TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/14 W238 2178410-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.05.2018
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Entscheidungsdatum

14.05.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2178410-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Behindertenpass, OBXXXX, ausgestellt am 10.10.2017 vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, in dem ein Grad der Behinderung von fünfzig von Hundert (50 v.H.) festgestellt wurde, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG sowie gemäß §§ 40 Abs. 1 und 2, 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 und 2, 45 Abs. 1 und 2 BBG stattgegeben und der angefochtene Behindertenpass dahingehend abgeändert, dass der Grad der Behinderung ab 25.09.2017 sechzig von Hundert (60 v.H.) beträgt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin verfügte ab 14.06.2017 über einen bis 01.05.2022 befristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. Am 25.09.2017 brachte sie unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass ein.

2. In weiterer Folge holte das Sozialministeriumservice ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 03.10.2017 erstatteten - Gutachten vom 04.10.2017 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Brustkrebserkrankung rechts - Mastektomie 28.7.2017 (davor neo-adjuvante Chemotherapie), nachfolgende Strahlentherapie bis 10/2017. Unterer Rahmensatz, da komplikationsloser Verlauf.

13.01.03

50

2

Aufbrauchzeichen der Lendenwirbelsäule, Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 am 5.9.2017. Unterer Rahmensatz, da postoperativ gebesserte Funktion.

02.01.02

30

3

Zustand nach Entfernung der Gebärmutter und beider Eileiter und vordere Plastik 2013. Fixer Rahmensatz.

08.03.02

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden nicht erhöht werde, da das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht nicht maßgeblich negativ beeinflusst werde. Es wurde mit Blick auf die abzuwartende Heilungsbewährung eine Nachuntersuchung für Oktober 2022 empfohlen. Zu den gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten (Anm.: vom 24.05.2017) wurde seitens des Sachverständigen ausgeführt, dass eine Herabsetzung von Leiden 2 vorzunehmen sei, da inzwischen eine operative Sanierung erfolgt sei. Dadurch werde der Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. auf 50 v.H. abgesenkt.

3. Am 10.10.2017 wurde der Beschwerdeführerin seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), ein bis 01.10.2022 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H. ausgestellt. Unter einem mit der Ausstellung des Behindertenpasses wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten vom 04.10.2017 übermittelt.

4. Gegen diesen Behindertenpass erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht eine als Einspruch bezeichnete Beschwerde. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass ihr im Juni 2017 aufgrund der bekannten Erkrankung ein befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellt worden sei. Da bei ihr mittlerweile eine komplette Mastektomie, eine Operation L4/L5 und eine Strahlentherapie vorgenommen worden seien, habe sie Befunde nachgereicht. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihr nun ein geringerer Grad der Behinderung zugesprochen worden sei. Abschließend führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie den neu ausgestellten Behindertenpass zurücklege und um "Löschung" ersuche.

5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 01.12.2017 vorgelegt.

6. Über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes stellte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15.12.2017 klar, dass ihre Eingabe vom 17.11.2017 als Einspruch bzw. Beschwerde zu werten sei.

7. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine Begutachtung der Beschwerdeführerin durch einen Facharzt für Chirurgie und Arzt für Allgemeinmedizin veranlasst. In dem daraufhin auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstatteten Gutachten vom 17.02.2018 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"Status:

Körpergröße: 165 cm Körpergewicht: 58 kg

Caput: unauffällig

Collum: unauffällig

Thorax: blande Narbe nach PAC Explantation links pektoral, sonst unauffällig

Mammae: ca. 12 cm blande Narbe rechte Brust, rechts keine Brustwarze mehr, sonst unauffällig

Cor: HA rein, rhythmisch, normofrequent

Pulmo: VA bds, Basen frei

Abdomen: weich, kein Druckschmerz, Leber unter dem Rippenbogen

Schultergelenke: Kontur regelrecht, Vorhalten und seitlich bds. bis 140 Grad, keine Funktionseinschränkung, Nacken - und Kreuzgriff möglich

Ellenbogen: bds. in S 0 - 0 - 160, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Handgelenke: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Fingergelenke: frei beweglich, Faustschluss bds. möglich, Pinzettengriff bds. möglich

Wirbelsäule: im Lot, keine Klopfdolenz, blande Narbe über der LWS, ISG bds. frei, FBA 10 cm, KJA 0 cm, Schober 10/14, Lasegue bds. negativ

Hüftgelenke: bds. in S 0-0-130, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Kniegelenke: bds. in S 0-0-120, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Sprunggelenke: bds. in S 40-0-60, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Haut: unauffällig

Neurologisch: grob neurologisch unauffällig

Zehengang: möglich

Fersengang: möglich

Trägt Konfektionsschuhe, Gangbild frei und flüssig, symmetrisches Armpendeln, An - und Auskleiden alleine möglich

Allseits orientiert, Gedankengang geordnet, nachvollziehbar, Antrieb normal, Stimmung normal, Affekt stabil, Mnestik unauffällig.

