TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/9 W124 2135703-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2018
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Entscheidungsdatum

09.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W124 2135703-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nunmehr BF) reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der BF an, am XXXX in XXXX , Afghanistan geboren zu sein und der Volksgruppe der Paschtunen anzugehören. Er stamme aus dem Dorf XXXX in XXXX . Er habe keine Schule besucht und zuletzt als Landarbeiter gearbeitet. Der BF habe eine Schwester und fünf Brüder. Der BF habe seine Reise vor ca. zwei Monaten von XXXX aus begonnen.

Befragt zum Fluchtgrund gab der BF an, dass zwei Onkel mit den Taliban zusammenarbeiten würden und den BF zwingen wollten, mit ihnen in den Kampf zu ziehen. Nachdem sein Vater gestorben sei, habe er niemanden mehr gehabt, der sich für ihn eingesetzt habe. Darum habe er das Land verlassen.

3. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr BFA) legte der BF folgende Unterlagen vor:

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Arbeitsvorvertrag für eine Vollzeitbeschäftigung in einem Lebensmittelgeschäft vom 22.06.2016

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Unterstützungsschreiben vom XXXX vom 23.06.2016

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Teilnahmebestätigung des ÖIF zum Deutschkurs vom 20.06.2016

-

Iranische Personaldokumente

Der BF gab an, im Zuge der Erstbefragung falsche Angaben gemacht zu haben. In Afghanistan habe er in der Provinz XXXX im Dorf XXXX gelebt und sei vor ungefähr elf Jahren mit seiner Familie in den Iran gegangen. Er habe nie die Schule besucht und habe im Iran für 7 Jahre als Hilfsarbeiter ohne Arbeitsgenehmigung am Bau und in Gärten gearbeitet.

Seine Ausreise sei von einem Onkel mütterlicherseits finanziert worden. In Afghanistan habe der BF keine Familienangehörigen mehr. Im Iran würden noch seine Mutter, ein Bruder und eine Schwester leben. Die Mutter arbeite als Hilfskraft und sein Bruder in einem Geschäft und versorge die Familie. Sein Vater sei in Afghanistan gestorben.

Der BF korrigiere sein Alter und sei er 1986 geboren. Er habe auch seinen Fluchtgrund falsch angegeben. Sein Vater lebe auch noch bei seiner Familie im Iran und arbeite als Security.

Der BF gab an, dass die Sicherheitslage in Afghanistan wegen der Taliban sehr schlecht gewesen sei und seine Familie deswegen in den Iran gegangen sei. Im Iran habe er sich illegal aufgehalten und keine Aufenthaltsdokumente bekommen bzw. habe er nicht arbeiten dürfen. Er habe hin und wieder illegal gearbeitet. Seine finanzielle Lage im Iran sei sehr schlecht gewesen und habe ihn deswegen ein Onkel im Iran bei seiner Ausreise in den Westen unterstützt.

Der BF sei in Afghanistan oder im Iran nie persönlich bedroht worden. In seiner Heimatregion in Afghanistan seien die Taliban an der Macht und sei die Lage sehr schlecht.

Der BF wisse nicht genau wie alt er bei seiner Ausreise in den Iran gewesen sei. Er habe den Iran vor ca. zwei Jahren verlassen.

Der BF habe im Iran eine befristete Aufenthaltsberechtigung bekommen, die er gegen Bezahlung immer verlängern habe müssen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan könne er nicht überleben, da er dort keinen Besitz habe. Im Iran sei es ihm nicht erlaubt gewesen, die Schule zu besuchen oder zu arbeiten. Er sei ein paar Mal von der iranischen Polizei festgenommen worden aber jedes Mal gegen Bargeld wieder freigelassen worden.

Bei einer Rückkehr drohe dem BF die Gefahr, von den Taliban getötet oder festgenommen zu werden. Sie würden ihm eventuell unterstellen, als Spion tätig zu sein. Außerdem seien die Taliban an der Macht und die Regierung könne nichts unternehmen. Von staatlicher Seite habe er mit keinen Sanktionen zu rechnen.

Befragt zu seinen Integrationsschritten gab der BF an, sich anfangs bei XXXX angemeldet zu haben, welche ihn wegen des Platzmangels nicht aufgenommen habe. Er habe auch bei der XXXX einen Deutschkurs besucht. Er verfüge über keine Verwandten in Österreich und sei kein Mitglied in einem Verein.

4. Mit dem beim BFA am XXXX eingelangten Schreiben des bevollmächtigten Vertreters des BF wurde zu den Länderfeststellungen wie folgt Stellung genommen:

Die Rückkehr nach Afghanistan scheitere nicht nur aufgrund der prekären Sicherheits-, sondern auch aufgrund der Versorgungslage. Es stimme nicht, dass die afghanische Regierung Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktszentren habe. Es gebe stets Anschläge auf Städte und seien Gebiete am Land unter der Kontrolle terroristischer Gruppen. Die internationalen Organisationen seien in Afghanistan nicht mobil und seien ihre Berichte deshalb von der Realität entfernt. Die afghanischen Sicherheitskräfte seien nicht fähig, die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu schützen. Die Taliban würden weit mehr als vier der mehr als 400 Bezirke kontrollieren.

