TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/9 W264 2165419-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2018
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Entscheidungsdatum

09.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W264-2165419-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie u. Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 3.7.2017, Zl. 1072639501-150636994, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 (AsylG) sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und reiste illegal und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein. Am 9.6.2015 stellte er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgte am 9.6.2015. Er gab an, am XXXX in Herat in Afghanistan geboren zu sei, von 1978 bis 1990 in Herat die Schule besucht zu haben und verheiratet zu sein. Laut Niederschrift über die Erstbefragung ist er Tadschike und ohne Religionszugehörigkeit.

Als Fluchtgründe macht er Glaubensschwierigkeiten geltend und aufgrund seiner Profession eines Geschäftsmannes zweimalig entführt worden zu sein. Er sei gegen eine Lösegeldzahlung einmal frei gekommen und sei die zweite Lösegeldforderung so hoch gewesen, dass er die Summe nicht habe bezahlen können und daher mit dem Umbringen bedroht worden sei. Daher habe er Afghanistan verlassen. Sonst habe er keine weiteren Fluchtgründe.

2. Der Beschwerdeführer wurde am 7.9.2016 vor dem Bundesasylamt (BFA; belangte Behörde) einvernommen. Zusammengefasst gab er an, eine Tazkira, einen Reisepass sowie Führerschein und Personalausweis zu besitzen und traditionell durch einen Mullah verheiratet worden zu sein. Er ergänzte in diesem Zusammenhang, dass er "nicht an diese Sachen" glaube.

Er sei als Händler im Import / Export selbständig tätig gewesen und habe in vielen Ländern gelebt - Russland, Iran, Indien, Pakistan. Dies sei ihm möglich gewesen, da seine Tante die Gattin des afghanischen Präsidenten gewesen sei. Er habe Probleme gehabt, weil er Tadschike und Kommunist sei. Mit acht Jahren sei er Kommunist geworden und habe hin und wieder nach Tadschikistan reisen müssen. Mit 14 Jahren sei er Mitglied in der kommunistischen Partei Goruhe Fadaiye Khalg geworden und habe freiwillig geholfen und ‚gekämpft'. Er gab an, durch Werbung machen und seine Hilfe für den Kommunisten gegen jene gekämpft zu haben, welche gegen die Kommunisten waren; jedoch nicht durch den Dienst an der Waffe. Er habe mit dieser Partei gegen Moslems gekämpft. Die Partei (‚wir') sei zu 100% gegen den Islam gewesen. Er gab an "Ich war wie die Russen, warum kennen Sie das nicht?". Es wurde ihm seitens der belangten Behörde gesagt, dass von ihm die Antwort auf die Frage was seine Partei mache und nicht wofür sie stehe, begehrt werde und gab er zur Antwort "Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal erklären muss", aber könne er seine Mitgliedschaft durch Fotos belegen. Seine Entführer hätten gewusst, dass er viel verdiene. Daher hätten diese Geld verlangt. Er gab an "Es wäre mir lieber, wenn ihr mich fragt und ich die Fragen beantworte, ich kann es nicht frei erzählen".

Als die von ihm angeführten ‚Probleme mit Moslems' erwähnte er, dass diese Terroristen seien und ihm nach dem Leben getrachtet hätten. Näherem Nachfragen nach solchen konkreten Situationen begegnete er mit "Warum versteht ihr nicht, dass wir Kommunisten in Gefahr waren?" und gab an, auch für die NATO gearbeitet zu haben und schilderte in diesem Zusammenhang eine Entführung seiner Person. Dies habe sich zwischen 25 oder 30 Tagen bevor er Afghanistan verlassen habe, zugetragen und gleich darauf nach der Jahreszahl befragt gab er an "fünf Jahre bevor ich Afghanistan verlassen habe".

3. Der Beschwerdeführer legte am 30.9.2016 um am 11.11.2016 Dokumente vor, welche zum Akt genommen wurden.

4. Am 10.3.2017 erfolgte eine Anfrage an die Staatendokumentation, welche mit Anfragebeantwortung vom 1.6.2017 replizierte. Diese wurde dem Beschwerdeführer ins Parteigehör gesendet und erfolgte die Stellungnahme mit Schreiben vom 19.6.2017. Die Ausführungen betreffend die PDPA (Volksdemokratische Partei Afghanistans) / DVPA (Demokratische Volkspartei Afghanistans) seien im Wesentlichen richtig und werde den Informationen nicht entgegen getreten. Ihm drohe als Mitglied der kommunistischen Partei Afghanistans in seiner Heimat asylrelevante Verfolgung, insbesondere wegen politischer Gesinnung und aus religiösen Gründen und hätten bereits Verfolgungshandlungen stattgefunden. Er habe aus wohlbegründeter Furcht seine Heimat verlassen. Der Staat sei nicht willens und nicht in der Lage, ihm Schutz zu gewähren.

