter gehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. … (VwGH 23.05.2002, 2001/07/0182, 15.09.2005, 2003/07/0022 mit jeweiligem Hinweis auf VfGH 07.10.1998, VfSlg 15293 A/1998).
Alleine die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens bedingt daher nicht automatisch die Einstellung des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens, vielmehr entscheidungswesentlich ist, ob der im gerichtlichen Strafverfahren vorgeworfen Tatbestand von seinem Delikttypus ident mit dem im verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren vorgeworfenen Tatbestand der Verwaltungsübertretung ist, sodass gemäß § 22 Abs 1 VStG iVm § 137 Abs 6 WRG kein Raum mehr für eine verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung bleibt.
Gegen den Beschwerdeführer wurde ein gerichtliches Strafverfahren gemäß § 181 Strafgesetzbuch – StGB, BGBl Nr. 60/1974 idgF (fahrlässige Beeinträchtigung der Umwelt) geführt.
Wer fahrlässig entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine der im § 180 StGB mit Strafe bedrohte Handlung begeht, ist gemäß § 181 Abs 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
Gemäß § 181 Abs 2 StGB erhöht sich das Strafausmaß auf eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ua dann, wenn eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers herbeigeführt wird.
Gemäß § 180 Abs 1 StGB ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag ein Gewässer, den Boden oder die Luft so verunreinigt oder sonst beeinträchtigt, dass dadurch
1. …
2. …
3. eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers, des Bodens oder Luft
4. …
entstehen kann.
Der dem Beschwerdeführer im gerichtlichen Strafverfahren vorgeworfene Straftatbestand gemäß § 181 StGB umfasste daher eine Gewässerverunreinigung oder Gewässerbeeinträchtigung, durch welche eine (a) lange Zeit andauernde (b) Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers (c) entstehen kann.
Im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren wird dem Beschwerdeführer eine Übertretung des § 31 Abs 1 WRG iVm § 137 Abs 2 Z 4 WRG vorgeworfen.
Gemäß § 137 Abs 2 Z 4 WRG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs 3 oder Abs 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14 530 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs 1 treffenden Sorgfaltspflicht die Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeiführt.
Die Strafbarkeit tritt gemäß dieser Bestimmung nicht erst beim Eintritt einer (bloßen) Gewässerverunreinigung ein, sondern sanktioniert bereits die Herbeiführung einer Gefahr durch Außerachtlassung einer Sorgfaltspflicht.
Tritt eine (bloße) Gewässerverunreinigung ein, die nicht erheblich ist, so wird in der Regel der Tatbestand des § 137 Abs 2 Z 4 WRG 1959 erfüllt sein (VwGH 21.11.2012, 2012/07/0191).
Gemäß § 31 Abs 1 WRG hat jedermann, dessen … Maßnahmen … eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1999 AGBG gebotenen Sorgfalt … sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
Der Begriff der „Gewässerverunreinigung“ im § 31 WRG bemisst sich nach § 30 Abs 3 Z 1 WRG und nicht nach der Zielnorm des § 30 Abs 1 WRG (Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 31 RZ 5, Stand Juli 2016, rdb.at).
Unter Reinhaltung der Gewässer wird gemäß § 30 Abs 3 Z 1 WRG in diesem Bundesgesetz die Erhaltung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte), unter Verunreinigung jede Beeinträchtigung dieser Beschaffenheit und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.
Aus der Gegenüberstellung der beiden Straftatbestände nach StGB und WRG ergibt sich, dass die Tatbestände nicht ident sind und sich damit gegenseitig nicht ausschließen.
Nach § 180 StGB ist Voraussetzung der Erfüllung dieses Straftatbestandes, dass eine Gewässerverunreinigung oder Gewässerbeeinträchtigung vorliegen muss, die eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustandes eines Gewässers bewirken kann.
Dh es muss eine festgestellte Gewässerverunreinigung oder –beeinträchtigung erwiesenermaßen vorliegen, welche eine langandauernde Verschlechterung bewirken kann.
Nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes §§ 31 Abs 1 iVm § 30 Abs 3 Z 1 WRG genügt für die Erfüllung des Tatbestandes die Außerachtlassung der Sorgfaltspflicht, die eine Gefahr einer Gewässerverunreinigung herbeiführt, sodass die Kriterien nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes nicht ident sind mit jenen des § 180 StGB.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine unzulässige Doppelbestrafung vorliegen würde, wenn sowohl ein gerichtliches Strafverfahren als auch ein verwaltungsbehördliches Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer geführt wird.
Das Straferkenntnis war jedoch aus nachstehenden Gründen zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen:
Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.
Angemerkt wird, dass die Verletzung des Parteiengehörs des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde, indem sie dem Beschwerdeführer die eingeholte Stellungnahme des Referats für Gewässerschutz beim Amt der Salzburger Landesregierung nicht zur Kenntnis gebracht hat, als schwerwiegender Verfahrensfehler angesehen wird, da der Ausgang des Verwaltungsstrafverfahren bei Wahrung des Parteiengehörs ein anderer hätte sein können. Zum Zeitpunkt der Stellungnahme des Referats für Gewässerschutz lag das Gutachten AK bereits vor und war das strafgerichtliche Verfahren eingestellt. Dem Beschwerdeführer wurde die Gelegenheit genommen, diese Tatsachen bzw. das Beweismittel der Behörde zur Kenntnis zu bringen.
Die belangte Behörde stützt sich in ihrer Begründung auf die Stellungnahme des Gewässerschutzes, dass eine Verunreinigung des Gewässers selbst nach vier Tagen nach der Gülleausbringung noch möglich sein kann. In der Stellungnahme wurde jedoch darauf hingewiesen, dass dies in Abhängigkeit der jeweiligen Neigung des an das Gewässer angrenzenden Bereichs und der Witterung insbesondere von Niederschlag abhängig ist.
Diese Kriterien wurden von der Behörde völlig außer Acht gelassen und keine diesbezüglichen Ermittlungen getätigt.
Desweiteren wurde vom Amtssachverständigen für Gewässerschutz festgehalten, dass es möglich ist, dass beide – und nicht nur die Gülleaufbringung des Beschwerdeführers - Gülleaufbringungen am 14.04.2017 als auch am 11.04.2017 zu einer Verunreinigung der AEer Ache geführt haben. Explizit darauf hingewiesen wurde, dass keinerlei Analyseergebnisse von Probenahmen zur Ermittlung der Konzentrationen der für einen Gülleeintrag in ein Gewässer relevanten Parameter vorliegen.
Aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Gutachten AK ergibt sich aus dem Hinweis auf den Verdünnungseffekt bzw. den Selbstreinigungseffekt des Gewässers sowie des Nichtvorliegens von konkretem Ausmaß und Konzentration der vom Beschwerdeführer allenfalls eingebrachten Gülle, dass im Nachhinein nicht mehr feststellbar ist, ob es zu einer Verunreinigung des Gewässers überhaupt gekommen ist bzw. eine potentielle Gefahr dafür überhaupt bestanden hat.
Aufgrund dieser fachlichen Beurteilungen ist daher zusammenfassen festzustellen – ohne dass es noch weiterer Ermittlungen bedarf – dass die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs 1 iVm § 137 Abs 2 Z 4 WRG nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren gebotenen ausreichenden Sicherheit als erwiesen anzunehmen ist, da ein Kausalzusammenhang mit der Gülleausbringung durch den Beschwerdeführer mit der festgestellten Schlieren- und Schaumbildung im Bereich der Wehranlage AI in der AEer Ache nicht herstellbar ist und dem Beschwerdeführer keine Verletzung der Sorgfaltspflicht iS § 31 Abs 1 WRG iVm mit § 30 Abs 3 Z 1 WRG hinsichtlich einer Gewässerverunreinigung nachweisbar war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
II. Kostenentscheidung
Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.
III. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (§ 25a VwGG):
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Wasserrecht, Doppelbestrafung, Gefahr der GewässerverunreinigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.1.279.1.5.2018Zuletzt aktualisiert am
22.01.2020