TE Vwgh Beschluss 2018/4/25 Ra 2018/18/0168

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Veröffentlicht am 25.04.2018
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Index

E3R E19104000;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

32013R0604 Dublin-III;
AsylG 2005 §5;
BFA-VG 2014 §21 Abs3;
BFA-VG 2014 §21 Abs6a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision der E E, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Markus-Sittikus-Straße 9/2/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Februar 2018, Zl. W185 2152318-1/21E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 2017, Ra 2017/19/0291, verwiesen, dem im Wesentlichen folgender Verfahrensgang zu Grunde lag:

2 Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 13. März 2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen Nigerias, gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurückgewiesen. Das BFA sprach aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei, ordnete gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass "demzufolge" die Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

3 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 14. Juni 2017 gemäß § 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) statt, behob den bekämpften Bescheid vom 13. März 2017 und sprach aus, dass das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen werde. Das Bundesverwaltungsgericht ging infolge des nach Erlassung des bekämpften Bescheides eingetretenen Ablaufs der sechsmonatigen Überstellungsfrist von einer gemäß Art. 29 Abs. 2 erster Satz Dublin III-Verordnung begründeten Zuständigkeit Österreichs aus. Eine wirksame Verlängerung der Überstellungsfrist sei mangels rechtzeitiger Unterrichtung der zuständigen italienischen Behörde vom Vorliegen eines Überstellungshindernisses vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist nicht eingetreten.

4 Mit dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 2017, Ra 2017/19/0291, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2017 wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hielt u.a. fest, dass entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts die Überstellungsfrist im Zeitpunkt der im vorliegenden Fall am 28. April 2017 erfolgten Verständigung der zuständigen italienischen Behörde durch das BFA vom Vorliegen des in Art. 29 Abs. 2 zweiter Satz Dublin III-Verordnung genannten Grundes für die Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate noch nicht abgelaufen gewesen sei.

5 Mit dem in der Folge erlassenen und nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 12. Februar 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

6 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des verfahrensgegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz ergebe sich aus Art. 13 Abs. 1 Dublin III-Verordnung, weil die Revisionswerberin von einem Drittstaat (Libyen) kommend, die Seegrenze Italiens illegal überschritten habe, dort um Asyl angesucht und ihr in Italien ein befristeter Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Die Verpflichtung Italiens zur Wiederaufnahme der Revisionswerberin ergebe sich aus Art. 18 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 Dublin III-Verordnung, weil die zuständige italienische Behörde das Wiederaufnahmegesuch des BFA nicht fristgerecht beantwortet habe. Die Überstellungsfrist sei durch das zwischenzeitige "Untertauchen" der Revisionswerberin gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-Verordnung auf 18 Monate verlängert worden und somit noch offen. Von einer Verpflichtung Österreichs zum Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung sei nicht auszugehen. Es bestünden keine systemischen Mängel im italienischen Asylsystem. Es gebe keine Hinweise auf gesundheitliche Beschwerden der Revisionswerberin. Zudem bestehe eine ausreichende medizinische Versorgung in Italien. Es komme somit die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 zum Tragen. Ein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte der Revisionswerberin liege nicht vor.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend macht, das Bundesverwaltungsgericht sei von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. Dadurch sei die Revisionswerberin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Insbesondere zur Klärung der Frage der Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-Verordnung wäre die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten gewesen. Hinsichtlich dieser Frage sei der Revisionswerberin in keinem Stadium des Verfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Da das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der behördlichen Beweiswürdigung nicht bloß unwesentlich ergänzt habe, lägen die Voraussetzungen für die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach Maßgabe des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht vor.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

10 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

11 Die Revisionswerberin begründet den vorgebrachten Verstoß gegen die Verhandlungspflicht und die ihrer Ansicht nach wegen Unterbleibens der mündlichen Verhandlung erfolgte Verletzung des rechtlichen Gehörs ausdrücklich mit dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA-VG. Damit verkennt die Revisionswerberin jedoch, dass die Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren - wozu auch das vorliegende Dublin-Verfahren zählt - besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFA-VG, folgt (vgl. etwa VwGH 25.8.2017, Ra 2017/18/0243; 5.3.2018, Ra 2018/20/0062). Die Auslegung dieser Sondervorschriften hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30.6.2016, Ra 2016/19/0072, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 und Abs. 9 VwGG verwiesen wird, bereits ausführlich vorgenommen. Dass das Bundesverwaltungsgericht von den dort aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf.

12 Soweit sich die Revision - losgelöst von der ins Treffen geführten Verletzung der Verhandlungspflicht - auf eine Verletzung des Parteiengehörs beruft, führt sie einen Verfahrensmangel ins Treffen, dessen Relevanz die Zulässigkeitsbegründung jedoch nicht hinreichend darstellt, weshalb mit diesem Vorbringen schon aus diesem Grund das Vorliegen einer Rechtsfrage im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht angesprochen wird (VwGH 1.3.2018, Ra 2017/19/0454, mwN).

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180168.L00

Im RIS seit

23.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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