Entscheidungsdatum
14.05.2018Norm
BBG §40Spruch
W238 2182926-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 23.11.2017, OB XXXX, betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 11.08.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.
2. Das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.11.2017 - erstatteten Gutachten vom 23.11.2017 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:
"Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut
Ernährungszustand: gut
Größe: 182,00 cm Gewicht: 106,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Wirbelsäule - Beweglichkeit:
HWS: Kinn-Jugulum Abstand: 2 cm, alle übrigen Ebenen: frei beweglich
BWS: gerade
LWS: Seitneigen nach links bis 40° möglich, nach rechts bis 40° möglich FBA: 10 cm
Obere Extremitäten: Rechtshänder
Rechts: Schultergelenk: Abduktion bis 160° möglich,
Ellenbogengelenk: frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Links: Schultergelenk: Abduktion bis 160° möglich, Ellenbogengelenk:
frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Kraft- und Faustschluss: bds. frei Kreuz- und Nackengriff: bds. möglich Untere Extremitäten:
Rechts: Hüftgelenk: S 0-0-150, F 60-0-50, R 50-0-40
Kniegelenk: S 0-0-140, kein Erguß, bandstabil, Varusfehlstellung
OSG: frei
Links: Hüftgelenk: S 0-0-150, F 60-0-50, R 50-0-40
Kniegelenk: S 0-0-95, kein Erguß, bandstabil, blande Narbe, leichte
Weichteilschwellung, leichte Schwellung am Unterschenkel OSG: frei
Varicen: keine
Füße: bds. o.B.
Zehen- und Fersenstand: bds. möglich
Gesamtmobilität - Gangbild:
Gangbild: leichtes Hinken rechts
Gehbehelf: 1 UA- Stützkrücke
Status Psychicus: wach, orientiert"
Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wurden die Funktionseinschränkungen der Leidensposition
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Kniegelenksabnützung rechts, Kniegelenksteilendoprothese links Unterer Rahmensatz, da eine endlagige funktionelle Einschränkung vorliegt.
02.05.19
20
zugeordnet und
nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. festgestellt. Es handle sich um einen Dauerzustand.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da der Beschwerdeführer mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 20 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Sachverständigengutachten zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Als Beilage zum Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten vom 23.11.2017 übermittelt.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass bei Zustand nach Kniegelenksteilendoprothese links zusätzlich eine erhebliche Verschmälerung des Gelenksspalts im medialen femorotibialen Kompartment und deutliche subchondrale Sklerosierungen auch im rechten Kniegelenk vorliegen würden. Es bestehe somit auch im rechten Kniegelenk eine beträchtliche Gonarthrose. Die erhebliche Verschmälerung des medialen Gelenksspalts sei konservativ nicht behandelbar. Es bestehe daher auch beim rechten Kniegelenk eine Operationsindikation. Insgesamt würden die Gesundheitsschädigungen einen höheren Gesamtgrad der Behinderung bedingen. Der Beschwerde wurde ein Röntgenbefund beigelegt.
Abschließend wurden Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens sowie auf Stattgebung der Beschwerde gestellt.
5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 15.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
6. Das Bundesverwaltungsgericht richtete in der Folge ein Ersuchen an die mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens vom 23.11.2017 befasste Fachärztin für Orthopädie, ihr Gutachten unter Berücksichtigung der anlässlich der Beschwerde erhobenen Einwendungen zu ergänzen. In dem daraufhin aufgrund der Aktenlage erstellten Gutachten vom 24.01.2018 führte die Sachverständige im Wesentlichen Folgendes aus:
"Der BF legt neuerlich ein Röntgen des rechten Kniegelenkes vom 14.07.17 vor, das schon im Rahmen des Gutachtens am 23.11.17 berücksichtigt wurde. Dieses beschreibt eine Gonarthrose, also Kniegelenksabnützung rechts.
Zum Zeitpunkt des Gutachtens lag die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks bei S 0-0-140, das rechte Kniegelenk kann also normal gestreckt und bis 140° gebeugt werden - es liegt also nur eine endlagige Bewegungseinschränkung vor.
Da der Befund schon bekannt war und nur eine endlagige funktionelle Einschränkung vorliegt, kommt es weder zur Einschätzung eines neuen Leidens noch zu einer höheren Einschätzung des bereits am 23.11.17 eingeschätzten Leidens. Auch der Gesamtgrad der Behinderung bleibt unverändert.
Bezüglich des Einwandes des BF, dass auch rechts eine Operationsindikation besteht, ist folgende Feststellung zu treffen:
Es liegt kein orthopädischer Befund vor, der dies belegt. Eine Operationsindikation wird nicht nur anhand eines Röntgenbildes gestellt.
Somit kommt es aus orthopädischer Sicht zu keiner abweichenden Beurteilung der bisherigen Einschätzung."
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.02.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.
Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer beantragte am 11.08.2017 die Ausstellung eines Behindertenpasses.
Er hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Kniegelenksabnützung rechts, Kniegelenksteilendoprothese links bei endlagiger funktioneller Einschränkung.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 23.11.2017 und in deren Ergänzungsgutachten vom 24.01.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 20 v.H.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der Zeitpunkt der Einbringung des Antrags ist dem Akteninhalt zu entnehmen.
2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte orthopädische Sachverständigengutachten vom 23.11.2017 sowie auf das vom Bundesverwaltungsgericht dazu eingeholte Ergänzungsgutachten vom 24.01.2018. Darin wurde auf die Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.
Einbezogen wurden von der befassten Sachverständigen die im Verfahren vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte.
Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 23.11.2017 und vom 24.01.2018 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes für schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung sowie aufgrund der Aktenlage erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in den Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Diesbezüglich ist im Lichte der - in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen - Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass das Ausmaß von Funktionseinschränkungen der Kniegelenke (geringen, mittleren oder schweren Grades) grundsätzlich anhand der Möglichkeit der Streckung bzw. Beugung einzuschätzen ist. Angesichts der beim Beschwerdeführer im Rahmen der klinischen Untersuchung festgestellten Beweglichkeit der Kniegelenke (rechts S 0-0-140, links S 0-0-95) wurden die bestehende Kniegelenksabnützung rechts und Kniegelenksteilendoprothese links im orthopädischen Gutachten korrekt der Positionsnummer 02.05.19 (Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig) mit dem unteren Rahmensatz von 20 v.H. zugeordnet. Es wurde nur eine endlagige funktionelle Einschränkung festgestellt.
Auch die Einwendungen im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen, zumal diese von der befassten Sachverständigen in ihrem Ergänzungsgutachten vom 24.01.2018 gehörig gewürdigt und mittels einer schlüssigen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet wurden. Diesbezüglich wurde von der Sachverständigen insbesondere ausgeführt, dass der anlässlich der Beschwerdeerhebung vorgelegte Röntgenbefund des rechten Kniegelenks vom 14.07.2017 bereits im Gutachten vom 23.11.2017 berücksichtigt wurde. Zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung lag nur eine endlagige Bewegungseinschränkung vor. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach auch rechts eine Operationsindikation bestehe, wurde nicht durch fachärztliche Befunde belegt. Anhand eines Röntgenbildes kann keine Operationsindikation gestellt werden. Im Ergebnis führte die befasste Sachverständige schlüssig aus, dass es auch unter Berücksichtigung der Einwendungen zu keiner abweichenden Beurteilung der bisherigen Einschätzung kommt.
Der Beschwerdeführer, dem es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl die getroffene Einschätzung der Sachverständigen zu entkräften, ist weder dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten noch dem vom Bundesverwaltungsgericht dazu eingeholten Ergänzungsgutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Ebenso wenig wurden diesen Gutachten widersprechende Beweismittel vorgelegt.
Der Beschwerdeführer hat zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Ergänzungsgutachten im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr Stellung genommen.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigenbeweises vom 23.11.2017 und vom 24.01.2018. Er wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"BEHINDERTENPASS
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."
"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
(...)"
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(...)"
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(...)"
"§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:
"Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."
"Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."
3.4. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht - soweit für den Beschwerdefall relevant - auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):
"02.05.19 Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig 20 - 30
%
Streckung/Beugung bis 0-0-90°"
3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).
Gegenständlich wurde mit Blick auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten zwecks Beurteilung des Beschwerdevorbringens vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes Gutachten der bereits befassten Fachärztin für Orthopädie eingeholt. Die aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers sowie auf Basis der Aktenlage erstatteten Gutachten entsprechen den von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen.
3.6. Wie oben unter Punkt II.2.3. eingehend ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung die schlüssigen Sachverständigengutachten vom 23.11.2017 und vom 24.01.2018 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 20 v. H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet, den Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte ergänzende Gutachten vom Beschwerdeführer unwidersprochen blieb.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt 20 v.H. beträgt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
3.7. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
3.7.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.7.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten einer Fachärztin für Orthopädie und dem im Beschwerdeverfahren dazu eingeholten Ergänzungsgutachten. Diesen - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten ist der Beschwerdeführer weder auf gleicher fachlicher Ebene noch durch ein sonst substantiiertes Vorbringen entgegengetreten. Das über Veranlassung des Bundesverwaltungsgerichtes erstattete Ergänzungsgutachten, das auf die Einwendungen in der Beschwerde in fachlicher Hinsicht eingeht, wurde im Rahmen des Parteiengehörs unwidersprochen zur Kenntnis genommen. Vor dem Hintergrund dieses schlüssigen, vom Beschwerdeführer letztlich nicht mehr bestrittenen Sachverständigenbeweises ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung - trotz deren Beantragung - nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ebenfalls nicht entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2182926.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.05.2018