Entscheidungsdatum
27.03.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
ASVG §33Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Priv.-Doz. Dr. Gregor Heißl, E.MA über die Beschwerde des AB AA, AF 20/1, AD AE, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. AH AG, AK 8/4, AI AJ, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (belangte Behörde) vom 25.8.2017, 30406-369/24826-2017,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 9 Abs 2 VStG iVm §§ 111 Abs 1 Z 1 iVm 33 Abs 1 ASVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer keine Verfahrenskosten für
das Beschwerdeverfahren aufzuerlegen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 25.8.2017, 30406-369/24826-2017, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes vorgeworfen:
„Angaben zur Tat:
Zeit der Begehung: Kontrolle am 02.06.2017 um 13:55 Uhr durch die Finanzpolizei St. Johann Tamsweg Zell am See
Ort der Begehung: Lokal 'BH', BI 8, AD AE
BE AA & AB AA OG, BJ 6,
AD AE
Sie haben als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der BE AA & AB AA OG mit Sitz in AE zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin Frau AX AW, geb. am AY als eine in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) in Ihrem Betrieb beschäftigte ohne diese vor Arbeitsantritt (am 02.06.2017 um 11:00 Uhr) beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben.“
Deshalb hat – so das angefochtenen Straferkenntnis weiter – der Beschwerdeführer eine Übertretung gemäß § 9 Abs 1 VStG iVm § 33 Abs 1 und 2 iVm § 111 Abs 1 Z 1 ASVG begangen, weshalb eine Strafe gemäß § 111 Abs 2 ASVG in der Höhe von € 1.000 (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt wird. Zusätzlich wird der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG in der Höhe von € 100 vorgeschrieben.
Die belangte Behörde stützt diese Bestrafung auf eine Anzeige der Finanzpolizei des Finanzamts St. Johann Tamsweg Zell am See vom 30.6.2017, wonach anlässlich einer Kontrolle am 2.6.2017 um 13:55 Uhr im Lokal „BH“ der BE AA & AB AA OG die Arbeitnehmerin AX AW, geb AY, hinter der Bar als Kellnerin arbeitend angetroffen worden sei.
In der fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 26.9.2017 bringt der Beschwerdeführer vor, er habe die ihm vorgeworfene Tat nicht zu verantworten; die BE AA & AB AA OG habe eine Verwaltungsübertretung nicht begangen.
Frau AX AW sei bis kurz vor der bezughabenden Kontrolle als Dienstnehmerin in der BE AA & AB AA OG bei der Krankenversicherung gemeldet gewesen. Es sei angedacht gewesen, diese bei deren bevorstehendem Arbeitsbeginn auch wieder als (geringfügige) Dienstnehmerin bei der Krankenversicherung zu melden.
Frau AX AW sei nur kurzfristig für den erkrankten Dienstnehmer BB BA „eingesprungen“, wobei dies zwischen diesen zwei – unter der Annahme, dies gehe so bestimmt in Ordnung – alleine ausgemacht worden sei. Der Beschuldigte habe dies erst im Rahmen der Amtshandlung erfahren.
Verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der BE AA & AB AA OG sei nicht der Beschuldigte, sondern Herr BE AA, welcher einzig für die handelsrechtlichen Agenden verantwortlich zeichnet. Darauf sei von BE AA bereits im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme bei der bezughabenden Amtshandlung verwiesen worden.
Die verhängte Strafe sei zudem evident hochgegriffen.
In Anbetracht der oben dargestellten Umstände würden zudem auch die Voraussetzung für ein Absehen von der Verhängung einer Strafe vorliegen; so könnte auch mit einer Ermahnung jedenfalls das Auslangen gefunden werden.
Deshalb wird beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde vom Landesverwaltungsgericht Salzburg am 5.2.2018 gemeinsam mit dem Verfahren 7/440-2017 durchgeführt. Zu dieser Verhandlung sind der Beschwerdeführer zu 7/440-2017, BE AA, gemeinsam mit dem Rechtsvertreter in beiden Verfahren, RA Dr. AH AG, sowie BK BL für die Finanzpolizei St. Johann Tamsweg Zell am See erschienen. Das bei der Kontrolle anwesenden Organ der Finanzpolizei (BM BN) und BB BA wurden als Zeugen einvernommen.
