Entscheidungsdatum
28.03.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
ASVG §33Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Priv.-Doz. Dr. Gregor Heißl, E.MA über die Beschwerden von AB AA und BA AA, beide AF 102, AD AE, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. AH AG, AI 12/II, 5020 Salzburg, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (belangte Behörde) vom jeweils 25.8.2017, 30308-369/150770-2016 (AB AA, 405-7/441-2018) und 30308-369/150769-2016 (BA AA, 405-7/442-2018)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 9 Abs 1 VStG iVm §§ 111 Abs 1 Z 1 iVm 33 Abs 1 ASVG werden den Beschwerden Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind den Beschwerdeführern keine Verfahrenskosten für
die Beschwerdeverfahren aufzuerlegen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen
Mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom jeweils 25.8.2017, 30308-369/150770-2016 betreffend AB AA und 30308-369/150769-2016 betreffend BA AA wurde den Beschwerdeführern – wortgleich – Folgendes vorgeworfen:
„Angaben zur Tat:
Zeit der Begehung: 19.10.2016 (Feststellungszeitpunkt)
Ort der Begehung: AD AE, AF 102 (Firmensitz)
Sie haben als Gesellschafter und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen befugte Organ der Firma BB OG, mit Sitz in AD AE, AF 102, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Dienstgeberin die Dienstnehmerin AN AM, SV-Nr. AO xx zumindest ab 04.08.2016 beschäftigt hat und die Dienstnehmerin geringfügig zur Sozialversicherung angemeldet wurde, obwohl (ein) Fahrtko(s)tenzuschuss von € 110,00 vereinbart wurde und durch diese Verei(n)barung die Geringfügigkeitsgrenze € 415,72 überschritten wurde, liegt somit eine Falschmeldung vor.“
Deshalb haben die Beschwerdeführer – so die angefochtenen Straferkenntnisse wortgleich weiter – jeweils eine Übertretung gemäß § 111 Abs 1 und 2 iVm § 33 Abs 1 ASVG begangen, weshalb jeweils eine Strafe gemäß § 111 Abs 2 ASVG in der Höhe von € 730 (Ersatzfreiheitsstrafe 114 Stunden) verhängt wird. Zusätzlich wird der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG in der Höhe von jeweils € 73 vorgeschrieben.
Die belangte Behörde stützt diese Bestrafung auf eine Anzeige der Finanzpolizei des Finanzamts Salzburg-Land vom 3.11.2016. Dieser zufolge sei am 19.10.2016 um 8:45 Uhr AN AM, geboren AO, in den Räumlichkeiten der Finanzpolizei erschienen und habe – zusammengefasst – angegeben, dass aufgrund eines vereinbarten Fahrtkostenzuschuss in der Höhe von € 110 und in bar ausbezahlten Überstunden die tatsächlich angemeldete Geringfügigkeit als Angestellte des Unternehmens BB OG überschritten worden sei.
In den fristgerecht erhobenen – ebenfalls weitgehend wortgleichen – Beschwerden vom 27.9.2017 bringen die Beschwerdeführer – wiederum zusammengefasst – vor, es sei nie ein Fahrkostenzuschuss vereinbart worden, weshalb auch die geringfügige Anmeldung in der Höhe von Euro 390,60 nicht überschritten worden sei. Das dahingehende Motiv von AN AM diese falschen Anschuldigungen zu erheben, sei eine „Revancheaktion“ für die fristlose Entlassung und der damit verbundenen Einleitung eines Strafverfahrens beim BG Neumarkt am Wallersee. Für den Beschwerdeführer AB AA wird darüber hinaus vorgebracht, er sei lediglich 20% Gesellschafter der BB OG und daher nicht Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG. Aus diesem Grund wird beantragt, eine mündliche Verhandlung samt Aufnahme der beantragten Beweise durchzuführen, die angefochtenen Straferkenntnisse ersatzlos aufzuheben und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu die Strafen auf € 365 zu reduzieren.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde vom Landesverwaltungsgericht Salzburg am 14.12.2017 für die Verfahren 7/441 und 7/442-2017 gemeinsam durchgeführt. Zu dieser Verhandlung sind beide Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrem Rechtsvertreter RA Dr. AH AG sowie BC BD für die Finanzpolizei des Finanzamts Salzburg-Land erschienen. Neben den beiden Beschwerdeführern wurde AN AM als Zeugin einvernommen. In dieser Verhandlung wurden unter anderem die gekürzte Urteilsausfertigung des BG Neumarkt bei Salzburg vom 26.1.2017, 7 U 75/16x-9 sowie zahlreiche weitere – sowohl von Beschwerdeführervertreter als auch vom Vertreter der Finanzpolizei vorgelegte – Schriftstücke zum Protokoll genommen.