5. Dieser Stellungnahme waren eine Teilnahmebestätigung des Vereins

XXXX vom 28.3.2017 über die Teilnahme an der Bildungsveranstaltung AW 1c - Stufe A1/1, eine Kursbestätigung des Vereins XXXX vom 13.6.2017 über die Teilnahme am Kurs AW 2d, eine Bestätigung des ÖRK über freiwillige Mitarbeit am 5.11.2017, 7.30 Uhr bis 17 Uhr, angeschlossen. Weiters war eine Bestätigung der XXXX vom 10.6.2017 beigelegt, wonach der BF in der Unterkunft in XXXX bei den wöchentlichen Deutschkursen und dem anschließenden Volleyballspiel "oft dabei" gewesen sei und wird dieser darin als "sehr bemüht, ruhig und aufmerksam" beschrieben. Ebenso war ein Arztbrief der Urologischen Abteilung des AÖK XXXX angeschlossen, wonach der Beschwerdeführer vom 16.10. bis 17.10.2017 wegen XXXX, ausgelöst als Nebenwirkung des Medikaments XXXX.

6. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß

§ 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und gemäß § 8 Abs 1 iVm

§ 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 wurde die Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt III.) und festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

7. Gegen den Bescheid des BFA richtet sich die am 14.7.2017 verfasste und bei der Behörde am 18.7.2017 einlangende Beschwerde. Damit wurde eine mündliche Verhandlung zum Zwecke der ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens unter Berücksichtigung der persönlichen Glaubwürdigkeit begehrt. Zusammengefasst wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer Verständigungsschwierigkeiten mit der aus dem Iran stammenden Dolmetsch des BFA gehabt habe und sich in "nicht so guter psychischer Verfassung" befinde. Ende des Monats (Anm: Juli 2017) habe er "auch wieder einen Termin beim Psychologen". Der Bescheid werde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens bekämpft und wurden fehlerhafte bzw unzureichende Ermittlungstätigkeit und mangelhafte Beweiswürdigung ins Treffen geführt.

Es sei ihm schwer gefallen, die Fluchtgründe umfassend vorzutragen, da diese umfassend und in die Zeit des Kommunismus zurückreichend seien. Das richtige Alter sei jenes in der Tazkira und sei er im Alter von 13 / 14 Jahren Mitglied in der Kommunistischen Partei gewesen. Im Alter von 16 Jahren habe er für ca. zehn Monate eine "leitende Position beim afghanischen Geheimdienst XXXX" - für welchen er bereits 14jährig gearbeitet habe - erlangt. Der Gatte seiner Tante sei XXXX (auch XXXX bzw XXXX) gewesen und habe die Behörde zu diesem Mann keinerlei Recherchen durchgeführt, obwohl im Internet lnformationen über diesen leicht beschaffbar seien. Dieser sei - wie vom Beschwerdeführer vorgebracht - in Holland verstorben.

Der Beschwerdeführer sei nach seiner Heirat nach Russland geflohen, wo er sich vier Jahre - mit unterbrechenden Aufenthalten in Turkmenistan und Tadschikistan - aufgehalten habe. Er habe seine Familie in Herat heimlich besucht bzw diese im Iran getroffen. Nach seinem Russland-Aufenthalt habe er in Afghanistan an verschiedenen Orten gewohnt, anschließend sei er in den Iran geflüchtet und habe dort vier bis fünf Jahre verbracht und von dort aus seine Transportfirma gegründet, mit deren Führung er einen Iraner beauftragt habe. Nach der Machtübernahme Karzais sei er von der NATO mit der Lieferung von Waren beauftragt worden und habe er dann wieder in Afghanistan gelebt und in dieser Zeit auch noch Kontakt zu (ehemaligen) Parteimitgliedern unterhalten. Den letzten Kontakt habe er vor ca. zwei Jahren gehabt, mehrere (ehemalige) Parteimitglieder seien von Islamisten ermordet worden.

