TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/15 W236 2136283-3

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Veröffentlicht am 15.05.2018
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Entscheidungsdatum

15.05.2018

Norm

AsylG 2005 §55
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W236 1434436-5/2E

W236 2013151-5/2E

W236 1434438-5/2E

W236 1434437-5/2E

W236 2013154-5/2E

W236 2136283-3/2E

W236 2136285-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1) XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ,

2) XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ,

3) XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ,

4) XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ,

5) XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ,

6) XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ,

7) XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ,

alle StA. Russische Föderation, alle vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 27.03.2018, Zlen.

1) 821534604-171303785,

2) 831377206-171303645,

3) 821534800-171304072,

4) 821534702-171303912,

5) 831377402-171303980,

6) 831377500-171304030,

7) 1027626200-171303769,

zu Recht:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 55 AsylG 2005 als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Eheleute und die Eltern der (teils) minderjährigen Dritt- bis Siebtbeschwerdeführer (alle gemeinsam als Beschwerdeführer bezeichnet). Die Beschwerdeführer sind russische Staatsangehörige und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe.

1. Verfahren über die ersten Anträge auf internationalen Schutz:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer reiste im Oktober 2012 gemeinsam mit dem (damals minderjährigen) Drittbeschwerdeführer und dem minderjährigen Viertbeschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte für sich und seine Söhne als gesetzlicher Vertreter am 23.10.2012 Anträge auf internationalen Schutz, welche mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 26.03.2013 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. abgewiesen und der Erst-, Dritt- und minderjährige Viertbeschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen wurden.

1.2. Am 24.09.2013 reiste die Zweitbeschwerdeführerin mit den minderjährigen Fünft- und Sechstbeschwerdeführern (sowie einem weiteren, damals minderjährigen Sohn, XXXX XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ) in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am gleichen Tag für sich und die minderjährigen Kinder als gesetzliche Vertreterin Anträge auf internationalen Schutz. Der minderjährige Siebtbeschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich geboren; die Zweitbeschwerdeführerin stellte für ihn als gesetzliche Vertreterin am 04.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren. Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 29.09.2014 wurden diese Anträge der Zweitbeschwerdeführerin sowie der minderjährigen Fünft- bis Siebtbeschwerdeführer sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. abgewiesen und die Zweitbeschwerdeführerin sowie der minderjährigen Fünft- bis Siebtbeschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

1.3. Die gegen die Bescheide des Bundesasylamts erhobenen Beschwerden des Erstbeschwerdeführers sowie der Dritt- und Viertbeschwerdeführer wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.10.2014 und am 05.12.2014 - mit Erkenntnis vom 11.05.2015 gemäß § 3 und § 8 AsylG 2005 als unbegründet ab und verwies die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit jeweils einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 75 Abs. 20 leg.cit. zurück. Die gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl erhobenen Beschwerden der Zweitbeschwerdeführerin sowie der minderjährigen Fünft- bis Siebtbeschwerdeführer wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.12.2014 - mit selbigem Erkenntnis gemäß § 3 und § 8 leg.cit. als unbegründet ab und behob die Spruchpunkte III. der sie betreffenden Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 52, 55 FPG.

1.4. Im fortgesetzten Verfahren wurde der Erstbeschwerdeführer am 10.11.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. In dieser Einvernahme brachte er vor, dass er bereits eine Deutschprüfung auf A2-Niveau bestanden habe. Er habe außerdem seinen Führerschein in Österreich umschreiben lassen und bereits einige Kurse besucht. Zu seinem in Tschetschenien aufhältigen Bruder habe er telefonischen Kontakt. Zudem sei er Mitglied im Verein " XXXX ", der bei der Arbeitssuche im Falle des Vorliegens der nötigen Papiere unterstütze. Freizeit stünde ihm bei sechs Kindern kaum zur Verfügung; wenn seine Frau Deutschkurse besuche, passe er auf die Kinder auf. Es sei schwierig, eine Arbeit zu finden.

1.5.1. Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2015 wurden der Zweitbeschwerdeführerin sowie den minderjährigen Fünft- bis Siebtbeschwerdeführern gemäß § 57 und § 55 AsylG 2005 keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Zweitbeschwerdeführerin sowie die minderjährigen Fünftbis Siebtbeschwerdeführer jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. wurde festgestellt, dass die Abschiebung der genannten Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei. Weiters sprach das Bundesamt aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg.cit die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend hielt die Behörde fest, dass die Zweitbeschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehegatten und ihren Kindern in Österreich lebe, weshalb alle Familienangehörigen im gleichen Umfang von den aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen seien. Zu der in Österreich lebenden Schwägerin bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis, sie lebten weder im gemeinsamen Haushalt noch bestehe eine wirtschaftliche Abhängigkeit. Den Beschwerdeführern wäre in ihrem Herkunftsstaat im Falle ihrer Rückkehr nicht die Lebensgrundlage entzogen oder würden sie in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten. Es sei zwar richtig, dass die Kinder die Schule besuchten und dies bei der Abwägung ins Gewicht falle, allerdings würden sich die Kinder in einem anpassungsfähigen Alter befinden.

