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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §3 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/20/0197 Ra 2018/20/0196Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in den Rechtssachen der Revisionen 1. des U K S,
2. der R S, 3. des R S, alle in S, alle vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen die jeweils am 18. Dezember 2017 mündlich verkündeten und über Antrag am 19. Februar 2018 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts, 1) Zl. L519 2161642- 1/20E, 2) Zl. L519 2162326-1/7E und 3) Zl. L519 2162329-1/16E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerber, Staatsangehörige von Bangladesch, stellten am 12. April 2016 (Erstrevisionswerber und Zweitrevisionswerberin) sowie am 20. September 2016 (Drittrevisionswerber) Anträge auf internationalen Schutz.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete zunächst eine Anfrage an die Staatendokumentation, die wiederum einen Vertrauensanwalt in Bangladesch mit Ermittlungen beauftragte. Gegenstand derselben war u.a. die Echtheit einiger vom Erstrevisionswerber vorgelegter Urkunden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies in der Folge die Anträge der revisionswerbenden Parteien mit den Bescheiden vom 27. April 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen, stellte fest, dass die Abschiebung der revisionswerbenden Parteien nach Bangladesch zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen fest.
3 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit den angefochtenen Erkenntnissen als unbegründet ab und erklärte die Revision für jeweils nicht zulässig.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts sei mangelhaft, weil die revisionswerbenden Parteien das Fluchtvorbringen derart lebensnah und detailgetreu geschildert hätten, dass von glaubwürdigen Aussagen auszugehen sei. Zur Frage, ob "in solchen Fällen" bei Verfolgung aus politischen und religiösen Motiven internationaler Schutz zu gewähren sei, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters habe der von der Staatendokumentation herangezogene Vertrauensanwalt von der Mutter des Erstrevisionswerbers EUR 3.500,-- für die Erstellung einer "positiven Stellungnahme" verlangt, widrigenfalls er einen "negativen Bericht" erstatten und der Behörde mitteilen werde, dass die vorgelegten Urkunden gefälscht seien. Eine solche Vorgangsweise stelle "kein faires Verfahren dar" und sei "mit einer absoluten Nichtigkeit behaftet". Zudem lägen seitens des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin "erhebliche Integrationsmaßnahmen" vor und der Drittrevisionswerber sei (im August 2016) in Österreich geboren worden. Es sei daher die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig.
8 Soweit angeführt wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die "sehr lebensnahe Schilderung" der Verfolgung aus politischen und religiösen Motiven zur Gewährung internationalen Schutzes zu führen habe, wird mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen nicht konkret dargelegt, welche in der Rechtsprechung bislang nicht behandelte Rechtfrage einer Klärung zuzuführen wäre. Die revisionswerbenden Parteien sind zudem darauf hinzuweisen, dass es der einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegt, ob ausgehend vom festgestellten Sachverhalt die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gerechtfertigt ist.
9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes im Allgemeinen nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 20.2.2018, Ra 2017/20/0464, mwN). Das dies gegeben wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
10 Dass der beigezogene Vertrauensanwalt versucht habe, von der Mutter des Erstrevisionswerbers für die Bescheinigung der Echtheit der zu prüfenden Urkunden EUR 3.500,-- zu erlangen, wird erstmals in der vorliegenden Revision behauptet, weshalb auf dieses Vorbringen schon wegen des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG zu beachtenden Neuerungsverbotes nicht weiter einzugehen war. Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG kann aber nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. etwa VwGH 28.2.2018, Ro 2015/06/0016; 30.1.2018, Ra 2016/01/0317, jeweils mwN).
11 Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen, wenn sie - was hier gegeben ist - auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 1.3.2018, Ra 2018/19/0061, mwN). Mit dem Revisionsvorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die im Einzelfall vorgenommene Interessenabwägung unvertretbar erfolgt wäre. Das Verwaltungsgericht hat die entscheidungsmaßgeblichen Umstände berücksichtigt und in nicht unvertretbarer Weise gewichtet.
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 27. April 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200195.L00Im RIS seit
23.05.2018Zuletzt aktualisiert am
15.06.2018