Als fluchtauslösend wird in der Beschwerde eine Entführung durch Islamisten (Taliban und Al-Qaida), geschildert. Dabei sei ihm unterstellt worden, wegen seiner Zugehörigkeit zu den Kommunisten und seiner Tätigkeit für die NATO ein Ungläubiger zu sein. Das Lösegeld iHv 150.000 US-Dollar habe sein Vater bezahlt. Islamisten hätten den Beschwerdeführer auch zuhause aufgesucht und aufgefordert, sich ihnen anzuschließen, andernfalls er getötet werde. Diese hätten dem Beschwerdeführer auch einen Drohbrief geschrieben und ihn darin mit dem Tode bedroht. Mehrere Familienmitglieder des Beschwerdeführers, darunter ein Bruder welcher in Russland studiert habe und ebenso bei der Partei gewesen sei, seien ermordet worden und belege dies ein Lichtbild sowie ein Dokument über die Trauerfeier, welche der Beschwerde beigelegt wurden. Lichtbilder über die Parteimitgliedschaft des Beschwerdeführers habe der Beschwerdeführer nicht gemeint, sondern Fotos über seinen Russlandaufenthalt, welche beim erwähnten ermordeten Bruder aufbewahrt worden seien. Der Reisepass des Beschwerdeführers sei vom Schlepper mit der Zusage, diesen an die Familie in Afghanistan zu senden, abgenommen worden, doch sei der Reisepass bei der Familie nie eingetroffen. Auch zwei Onkel mütterlicherseits seien entführt und ermordet worden.

In der Beschwerde wurde zur Lage in Herat ausgeführt, auf die UNHCR-Risikoprofile hingewiesen und festgehalten, dass eine IFA - zB in Kabul - nicht in Betracht käme. Dabei wurde etwa auf ein im Verfahren W244 2145523-1 eingeholtes Gutachten Dris. Rasuly hingewiesen, wonach in Kabul die grundlegende Infrastruktur iSv Strom- und Wärmeversorgung nicht funktioniere. Weiters auf einen Artikel von Amnesty International, eine Einschätzung der staatl. schwedischen Entwicklungsagentur im Jahr 2016, einen Artikel der SFH vom 22.3.2017, auf einen solchen der UN Generaly Assembly, den Jahresbericht von Amnesty International, den Artikel von Friederike Stahlmann, wonach es einem Rückkehrer nicht möglich sei, den Aufenthaltsort vor seinen Verfolgern geheim zu halten und die "extrem schlechte Wohnsituation" von Binnenvertriebenen in Kabul, Herat und Mazar-e-Sharif.

Es sei ihm daher aus politischen bzw religiösen Gründen Asyl zu gewähren, da Islamisten den Beschwerdeführer als Verräter betrachten würden und ihm eine gegen sie gerichtete Gesinnung unterstellen würden.

8. Der bezughabende Fremdakt wurde Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Am 18.12.2017 fand die öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetsch für die Sprache Dari vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer angab, vor der belangten Behörde und bei der Ersteinvernahme immer die Wahrheit gesagt zu haben und wurde ihm dabei die Gelegenheit gegeben, zu seiner Person sowohl in freier Erzählung als auch auf konkrete Nachfrage hin vorzutragen.

Der BF legte dem Gericht folgende Unterlagen vor, welche in Kopie als Beilagen zur Verhandlungsschrift genommen wurden:

a) Arztbrief der FA für Psychiatrie Dr. XXXX vom 8.11.2017, wonach der Beschwerdeführer berichtet, dass es ihm seit der Medikamenteneinnahme "deutlich besser" gehe, er schlafen könne, keine innere Unruhe mehr habe und 5 kg Körpergewicht zugelegt habe. Als Diagnose wird "v.a. Anpassungsstörung, längere depressive Reaktion" objektiviert und als derzeitige Medikation "Mirtazapin 30mg 0-0-0-1". Als "weiteres Procedere: Nächste Kontrolle am 23.1.2018. Pat wird gesunde Ernährung und körperliche Betätigung nahegelegt";

b) Todesanzeige des XXXX mit Angaben über die Beisetzung.

c) 4 Lichtbilder

d) Unterstützungserklärung der XXXX vom 11.6.2017

e) Bestätigung der XXXXvom 10.6.2017

f) Bestätigungen der Stadt XXXX über die Verrichtung gemeinnütziger Arbeit im September 2017, Oktober 2017 und November 2017

g) Bestätigung der Caritas über gelegentliche unentgeltliche handwerkliche Tätigkeiten des Beschwerdeführers im Haus XXXX

h) Bestätigung des ÖRK über freiwillige Mitarbeit am 5.11.2017, 7.30 Uhr bis 17 Uhr

i) XXXX vom 28.3.2017 über die Teilnahme an der Bildungsveranstaltung AW 1c - Stufe A1/1

j) Teilnahmebestätigung des ÖIF betreffend Werte- und Orientierungskurs am 3.5.2017

Der Beschwerdeführer gab auf Befragen an, in der mündlichen Verhandlung alle Fluchtgründe genannt zu haben.