Im Rahmen der Rechtshilfe wurde vom Landesgericht Salzburg die – vom Beschwerdeführervertreter beantragte – gekürzte Urteilsausfertigung vom 14.6.2007, 31 Hv 78/07i sowie vom Bezirksgericht Salzburg das Urteil vom 7.6.2006, 29 U 429/05g übermittelt. Dazu gaben sowohl der Beschwerdeführervertreter als auch der Vertreter der Finanzpolizei Stellungnahmen ab.
2. Sachverhaltsfeststellung
Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 14.6.2007, 31 Hv 78/07i wurde AN AM wegen dem Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1, 2. Fall StGB verurteilt. Sie hat einen näher bezeichneten Mann dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, indem sie diesen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 210 Abs 1 StGB falsch verdächtigt hat, obwohl sie wusste (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch war.
Die Beschwerdeführer sind unbeschränkt haftende Gesellschafter der BB OG. Mit 4.8.2016 wurde AN AM als Reinigungskraft der BB OG bei der Gebietskrankenkasse als geringfügig Beschäftigte mit zehn Stunden pro Woche angemeldet. Im Dienstvertrag vom 8.8.2016, unterschrieben von BA AA und AN AM, wird als wöchentliche Normalarbeitszeit fünf Tage bzw zehn Stunden pro Woche und ein Bruttomonatsgehalt von € 390,60 vereinbart.
Im Rahmen des Bewerbungsgespräches, welches zwischen beiden Beschwerdeführern einerseits und AN AM andererseits geführt wurde, ist auch über ein allfälliges Fahrtgeld in der Höhe von ca € 110 gesprochen worden.
Nicht festgestellt werden kann, dass in diesem Bewerbungsgespräch das Fahrtgeld für jeden Monat aufgrund der von AN AM zurückgelegten Strecke von ihrem Wohnort in AQ zum Sitz der BB OG nach AE vereinbart wurde.
Einen Tag nach dem Bewerbungsgespräch hat AN AM bei der BB OG zu arbeiten begonnen. Die Arbeitnehmerin ist dabei jeweils mit ihrem Privat-PKW von ihrem Wohnort in AQ zum Sitz der BB OG nach AE gefahren. Am dortigen Parkplatz stellte diese ihren Privat-PKW ab und fuhr gemeinsam mit einem der Beschwerdeführer zu den jeweiligen Einsatzorten. Während des zweiwöchigen Urlaubes der Beschwerdeführer im September 2016 fuhr AN AM mit ihrem Privat-PKW zu den Einsatzorten. Dafür wurde das Fahrtgeld abgerechnet und in bar ausbezahlt.
Der Gehalt wurde von der BB OG jeweils auf das Konto von AN AM überwiesen.
Nicht festgestellt werden konnte, dass der Lohn für darüber hinaus geleistete Überstunden in bar von einem der Beschwerdeführer an AN AM übergeben wurde.