Rückkehrer seien auf sich alleine gestellt, weil sie aufgrund ihres Aufenthaltes im Westen diskriminiert würden und von den Taliban zwangsrekrutiert würden.

Abschließend werde auf diverse Medienberichte verwiesen.

5. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

6. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der " XXXX " als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

7. Gegen den im Spruch genannten Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Die Fluchtgründe des BF bestünden in Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Der BF, der fast sein ganzes Leben im Iran verbracht und zu Afghanistan keinen Bezug habe, könne in Afghanistan keine menschenwürdige Existenz führen. Auch einer von Privatpersonen ausgehende Verfolgung könne Asylrelevanz zukommen, wenn der Staat nicht gewillt oder in der Lage sei, diese Verfolgungshandlungen zu unterbinden.

Außerdem bestehe bei einer Rückkehr die reale Gefahr, menschenrechtswidriger Behandlung aufgrund der schlechten Sicherheitslage und weil der BF über keinerlei Anknüpfungspunkte verfüge.

Der BF spreche bereits Deutsch und habe sich in Österreich gut eingelebt.

Es werde beantragt, dem BF Asyl, allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren, einen länderkundigen Sachverständigen zu beauftragen, allenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, allenfalls einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung nach Afghanistan unzulässig sei.

8. Mit dem beim BVwG am XXXX eingelangten Schreiben wurde ein ergänzendes Vorbringen erstattet.

Darin wurde ausgeführt, dass der BF aus der Provinz XXXX , Distrikt XXXX stamme und dort bis zu seinem elften Lebensjahr gelebt habe. Wegen Grundstückskonflikten mit den väterlichen Verwandten, die sich zu dieser Zeit den Taliban angeschlossen hätten, habe die Familie den Herkunftsstaat verlassen und sei in den Iran geflüchtet. Dort habe er mit seinen Eltern, einem jüngeren Bruder und einer jüngeren Schwester gelebt. Der BF habe keine Schule besucht, weil er von Jugend an als Hilfsarbeiter am Bau und bei Gartenarbeiten tätig gewesen sei, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Sein Vater sei nur Gelegenheitsarbeiter, seine Mutter übe fallweise Näharbeiten aus.

Der BF habe nie in den Großstädten Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat gelebt und weise dort auch keinerlei soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte auf. Außerhalb des Distrikts verfüge er über keine Angehörigen. Mit den in Afghanistan lebenden Verwandten bestehe eine Feindschaft wegen der Grundstücke. Im Iran habe der BF einen Onkel mütterlicherseits, der dort mit seiner Familie lebe. Auch dieser Onkel sei nur Gelegenheitsarbeiter und weise nicht die wirtschaftlichen Mittel auf, um den BF bei einer Rückkehr in die Heimat finanziell unterstützen zu können.

Der BF halte sich seit XXXX ununterbrochen in Österreich auf und sei vollkommen unbescholten. Als Analphabet ohne Schuldbildung sei es für den BF naturgemäß besonders herausfordernd, Deutsch zu lernen. Er habe erfolgreich zwei Alphabetisierungskurse (Niveau A0) absolviert und habe am XXXX einen regulären A1 Kurs begonnen.

Zur Sicherheitslage in der Provinz XXXX , Distrikt XXXX werde unter Hinweis auf diverse Länderberichte ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der prekären Sicherheitslage und der langjährigen Abwesenheit des BF eine Rückkehr in seine Herkunftsregion nicht zumutbar sei.

Das Gutachten des XXXX vom XXXX stehe nicht in Einklang mit dem am XXXX zu XXXX erstatteten Gutachten von XXXX , UNHCR und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, und werde ersucht festzustellen, dass Rückkehrer, die in den Großstädten keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte und keine Geldmittel hätten, mit Sicherheit in ernste Versorgungsschwierigkeiten geraten würden, wenn sie keine Schul- und keine Fachausbildung hätten. Eine innerstaatliche Fluchtalternative erweise sich unter Hinweis auf höchstgerichtliche Judikatur und den UNHCR-Bericht von Dezember 2016 als unzumutbar.

Der BF würde bei einer Rückkehr bezogen auf das gesamte Staatsgebiet in eine ausweglose Lebenssituation geraten.

Dem Schreiben wurden folgende Dokumente beigelegt:

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Mietvertrag der Eltern im Iran

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Teilnahmebestätigung am Deutschkurs Alpha A0 vom 23.12.2016

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Teilnahmebestätigung am Alphabetisierunsgkurs vom 07.04.2017

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Anmeldebescheinigung zum Deutschkurs A1.0 ab 20.04.2017

9. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des BF und seines damals bevollmächtigten Vertreters eine mündliche Verhandlung statt.

Eingangs legte der BF Farbkopien der iranische Aufenthaltsberechtigungskarten seiner Eltern und seiner Schwester vor.