Mit Schreiben vom 19.2.2018 legt der Beschwerdeführervertreter eine auf 4.1.2017 datierte Vereinbarung zwischen den beiden Gesellschaftern AB AA und BE AA vor, wonach BE AA als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG bestellt wird.
2. Sachverhaltsfeststellung
Die BE AA & AB AA OG wurde am 30.3.1994 ins Unternehmensregister eingetragen, hat ihren Sitz in AE und betreibt unter anderem das Lokal „BH“, BI 8, AD AE.
Unbeschränkt haftende Gesellschafter sind AB AA und BE AA. Mit 4.1.2017 wurde BE AA als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG für das Lokal – Cafe BH und den sachlichen Zuständigkeitsbereich „AschG, AZG, ARG, ASVG und die darauf basierenden Verordnungen sowie VO561, VO3821 und VO165/2014“ bestellt.
Ursprünglich war BB BA für die Arbeit als Kellner bzw Barkeeper für Freitag, 2.6.2017, im Lokal BH eingeteilt. Am Vorabend versuchte BB BA seinen Chef BE AA telefonisch zu erreichen. Er wollte diesem mitzuteilen, dass er krankheitsbedingt seinen Dienst am 2.6.2017 nicht antreten kann. Da BB BA BE AA nicht erreichen konnte, rief dieser die damalige Lebensgefährtin von BE AA, AX AW, am Handy an und teilte ihr diesen Umstand mit.
Von dieser Information erlangte BE AA Kenntnis.
Am 2.6.2017 führten Organe der Finanzpolizei des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See eine Kontrolle um 13:30 Uhr im Lokal BH durch. Dabei wurde AX AW arbeitend im Lokal angetroffen. Die Arbeitnehmerin wurde vor Arbeitsantritt nicht bei der Salzburg Gebietskrankenkasse zu Pflichtversicherung als vollversicherte oder teilversicherte Personen angemeldet.
AX AW hatte schon zuvor als Kellnerin im Lokal BH gearbeitet und war vorher auch angemeldet.
3. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich grundsätzlich auf den vorliegenden Verwaltungsakt sowie auf das Ergebnis der durchgeführten Beschwerdeverhandlung.
Die Umstände der Firma BE AA & AB AA OG sind im Auszug des Unternehmensregisters ebenso ersichtlich wie die unbeschränkt haftenden Gesellschafter. Die Eigenschaft von BE AA als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 VStG ergibt sich aus der dahingehenden Urkunde. Auch wenn diese Urkunde erst im Beschwerdeverfahren nach der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde, bestehen gegen deren Echtheit keine Bedenken.
Die Umstände über die Kontaktaufnahme von BB BA gründen auf dessen glaubwürdigen Aussagen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg.
Entgegen den Angaben von BE AA in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg hat dieser sehr wohl Kenntnis von der Vertretung durch AX AW erlangt. Dies lässt sich erstens aus der Intention von BB BA ableiten, BE AA über seine Krankheit zu informieren. Telefonisch wurde – wie dieser als Zeuge angibt – von AX AW auch mitgeteilt, dass BE AA darüber informiert wird. Als BB BA am darauffolgenden Tag, 2.6.2017, den Schlüssel im Lokal an AX AW übergeben hat, wurde ihm zweitens von dieser mitgeteilt, dass BE AA „dann kommen wird“. Dies deutet auf eine Absprache zwischen AX AW und BE AA hin. Drittens widerspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Arbeitsnehmerin AX AW einen Dienst im Lokal übernimmt ohne entsprechende Mitteilung an ihren Lebensgefährten und Lokalbetreiber, mit dem diese – laut Aussage des Zeugen BB BA – „immer zusammen ist“. Die Verantwortung des Beschwerdeführers BE AA, von der Absprache zwischen B BA und AX AW nichts gewusst zu haben, ist demnach als Schutzbehauptung zu werden.
Die Feststellungen zum Ablauf der Kontrolle der Finanzpolizei gründen sich auf die dabei angefertigte Dokumentation sowie auf die glaubwürdigen Aussagen von BM BN, die bei der Kontrolle anwesend war.
