TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/16 G308 2174095-1

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Veröffentlicht am 16.05.2018
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Entscheidungsdatum

16.05.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §66 Abs1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2

Spruch

G308 2174095-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Slowakei, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2017, Zahl XXXX, betreffend Ausweisung, zu Recht:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß

§ 28 Abs. 2 iVm § 27 VwGVG idgF aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden auch: BFA), Regionaldirektion Wien, vom 13.09.2017 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm. § 55 Abs. 3 NAG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Gemäß § 70 Abs. 3 NAG wurde der Beschwerdeführerin ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführerin seit 05.03.2015 immer wieder im Bundesgebiet befinde und sich zuletzt seit 02.06.2016 durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten habe. Die Beschwerdeführerin erfülle die Voraussetzungen für eine Anmeldebescheinigung nicht, da sie weder über Geldmittel noch ein eigenes Einkommen verfüge. Die Beschwerdeführerin beziehe Familienbeihilfe und Sozialhilfe. Die Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage, ausreichende Unterhaltsmittel oder eine Beschäftigung vorzuweisen.

2. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin dem am 11.10.2017 per E-Mail beim Bundesamt eingelangten Schriftsatz vom selben Tag durch ihre bevollmächtigte Rechtsvertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin sei nunmehr in einem wöchentlichen Stundenausmaß von 25 Stunden sozialversicherungspflichtig erwerbstätig. Dazu wurden mit dem Beschwerdeschriftsatz ein unbefristeter Arbeitsvertrag vom 04.10.2017 sowie eine Anmeldung bei der Wiener Gebietskrankenkasse vom 04.10.2017 mit einem Monatsbezug von brutto EUR 912,50 vorgelegt.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten am 20.10.2017 ein.

4. Am 29.03.2018 langte ein Konvolut an Unterlagen zu einem Obsorgestreit zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kindesvater des gemeinsamen Kindes beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grund des vorliegenden Akteninhalts wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Die Beschwerdeführerin ist slowakische Staatsangehörige. Sie war von 04.10.2017 bis 28.12.2017 sozialversicherungspflichtig erwerbstätig. Nunmehr übt die Beschwerdeführerin seit 12.04.2018 bis laufend eine neuerliche sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aus.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm am 11.05.2018 Einsicht in das Zentrale Fremdenregister, das Zentrale Melderegister sowie das Strafregister und holte einen Sozialversicherungsdatenauszug ein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A): Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung des Bescheides:

3.1. Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG idgF lautet:

"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist."

Gemäß § 55 Abs. 3 NAG hat die Behörde für den Fall, dass das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht besteht, weil eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

§ 51 Abs. 1 NAG lautet:

"Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen."

Die Beschwerdeführerin ist nunmehr in Österreich bei der "XXXX" als Arbeiterin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Damit ist sie als EWR-Bürgerin, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhält und in Österreich Arbeitnehmerin ist, gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigt. Sohin kann nicht davon gesprochen werden, der Beschwerdeführerin würde aus Gründen des § 55 Abs. 1 NAG das Niederlassungsrecht fehlen (vgl. VwGH vom 22.09.2009, 2008/22/0690). Die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 FPG lagen daher zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG unterbleiben, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Arbeitsaufnahme, Ausweisung aufgehoben, Behebung der Entscheidung,
EU-Bürger, Lebensunterhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G308.2174095.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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