TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/14 99/18/0269

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Veröffentlicht am 14.03.2000
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Index

E6J;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

61983CJ0267 Aissatou Diatta VORAB;
EheG §27;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §48 Abs1;
FrG 1997 §49 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des Z in Wien, geboren am 6. Jänner 1962, vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 31. Mai 1999, Zl. SD 1057/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 31. Mai 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß "§ 36 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 48" Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit August 1990 in Österreich und habe zunächst einen bis 12. April 1991 befristeten Sichtvermerk erhalten. Am 29. Juli 1991 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und daraufhin einen Befreiungsschein erhalten. Unter Vorlage dieses Befreiungsscheines und einer Arbeitsbestätigung habe er am 7. April 1993 einen Sichtvermerk beantragt. Er habe einen solchen mit einer Gültigkeitsdauer bis 12. Jänner 1994 und im Anschluss daran eine Aufenthaltsbewilligung bis 15. Oktober 1996 erhalten. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 7. Juni 1992 sei eine Ehenichtigkeitsklage gemäß § 23 Ehegesetz abgewiesen worden, weil nicht habe festgestellt werden können, dass die Ehe auch zum Zweck des erleichterten Erwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft geschlossen worden sei. Hingegen sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin nur deshalb geschlossen habe, um eine Arbeitsgenehmigung zu erhalten und die Aufnahme einer ehelichen Gemeinschaft nie beabsichtigt gewesen und auch nie erfolgt sei. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. April 1997 sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung wegen des Eingehens einer Scheinehe abgewiesen worden. Gegen diese Entscheidung habe der Beschwerdeführer eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, über die das Verfahren noch anhängig sei.

Der Beschwerdeführer sei am 30. September 1997 und am 22. Oktober 1997 jeweils wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gemäß § 5 Abs. 1 StVO und wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne die hiefür erforderliche Berechtigung gemäß § 64 Abs. 1 iVm Abs. 5 KFG rechtskräftig bestraft worden. Da der Beschwerdeführer seit 20. Oktober 1998 an einer Wiener Adresse wohne, ohne dort polizeilich gemeldet zu sein, sei er von der Erstbehörde am 30. Oktober 1998 wegen Übertretung des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden. Aufgrund der beiden rechtskräftigen Bestrafungen nach § 5 Abs. 1 StVO und der Bestrafung wegen Übertretung des Meldegesetzes sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG gegeben. Das dargestellte Gesamtfehlverhalten beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit in erheblichem Maß, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grund der §§ 36 Abs. 1 und 48 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise.

Nach seinem eigenen Vorbringen habe der Beschwerdeführer zu seiner im Inland lebenden geschiedenen Gattin und den beiden gemeinsamen Kindern nur insofern Kontakt, als er für die Kinder unterhaltspflichtig sei. Da er somit weder mit seiner früheren Gattin und den Kindern, noch mit seiner derzeitigen (österreichischen) Gattin oder einer anderen Person im gemeinsamen Haushalt lebe, könne von einem Eingriff in das Familienleben nicht gesprochen werden. Im Hinblick auf die aufrechte Beschäftigung des Beschwerdeführers und seinen langjährigen inländischen Aufenthalt sei jedoch von einem Eingriff in das Privatleben auszugehen. Dieser sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers habe nämlich sehr deutlich gezeigt, dass er nicht willens oder in der Lage sei, die für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten. Abgesehen davon, dass er einen Befreiungsschein und in weiterer Folge einen Aufenthaltstitel nur durch das Eingehen einer Scheinehe erlangt habe, stelle das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein "extrem sicherheitsgefährdendes" Verhalten dar, welches zu den gröbsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung zähle.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer erst seit April 1993 - und dies auch nur wegen des Eingehens einer Scheinehe - hier rechtmäßig niedergelassen sei. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration werde durch das strafbare Verhalten entsprechend gemindert. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen. Seinen Unterhaltsverpflichtungen könne der Beschwerdeführer auch vom Ausland aus nachkommen.

Da der Beschwerdeführer erst seit April 1993 in Österreich durchgehend rechtmäßig niedergelassen sei, stünden der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Bestimmungen der §§ 35 und 38 FrG nicht entgegen. Da der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz noch nicht ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet habe, stehe auch § 48 FrG der Erlassung dieser Maßnahme nicht entgegen. Mangels besonderer, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessens abgesehen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "wegen Verletzung subjektiver Rechte (zu) beheben".