Es erfolgte die Rückübersetzung des in der Verhandlung Niedergeschriebenen. Hiergegen gab es keine Einwendungen seitens des Beschwerdeführers oder seines Rechtsberaters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Nach ganzheitlicher Würdigung des individuellen Vorbringens unter Berücksichtigung der persönlichen Glaubwürdigkeit wird festgestellt wie folgt:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des gegenständlich erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX, geboren am XXXX in Afghanistan.

Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, stammt aus der Provinz Herat und ist der Volksgruppe der Tadschiken angehörig.

Der Beschwerdeführer ist folgenden in Afghanistan gebräuchlichen Sprachen mächtig: Paschtu, Dari, Farsi und Urdu.

Der Beschwerdeführer spricht auch etwas Russisch und etwas Deutsch.

Der BF ist ein junger Mann im erwerbsfähigen Alter von 46 Jahren und gesund.

Er hat in Afghanistan eine Schulbildung im Ausmaß von 12 Jahren genossen.

Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan Angehörige, zu welchen er Kontakt hält: seine Eltern, seine Geschwister sowie seine Ehefrau samt Kindern.

Der Beschwerdeführer hat eine Schwester in Dubai, zu welcher er Kontakt hält. Diese Schwester verfügt über je ein Haus in Herat und in Dubai.

Der Beschwerdeführer hat einen Cousin namens XXXX in Herat, zu welchem Kontakt besteht.

Der Beschwerdeführer verfügt nicht über Angehörige im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer verfügt im Herkunftsstaat über Grundvermögen im Ausmaß von 10 Jirib.

Der Beschwerdeführer verfügt über sehr viele Freunde in Kabul.

Der Beschwerdeführer hat Berufserfahrung als Unternehmer in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des BF wird festgestellt:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan bedroht oder verfolgt worden wäre, da er sein dahingehendes Vorbringen nicht glaubhaft machen konnte, infolge dessen, dass sich sein Fluchtvorbringen bei Gesamtbetrachtung sämtlicher im Verlauf des Verfahrens getätigten Angaben in entscheidenden Punkten als widersprüchlich sowie als nicht schlüssig und plausibel erwiesen hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer als Unternehmer für die NATO tätig war.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vom islamischen Glauben abgefallen ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat entführt worden wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat im Geheimdienst "XXXX" im Bereich der Informationen eine Position bekleidet hätte.

Insgesamt kann nicht festgestellt werden, dass der BF einer konkreten Verfolgung oder Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt ist oder eine solche, im Falle seiner Rückkehr, zu befürchten hätte.

Es wird festgestellt, dass der BF persönlich nicht glaubwürdig ist.

Es kann nicht festgestellt werden, aus welchem Grunde der Bruder des Beschwerdeführers ermordet worden ist.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat wird festgestellt:

Es konnte vom BF nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

Die Herkunftsprovinz Herat gilt laut aktuellem Länderbericht vom 30.1.2018 - auch wenn Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv sind und auch in der Herat eine Anzahl von Angriffen gezielt gegen schiitische Muslime stattgefunden hat - als einer der relativ friedlichen Provinzen.

Somit besteht betreffend den BF keine allgemeine Gefährdungslage in der Herkunftsprovinz Herat.

Der 46jährige Beschwerdeführer ist erst seit Juni 2015 in Österreich. Er ist in Österreich mit österreichischen StaatsbürgerInnen in Kontakt gekommen, hat gemeinnützige Arbeit verrichtet und Deutschkurse besucht. Der 46jährige Beschwerdeführer ist weniger als drei Jahre in einem westlichen Land aufhaltig und verbrachte die überwiegende Lebenszeit in Afghanistan. Seine Muttersprache ist eine der in Afghanistan gängigen Sprachen. Er spricht vier der in Afghanistan verbreiteten Sprachen, wurde im Kulturkreis dieses Landes sozialisiert und ist mit den Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Unterstützung hiebei kann ihm von seiner Familie in Herat, seinen vielen Freunden in Kabul, seiner in Herat und Dubai ansässigen Schwester und / oder von den in Kabul ansässigen Hilfsorganisationen und etwa den Programmen des IOM geleistet werden.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, welcher auf eine 12jährige Schulausbildung zurückblicken kann, mit seiner in Afghanistan erworbenen Berufserfahrung als Unternehmer in Afghanistan wieder eine existenzsichernde Berufstätigkeit aufnehmen wird können und wieder die wirtschaftliche und finanzielle Situation derart gestalten wird können wie diese vor seiner Ausreise war ("gut"). Der BF wird mit Hilfe seiner in Herat ansässigen Familienangehörigen (Cousin XXXX, Eltern, Schwester - welche auch in Dubai Anknüpfungspunkte hat) und mit Hilfe seiner vielen Freunde in Kabul - in Herat und aufgrund dessen, dass er als Tadschike der zweitgrößten und zweitmächtigsten Gemeinschaft in Afghanistan angehört, soziale Anknüpfungspunkte für das Erlangen eines Arbeitsplatzes nutzen können. Sein in Afghanistan befindliches Vermögen (10 Jirib Grundstücke) wird ihm dabei dienlich sein.