Die dagegen erhobenen Beschwerden der Zweitbeschwerdeführerin sowie der minderjährigen Fünft- bis Siebtbeschwerdeführer wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20.10.2015 gemäß § 16 BFA-VG als verspätet zurück.

1.5.2. Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2015 wurden dem Erst-, dem Dritt- und dem minderjährigen Viertbeschwerdeführer keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die genannten Beschwerdeführer jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. wurde festgestellt, dass die Abschiebung der genannten Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei. Weiters sprach das Bundesamt aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg.cit die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend hielt es fest, dass zwar die Schwester des Erstbeschwerdeführers in Österreich lebe, jedoch mangels wechselseitiger Abhängigkeiten und mangels übermäßiger Intensität der wechselseitigen Besuche kein Familienleben bestehe.

Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23.06.2016 - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab. Diese Entscheidung begründete es damit, dass sich der Erst-, der Dritt- und der minderjährige Viertbeschwerdeführer erst seit Oktober 2012 im Bundesgebiet aufhielten und ihr Aufenthalt nicht geduldet sei. Die Beschwerdeführer seien weder Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen noch Opfer von Gewalt geworden, weshalb eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht erteilt werden könne. Mit der Schwester des Erstbeschwerdeführers bestehe kein gemeinsamer Haushalt. Der Erstbeschwerdeführer verfüge über starke Bindungen zum Herkunftsstaat, er habe dort den Großteil seines Lebens verbracht, sei der Landessprache Russisch und Tschetschenisch mächtig und habe dort eine Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen. In Österreich sei er nicht dermaßen integriert, dass von einer Verletzung seines Privatlebens im Falle einer Rückkehrentscheidung ausgegangen werden müsse. Er besitze keine ausreichenden Deutschkenntnisse, sei nicht selbsterhaltungsfähig und beziehe Leistungen aus der Grundversorgung; zu seiner Schwester stehe er in telefonischem Kontakt, wie auch bereits in der Russischen Föderation. Die Kinder würden am Beginn der Adoleszenz stehen, beide seien der russischen und tschetschenischen Sprache mächtig und hätten in Tschetschenien eine längere Schulbildung genossen als in Österreich. Die Beschwerdeführer hätten sich bei allen Integrationsschritten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein müssen. Es ergäben sich keine Hinweise, dass bei einer Rückkehr in die Russische Föderation ein "real risk" der Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK gegeben wäre.

2. Verfahren über die zweiten Anträge auf internationalen Schutz:

2.1. Am 07.09.2016 stellten sämtliche Beschwerdeführer zweite Anträge auf internationalen Schutz, welchen mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der faktische Abschiebeschutz aberkannt wurde. Mit Beschlüssen vom 27.10.2016 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG, als rechtmäßig.

2.2. Im weiteren Verfahren legten die Beschwerdeführer ein Konvolut an Unterlagen betreffend ihr Leben in Österreich (Unterstützungsschreiben, Stellungnahmen, Einstellungszusagen, Mitwirkungsbestätigungen, Unterschriftenlisten, Sprachkurs- und Schulzeugnisse) in Kopie vor.

2.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheiden vom 09.07.2017 die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG zurück, erkannte ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 57 AsylG 2005 zu, erließ gegenüber allen Beschwerdeführern im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG, und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei; schließlich hielt die Behörde fest, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt III.).

Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens hielt das Bundesamt fest, dass die Beschwerdeführer seit ihrer illegalen Einreise nach Österreich - unter objektiven Gesichtspunkten betrachtet - realistischerweise zu keinem Zeitpunkt davon hätten ausgehen können, ein auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht in Österreich zu bekommen. Es sei daher praktisch auszuschließen, dass bislang eine maßgebliche Integrationsverfestigung der Beschwerdeführer in Österreich erfolgen habe können. Der Erstbeschwerdeführer spreche zwar ein bisschen Deutsch, allerdings sei für die Einvernahme ein Dolmetscher nötig gewesen. Auch die Zweitbeschwerdeführerin verfüge über Deutschkenntnisse, jedoch beherrsche sie die in ihrem Heimatland gesprochene Sprache nach wie vor besser als Deutsch, weshalb die Einvernahmen auch nur unter Heranziehung von Dolmetschern möglich gewesen seien. Zudem hätten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin den überwiegenden Teil ihres Lebens in der Russischen Föderation verbracht. Überdies liege kein durch besondere Umstände qualifiziertes privates Interesse an einem Aufenthalt im Bundesgebiet vor, welches im vorliegenden Einzelfall zu einem Verbleib der Beschwerdeführer im Bundesgebiet führen könne. Andernfalls würden Fremde, welche unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Asylantragstellungen bzw. illegale Einreisen unterlassen würden, letztlich schlechter gestellt als Fremde, die genau zu diesen Mitteln griffen. Ein Verbleib in Österreich käme nur dann in Betracht, wenn das Privat- und Familienleben in Österreich fest verankert sei, was durch den Besuch eines Deutschkurses oder einer Berufsausbildung allein nicht der Fall sei. Der dreijährige Aufenthalt sei keinesfalls ein so langer Zeitraum, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könne. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer sei auch nicht durch eine den Behörden zurechenbare überlange Verzögerung begründet. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, weswegen es nicht möglich sein sollte, sich in die Lebensgewohnheiten und Lebensverhältnisse in der Russischen Föderation wiedereinzufinden. Die Außerlandesbringung der Beschwerdeführer stelle daher keinen Eingriff in ihre Rechte nach Art. 8 EMRK dar.