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer ist unstrittig mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Nach § 49 Abs. 1 erster Satz FrG genießen Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3 FrG, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes Gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt des 4. Hauptstückes dieses Gesetzes. Zu den in § 47 Abs. 3 FrG genannten Angehörigen zählt u.a. der Ehegatte (Z. 1), ohne dass der Gesetzgeber hier auf ein gemeinsames Familienleben abstellt. Da sich gemäß § 27 Ehegesetz niemand auf die Nichtigkeit einer Ehe berufen kann, solange nicht die Ehe durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist, kommt es für die Stellung als begünstigter Angehöriger eines Österreichers auch nicht darauf an, ob Gründe für die Nichtigerklärung einer (formal bestehenden) Ehe vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0326). Die Ansicht der belangten Behörde, dass auf den Beschwerdeführer die Bestimmung des § 48 FrG Anwendung findet, begegnet daher keinen Bedenken.

Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes unter dem Blickwinkel des § 48 Abs. 1 FrG - wie unter 3. dargestellt, frei von Rechtsirrtum - beurteilt hat, bewirkte es auch keine Verletzung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers, wenn sie diese Maßnahme - wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides deutlich ersichtlich - auch auf § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 2 FrG gestützt hat. Die Bestimmungen des § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 FrG sind bei der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist, weiterhin insofern von Bedeutung, als ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der in § 36 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. genannten Voraussetzungen erlassen werden darf und auf den Katalog des § 36 Abs. 2 leg. cit. als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden kann (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 99/18/0326).

2. Der Beschwerdeführer bestreitet seine von der belangten Behörde festgestellten Bestrafungen nicht. Da schon aufgrund der beiden Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des - wie dargestellt als Orientierungsmaßstab heranzuziehenden - § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei, unbedenklich ist, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob es sich bei der der Bestrafung des Beschwerdeführers nach dem Meldegesetz zu Grunde liegenden Tat um eine schwer wiegende Übertretung dieses Gesetzes handelt.

3. Der Beschwerdeführer hat unstrittig die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen geschlossen. Ein derartiger Missbrauch des Rechtsinstitutes der Ehe stellt eine Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens und solcherart eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis, Zl. 99/18/0326 mwN).

Die bereits am 29. Juli 1991 erfolgte Eheschließung des Beschwerdeführers könnte zwar - abgesehen davon, dass nicht feststeht, ob dafür ein Vermögensvorteil geleistet worden ist (siehe § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG) - für sich allein die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schon deshalb nicht rechtfertigen, weil sie bereits mehr als fünf Jahre zurückliegt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0252 mwN). Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 48 Abs. 1 erster Satz iVm § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG durfte die belangte Behörde jedoch entgegen dem Beschwerdevorbringen neben dem primär herangezogenen, den festgestellten Bestrafungen zu Grunde liegenden Fehlverhalten auch die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe berücksichtigen.

Aufgrund der von alkoholisierten Fahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefährdung der Sicherheit im Straßenverkehr und der beschriebenen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens durch das rechtsmissbräuchliche Eingehen einer Ehe begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 48 Abs. 1 erster Satz iVm § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.

4. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde den langjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers und - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch seine Berufstätigkeit berücksichtigt. Die sich daraus ergebende Integration ist jedoch in ihrem Gewicht dadurch ganz wesentlich gemindert, dass die diesbezüglichen Berechtigungen nur auf die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zurückzuführen sind (vgl. etwa das zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangene, auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, Zl. 95/18/1049). Anders als der Beschwerdeführer meint bedeutet es keine zusätzliche Verstärkung der persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet, dass er bereits einen wesentlichen Teil der in § 48 Abs. 1 zweiter Satz FrG genannten Wohnsitzfrist von zehn Jahren im Bundesgebiet verbracht hat. Die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen im Inland lebenden Kindern ist zwar - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - bei der Interessenabwägung gemäß § 37 FrG jedenfalls zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zlen. 99/18/0015, 0033, wonach es nur bei anderen Verwandten als Eltern und Kindern auf das Bestehen eines Haushaltsgemeinschaft ankommt). Dessen ungeachtet verliert diese Beziehung durch das fehlende Zusammenleben an Gewicht. Den somit nicht stark ausgeprägten persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet steht gegenüber, dass der Beschwerdeführer durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand und ohne die erforderliche Lenkerberechtigung, welches Verhalten er trotz einschlägiger Bestrafung wiederholt hat, das große öffentliche Interesse an der Wahrung der Sicherheit im Straßenverkehr und durch die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin das gleichermaßen große öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen erheblich beeinträchtigt hat. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist der Zeitraum seit der letzten Bestrafung wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO am 22. Oktober 1997 noch keineswegs so lang, um von einem Wegfall oder auch nur einer entscheidenden Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr sprechen zu können. Von daher begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.) keinen Bedenken.

5. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr auch bei der Entscheidung nach § 48 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen (vgl. abermals das hg. Erkenntnis, Zl. 99/18/0326) von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte.

