TE Bvwg Beschluss 2018/5/8 W113 2194144-1

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Veröffentlicht am 08.05.2018
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Entscheidungsdatum

08.05.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
TKG 2003 §121 Abs5
TKG 2003 §121a Abs1
TKG 2003 §25 Abs6
VwGG §30 Abs2
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W113 2194144-1/2E

beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Katharina David über den Antrag der XXXX, vertreten durch Lichtenberger & Partner Rechtsanwälte, der gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 03.04.2018, GZ R 6/17-12, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:

A)

Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird nicht stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Telekom-Control-Kommission (TKK, belangte Behörde) vom 03.04.2018, GZ R 6/17-12, trug diese der XXXX, der nunmehrigen Antragstellerin sowie Beschwerdeführerin, gemäß Art. 16 Abs. 5 und 6 iVm Art 6a VO (EU) Nr. 531/2012 idF 2017/920 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 13.06.2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (Roaming-VO) auf, die Einhebung eines zusätzlichen Entgelts für die Möglichkeit der Nutzung von Datenroamingdiensten beim Tarif "XXXX" zu unterlassen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27.04.2018 Beschwerde. Im gleichen Schreiben beantragte diese die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG bzw. die Feststellung, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG zukommt. Eine Abwägung aller berührten Interessen und die Darlegung und Prüfung eines für die Antragstellerin schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens sei dabei nicht durchzuführen.

Die Bestimmung des § 121a Abs. 1 TKG 2003 sei entweder verfassungs- und unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zukommt oder die Bestimmung des § 121a Abs. 1 TKG 2003 ist unangewendet zu lassen.

Sollte das Bundesverwaltungsgericht diese Ansicht nicht teilen, wird angeregt, die Bestimmung des § 121a Abs. 1 TKG 2003 als verfassungswidrig beim Verfassungsgerichtshof anzufechten und das gegenständliche Beschwerdeverfahren für die Dauer des Verfahrens beim Verfassungsgerichtshof auszusetzen.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.05.2018, am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, erfolgte die Beschwerdevorlage mitsamt dem Antrag auf aufschiebende Wirkung. Die belangte Behörde behielt sich die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ausdrücklich vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Vollzug des bekämpften Bescheids führt dazu, dass die Antragstellerin nunmehr kein zusätzliches Entgelt für die Möglichkeit der Nutzung von Datenroamingdiensten beim Tarif "XXXX" verrechnen darf. Das zusätzliche Entgelt beträgt pro Monat € 3,99 im Fall der Einhebung einer Aktivierungsgebühr von € 70,00 und € 1,07 im Fall der Nichteinhebung einer Aktivierungsgebühr von € 70,00.

Die Antragstellerin hat keine Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht. Ein Vorbringen, aus welchem Grund ein allenfalls durch den Vollzug des bekämpften Bescheids eintretender Schaden nicht rückgängig gemacht werden konnte, wurde nicht erstattet.

Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragstellerin sowie zur Frage, ob ein durch den Vollzug allenfalls entstehender Nachteil nicht rückgängig gemacht werden könne, konnten nicht getroffen werden.

2. Beweiswürdigung:

Aus dem bekämpften Bescheid ergibt sich, dass die Antragstellerin für den Tarif "XXXX" mit einem Datenvolumen von 16 GB € 15 verrechnet - ohne Bindungsdauer, Servicepauschale, Hardware und Roaming. Für den Tarif "XXXX" mit einem Datenvolumen von 15 GB verrechnet sie hingegen € 17,99, mit 24 monatiger Bindungsdauer, einer Servicepauschale von € 22 pro Jahr, Hardware und Roaming (sowie fallweise einer Aktivierungsgebühr von € 70,00).

Die belangte Behörde stellte im Bescheid fest, dass der Tarif "XXXX" mit Roaming und 1 GB weniger Datenvolumen teurer sei als der Tarif ohne Roaming. Das monatliche Grundentgelt von € 17,99 plus die anteilige Aktivierungsgebühr von € 2,92 (€ 70,00 dividiert durch 24 [Mindestvertragslaufzeit in Monaten]) plus der anteiligen Servicepauschale von € 1,83 (€ 22,00 dividiert durch 12) minus der anteiligen Hardwarestützung in Höhe von € 3,75 (ausgehend vom höchstmöglichen Marktwert von € 90,00 dividiert durch 24 [Mindestvertragslaufzeit in Monaten]), ergäbe ein monatliches Entgelt von € 18,99. Im Vergleich zum Tarif "XXXX" mit einem Entgelt von € 15,00 mit 16 GB, nutzbar nur im Inland, ergebe sich, dass für die Möglichkeit, Roaming zu nutzen, ein zusätzliches Entgelt verrechnet wird.

