Entscheidungsdatum
09.05.2018Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W123 2190870-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. 1101400000-160039527, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger von der Volksgruppe der Hazara, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass er im Iran geboren und aufgewachsen sei. Wann und warum die Eltern des Beschwerdeführers Afghanistan verlassen hätten, wisse der Beschwerdeführer nicht. Der Beschwerdeführer habe niemanden mehr, weder in Afghanistan noch im Iran.
3. Am 24.01.2018 erfolgte die Einvernahme vor der belangten Behörde.
Die Niederschrift lautet auszugsweise:
"[...]
F: Wissen Sie warum Ihre Eltern Afghanistan in den Iran verlassen haben?
A: Das weiß ich nicht, leider. Ich kannte meine Mutter nicht so lange.
F: Wissen Sie aus welcher Proivnz Afghanistans Ihre Eltern stammen?
A: Aus der Proivinz Sar-i - Pul, aus dem Dorf XXXX
[...]
F: Aus welchem Grund suchen Sie in Österreich um Asyl an? Schildern Sie möglichst ausführlich und konkret Ihre Flucht und Asylgründe! (Freie Erzählung)
A: Ich habe niemanden im Iran und niemanden in Afghanistan. Ich bin alleine. Ich habe so viele Probleme. Ich habe überhaupt keine Ahnung von dieser Reise. Als ich meinen Bruder fragen wollte ist er verschwunden. In Griechenland war ich total verloren. Ich kann niemanden. Kannte die Sprache nicht und wusste nicht was passiert. Dort hat jeder nur an sich und seine Familie gedacht.
F: Haben Sie alle Fluchtgründe genannt?
A: Ja."
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 11.03.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).
Der Bescheid lautet auszugsweise:
C) Feststellungen
"Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Zu Ihrer Person:
-
Laut Ihren eigenen Angaben führen Sie den Namen XXXX und sind am
XXXX im Iran geboren. Ihre Identität und Ihr tatsächliches Alter stehen nicht fest.
-
Sie sind schiitischer Moslem, gehören der Volksgruppe der Hazara an und sind afghanischer Staatsbürger.
-
Sie sind im Iran in der Stadt Teheran geboren und aufgewachsen.
-
Sie haben im Iran lediglich eine Koranschule besucht.
-
Sie haben im Iran ein bis zwei Jahre in einer Kartonfabrik gearbeitet.
-
Ihre Eltern sind bereits verstorben. Sie sind ein Waisenkind.
-
Sie reisten illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.
-
Sie sind ledig und kinderlos.
-
Sie sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Zu Ihrem Gesundheitszustand:
-
Sie leiden unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:
-
Sie haben keine Bedrohungs- oder Verfolgungsgründe betreffend Ihre Person in Bezug auf Ihr Herkunftsland Afghanistan geltend gemacht.
-
Sie brachten die schlechten Lebensbedingungen im Iran als Antragsgrund vor.
-
Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie einer aktuellen oder in die Zukunft gerichteten Bedrohung oder Verfolgung in Afghanistan ausgesetzt sind.
Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:
-
Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt wären.
-
Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland einer individuellen, konkreten Bedrohung aufgrund Ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara und zum schiitischen Glauben ausgesetzt sind.
-
Es steht fest, dass Ihnen eine Rückkehr nach Afghanistan derzeit nicht zugemutet werden kann."
[...]
D) Beweiswürdigung
"Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:
Ihren Angaben in der Einvernahme vor der entscheidenden Behörde war unmissverständlich zu entnehmen, dass Sie keine Bedrohung oder Verfolgung betreffend Ihr Herkunftsstaat Afghanistan geltend gemacht haben. Dies erklärender Weise schon deshalb, da Sie selbst angaben, dass Sie im Iran geboren zu sind und sich nie in Afghanistan befunden haben.
Bezeichnender Weise brachten Sie nach Ihren Fluchtgründen befragt Ihre schlechte Lebenssituation im Iran vor, und dass Sie weder im Iran noch in Afghanistan jemanden hätten.
Aufgrund Ihrer Angaben in der Einvernahme vor der entscheidenden Behörde konnte nicht festgestellt werden, dass Sie einer aktuellen oder zukünftigen Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt sind."
[...]
E) Rechtliche Beurteilung
Da Sie weder eine zum Fluchtzeitpunkt bestehende oder zukünftige asylrelevante Verfolgung geltend gemacht haben, noch eine solche im Rahmen des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine Verfolgung maßgeblicher Intensität nicht existent ist.
Laut Ihren eigenen Angaben gehören Sie der Volksgruppe der Hazara an und sind schiitischer Moslem. Eine Verfolgung aufgrund Ihrer Volksgruppe oder Religion schlossen Sie in der Einvernahme vor dem BFA selbst aus und kam auch im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht zutage.
Das BVwG hält diesbezüglich in ständiger Rechtsprechung fest, dass die in Afghanistan immer wieder bestehende Diskriminierung der schiitischen Hazara und die beobachtete Zunahme von Übergriffen gegen Hazara gegenwärtig NICHT ein solches Ausmaß erreiche, dass in Afghanistan lebende schiitische Hazara allein wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen und religiösen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten (vgl. BVwG 27.2.2017, W163 2012754-1; 7.3.2017, W244 2136770-1; 13.3.2017, W244 2137342-1; 13.3.2017, W178 2123121-1; 6.4.2017, W255 2143618-1).