Am 3.10.2016 hat AN AM Bargeld in der Höhe von € 2.150 während ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft für die BB OG bei der Firma BE GmbH entwendet. Als AN AM zwei Tage später ihren Dienst wieder antrat, wurde diese von der Polizei einvernommen, wobei sie den Diebstahl gestanden hat. Daraufhin sprachen die Beschwerdeführer die fristlose Entlassung aus. Im Anschluss daran gab AN AM die ihr anvertrauten Putzutensilien im Gesamtwert von € 343,72 in stark verunreinigtem und somit unbrauchbarem Zustand zurück.
Die Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse erfolgte mit 5.10.2016, eingelangt am 6.10.2016, worin als Abmeldegrund fristlose Entlassung angegeben ist.
Am 19.10.2016 ist AN AM aus freien Stücken bei der Finanzpolizei erschienen und hat – zusammengefasst – angegeben, dass ein Fahrtgeld für den Weg von AQ nach AE in der Höhe von € 110 pro Monat schon im Bewerbungsgespräch vereinbart worden sei. Darüber hinaus gab AN AM an, die Überstunden in bar ausbezahlt bekommen zu haben. Ein dahingehender Betrag in der Höhe von € 240 sei ihr in einem Kuvert mit der August-Lohnabrechnung von AB AA persönlich übergeben worden.
Mit Urteil des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 31.1.2017, 7 U 75/16x, wurde AN AM aufgrund der oben genannten Umstände wegen Diebstahl und Veruntreuung rechtskräftig verurteilt und ihr die Bezahlung von € 343,72 an die BB OG aufgetragen.
3. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich grundsätzlich auf den vorliegenden Verwaltungsakt, das Ergebnis der durchgeführten Beschwerdeverhandlung sowie auf die von den Parteien bzw im Rahmen der Rechtshilfe eingeholten Schriftstücke und Unterlagen.
Das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14.6.2007, 31 Hv 78/07i, der Dienstvertrag zwischen AN AM und der BB OG, die An- und Abmeldebestätigungen bei der Gebietskrankenkasse und die monatlichen Lohnabrechnungen befinden sich im Akt und wurden in der mündlichen Verhandlung verlesen.
Dass im Bewerbungsgespräch, an dem die Beschwerdeführer und AN AM teilnahmen, über ein Fahrtgeld in der Höhe von ca € 110 gesprochen wurde, gaben alle an diesem Gespräch beteiligten Personen übereinstimmend an. Die Divergenzen finden sich schließlich im Detail: Die Beschwerdeführer wollen ein allfälliges Fahrtgeld nur in Aussicht gestellt haben, wenn vom Sitz der BB OG in AE zu den jeweiligen Einsatzorten mit dem Privat-PKW gefahren wird. Im Gegensatz dazu besteht AN AM auf der Vereinbarung des Fahrtkostenzuschusses pro Monat für ihre Anfahrt von ihrem Wohnort in AQ zum Sitz der BB OG in AE.
Die dahingehenden Negativfeststellungen beruhen auf folgenden Überlegungen: Für die Annahme eines fixen monatlichen Fahrtgeldes vom Wohnort der Arbeitnehmerin zum Sitz des Unternehmens spricht erstens die vom Vertreter der Finanzpolizei vorgebrachte Hochrechnung, bei der die täglich zurückgelegte Fahrtstrecke mit der Anzahl der Arbeitstage pro Monat multipliziert wird, um schließlich den durchschnittlich für Benzin aufgewendeten Betrag für diese Distanz zu errechnen. Dieser entspricht in etwa einem Betrag von € 110 pro Monat. Zweitens hat die Arbeitnehmerin sowohl in der Niederschrift am 19.10.2016 als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 14.12.2017 jeweils unter Wahrheitspflicht übereinstimmend ihre Version vertreten. Drittens haben beide Beschwerdeführer demgegenüber als Beschuldigte ohne Wahrheitspflicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg ausgesagt.
