Entscheidungsdatum
14.05.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W262 2183262-1/12E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 06.11.2017, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO, beschlossen:
A) Das Beschwerdeverfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde
gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 17.07.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), unter Vorlage medizinischer Befunde die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO.
Folgender Hinweis ist im Antragsformular der Behörde enthalten:
"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."
2. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie ein, in welchem auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin ein mehrsegementaler degenerativer Bandscheibenschaden mit einer muskulären Wirbelsäuleninsuffizienz und Schwierigkeiten der Rumpfkontrolle diagnostiziert wurden.
3. Am 24.10.2017 wurde der Beschwerdeführerin ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt. Dieses Verfahren wurde zur Zahl W262 2183258-1 protokolliert. Eine Entscheidung darüber wird gesondert ergehen.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 06.11.2017 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen.
4. Mit Schreiben vom 16.11.2017 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht eine als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass sie die Feststellung der Schwerbehinderung beantragt habe, welche mit Bescheid vom 06.11.2017 abgewiesen worden sei. Sie sei auch mit dem festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden. Dem vorliegenden orthopädischen Befund sei zu entnehmen, dass sie die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benutzen könne. Weiters leide sie an großen Schmerzen und der Parkausweis würde ihr das Leben erleichtern.
5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 17.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
6. Am 25.01.2018 teilte die belangte Behörde mit, dass ein Fehler unterlaufen sei und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass sowie für die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO vorliegen würden. Die Beschwerdeführerin sei darüber in Kenntnis gesetzt worden.
7. Mit Schreiben vom 05.03.2018 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die Beschwerde zurückziehe, da "sie ihren Parkausweis schon seit Wochen habe".
8. Mit Bescheid vom 26.04.2018 hat die belangte Behörde den Bescheid vom 06.11.2017 amtswegig gemäß § 68 Abs. 2 AVG behoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Schreiben vom 05.03.2018 zog die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde zurück.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde zurückgezogen hat, ergibt sich aus dem unmissverständlichen Inhalt ihrer schriftlichen Eingabe vom 05.03.2018.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4
BBG.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Einstellung des Verfahrens:
3.2. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).
Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).
Eine solche eindeutige Erklärung lag vor, da die Beschwerdeführerin die Zurückziehung - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde - schriftlich eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.
3.3. In welchen Fällen "das Verfahren einzustellen" ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Der angefochtene Bescheid ist aufgrund der von der Beschwerdeführerin ausdrücklich erklärten Zurückziehung der Beschwerde rechtskräftig geworden. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen war.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.
Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde und deren ausdrücklichen Zurückziehung hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH). Diese Judikatur ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf Fälle übertragbar, in denen ein Erledigungsanspruch (erst) nach Beschwerdeeinbringung verloren geht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Einstellung bei Zurückziehung etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Verfahrenseinstellung, ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W262.2183262.1.00Zuletzt aktualisiert am
23.05.2018