Der Beschwerdeführer kann Herat von Österreich aus sicher erreichen.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan (aus dem Länderbericht 30.1.2018):

KI vom 30.01.2018: Angriffe in Kabul (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2019

Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).

Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018

Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).

Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).

Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018

Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).

Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).

Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018

Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden(BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).

Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).

Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).

INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

Rebellengruppen

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:

The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).

Haqqani-Netzwerk

Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).

Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).

Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).

Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).

Al-Qaida

Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vgl. auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).

Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)

Siehe Kapitel 2 - Politische Lage - Friedens- und Versöhnungsprozesse

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:

MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).

Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).

Drogenanbau und Gegenmaßnahmen

Einkünfte aus dem Drogenschmuggel versorgen auch weiterhin den Aufstand und kriminelle Netzwerke (USDOD 12.2016). Laut einem Bericht des afghanischen Drogenbekämpfungsministeriums, vergrößerte sich die Anbaufläche für Opium um 10% im Jahr 2016 auf etwa 201.000 Hektar. Speziell in Nordafghanistan und in der Provinz Badghis, verstärkte sich der Anbau: Blaumohn wächst in 21 der 34 Provinzen, im Vergleich zum Jahr 2015, wo nur 20 Provinzen betroffen waren. Seit dem Jahr 2008 wurde zum ersten Mal von Opiumanbau in der Provinz Jawzjan berichtet. Helmand bleibt mit 80.273 Hektar (40%) auch weiterhin Hauptanbauprovinz, gefolgt von Badghis, Kandahar und der Provinz Uruzgan. Die potentielle Opiumproduktion im Jahr 2016 macht insgesamt 4.800 Tonnen aus - eine Steigerung von 43% (3.300 Tonnen) im Gegensatz zum Jahr 2015. Die hohe Produktionsrate kann einer Steigerung des Opiumertrags pro Hektar und eingeschränkter Beseitigungsbemühungen, aufgrund von finanziellen und sicherheitsrelevanten Ressourcen, zugeschrieben werden. Hauptsächlich erhöhten sich die Erträge aufgrund von vorteilhaften Bedingungen, wie z.B. des Wetters und nicht vorhandener Pflanzenkrankheiten (UN GASC 17.12.2016).

Zivile Opfer

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).

Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte

Die Taliban greifen weiterhin Mitarbeiter/innen lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen an - nichtsdestotrotz sind der Ruf der Organisationen innerhalb der Gemeinschaft und deren politischer Einfluss ausschlaggebend, ob ihre Mitarbeiter/innen Problemen ausgesetzt sein werden. Dieser Quelle zufolge, sind Mitarbeiter/innen von NGOs Einschüchterungen der Taliban ausgesetzt. Einer anderen Quelle zufolge kam es im Jahr 2015 nur selten zu Vorfällen, in denen NGOs direkt angegriffen wurden (IRBC 22.2.2016). Angriffe auf Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen wurden in den letzten Jahren registriert; unter anderem wurden im Februar 2017 sechs Mitarbeiter/innen des Int. Roten Kreuzes in der Provinz Jawzjan von Aufständischen angegriffen und getötet (BBC News 9.2.2017); im April 2015 wurden 5 Mitarbeiter/innen von "Save the Children" in der Provinz Uruzgan entführt und getötet (The Guardian 11.4.2015).

Die norwegische COI-Einheit Landinfo berichtet im September 2015, dass zuverlässige Berichte über konfliktbezogene Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen vorliegen. Andererseits konnte nur eine eingeschränkte Berichtslage bezüglich konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokaler Angestellter ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 9.9.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Grundsätzlich sind Anfeindungen gegen afghanische Angestellte der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürger/innen verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis bei den internationalen Truppen zurückzuführen. Des Weiteren bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Beruf für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Gewalt gegen Einzelpersonen

95

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

197

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

41

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

144

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

15

Andere Vorfälle

4

Insgesamt

496

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, so

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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