2.4. Die gegen diese Bescheide am 08.08.2017 fristgerecht erhobenen Beschwerden, wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen vom 24.08.2017 gemäß § 68 AVG, § 57 und § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a FPG als unbegründet ab (rechtskräftig seit 07.11.2017). Zum gerechtfertigten Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer wird darin begründend ausgeführt, dass zugunsten der Beschwerdeführer deren (durch zahlreiche Unterstützungsschreiben und Unterschriftenlisten, Kursbesuchsbestätigungen, Bestätigungen über ehrenamtliche Tätigkeiten, Einstellungszusagen, etc.) dokumentierte Integration, deren Deutschkenntnisse und Schulerfolge zu berücksichtigen seien. Dem gegenüber stehe jedoch die illegale Einreise, der Umstand, dass die Beschwerdeführer nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts in ihren Asylverfahren verfügt hätten, sich die Beschwerdeführer während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet und des Setzens ihrer Integrationsschritte stets ihres unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, dass die Beschwerdeführer bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erhalten und diese ignoriert hätten und ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken könne. In Summe überwiegen daher die öffentlichen Interessen an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet, sodass eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliege.

3. Gegenständliches Verfahren über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005:

3.1. Am 21.11.2017 stellten die Beschwerdeführer (ebenso wie der mittlerweile volljährige Sohn XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ) den gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK zum Zwecke der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 55 AsylG 2005. Die Beschwerdeführer führten darin zusammengefasst aus, dass der Erstbeschwerdeführer gemeinsam mit den Dritt- und Viertbeschwerdeführern im Oktober 2012 in das österreichische Bundesgebiet einreiste. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste gemeinsam mit den minderjährigen Fünft- und Sechstbeschwerdeführern im September 2013 in Österreich ein. Die Beschwerdeführer gelten als sozial integriert und deren Aufenthalt sei als finanziell gesichert anzusehen. Sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin könnten bei Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen einer geregelten Beschäftigung nachgehen. Sämtliche Beschwerdeführer seien der deutschen Sprache mächtig. Die Familie habe sich in Österreich auch gemeinnützig betätigt. Im Heimatland verfügen sie über keine existenzielle Grundlage, ihnen sei es aufgrund des jahrelangen Auslandsaufenthaltes auch nicht möglich, eine Existenz zu schaffen. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien unbescholten und stellen keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar. Die Beschwerdeführer seien in Österreich gemeldet und gemeinsam an einer Adresse wohnhaft. Sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen lägen schon allein aufgrund der sozialen Integration der Beschwerdeführer im Bundesgebiet vor. Die öffentlichen Interessen würden nicht überwiegen. Im Asylverfahren seien die entsprechenden Nachweise der sozialen Integration nicht berücksichtigt worden. Insbesondere habe sich auch seit Abschluss des Asylverfahrens die Integration der Beschwerdeführer weiter verfestigt, was durch zahlreiche Urkunde dokumentierbar sei.

3.2. Mit Schreiben vom 30.11.2017 forderte das Bundesamt die Beschwerdeführer binnen einer Frist von zwei Wochen zur schriftlichen Bekanntgabe des maßgeblich geänderten Sachverhaltes seit dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens auf, der eine neuerliche Beurteilung ihres Privat- und Familienlebens erforderlich mache.

3.3. Mit Stellungnahme vom 18.12.2017 machten die Beschwerdeführer geltend, dass den im Vorverfahren bereits vorgelegten Arbeitsvorverträgen zu entnehmen sei, dass der Erstbeschwerdeführer bei Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen umgehend einer geregelten Beschäftigung nachgehen könnte. Er habe zwischenzeitig auch den Deutschkurs A2 - B1 am 15.12.2017 abgeschlossen. Der Drittbeschwerdeführer habe beim Institut für Familienförderung an einem Projekt teilgenommen; es sei auf aktuelle Empfehlungsschreiben zu verweisen. Der Drittbeschwerdeführer nehme aktuelle an einem "Schnupperlehrkurs" teil; auf das entsprechende Schreiben des Amtes für Jugend und Familie XXXX vom 04.12.2017 sei zu verweisen. Der Drittbeschwerdeführer möchte eine Lehrstelle erhalten und interessiere sich besonders für Elektrotechnik; auf die entsprechenden Bewerbungsschreiben, die an zahlreiche potentielle Arbeitgeber ergangen seien, werde verwiesen. Unter Einem sei noch auf die sich zwischenzeitig verschlechterte Menschenrechtssituation in Tschetschenien hinzuweisen. Das Leben der Beschwerdeführer sei in Tschetschenien auf das Gröbste gefährdet.