Für den Fall, dass kein Aktivierungsentgelt idH von € 70,00 zu leisten ist, reduziere sich das so berechnete monatliche Entgelt um € 2,92 und ist mit € 16,07 für "XXXX" nominell um € 1,07 höher als für "XXXX".

Mit dem bekämpften Bescheid wird der Antragstellerin aufgetragen, die Verrechnung eines zusätzlichen Entgelts für die Nutzung von Roaming im Hinblick auf die VO (EU) Nr. 531/2012 idF 2017/920 zu unterlassen.

Aus den Angaben der Behörde lässt sich ableiten, dass das zusätzliche Entgelt pro Monat € 3,99 im Fall der Einhebung einer Aktivierungsgebühr von € 70,00 und € 1,07 im Fall der Nichteinhebung einer Aktivierungsgebühr von € 70,00 beträgt.

Die Antragstellerin hat konkret zur aufschiebenden Wirkung vorgebracht, der Bescheidspruch sei ohnehin nicht vollzugsfähig, womit sich die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung erübrige. Keine Angaben machte sie zur Frage, ob mit dem Vollzug des Bescheides ein schwerer und nicht wiedergutzumachender (wirtschaftlicher) Schaden verbunden wäre. Auf Grundlage dieses Vorbringens, das ohnehin von der Vollzugsuntauglichkeit des angefochtenen Bescheides ausgeht, konnte nichts zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragstellerin festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Vorweg ist zu bemerken, dass im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines angefochtenen Bescheides die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides selbst und somit das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht zu überprüfen sind; selbst die wahrscheinliche Rechtswidrigkeit des Bescheides wäre kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Beschlüsse vom 30.11.2011, 2011/04/0036 und vom 24.06.2011, AW 2011/17/0024). Lediglich Beschwerden gegen offenkundig rechtswidrige Bescheide wäre unter Umständen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Eine offenkundige Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist jedoch nicht ersichtlich.

3.1. Allgemeines

Gemäß § 121 Abs. 5 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003), BGBl. I Nr. 70/2003 idF BGBl. I Nr. 6/2016, kann gegen Bescheide der Telekom-Control-Kommission und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

§ 13 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017, normiert: "Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung." § 121a Abs. 1 TKG 2003 normiert als lex specialis: "Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörden haben abweichend von § 13 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverwaltungsgericht (Art. 131 Abs. 1 B-VG) kann die aufschiebende Wirkung im betreffenden Verfahren auf Antrag zuerkennen, wenn nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung für den Berufungswerber ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre."

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Nach § 121a Abs. 2 TKG 2003 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die Telekom-Control-Kommission belangte Behörde ist (§ 2 VwGVG), durch Senate. Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung; die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum BVwGG (RV 2008 BlgNR, 24. GP, S 4) bedeutet dies, dass der Senatsvorsitzende "insbesondere die Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung, gegebenenfalls über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und über die Gewährung eines Verfahrenshilfeverteidigers" ohne Senatsbeschluss erlassen darf. Daraus folgt, dass - ungeachtet der Zuständigkeit des Senats zur meritorischen Erledigung der Beschwerde - die Entscheidung über den vorliegenden Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch die Vorsitzende als Einzelrichterin getroffen werden kann.

3.2. Zur Zulässigkeit des § 121a Abs. 1 TKG 2003

Zur Frage, ob einer Beschwerde gegen Bescheide der belangten Behörde aufschiebende Wirkung zukommt, ist, abgehend vom generellen System des § 13 Abs. 1 VwGVG die Anordnung des § 121a Abs. 1 TKG 2003 heranzuziehen.

Die Antragstellerin moniert diese Bestimmung unter Verweis auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 02.03.2018, G257/2017, zu § 22 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Errichtung und Organisation der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMABG) als verfassungswidrig.