Gegen die Annahme eines fixen monatlichen Fahrtgeldes vom Wohnort der Arbeitnehmerin zum Sitz des Unternehmens ist erstens die eingeschränkte Glaubwürdigkeit von AN AM ins Treffen zu führen. So wurde diese schon einmal wegen Verleumdung verurteilt. Freilich ist – wie der Vertreter der Finanzpolizei zutreffend anführt – diese Verurteilung vor über zehn Jahren inzwischen wohl getilgt. Trotzdem spielt diese bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin eine Rolle. Zweitens ist AN AM nach der – aufgrund des Urteils des BG Neumarkt am Wallersee arbeitsrechtlich einwandfreien – fristlosen Entlassung aus freien Stücken an die Finanzpolizei herangetreten, was den Verdacht einer – von den Beschwerdeführern vorgebrachten – „Revancheaktion“ aufkommen lässt. Drittens hat AN AM als Zeugin selbst angegeben, das aus ihrer Sicht monatlich vereinbarte Fahrtgeld zusammen mit dem Lohn für die geleisteten Überstunden nur einmal erhalten zu haben. In einem zeitlichen Naheverhältnis hat die Arbeitnehmerin aber gerade die Strecke zwischen dem Unternehmenssitz in AE zu den jeweiligen Einsatzorten mit ihrem Privat-PKW zurückgelegt, da sich die Beschwerdeführer auf Urlaub befanden. Dieser Umstand wird übereinstimmend von den Beschwerdeführern als auch von AN AM angegeben. Auch ist in diesem Zusammenhang nicht auszuschließen, dass der von der Beschwerdeführerin BA AA angegebene, in bar ausbezahlte und auf der Lohn-Gehaltsabrechnung Oktober 2016 ausgewiesene Vorschuss auch in diesem Zusammenhang ausbezahlt wurde. Viertens ist nach Einvernahme aller drei am Bewerbungsgespräch beteiligten Personen ebenfalls nicht auszuschließen, dass beim gleichen Gesprächsgegenstand „Fahrtgeld“ von allen Beteiligten unterschiedliche Aspekte und Kriterien gemeint gewesen sind.
Unter Betrachtung und Abwägung der verschiedenen Argumente reichen somit die vorliegenden Beweise für eine Feststellung in diesem so zentralen Punkt nicht aus. Es bestehen Zweifel an dem Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale.
Die Feststellungen hinsichtlich der Anfahrt und dem Ablauf der täglichen Tätigkeiten sowie der Überweisung des jeweiligen Gehaltes auf das Konto der Arbeitnehmerin entsprechen den übereinstimmenden Aussagen der Beschwerdeführer und der Arbeitnehmerin.
Die Negativfeststellung hinsichtlich der Auszahlung von geleisteten Überstunden basiert erstens auf den schon oben zur Glaubwürdigkeit der Zeugin AN AM getätigten Ausführungen. Zweitens ist es möglich, dass mit dem nur einmal ausbezahlten Lohn für die geleisteten Überstunden auch der korrekt abgerechnete Vorschuss gemeint gewesen sein könnte.
Die Umstände die zur fristlosen Entlassung geführt haben entsprechen weitgehend dem Urteilsspruch des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 31.1.2017, 7 U 75/16x.
Die Umstände, die zur Niederschrift am 19.10.2016 geführt haben, sowie deren Inhalt befinden sich im Akt und wurden in der mündlichen Verhandlung verlesen.
Das Landesverwaltungsgericht hat hiezu erwogen:
Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen lauten (auszugsweise) wie folgt:
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG, BGBl 1955/189 idF I 2016/44)
Beschäftigung im Inland
§ 3. (1) Als im Inland beschäftigt gelten unselbständig Erwerbstätige, deren Beschäftigungsort (§ 30 Abs. 2) im Inland gelegen ist, selbständig Erwerbstätige, wenn der Sitz ihres Betriebes im Inland gelegen ist.
An- und Abmeldung der Pflichtversicherten
§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).
(1c) Die Anmeldung durch Unternehmen, die bescheidmäßig als Scheinunternehmen nach § 35a festgestellt wurden, ist unzulässig und gilt nicht als Meldung nach § 41. Die davon betroffenen Personen sind nach § 43 Abs. 4 zur Auskunftserteilung aufzufordern.