Mit der Stellungnahme legten die Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

? Bestätigung eines Deutschkurses A2 - B1 des Vereins XXXX betreffend den Erstbeschwerdeführer, Kursdauer 06.11.2017 bis 15.12.2017;

? ein Empfehlungsschreiben einer Lehrerin der minderjährigen Sechstbeschwerdeführerin vom 07.12.2017, wonach die Zweitbeschwerdeführerin stellvertretende Elternsprecherin sei und sich bereit erklärt habe, an der Weihnachtsbastelei am 24.11.2017 mitzuarbeiten. Dabei seien die guten Deutschkenntnisse der Zweitbeschwerdeführerin und ihre soziale Kompetenz aufgefallen;

? ein Empfehlungsschreiben betreffend die Zweitbeschwerdeführerin über ihre Mitarbeit an einem Kunsthandwerkmarkt am 26.11.2017;

? Teilnahmebestätigung des Drittbeschwerdeführers beim Projekt "Jugend-Werk-Stadt" XXXX vom 07.12.2017, wonach er am 06. und 07.12.2017 jeweils vier Stunden an dem Projekt mitgearbeitet habe, wo verschiedenste Arbeitsbereiche (Fahrradwerkstatt, Siedeln, Tischlerarbeiten, Gartenpflege, Gebäudesanierung, etc.) erprobt worden seien;

? Bestätigung des Amtes für Jugend und Familie der Stadt XXXX über die Teilnahme des Drittbeschwerdeführers an obigem Arbeitsprojekt vom 06.12.2017, wonach der Drittbeschwerdeführer nach der Teilnahme an obigem Projekt gleich seinen Einstiegsvertrag unterschreiben habe können. Er werde Montag, Mittwoch und Donnerstag beim Projekt mitarbeiten und dort seine handwerklichen Begabungen gut einsetzten und vertiefen können. Der Drittbeschwerdeführers sei sehr motiviert und freue sich auf die Arbeitsmöglichkeit;

? Ergänzende Stellungnahme des Amtes für Jugend und Familie der Stadt XXXX betreffend den Drittbeschwerdeführer, in welchem dessen Bemühungen eine Arbeitsstelle zu finden, sowie die mit dem Mangel einer "weißen Karte" verbundenen Probleme dargestellt werden;

? Bestätigung der Beschäftigung des Amtes für Jugend und Familie der Stadt XXXX vom 01.12.2017 betreffend den Drittbeschwerdeführer, dass dieser als Flyer-Verteiler insgesamt sechs Stunden gearbeitet habe;

? 12 Bewerbungsschreiben des Drittbeschwerdeführers um eine Lehrstelle als Elektroinstallationstechniker vom 23.08.2017, 30.08.2017, 13.09.2017, 28.09.2017, 16.11.2017, 21.11.2017;

? Liste mit den geplanten ehrenamtlichen Tätigkeiten für die Familie im Jahr 2018 (Mitarbeit bei der freiwilligen Feuerwehr, Caritas-Ambulanz, Baby-Betreuung, Tafel des Roten Kreuzes)

? Schulleistungen der minderjährigen Fünftbeschwerdeführerin in einer neuen Mittelschule;

? undatierter Arbeitsvorvertrag hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin als Verkäuferin im Ausmaß von zehn Wochenstunden und einer monatlichen Entlohnung von € 200.

3.4. Am 23.01.2018 wurden die Beschwerdeführer in die Russische Föderation rückgeführt.

3.5. Am 15.03.2018 langte beim Bundesamt eine Stellungnahme einer Vertrauensperson der Beschwerdeführer ein, in welcher sich diese gegen die Art der Abschiebung der Beschwerdeführer ausspricht und ausführt, die Familie seit fünf Jahren zu kennen und betreut zu haben. Sie sei der Meinung, dass diese immer die Wahrheit gesagt habe. Sie habe die Familie stets als ehrenhafte, glaubwürdige, fleißige und bescheidene Menschen kennengelernt.

Dieser Stellungnahme sind ein Protestmail der Vertrauensperson an den Bundesminister für Inneres vom 22.01.2018 zur drohenden Abschiebung der Beschwerdeführer und ein Protestschreiben an das Bundesamt betreffend die Abschiebung der Beschwerdeführer vom 12.03.2018 sowie zahlreiche Unterstützungsschreiben, Stellungnahmen, Einstellungszusagen, Mitwirkungsbestätigungen, Unterschriftenlisten, Sprachkurs- und Schulzeugnisse angeschlossen. Darunter befinden sich folgende neue, im Sinne von nach Rechtskraft des letzten Asylverfahrens entstandene Unterlagen:

? zwei Empfehlungsschreiben;

? jeweils eine Bestätigung über die freiwillige Mitarbeit bei der Caritas den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin betreffend;

? Arbeitsvorvertrag vom 19.10.2017 den Erstbeschwerdeführer betreffend als Zusteller bei der Österreichischen Post AG im Ausmaß von 40 Wochenstunden und einer monatlichen Entlohnung von € 1.501;

? undatierte Einstellungszusage betreffend den Erstbeschwerdeführer als Zusteller bei DHL;

? Stellungnahme des Jugendzentrums des Amtes für Jugend und Familie der Stadt XXXX vom 23.10.2017 betreffend den Drittbeschwerdeführer;

? Bestätigung über die Teilnahme an einem Jugendcoaching vom 13.10.2017 betreffend den Drittbeschwerdeführer.