6.1. Der Beschwerdeführer meint, das Aufenthaltsverbot sei gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 35 Abs. 2 FrG unzulässig und führt dazu ins Treffen, dass er mit einer "Lücke" im Zeitraum von April 1991 bis April 1993, in der er über keinen Aufenthaltstitel verfügt habe, seit 1990 im Bundesgebiet rechtmäßig auf Dauer niedergelassen sei. Auch während dieser "Lücke" habe er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen im Bundesgebiet gehabt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 98/19/0230) sei in solchen Fällen ein weiterer Aufenthaltstitel zu erteilen. Daraus folge, dass auch bei Berechnung der Dauer der ununterbrochenen und rechtmäßigen Niederlassung gemäß § 35 Abs. 2 FrG eine zwischen zwei Zeiträumen der berechtigten Niederlassung gelegene Zeitspanne, in der der Fremde über keinen Aufenthaltstitel verfügt habe, mit zu berücksichtigen sei. Eine andere Sichtweise würde zu dem unsachlichen Ergebnis führen, dass auch bei einem Fremden, der sich bereits zehn Jahre oder länger rechtmäßig im Inland aufhalte, nach einem unrechtmäßigen Aufenthalt von nur einem Tag die Frist des § 35 leg. cit. neuerlich "bei 0" zu laufen begänne.

6.2. In dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis, Zl. 98/19/0230, hat der Verwaltungsgerichtshof - unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 23. März 1999, Zlen. 98/19/0195, 0196 - ausgeführt, dass Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung von Fremden, die nach Ablauf des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels - wenn auch rechtswidrig - auf Dauer niedergelassen bleiben, als Anträge auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu behandeln sind. Diese vor allem auf § 23 Abs. 1 erster Satz FrG, wonach Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung zu erteilen ist, gestützte Judikatur gibt für die vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht nichts her. Der Verwaltungsgerichtshof hat dort nämlich ausgesprochen, dass es sich beim Aufenthalt nach Ablauf des zuletzt erteilten Titels um einen rechtswidrigen handelt. Der Aufenthalt eines solchen Fremden ist daher - ungeachtet der Möglichkeit, einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu stellen - nicht ununterbrochen rechtmäßig. Ob eine Unterbrechung eines langjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes durch einen nur sehr kurzen - wenige Tage umfassenden - Zeitraum ohne Aufenthaltstitel für den Anwendungsbereich von § 35 Abs. 2 FrG außer Betracht zu bleiben hat, kann vorliegend dahinstehen, weil der rechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers unstrittig durch eine "Lücke" im Ausmaß von zwei Jahren unterbrochen wurde und dabei keineswegs von einem ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt iSd § 35 Abs. 2 FrG gesprochen werden kann. Ebenso kann dahinstehen, ob der Aufenthalt des Beschwerdeführers ab der Eheschließung mit der österreichischen Staatsbürgerin für den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 2 FrG als rechtmäßig anzusehen ist, weil - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Begehung der ersten der den zur Begründung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes herangezogenen Bestrafungen vom 30. September 1997 und vom 22. Oktober 1997 zu Grunde liegende Verwaltungsübertretungen (vgl. den hg. Beschluss vom 17. September 1998, Zl. 95/18/1168 mwN) - seit der Eheschließung noch nicht acht Jahre verstrichen sind.

6.3. Soweit der Beschwerdeführer ausführt, § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG stehe dem Aufenthaltsverbot auch deshalb entgegen, weil eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 oder Z. 2 leg. cit. mangels Vorliegens eines Versagungsgrundes unzulässig wäre, ist ihm zu entgegen, dass das beschriebene Fehlverhalten des Beschwerdeführers sehr wohl einen Versagungsgrund für einen Einreise- oder Aufenthaltstitel gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. (Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit) darstellt.

7. Soweit der Beschwerdeführer § 35 Abs. 1 FrG ins Treffen führt, geht sein Vorbringen ins Leere, weil sich diese Bestimmung nur auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen mangels eigener Unterhaltsmittel, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung eines Gebietskörperschaft bezieht.

8. Der Einwand, der Beschwerdeführer sei - nach Ablauf des zuletzt gültigen Aufenthaltstitels bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides - gemäß § 31 Abs. 4 FrG zum Aufenthalt berechtigt gewesen, ist deshalb nicht zielführend, weil die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstand.

9. Dadurch, dass dem Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen entgegen § 48 Abs. 3 FrG kein Durchsetzungsaufschub in der Dauer von einem Monat gewährt worden ist - nach dem Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift wurde ein solcher Durchsetzungsaufschub von der Erstbehörde am 16. Juli 1999 (somit nach Erlassung des angefochtenen Bescheides) gewährt -, wurde er nicht in Rechten verletzt, ist doch weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ersichtlich, dass innerhalb eines Monates nach Erlassung des angefochtenen Bescheides Maßnahmen zur Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes ergriffen worden seien.

10. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

11. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999180269.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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