Die Gesetzesmaterialien zu § 121a Abs. 1 TKG 2003 in der zitierten Fassung (RV 2194 BlgNR 24. GP) führen aus: "Die Notwendigkeit einer Abweichung vom Grundsatz der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde ergibt sich unmittelbar aus den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 4 der Richtlinie 2002/21/EG idF der Richtlinie 2009/140/EG (‚Rahmenrichtlinie')." Art. 4 der RL 2002/21/EG idF der RL 2009/140/EG lautet auszugsweise: "Bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahrens bleibt der Beschluss der nationalen Regulierungsbehörde in Kraft, sofern nicht die Beschwerdeinstanz anders entscheidet." Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 25.11.2009 zur Änderung (ua.) der Richtlinie 2002/21/EG hält fest: "Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit für Marktakteure sollten die Beschwerdestellen ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen; insbesondere sollten die Beschwerdeverfahren nicht ungebührlich lange dauern. Einstweilige Maßnahmen zur Aussetzung der Wirkung eines Beschlusses einer nationalen Regulierungsbehörde sollten nur in dringenden Fällen erlassen werden, um schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden von der die Maßnahmen beantragenden Partei abzuwenden, und wenn dies zum Ausgleich der Interessen erforderlich ist."

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde stellt vor diesem Hintergrund den Normalfall und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Ausnahme dar.

In der oben zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 02.03.2018, G257/2017, begründete dieser seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 22 Abs. 2 FMABG zum einen damit, dass diese eine nicht unerlässliche Abweichung von den allgemeinen Vorgaben des § 13 Abs. 1 und 2 VwGVG darstelle, zum anderen damit, dass § 22 Abs. 2 FMABG dem Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers nicht hinreichend Rechnung trage und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip sowie den daraus abgeleiteten Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes verstoße.

Die beiden Normierungen über den generellen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im TKG 2003 und im FMABG unterscheiden sich voneinander grundlegend. Es handelt sich bei jener Bestimmung nach dem TKG 2003 nämlich um eine unerlässliche Regelung. Die allgemeine Vorgabe des § 13 Abs. 1 und 2 VwGVG würde dem Unionsrecht im Regulierungsbereich des Telekommunikationsrechts und insbesondere Art. 4 der RL 2002/21/EG widersprechen. Die dortige Anordnung, dass ein Beschluss der nationalen Regulierungsbehörde in Kraft bleibt, sofern nicht die Beschwerdeinstanz anders entscheidet, würde durch eine nationale Bestimmung, die die aufschiebende Wirkung von Beschwerden grundsätzlich vorsieht, unterlaufen werden.

Auch wird dem Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend Rechnung getragen und damit nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip sowie den daraus abgeleiteten Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes verstoßen, da das Verwaltungsgericht (in Besetzung eines Einzelrichters) ohne unnötigen Aufschub über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entscheidet und nicht davor - im Gegensatz zur Regelung im FMABG - noch die belangte Behörde hören muss (vgl. VfGH 02.03.2018, G257/2017, Pkt. 2.6.). Damit ist gewährleistet, dass einer Beschwerde, sofern für den Beschwerdeführer mit dem Vollzug und der Rechtskraft des Bescheides ansonsten ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre, die aufschiebende Wirkung innerhalb eines kurzen Zeitraums zuerkannt werden kann (zugestanden wird, dass der Beschwerdeführer dartun muss, worin der Schaden bestehen würde).

Das Bundesverwaltungsgericht hegt somit keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 121a Abs. 1 TKG 2003.

3.3. Vollzugstauglichkeit des Bescheides

Die Antragstellerin meint, der vorliegende Bescheid sei vollzugsuntauglich, womit eine Erfolgsvoraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 121a Abs. 1 TKG 2003 nicht vorliege.

Tatbestandsbezogene Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Vorliegen eines dem Vollzug unterliegenden Verwaltungsaktes. Derart vollzugstauglich sind nur solche Bescheide, denen ein schließlich zwangsvollstreckbarer verwaltungsbehördlicher Vollzugsakt oder eine Reihe mehrerer solcher Vollzugsakte nachfolgen kann (VwGH 25.05.1992, AW 92/17/0013; 26.06.2014, AW 2013/10/0074).

Der vorliegende Bescheid ordnet an, die Einhebung eines zusätzlichen Entgelts für die Möglichkeit der Nutzung von Datenroamingdiensten beim Tarif "XXXX" zu unterlassen. Die konkrete Höhe des - von der belangten Behörde festgestellten - solcherart zusätzlichen Entgelts für Datenroamingdienste ergibt sich als Betrag von € 3,99 (für den Fall der Berechnung eines Aktivierungsentgelts) oder € 1,07 (für den Fall der Nichtberechnung eines Aktivierungsentgelts) aus den Feststellungen bzw. der Beweiswürdigung des Bescheides.