3.6. Mit den o.a. Bescheiden vom 27.03.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 21.11.2017 gemäß § 55 AsylG 2005 ab (Spruchpunk I) und erließ gegen die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt III.) und ausgesprochen, dass die Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde darin aus, dass die Abweisung des Antrags keinen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführer darstelle, da diese alle gemeinsam von der Maßnahme betroffen seien (auch der Antrag des ältesten Sohnes bzw. Bruders wurde mit Bescheid des gleichen Tages abgewiesen). Hinsichtlich des Privatlebens der Beschwerdeführer wird ausgeführt, dass der Großteil der (erneut) in Vorlage gebrachten Integrationsbestätigungen bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.08.2017 gewürdigt worden seien. Im gegenständlichen Verfahren seien ausschließlich jene Beweismittel und Tatsachen zu würdigen, die seit der mit 25.08.2017 in Rechtskraft erwachsenen Rückkehrentscheidung neu hinzugekommen seien. Die Beschwerdeführer hätten sich während ihres gut fünfjährigen (Erst-, Dritt- und minderjähriger Viertbeschwerdeführer), gut vierjährigen (Zweitbeschwerdeführerin, minderjährige Fünft- und Sechstbeschwerdeführer) bzw. ihres dreieinhalbjährigen (minderjähriger Siebtbeschwerdeführer) Aufenthaltes in Österreich Kenntnisse der deutschen Sprache angeeignet (der Erstbeschwerdeführer absolvierte im November und Dezember 2017 zuletzt einen A2 - B1 Deutschkurs; hinsichtlich der Deutschkenntnisse der anderen Beschwerdeführer seien keine neuen Unterlagen vorgelegt worden) und freundschaftliche Beziehungen in Österreich geschlossen, wie sich aus den vorgelegten Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben ergebe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe sich ehrenamtlich bei der Caritas engagiert. Darüber hinaus habe der Erstbeschwerdeführer (erneut) einen Arbeitsvorvertrag der Österreichischen Post AG sowie eine weitere Einstellungszusage vorgelegt; die Zweitbeschwerdeführerin habe ebenfalls eine Einstellungszusage vorgelegt. Der Drittbeschwerdeführer habe an verschiedenen Berufsausbildungsprojekten teilgenommen und sich um einen Lehrplatz als Elektroinstallationstechniker bemüht, wie zahlreiche Bewerbungsschreiben belegen würden. Für die minderjährigen Viert- bis Siebtbeschwerdeführer seien keine neuen Beweismittel in Vorlage gebracht worden. Die Beschwerdeführer seien strafgerichtlich unbescholten. Ähnlich bis gleich gelagerte, lediglich früher datierte Integrationsbestätigungen betreffend die Deutschkenntnisse, die sozialen Kontakte und Kompetenzen sowie das ehrenamtliche Engagement der Beschwerdeführer seien ebenso wie die Einstellungszusagen bereits in den rechtkräftig entschiedenen Verfahren vorgelegt worden und zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen vom 24.08.2017 gewürdigt worden. Darüber hinaus seien die neu hinzugekommenen Tatsachen schon allein deshalb nicht maßgeblich relevant, da diese zu einem Zeitpunkt bzw. in einem Zeitraum geschaffen und vorgebracht worden seien, zu bzw. in dem die Beschwerdeführer bereits mit ihrer Ausreiseverpflichtung konfrontiert gewesen seien und keinesfalls mit einem Bleiberecht rechnen hätten dürfen. Erschwerend komme hinzu, dass die Beschwerdeführer (abgesehen vom minderjährigen Siebtbeschwerdeführer) illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist seien und ihren Aufenthalt nur durch die Stellung zweier, letztendlich unbegründeter Asylanträge vorübergehend zu legalisieren vermochten. Mit rechtskräftigem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2016 sei der faktische Abschiebeschutz aufgehoben worden; die Beschwerdeführer hätten sich seit diesem Zeitpunkt illegal in Österreich aufgehalten. Seit dem rechtskräftigen Abschluss des zweiten Asylverfahrens mit 25.08.2017 hätten die Beschwerdeführer gewusst, dass sie ihren zu diesem Zeitpunkt bereits unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht legal fortsetzen dürfen. Dennoch seien sie nicht ausgereist, sondern seien beharrlich und unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben. Sie haben damit fortdauernd gegen das Fremdenpolizeigesetz verstoßen. Durch die wiederholte Antragstellung und die Ausreiseunwilligkeit hätten sie versucht, die Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dies stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar. Die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen überwiegen somit klar die privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet. Die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK seien daher abzuweisen.

