TE Bvwg Beschluss 2018/5/14 W238 2190464-1

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Veröffentlicht am 14.05.2018
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Entscheidungsdatum

14.05.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
BBG §46
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2190464-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Julia JERABEK und den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Behindertenpass, ausgestellt vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, am 19.01.2018, OB XXXX , in dem ein Grad der Behinderung von achtzig von Hundert (80 v.H.) festgestellt wurde, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 17, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG

und §§ 32, 33 AVG iVm § 46 erster Satz BBG als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG :

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer verfügt seit 09.03.2015 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. Am 06.09.2017 beantragte der Beschwerdeführer unter Vorlage medizinischer Beweismittel die Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO sowie die Neufestsetzung des Grades der Behinderung.

2. Daraufhin holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.12.2017 erstatteten - Gutachten vom 19.01.2018 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 80 v. H. festgestellt. Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" wurde im Gutachten mit näherer Begründung verneint.

3. Mit Schreiben vom 19.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), ein unbefristeter Behindertenpass mit den Zusatzeintragungen "Der Inhaber des Passes kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen" sowie "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" ausgestellt. Das Gutachten vom 19.01.2018 wurde dem Schreiben beigelegt. Mit Übermittlung des Behindertenpasses wurde dem Beschwerdeführer auch eine schriftliche Rechtsmittelbelehrung erteilt, wonach ihm das Recht zusteht, gegen den Behindertenpass innerhalb von sechs Wochen nach seiner Zustellung beim Sozialministeriumservice schriftlich eine Beschwerde einzubringen.

Der Behindertenpass wurde ausweislich des Verwaltungsaktes von der belangten Behörde am 22.01.2018 an den Beschwerdeführer abgesendet. Es wurde eine Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet.

4. Gegen den in Form eines Behindertenpasses erlassenen Bescheid wurde mit am 22.03.2018 bei der Behörde eingelangtem Schriftsatz Beschwerde erhoben, in der sich der Beschwerdeführer u.a. gegen den festgestellten Grad der Behinderung wandte. Weiters führte er unter Bezugnahme auf einen von ihm vorgelegten Befund aus, dass er auf einen Rollstuhl angewiesen sei und eine Begleitperson benötige. Er ersuchte um Richtigstellung des Behinderungsgrades und der "Parkbefreiung".

5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 27.03.2018 vorgelegt.

Einem Aktenvermerk der belangten Behörde zufolge wurde der Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 22.03.2018 sowohl als Beschwerde gegen die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass als auch als Einspruch im - zum Zeitpunkt der Beschwerdevorlage noch nicht abgeschlossenen - Verfahren betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" gewertet.

6. Mit Schreiben vom 29.03.2018, zugestellt am 10.04.2018, erfolgte seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein Verspätungsvorhalt an den Beschwerdeführer. Darin wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass sich die gegenständliche Beschwerde nach der Aktenlage als verspätet darstelle, da der in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses erlassene Bescheid am 22.01.2018 abgefertigt worden sei und die sechswöchige Beschwerdefrist - ausgehend davon, dass die Zustellung des Bescheides gemäß § 26 Abs. 2 ZustG am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt - mit Ablauf des 08.03.2018 geendet habe. Demnach wäre die mit 22.03.2018 datierte und an diesem Tag bei der Behörde eingelangte Beschwerde nach der Aktenlage verspätet eingebracht und daher als verspätet zurückzuweisen. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Es wurde ihm weiters zur Kenntnis gebracht, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.

7. Am 16.04.2018 langten beim Bundesverwaltungsgericht Unterlagen des Beschwerdeführers ein, darunter Kopien des hg.

Verspätungsvorhalts und der Beschwerde vom 22.03.2018 sowie diverse medizinische Beweismittel. Eine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes wurde vom Beschwerdeführer jedoch nicht erstattet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 06.09.2017 (u.a.) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass.

Der daraufhin ausgestellte Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 80 v.H. wurde am 22.01.2018 von der belangten Behörde an den Beschwerdeführer abgesendet. Es erfolgte eine Zustellung ohne Zustellnachweis.

Am 22.03.2018 langte eine mit diesem Datum versehene Beschwerde gegen den Behindertenpass bei der belangten Behörde ein.

Mit Schreiben vom 29.03.2018, zugestellt am 10.04.2018, erfolgte seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein Verspätungsvorhalt an den Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer legte innerhalb der ihm gesetzten Frist zwar diverse Unterlagen vor, äußerte sich jedoch nicht zum Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde, dem zitierten Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4

BBG.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.3. Die Bescheidbeschwerde ist schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen (§ 12 VwGVG).

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 46 erster Satz BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des VwGVG sechs Wochen.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustellG gilt eine Zustellung (ohne Zustellnachweis) als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats (§ 32 Abs. 2 AVG).

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (33 Abs. 2 AVG).

Bei der Frist zur Einbringung der Beschwerde handelt es sich um eine durch Gesetz festgesetzte Frist, die nicht verlängerbar ist (§ 33 Abs. 4 AVG). Sie ist eine prozessuale (formelle) Frist, sodass die Tage des Postenlaufes nicht einzurechnen sind (§ 33 Abs. 3 AVG).

3.4. Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Behindertenpass am 22.01.2018 von der belangten Behörde an den Beschwerdeführer abgesendet. Ausgehend davon, dass gemäß § 26 Abs. 2 ZustellG die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt, endete die sechswöchige Beschwerdefrist gegenständlich mit Ablauf des 08.03.2018.

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Beschwerdeführer diesen Umstand entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich vorgehalten (vgl. dazu VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050). Der Beschwerdeführer erstattete keine Stellungnahme, welche die rechtswirksame Zustellung des angefochtenen Bescheides oder den Zeitpunkt der Zustellung in Zweifel ziehen würde.

3.5. Da sich die mit 22.03.2018 datierte und an diesem Tag bei der Behörde eingelangte Beschwerde als verspätet erwiesen hat, war sie spruchgemäß zurückzuweisen.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

3.6. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu Punkt II.3.4.); darüber hinaus hängt die Entscheidung über die Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde lediglich von bereits ausjudizierten - nicht übermäßig komplexen - Rechtsfragen ab.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2190464.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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