Stellungnahme:

Ad 1) Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:

1) Z.n. bösartiger Neubildung der rechten Brustdrüse (ED 01/2017) 13.01.03 50 %

Wahl dieser Richtsatzposition berücksichtigt die neoadjuvante Chemotherapie, die operative Entfernung der Brustdrüse und die nachfolgende Strahlentherapie

unterer Rahmensatz, da komplikationsloser Verlauf

2) Aufbrauchzeichen der Lendenwirbelsäule Z.n. Bandscheibenoperation L4/L5 am 05.09.2017 02.01.02 30 %

unterer Rahmensatz, da postoperativ gebesserte Funktion

3) Z.n. Entfernung der Gebärmutter, beider Eileiter und vordere Plastik 2013 08.03.02 10 %

fixer Rahmensatz

Ad 2) Einschätzung und Begründung des Gesamtgrades der Behinderung, wobei auch auf eine allfällige Erhöhung durch wechselseitige

Leidensbeeinflussung eingegangen werden möge:

Gesamtgrad der Behinderung: 60 %

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da nach Wirbelsäulenoperation weiterführend Gymnastikübungen erforderlich sind, die eine wechselseitige negative Beeinflussung mit Leiden 1 aufweisen.

Leiden 3 erhöht nicht, da dieses Leiden nur eine geringe funktionelle Relevanz aufweist und keine negative wechselseitige Leidensbeeinflussung mit Leiden 1 oder 2 besteht.

Ad 3) Stellungnahme, ab wann der Gesamtgrad der Behinderung anzunehmen ist:

Der GdB ist ab 25.09.2017 (Antrag) anzunehmen.

...

Ad 5) Ausführliche fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde:

Nach mikrochirurgischer Lendenwirbelsäulenoperation sind zur Erhaltung bzw. zur Verbesserung der LWS-Beweglichkeit, heilgymnastische Übungen notwendig. Da Frau XXXX vor der LWS-OP an der rechten Brust operiert wurde, verursachen die Übungen, trotz komplikationslosem Verlauf und blander Wundverhältnisse nach Brust-OP, Schmerzen und ein Spannungsgefühl im Bereich der rechten Brust bzw. rechten Brustmuskulatur.

Es besteht somit eine negative, wechselseitige Leidensbeeinflussung.

Ad 6) Begründung zu einer allfälligen zum angefochten Sachverständigengutachten vom 04.10.2017 abweichenden Beurteilung:

Die Einschätzung der einzelnen Gesundheitsschädigungen bleibt unverändert. Aufgrund der doch bestehenden, negativen wechselseitigen Leidensbeeinflussung (Argumentation siehe Punkt 5), kommt es zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe (60 %).

Ad 7) Stellungnahme, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:

Eine Nachuntersuchung zur Neuevaluierung nach Ablauf der Heilungsbewährung ist erforderlich (10/2022)."

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.03.2018 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin verfügte ab 14.06.2017 über einen bis 01.05.2022 befristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. Am 25.09.2017 brachte sie einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass ein.

Nach Einholung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens wurde der Beschwerdeführerin am 10.10.2017 der nunmehr angefochtene, bis 01.10.2022 befristete Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Zustand nach bösartiger Neubildung der rechten Brustdrüse (ED 01/2017), neoadjuvanter Chemotherapie, operativer Entfernung der Brustdrüse und nachfolgender Strahlentherapie bei komplikationslosem Verlauf;

2) Aufbrauchzeichen der Lendenwirbelsäule, Zustand nach Bandscheibenoperation L4/L5 am 05.09.2017 bei postoperativ gebesserter Funktion;