3.7. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer vertreten durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter am 28.03.2018 fristgerecht Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, dass die belangte Behörde, die zahlreichen in Vorlage gebrachten Unterlagen ihrer Entscheidungsfindung nicht zugrunde gelegt und unzureichend berücksichtigt habe. Zahlreiche Dokumente und Urkunden dokumentieren die soziale Integration der Beschwerdeführer und sei unter Zugrundelegung all dieser neuen Dokumente davon auszugehen, dass sich die soziale Integration nach Erhalt des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.08.2017 weiter verfestigt habe. Es seien Unterlagen vorgelegt worden, die dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung noch nicht zur Verfügung gestanden seien. Die belangte Behörde habe in Wahrheit gar keine Interessensabwägung vorgenommen. Bei den Beschwerdeführern habe es sich vor ihrer Abschiebung um eine vortrefflich integrierte Familie gehandelt. Im Heimatland verfügen diese über keine Existenzgrundlage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage zweier Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz, der dazu ergangenen Bescheide des Bundesasylamtes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie der Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes, der in diesen Verfahren vorgelegten Schriftsätze samt vorgelegter Unterlagen, der Einvernahmen der Beschwerdeführer, aufgrund des gegenständlichen Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 21.11.2017, der dazu ergangenen Bescheide vom 27.03.2018, der dagegen erhobenen Beschwerden vom 28.03.2018, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakte, das Zentrale Melderegister, das Fremden- und Grundversorgungs-Informationssystem und das Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Verfahrensgang:

1.1.1. Die von den Beschwerdeführern zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstmals im Bundesgebiet gestellten Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.05.2015 rechtskräftig abgewiesen. Gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin und den minderjährigen Fünftbis Siebtbeschwerdeführern ergingen sodann mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2015 in Rechtskraft erwachsene Rückkehrentscheidungen; die Beschwerden des Erstbeschwerdeführers, des Drittbeschwerdeführers und des minderjährigen Viertbeschwerdeführers gegen die ihnen gegenüber erlassenen Rückkehrentscheidungen wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.06.2016 rechtskräftig abgewiesen.

1.1.2. Am 07.09.2016 stellten die Beschwerdeführer zweite Anträge auf internationalen Schutz, welche mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.08.2017 rechtskräftig abgewiesen wurden; gegen die Beschwerdeführer wurden neuerlich Rückkehrentscheidungen erlassen. Bereits mit Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.10.2016 wurde der faktische Abschiebeschutz der Beschwerdeführer aufgehoben.

1.1.3. Am 21.11.2017 stellten die Beschwerdeführer gegenständliche Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8

EMRK.

Am 23.01.2018 wurden die Beschwerdeführer in die Russische Föderation rückgeführt.

Mit Bescheiden vom 27.03.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ab, erließ gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation zulässig sei und sprach eine Frist zur freiwilligen Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft aus. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer vertreten durch ihre rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde.

1.1.4. Für den ältesten Sohn, XXXX (auch XXXX ), geb. XXXX ) wurde am 21.11.2017 ebenfalls ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gestellt; dieser Sohn wurde ebenfalls am 23.01.2018 in die Russische Föderation rückgeführt. Dessen Antrag wurde ebenso mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2018 als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde ist gegenwärtig beim Bundesverwaltungsgericht unter der Zahl W237 2013148-5 anhängig.

1.2. Zu den Beschwerdeführern:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Eheleute und die Eltern des Drittbeschwerdeführers sowie der minderjährigen Viert- bis Siebtbeschwerdeführer.

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe. Ihre Identitäten stehen fest und sind aus dem Spruchkopf der vorliegenden Entscheidung ersichtlich.

Der Erstbeschwerdeführer, der Drittbeschwerdeführer und der minderjährige Viertbeschwerdeführer reisten im Oktober 2012 in das Bundesgebiet ein; sie wiesen zum Zeitpunkt der Ausreise damit einen durchgehenden Aufenthalt von fünf Jahren und drei Monaten im Bundesgebiet auf. Die Zweitbeschwerdeführerin und die minderjährigen Fünft- bis Sechstbeschwerdeführer reisten im September 2013 in das Bundesgebiet ein; sie wiesen zum Zeitpunkt der Ausreise damit einen durchgehenden Aufenthalt von vier Jahren und vier Monaten im Bundesgebiet auf. Der minderjährige Siebtbeschwerdeführer wurde im Juni 2014 im Bundesgebiet geboren und wies zum Zeitpunkt der Ausreise damit einen dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf.

1.2.1. In der Russischen Föderation schloss der Erstbeschwerdeführer, der Russisch und Tschetschenisch spricht, die Grundschule und ein Technikum für Lebensmittelindustrie ab und absolvierte danach eine weiterführende Ausbildung in Südrussland. Nach dem Militärdienst lebte und arbeitete er in St. Petersburg. Zuletzt lebte er mit seiner Familie in Tschetschenien und bestritt seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsjobs im Bau- sowie Taxigewerbe und durch die familieneigene Landwirtschaft bestehend aus Gemüse- und Obstgärten sowie Vieh.