Das Landesverwaltungsgericht hat hiezu erwogen:
Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen lauten (auszugsweise) wie folgt:
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG, BGBl 1955/189 idF I 2016/44)
Beschäftigung im Inland
§ 3. (1) Als im Inland beschäftigt gelten unselbständig Erwerbstätige, deren Beschäftigungsort (§ 30 Abs. 2) im Inland gelegen ist, selbständig Erwerbstätige, wenn der Sitz ihres Betriebes im Inland gelegen ist.
An- und Abmeldung der Pflichtversicherten
§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).
(1c) Die Anmeldung durch Unternehmen, die bescheidmäßig als Scheinunternehmen nach § 35a festgestellt wurden, ist unzulässig und gilt nicht als Meldung nach § 41. Die davon betroffenen Personen sind nach § 43 Abs. 4 zur Auskunftserteilung aufzufordern.
(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.
Dienstgeber
§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften
§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt oder
5. gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger einen Ausweis oder eine sonstige Unterlage zur Feststellung der Identität nicht vorzeigt oder
6. gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte nicht erteilt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar
? mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,
? bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
(3) Die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach Abs. 2 beträgt ein Jahr.
(4) Die Versicherungsträger und die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben, sind verpflichtet, alle ihnen auf Grund der Betretung zur Kenntnis gelangenden Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 1 bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen.
(5) Die Verwaltungsübertretung gilt als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt.
Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren
§ 111a. (1) Die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben, die entgegen § 33 Abs. 1 nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet wurden, haben in den Verwaltungsstrafverfahren nach § 111 Parteistellung und sind berechtigt, gegen Entscheidungen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Verzichten sie auf die Parteistellung, so tritt der Versicherungsträger in diese Parteistellung ein. Der Verzicht ist gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde ausdrücklich zu erklären; diese hat den Versicherungsträger davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Der Verzicht bewirkt die Unterbrechung aller in Betracht kommenden Verfahrensfristen.
(2) In den Verwaltungsstrafverfahren nach den §§ 111, 112 und 112a hat der Versicherungsträger, der die Ordnungswidrigkeit bei der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt hat, Parteistellung und ist berechtigt, gegen Entscheidungen Beschwerde beim Verwaltungsgericht und Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG, BGBl 1991/52 idF I 2016/120)
§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.
(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.
(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.
(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerdeführer ist unbeschränkt haftender Gesellschafter und Geschäftsführer der BE AA & AB AA OG mit Sitz in AE. Aufgrund der vorliegenden Urkunde ist allein BE AA als verantwortlicher Beauftragter bestellt. Eine solche Bestellung ist formfrei (VwGH 1.10.2014, Ra 2014/09/0021; 24.3.1994, 92/18/0176). Aus Ermangelung eines Neuerungsverbotes ist diese – nunmehr vor dem Landesverwaltungsgericht vorgelegte – Bestellung (VwGH 11.10.2000, 2000/03/0097) aufgrund des Beginns mit 4.1.2017 im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zu berücksichtigen (VwGH 24.3.1994, 92/18/0176). Der sachliche Zuständigkeitsbereich deckt sich mit dem Verfahrensgegenstand. Es ist somit für allfällige Übertretungen ausschließlich BE AA verwaltungsstrafrechtlich gemäß § 9 VStG verantwortlich, nicht jedoch der Beschwerdeführer.
Demnach ist der Beschwerdeführer für die gegenständliche Beschäftigung der Arbeitnehmerin AX AW im Lokal BH nicht gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Somit erübrigt sich eine weitere inhaltliche Prüfung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung.
Aufgrund der Stattgebung der Beschwerde sind dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 8 VwGVG keine Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hatte – bezogen auf den Einzelfall – zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; vgl die in dieser Entscheidung zitierte Judikatur des Gerichtshofes. Weiters ist die zu den maßgebenden materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, soweit relevant, auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschäftigungsrecht, Bestellung eines VerantwortlichenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.7.439.1.9.2018Zuletzt aktualisiert am
24.05.2018