Der Bescheid ist somit rechtsgestaltend iS einer Anordnung einer Unterlassung. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin ist der gegenständliche Fall durchaus mit jenem im Hauptverfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Fall zu Zl. W271 2174322-1 (vgl. Beschluss des BVwG betreffend AW vom 31.10.2017, W271 2174322-1) vergleichbar, mit welchem einem ähnlich lautenden Bescheid implizit die Vollzugstauglichkeit zuerkannt wurde.

Auch wenn keine konkrete Höhe eines zusätzlichen Entgelts im Bescheidspruch festgelegt ist, ist eine solche doch in Zusammenschau mit der Begründung des angefochtenen Bescheides ersichtlich (vgl. VwGH 25.08.2015, Ro 2015/12/0013, wo in einem fortzusetzenden Verfahren zusätzliche Ermittlungsschritte in Bezug auf die Höhe des Ruhebezuges notwendig waren). Die Angabe der Antragstellerin, sie habe auf Basis des Bescheidspruches keine Möglichkeit sich rechtskonform zu verhalten, geht daher ins Leere.

Der Bescheid ist aus Warte des Bundesverwaltungsgerichts daher einem Vollzug zugänglich. Wäre dies nicht der Fall, wäre der gegenständliche Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung schon deswegen abzuweisen - eine inhaltliche Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheidspruches erfolgt erst im Haupt(beschwerde)verfahren. Wie sich in der Folge zeigen wird, ist der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aber ohnehin abzuweisen, da die inhaltlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.

3.4. Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Zur Beurteilung, ob die Voraussetzungen nach § 121a Abs. 1 TKG 2003 vorliegen, kann auf die Rechtsprechung zum systematisch ähnlichen § 30 Abs. 2 VwGG zurückgegriffen werden. Es erfordern sowohl § 30 Abs. 2 VwGG als auch § 121a Abs. 1 TKG 2003 zunächst eine Abwägung der jeweils berührten (öffentlichen) Interessen, wobei bei einer Prüfung nach § 30 Abs. 2 VwGG auch keine "zwingenden öffentlichen Interessen" entgegenstehen dürfen. Zeigt sich nach dieser Abwägung, dass mit dem Vollzug des bekämpften Bescheids für den Antragsteller nach § 30 Abs. 2 VwGG ein "unverhältnismäßiger" oder nach § 121a Abs. 1 TKG 2003 ein "schwerer und nicht wieder gutzumachender" Schaden verbunden wäre, ist die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (§ 30 Abs. 2 VwGG) oder kann diese zuerkannt werden (§ 121a Abs. 1 TKG 2003). Nach diesem leicht unterschiedlichen Wortlaut ist die Schwelle des dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot entspringenden "schweren und nicht wiedergutzumachenden" Schadens etwas höher angesetzt als jene des (bloß) "unverhältnismäßigen" Nachteils (vgl. dazu ebenfalls zum TKG 2003, wenn auch vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit: VwGH 12.12.2013, AW 2013/03/0025, 08.01.2013, AW 2012/03/0049; sowie zum BWG: VwGH 02.04.2010, AW 2010/17/0015).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. zB VwGH 04.06.2016, Ra 2016/08/0031) hat ein Beschwerdeführer (hier: die Antragstellerin) jedenfalls zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil (im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG) gelegen wäre. Die Anforderungen an die Konkretisierungspflicht sind streng (vgl. die stRsp seit dem Beschluss des VwGH vom 25.02.1981, 2680/80, VwSlg 10381 A/1981). Für die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils ist die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret - tunlichst ziffernmäßig - anzugeben (vgl. VwGH 02.03.2017, Ra 2017/08/0009). Auch ist die gesamte wirtschaftliche Situation darzulegen (vgl. VwGH 30.06.2008, AW 2008/03/0039). Erst die ausreichende und zudem glaubhaft dargetane Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. VwGH 28.05.2015, Ra 2015/13/0019).

Es ist auch erforderlich, dass in einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt wird, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen (vgl. VwGH 02.07.2012, AW 2012/03/0011; diesem Beschluss lag ein Bescheid zu Grunde, mit dem die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 6 TKG 2003 einzelnen, von der beschwerdeführenden Partei angezeigten, im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Allgemeinen Geschäftsbedingungen widersprochen hat).