In Österreich besuchte der Erstbeschwerdeführer mehrere Deutschkurse und bestand im Oktober 2015 die zertifizierte Prüfung auf A2-Niveau; zuletzt nahm er an Kursen für das Sprachniveau B1 teil. Er war ehrenamtlich im Integrationsverein " XXXX " und bei der Caritas aktiv und nahm an Veranstaltungen des "Friedensbüro XXXX " teil. Am 19.10.2017 (bzw. zuvor auch schon im Dezember 2015) erklärte sich die Österreichische Post AG dazu bereit, den Erstbeschwerdeführer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels und Zugang zum Arbeitsmarkt als Zusteller im Ausmaß von 40 Wochenstunden zu einem Monatsbruttolohn von € 1.501 in Beschäftigung zu nehmen. Weiters besteht für den Erstbeschwerdeführer eine Einstellungszusage als Zusteller bei DHL.

In der Russischen Föderation befinden sich mit mehreren Schwestern und einem Bruder noch Familienmitglieder des Erstbeschwerdeführers; seine Schwester lebt in Grosny. In Österreich lebt eine Schwester des Erstbeschwerdeführers als anerkannter Flüchtling, zu welcher der Erstbeschwerdeführer gelegentlichen Kontakt pflegte; es bestand allerdings kein gemeinsamer Wohnsitz mit und auch keine finanzielle Abhängigkeit von ihr. Der Erstbeschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

1.2.2. Die Zweitbeschwerdeführerin spricht ebenfalls Russisch und Tschetschenisch und verfügt über eine in der Russischen Föderation abgeschlossene Ausbildung zur Krankenschwester. Zuletzt arbeitete sie in der familieneigenen Landwirtschaft.

Ebenso wie der Erstbeschwerdeführer besuchte die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich mehrere Deutschkurse und bestand zuletzt im April 2017 die zertifizierte Prüfung auf B1-Niveau. Sie war mehrfach in Vereinen und auch der Caritas sozial aktiv und half in ihrem bekanntschaftlichen Umfeld immer wieder als Babysitterin aus. Weiters war sie mehrfach an der Mitgestaltung von Kunsthandwerkmärkten und Weihnachtsmärkten beteiligt. Im Dezember 2015 erklärte sich die Österreichische Post AG dazu bereit, die Zweitbeschwerdeführerin "nach Erhalt des Asylstatus und der damit verbundenen Arbeitserlaubnis in Österreich in Beschäftigung [zu] nehmen". Ein weiterer Arbeitsvorvertrag der Zweitbeschwerdeführerin als Verkäuferin im Ausmaß von zehn Wochenstunden und einer monatlichen Entlohnung von € 200 liegt vor.

In der Russischen Föderation leben noch der Vater, drei Schwestern und drei Brüder der Zweitbeschwerdeführerin; zu diesen Verwandten hielt sie von Österreich aus Kontakt. Die Zweitbeschwerdeführerin ist gesund und arbeitsfähig.

1.2.3. Der Drittbeschwerdeführer wuchs bis zu seinem 13. Lebensjahr in Tschetschenien auf und besuchte dort sieben Jahre die Schule.

Er beendete in Österreich eine Neue Mittelschule und besuchte eine Höhere Technische Lehranstalt für Elektrotechnik, welche er aufgrund des rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im Schuljahr 2017/2018 nicht fortsetzen konnte. Der Drittbeschwerdeführer bemühte sich seither um eine Lehrstelle als Elektroinstallationstechniker und besuchte Arbeitsprojekte. Er beherrscht die deutsche Sprache.

Er leidet an keinen maßgeblichen Krankheiten und ist arbeitsfähig.

1.2.4. Der minderjährige Viertbeschwerdeführer wuchs bis zu seinem elften Lebensjahr in Tschetschenien auf und besuchte dort fünf Jahre die Schule.

Zuletzt besuchte er in Österreich die vierte Klasse einer Neuen Mittelschule, wobei für ihn in den meisten Unterrichtsgegenständen ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde. Ob er im Schuljahr 2017/2018 weiterhin die Schule besuchte, kann nicht festgestellt werden. Er beherrscht die deutsche Sprache und leidet unter leichter Skoliose, deretwegen er aber nicht in Behandlung steht; er sieht sich selbst als gesund.

1.2.5. Die minderjährige Fünftbeschwerdeführerin wuchs bis zu ihrem neunten Lebensjahr in Tschetschenien auf und besuchte dort drei Jahre die Schule.

Zuletzt besuchte sie in Österreich die dritte Klasse einer Neuen Mittelschule, wobei ihr von dem Lehrerkollegium Ordentlichkeit und Zielstrebigkeit sowie hervorragende Ergebnisse in Mathematik und Deutsch, vor allem im schriftlichen Bereich, bescheinigt werden. Sie beherrscht die deutsche Sprache und leidet unter keinen maßgeblichen Krankheiten.

1.2.6. Die minderjährige Sechstbeschwerdeführerin wuchs bis zu ihrem sechsten Lebensjahr in Tschetschenien auf.

In Österreich besuchte sie zuletzt die dritte Klasse einer Volksschule. Sie beherrscht die deutsche Sprache und leidet unter keinen maßgeblichen Krankheiten.

1.2.7. Der minderjährige Siebtbeschwerdeführer wurde in Österreich geboren. Ob er im Schuljahr 2017/2018 den Kindergraten besuchte, kann nicht festgestellt werden. Für ihn sind keine maßgeblichen Krankheiten festzustellen.