(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.
Dienstgeber
§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften
§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt oder
5. gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger einen Ausweis oder eine sonstige Unterlage zur Feststellung der Identität nicht vorzeigt oder
6. gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte nicht erteilt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar
? mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,
? bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
(3) Die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach Abs. 2 beträgt ein Jahr.
(4) Die Versicherungsträger und die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben, sind verpflichtet, alle ihnen auf Grund der Betretung zur Kenntnis gelangenden Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 1 bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen.
(5) Die Verwaltungsübertretung gilt als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt.
Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren
§ 111a. (1) Die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben, die entgegen § 33 Abs. 1 nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet wurden, haben in den Verwaltungsstrafverfahren nach § 111 Parteistellung und sind berechtigt, gegen Entscheidungen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Verzichten sie auf die Parteistellung, so tritt der Versicherungsträger in diese Parteistellung ein. Der Verzicht ist gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde ausdrücklich zu erklären; diese hat den Versicherungsträger davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Der Verzicht bewirkt die Unterbrechung aller in Betracht kommenden Verfahrensfristen.
(2) In den Verwaltungsstrafverfahren nach den §§ 111, 112 und 112a hat der Versicherungsträger, der die Ordnungswidrigkeit bei der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt hat, Parteistellung und ist berechtigt, gegen Entscheidungen Beschwerde beim Verwaltungsgericht und Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG, BGBl 1991/52 idF I 2016/120)
§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
(2) Wird die Einstellung verfügt, so genügt ein Aktenvermerk mit Begründung, es sei denn, daß einer Partei gegen die Einstellung Beschwerde beim Verwaltungsgericht zusteht oder die Erlassung eines Bescheides aus anderen Gründen notwendig ist. Die Einstellung ist, soweit sie nicht bescheidmäßig erfolgt, dem Beschuldigten mitzuteilen, wenn er nach dem Inhalt der Akten von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wußte.
Rechtliche Beurteilung
Tatvorwurf
Die Beschwerdeführer sind unbeschränkt haftende Gesellschafter der BB OG und somit gemäß § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG von der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankversicherungsträger anzumelden. § 111 Abs 1 Z 1 ASVG stellt dabei unter Strafe, wer Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.
Der zentrale Tatvorwurf in den angefochtenen Straferkenntnissen geht dahin, dass zusätzlich zum Gehalt ein monatlicher Fahrtkostenzuschuss von € 110 vereinbart und zusammen mit geleisteten Überstunden in bar ohne Anmeldung ausbezahlt wurden. Dadurch sei die Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden, weshalb eine Falschmeldung vorliege. Diese Tatbestandsmerkmale konnten durch das umfassende vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht erwiesen werden. Wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, konnten die Sachverhaltsfeststellungen nicht zweifelsfrei getroffen werden.
Die vorliegenden Beweise reichen für einen Schuldspruch nicht aus (VwSlg 15.295 A/1999; VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195). Es bestehen erhebliche Zweifel am Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale, weshalb der Grundsatz in dubio pro reo zur Anwendung kommt (VwSlg 10.033 A/1980).
Wenn dem Beschuldigten die zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann, hat die Behörde gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen. Da diese Regelung gemäß § 38 VwGVG auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren Anwendung findet, war spruchgemäß zu entscheiden.
Aufgrund der Stattgebung der Beschwerde sind den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs 8 VwGVG keine Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hatte – bezogen auf den Einzelfall – zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; vgl die in dieser Entscheidung zitierte Judikatur des Gerichtshofes. Weiters ist die zu den maßgebenden materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, soweit relevant, auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschäftigungsrecht, Beweiswürdigung, Reinigungsfirma, Fahrtkosten, Überstunden, "schwarz" bezahlt, GlaubwürdigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.7.441.1.23.2018Zuletzt aktualisiert am
24.05.2018