5. Gegen den obgenannten Bescheid der belangten Behörde richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 28.03.2018, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer sich in wesentlichen Aussagen nicht widersprochen habe. Unterstellt werde der Verwaltungsbehörde die Unterlassung der gesetzmäßigen Vorgangsweise im Ermittlungsverfahren, nämlich in allen Verfahrensstadien darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung wesentlichen Angaben gemacht und die dazugehörigen Beweismittel bezeichnet oder ergänzt werden (§ 18 Abs. 1 AsylG). Der Beschwerdeführer habe bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde ausführlich, ob in freier Erzählung oder auf Nachfrage, zu seinen Asylgründen Stellung genommen. Falls asylrelevante Antworten ausgeblieben seien, wäre der Beschwerdeführer ferner bereit gewesen, weiter an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. Dabei habe es die belangte Behörde ihrerseits unterlassen, auf das konkrete individuelle Vorbringen einzugehen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:
Zur Person des Beschwerdeführers wird auf die oben unter Punkt I., Rn 4, zitierten Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen.
Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Afghanistan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.
1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:
Diesbezüglich wird auf die Feststellungen im angefochtenen Bescheid (vgl. "Zur Lage in ihrem Herkunftsstaat", Seite 14 bis 109) verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden.
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu Identität, Sprachkenntnissen, Herkunft und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde und in dem Beschwerdeschriftsatz. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer brachte als fluchtauslösende Ereignisse im Wesentlichen vor, dass er im Iran und in Afghanistan niemanden habe, er allein sei und viele Probleme habe.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Beweiswürdigung des BFA im angefochtenen Bescheid an (siehe oben, I., Rn 4.) und kommt ebenfalls zum Schluss, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnte. Im Übrigen bezieht sich das seitens des Beschwerdeführers erstattete Fluchtvorbingen ausschließlich auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Iran und ist schon aus diesem Grunde nicht von asylrechtlicher Relevanz (siehe dazu unten 3., rechtliche Beurteilung).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl. insbesondere § 1 BFA-VG).
§ 28 VwGVG ("Erkenntnisse") regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
[...]"
Zu Spruchpunkt A)
1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).
Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH vom 19.10.2000, 98/20/0233).
3.3. Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).
"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH vom 09.05.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH vom 30.09.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 28.05.2009, 2007/19/1248; 23.01.1997, 95/20/0303) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).
3.4. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung angemerkt, hat der Beschwerdeführer kein konkretes asylrelevantes Fluchtvorbringen erstattet. Mögliche fluchtauslösende Ereignisse beziehen sich ausschließlich auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Iran. Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen besteht hier schon deshalb nicht, da sich die begründete Furcht vor Verfolgung auf jenes Land beziehen muss, dessen Staatsangehörigkeit der Asylwerber besitzt (in diesem Fall Afghanistan). Die Furcht vor Verfolgung in einem Land, das nicht das Heimatland ist, kann nämlich dadurch abgewendet werden, dass man den Schutz des Heimatlandes in Anspruch nimmt (VwGH 08.11.1989, 89/01/0338). Zudem ist eine Abweisung eines Asylantrages nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn sich die vom Asylwerber konkret geschilderten, seine Person betreffenden Fluchtgründe nicht auf eine Bedrohung in seinem Herkunftsstaat beziehen, sodass insofern keine Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat behauptet wurde (VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).
Zur Lage der Hazara kann auf die oben unter Punkt I., Rn 4, zitierte rechtliche Beurteilung der belangten Behörde verwiesen werden.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat die belangte Behörde ihre amtswegige Ermittlungspflicht nicht verletzt: Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Einvernahme auf die Mitwirkungspflichten gemäß § 15 AsylG 2005 hingewiesen und ausführlich belehrt (vgl. AS 47). Ferner wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, seine Asylgründe vorzubringen. Der Beschwerdeführer wurde am Ende der Befragung nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, ob er Gelegenheit gehabt hatte, alles vorzubringen was ihm wichtig erscheint (vgl. AS 53/54 arg. "F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen? A: Ja."). Die Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer auch rückübersetzt und sowohl der Beschwerdeführer als auch die gesetzliche Vertretung haben durch Ihre Unterschrift die korrekten Angaben des Beschwerdeführers bestätigt.
Daher war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass einer allfälligen - nicht asylrelevanten - Gefährdung des Beschwerdeführers durch die derzeitige Sicherheitslage in Afghanistan im konkreten Fall mit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch die belangte Behörde hinreichend Rechnung getragen wurde.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall zu: Die Abweisung gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids resultiert aus einer reinen Rechtsfrage (keine GFK-Gründe, Fluchtvorbringen außerhalb Afghanistans). Zudem ist das Bundesverwaltungsgericht nicht von der Beweiswürdigung der belangten Behörde abgewichen und waren dem Asylakt sämtliche entscheidungsrelevanten Grundlagen zu entnehmen (insbesondere die Einvernahmeprotokolle).
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Glaubhaftmachung, Herkunftsstaat, individuelle Verfolgungsgefahr,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W123.2190870.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.05.2018