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist aber nicht jeder mögliche, irreversible Nachteil geeignet, zu Gunsten der Antragstellerin auszuschlagen. Vielmehr muss die Antragstellerin in nachvollziehbarer Weise einen - für die Dauer des Beschwerdeverfahrens - drohenden Nachteil durch entsprechende Bescheinigungsmittel darlegen (vgl. VwGH 09.04.2008, AW 2008/05/0006, 18.11.1999, AW 99/03/0074), um dem Bundesverwaltungsgericht eine Beurteilung im Sinne von § 121a Abs. 1 zweiter Satz TKG 2003 zu ermöglichen.

Der Schadensbegriff nach § 121a Abs. 1 zweiter Satz TKG 2003 als Voraussetzung für die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung ist auf Erwägungsgrund 14 der bereits oben zitierten RL 2009/140/EG zurückzuführen. Auch hat der EuGH bei der Prüfung der Zulässigkeit einstweiliger Anordnungen nach Art 279 AEUV in stRsp das Kriterium des "schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens" anzuwenden (vgl. zuletzt etwa EuGH 14.01.2016, Rs C-517/15 P-R, AGC Glass Europe u.a./Kommission, RN 45). Ein solcher Schaden liegt laut EuGH beispielsweise dann vor, wenn der Antragsteller Gefahr läuft, in eine existenzbedrohliche Lage zu geraten (vgl. EuGH 08.04.2014, Rs C-78/14 P-R, Kommission/ANKO, Rn 26). Es kommt dabei nicht auf die gesamte Schadenshöhe, sondern auf das Verhältnis zum Gesamtumsatz an (vgl. EuGH 07.03.2013, Rs C-551/12, Électricité de France SA/Kommission, Rn 56 ff). Ein finanzieller Schaden könne zudem nur unter außergewöhnlichen Umständen als nicht wiedergutzumachend angesehen werden, da er mit Geld ausgeglichen werden könne (vgl. etwa EuGH 23.04.2015, Rs C-35/15 P-R, Kommission/Vanbreda Risk & Benefits, Rn 24). Art und Umfang eines drohenden Schadens müssen auch so weit wie möglich bereits in einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz dargelegt werden (vgl. EuGH 07.03.2013, Rs C-551/12, Électricité de France SA/Kommission, Rn 61).

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass das Vorbringen der Antragstellerin nicht geeignet ist, ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zum Erfolg zu verhelfen: Die Antragstellerin hätte insbesondere hinreichend konkret darzulegen gehabt, worin für sie ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden im Sinne des § 121a Abs. 1 TKG 2003 gelegen wäre - das hat sie jedoch verabsäumt. Erst dadurch wären eine Abwägung aller berührten Interessen und die Beurteilung möglich, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Antragstellerin tatsächlich ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 121a Abs. 1 zweiter Satz TKG 2003 lagen sohin nicht vor.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG idF BGBl. I Nr. 164/2013 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, wenn die Rechtslage als nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, selbst wenn keine Judiaktur dazu vorliegt (VwGH 18.03.2015, Zl. Ra 2015/04/0005). Im konkreten Fall war die Rechtslage klar und eindeutig (vgl. § 121a Abs. 1 zweiter Satz TKG 2003). Es liegt überdies Judiaktur zur grundsätzlichen Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vor, die auf den gegenständlichen Fall übertragbar ist (vgl. Judikaturzitate Pkt. 3.3. und 3.4.). Zur Prüfung, wann ein "schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden" vorliegt, liegt Judiaktur des EuGH vor (vgl. Judikaturzitate Pkt. 3.4.).

Zur weiteren von der Antragstellerin aufgeworfenen Rechtsfrage der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 121a Abs. 1 zweiter Satz TKG 2003 ist das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für die Frage der Revisionszulassung nicht relevant (VwGH 02.09.2014, Ra 2014/18/0062).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Bescheinigungsmittel, drohende Schädigung,
effektiver Rechtsschutz, Entgelt, Glaubwürdigkeit,
Interessenabwägung, konkrete Darlegung, Konkretisierung,
Nachvollziehbarkeit, öffentliche Interessen, Schaden, schwerer
Schaden, unverhältnismäßiger Nachteil, unverhältnismäßiger
wirtschaftlicher Nachteil, Vollzugstauglichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W113.2194144.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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