3) Zustand nach Entfernung der Gebärmutter, beider Eileiter und vordere Plastik 2013.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten eines Facharztes für Chirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 17.02.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 60 v.H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen über die Ausstellung eines Behindertenpasses, das Datum der Einbringung des verfahrensgegenständlichen Antrags sowie über Ausstellungsdatum und Gegenstand des nun angefochtenen Behindertenpasses basieren auf dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Chirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 17.02.2018. Darin wird auf die Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte. Der befasste Sachverständige ist auch auf die in der Beschwerde relevierten Einwände eingegangen.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 17.02.2018 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Leidenszustände kam es im Vergleich zu dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten vom 04.10.2017 zwar zu keiner Änderung. Dennoch wurde in Abweichung zum Vorgutachten ein um eine Stufe höherer Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt. Begründend wurde diesbezüglich vom beigezogenen Facharzt für Chirurgie in nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht wird, weil insoweit eine negative wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt. Nach mikrochirurgischer Lendenwirbelsäulenoperation sind zur Erhaltung bzw. zur Verbesserung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule heilgymnastische Übungen notwendig, die in Folge der Brustoperation trotz komplikationslosen Verlaufs und blander Wundverhältnisse Schmerzen und ein Spannungsgefühl im Bereich der rechten Brust bzw. der rechten Brustmuskulatur verursachen. Weiters wurde vom Sachverständigen schlüssig festgehalten, dass Leiden 3 den Gesamtgrad der Behinderung nicht (weiter) erhöht, da dieses Leiden nur eine geringe funktionelle Relevanz aufweist und keine negative wechselseitige Leidensbeeinflussung mit Leiden 1 oder 2 besteht.

Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten wurde der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Keine der Parteien hat Einwände gegen das Sachverständigengutachten erhoben.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 17.02.2018. Es wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(...)"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

(2) Der Besitzer des Behindertenpasses ist verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen."

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.4. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht - soweit für den Beschwerdefall relevant - auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):

"13 Malignome

Die Einschätzung des Grades der Behinderung richtet sich nach Lokalisation, Art und Ausdehnung, Therapie und Funktionseinschränkung.

Ausgenommen sind maligne Erkrankungen des Blutes, der blutbildenden Organe und des Immunsystems. Diese sind nach den dafür vorgesehenen Einschätzungskriterien unter Abschnitt 10 einzuschätzen.

13.01.03 Entfernte Malignome mit weiterführender Behandlungsnotwendigkeit innerhalb der Heilungsbewährung je nach Funktionsstörung 50 - 100 %

Nach Entfernung eines Malignoms innerhalb der Heilungsbewährung (5 Jahre)"

"02.01.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 30 - 40 %

Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika, Beispiel:

Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)

30 %: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen

andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika

40 %: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, radiologische und/oder morphologische Veränderungen

maßgebliche Einschränkungen im Alltag"

"08.03.02 Fehlbildung, Fehlen, Entfernung der Gebärmutter 10 %"

3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023).

3.6. Den von der Judikatur (und von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen ist das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte fachärztliche Sachverständigengutachten vom 17.02.2018 - sowohl hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Funktionseinschränkungen als auch hinsichtlich der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung - nachgekommen, weshalb im Beschwerdeverfahren ein Grad der Behinderung von 60 v.H. objektiviert werden konnte.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, (weiterhin) erfüllt.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Behindertenpass spruchgemäß abzuändern.

Die belangte Behörde hat folglich den im Spruch festgestellten Grad der Behinderung in den Behindertenpass der Beschwerdeführerin einzutragen. Angemerkt wird, dass seitens des befassten Facharztes für Chirurgie eine Nachuntersuchung für Oktober 2022 vorgeschlagen wurde.

3.7. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.7.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

3.7.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Gutachten eines Facharztes für Chirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin, das von den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs unwidersprochen zur Kenntnis genommen wurde. Vor dem Hintergrund dieses schlüssigen, von den Verfahrensparteien letztlich nicht mehr bestrittenen Sachverständigenbeweises ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung ist im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel, sondern liegt auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG), weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

3.7.3. Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin vom Bundesverwaltungsgericht bei Einräumung des Parteiengehörs auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, indem ihr seitens des Verwaltungsgerichtes mitgeteilt wurde, dass - sollte sie eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen - eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung in Aussicht genommen werde. Die Beschwerdeführerin hat sich daraufhin nicht mehr geäußert.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Zwar liegt ein solcher Verzicht dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des erwähnten Umstands eines entsprechenden Hinweises an die Beschwerdeführerin und der ihr explizit eingeräumten Gelegenheit zur Antragstellung nicht der Fall. Die unterbliebene Antragstellung kann vor diesem Hintergrund als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. insbesondere die unter Pkt. II.3.5. zitierte Rechtsprechung); die angewendeten Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit für den Fall von Bedeutung - eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2178410.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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