1.2.8. Sämtliche Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Sie sind in ihrer Wohnsitzgemeinde sozial gut integriert und erfahren von ihrem Umfeld einen starken Rückhalt für ihren Verbleib in Österreich.

1.3. Zur Lage in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien:

1.3. Die allgemeine Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer, speziell in Tschetschenien, hat sich in Bezug auf die bereits in den beiden Asylverfahren behandelten Aspekte nicht geändert. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in Tschetschenien Drohungen oder Gewalthandlungen von staatlicher oder privater Seite zu erwarten hätten. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass sie in eine ihre Existenz bedrohende Notlage gerieten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte sowie unter Punkt II.1.1. festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts zu den Verfahren hinsichtlich beider Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz sowie der gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer am 23.01.2018 in die Russische Föderation zurückgeführt wurden, ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister.

2.2. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer ergeben sich aus ihren (bereits im ersten Asylverfahren vorgelegten) Identitätsdokumenten, den gleichlautenden und diesbezüglich glaubwürdigen Angaben in ihren Verfahren über ihre Anträge auf internationalen Schutz in Österreich sowie aus dem Umstand, dass sie über entsprechende Sprach- und Ortskenntnisse verfügen. Die Feststellungen zur Herkunft der Beschwerdeführer, zu ihrem Leben und ihren Familienangehörigen in der Russischen Föderation sowie zu ihren Reisen nach Österreich wurden bereits in dem die Verfahren über ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz abschließenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.08.2017 getroffen; es ergaben sich im nunmehrigen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, davon abweichende Feststellungen zu treffen.

Sämtliche Feststellungen zur persönlichen Situation der Beschwerdeführer in Österreich konnten auf Basis ihrer Angaben im gegenständlichen Verfahren sowie im Rahmen der Vorverfahren zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz getroffen werden und stützen sich auf die vor der belangten Behörde vorgelegten - und hinsichtlich ihrer Echtheit unbedenklichen - Unterstützungsschreiben, Einstellungszusagen, Bestätigungen, Stellungnahmen und Kurs- sowie Schulzeugnisse. Da für den minderjährigen Viertbeschwerdeführer und den minderjährigen Siebtbeschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine Unterlagen über den Schul- oder Kindergartenbesuch im Schuljahr 2017/2018 vorgelegt wurde, konnte nicht festgestellt werden, ob diese die Schule oder den Kindergarten zum Zeitpunkt der Ausreise besuchten. Auf Basis sämtlicher vorgelegter Unterlagen und der mittels Internetlink ebenfalls in Vorlage gebrachten Unterschriftenliste, mit der sich über 1.800 Personen den Verbleib der Beschwerdeführer in Österreich aussprechen, war auch die Aussage zu treffen, dass die Beschwerdeführer in ihrer Wohnsitzgemeinde sozial gut integriert sind und von ihrem Umfeld einen starken Rückhalt für ihren weiteren (dauerhaften) Aufenthalt im Bundesgebiet erfahren.

Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer war aufgrund ihrer Angaben in all ihren Verfahren festzustellen. Es ergibt sich auch aus den gesamten Akteninhalten nichts Gegenteiliges.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich hinsichtlich der Erst- bis Viertbeschwerdeführer aus der Einsichtnahme in das Strafregister bzw. hinsichtlich der minderjährigen Fünft- bis Siebtbeschwerdeführer aus deren Strafunmündigkeit.

2.3. Die Feststellung, wonach sich an der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer, speziell in Tschetschenien, in Bezug auf die bereits in den beiden Asylverfahren behandelten maßgeblichen Aspekten nichts geändert hat, beruht auf den in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen ausgewogenen Länderberichten zur Lage insbesondere in Tschetschenien. Mit den bekämpften Bescheiden erlangten die Beschwerdeführer Kenntnis von diesen Berichten und monierten diese auch in ihren Beschwerden nicht. Auch dem Bundesverwaltungsgericht liegen keine Berichte bzw. Länderdokumente vor, die ein anderes Bild der Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer zeichnen. Eine Feststellung, wonach die Beschwerdeführer bei Rückkehr in die Russische Föderation aufgrund der dortigen allgemeinen Situation in eine ihre Existenz bedrohende Notlage gerieten, konnte sohin nicht getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 (im folgenden AsylG 2005) ist, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen wird, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt, eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Gemäß Abs. 6 leg. cit. ist im Antrag der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt. Gemäß Abs. 8 leg. cit. hat das Bundesamt, wenn ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen wird, darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 145/2017 (im folgenden BFA-VG), ist, wenn durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß Abs. 3 leg. cit ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 52 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 157/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 (im folgenden FPG) hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird. Gemäß Abs. 9 leg. cit ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

3.2. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

3.3. Was einen allfälligen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführer betrifft, ist Folgendes festzuhalten:

3.3.1. Vom Prüfungsumfang des Begriffs des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt. Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden. Das Auflösen einer Hausgemeinschaft von Eltern und volljährigen Kindern alleine führt jedenfalls nicht zur Beendigung des Familienlebens im Sinn von Art. 8 Abs. 1 EMRK, solange nicht jede Bindung gelöst ist (EGMR 24.04.199

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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