Der BF gab an, aus der Provinz XXXX , Distrikt XXXX , Dorf XXXX zu stammen. Er habe zuletzt mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem Bruder zusammengelebt. Bei seiner Erstbefragung habe er auf Anraten des Schleppers falsche Angaben zu seinen Geschwistern gemacht, weil man hier denke, dass in Afghanistan jeder mehrere Kinder habe. Als er einen Anwalt bekommen habe, habe man ihm gesagt, die Wahrheit zu sagen.

Der BF gab an, dass als er in XXXX gelebt habe, zwei seiner Onkel mit den Taliban zusammengearbeitet und seinem Vater vorgeschlagen hätten, dass der BF mit ihnen zusammenarbeiten solle. Da der Onkel ein mächtiger Mann bei den Taliban sei, hätten sie den Vater fast gezwungen, dass der BF zu den Taliban gehe. Als der Vater dies verneint habe, habe der BF diesen Ort verlassen müssen. Der BF habe sich dann neun Jahre lang im Iran aufgehalten und sei das Leben dort sehr schwer gewesen. Eines Nachts seien auch Leute zu ihnen gekommen und hätten dem Vater gesagt, den BF nach Syrien zu schicken. Daraufhin habe der Onkel mütterlicherseits seinen Eltern gesagt, dass es für den BF sehr gefährlich sei und sei er deshalb nach Europa gegangen.

Befragt gab der BF an, 19 Jahre lang in XXXX gelebt zu haben. Seit 11 Jahren lebe er dort nicht mehr. Danach sei er illegal nach XXXX (Anmerkung des D: eine iranische Provinz) gegangen. In Afghanistan habe er niemals außerhalb von XXXX gelebt. Die Reise in den Iran habe ca. einen Monat gedauert.

Die Reise nach Europa habe ca. USD 12.000,- gekostet und sei diese vom Vater, der Mutter und dem Onkel mütterlicherseits finanziert worden. Der Onkel mütterlicherseits arbeite als Tagelöhner und lebe in XXXX , Iran. Der Stamm der Familie des BF heiße XXXX und komme aus XXXX .

Ein Onkel väterlicherseits lebe im Iran und der der andere in XXXX .

Die zwei Tanten mütterlicherseits würden in XXXX in XXXX und im Iran leben. Die Tante in XXXX lebe mit ihrem Mann in einem Mietshaus in der Nähe vom XXXX . Der Ehemann der Tante arbeite in einem Lebensmittelgeschäft, das er gemietet habe. Der BF habe diese Tante nie besucht, da seine Mutter sich nicht so gut mit ihr verstanden habe.

Seine Eltern würden ihren Lebensunterhalt durch die täglichen Arbeiten des Vaters und der zeitweisen Tätigkeiten der Mutter als Wäscherin bestreiten.

Auf Vorhalt in der Einvernahme am XXXX gesagt zu haben, dass der Vater als Security arbeite, gab der BF an, dass das nicht stimme und man ihn falsch verstanden habe.

Daraufhin gab der Vertreter des BF an, dass der BF in der letzten Vorbesprechung gesagt habe, dass die zwei Brüder seines Vaters aktuell in XXXX leben würden und eine verstorbene Schwester des Vater in XXXX gelebt habe. Außerdem habe der BF angegeben, dass seine Mutter einen Bruder in XXXX , Iran aber keine Schwestern habe. Der BF gab dazu an, dass es sein könne, falsche Angaben gemacht zu haben und sich aber nicht erinnern könne.

In weiterer Folge wurden vom Dolmetscher die vom BF vorgelegten Kopien der Aufenthaltsberechtigungskarten seiner Eltern im Iran übersetzt. Auf Vorhalt, dass der BF zuvor einen anderen Namen seines Großvaters mütterlicherseits angegeben habe, gab der BF an, Analphabet zu sein.

Befragt gab der BF an, von seinem im Dorf XXXX wohnhaften Onkel bedroht worden zu sein. Der Onkel sei ein mächtiger Mann gewesen und habe gewollt, dass der BF in den Jihad ziehe. Der Onkel sei Talib gewesen. Auf Vorhalt nichts von dieser Bedrohung beim BFA erwähnt zu haben, gab der BF an, dass ihn der Dolmetscher vielleicht nicht richtig verstanden habe.

Befragt gab der BF an, dass sein Vater noch lebe und die Angaben beim BFA am XXXX vermutlich falsch übersetzt worden seien.

Auf Vorhalt beim BFA am XXXX angegeben zu haben, nie persönlich bedroht worden zu sein, gab der BF an, dass sie ein paar Mal bedroht worden seien. Sie seien einige Male zu ihnen nach Hause gekommen und hätten den BF aufgefordert, in den Jihad zu ziehen. Den genauen Zeitpunkt dieser Bedrohungen könne der BF nicht nenne, doch hätten sich diese Vorfälle vor sehr langer Zeit zugetragen und sei der BF dann in den Iran gezogen. Die Vorfälle hätten zwei bis drei Monate angehalten und seien immer wieder die gleichen 4-5 Personen erschienen. Nachdem sich der Vater des BF gegen seine Teilnahme am Krieg ausgesprochen habe, seien diese Personen auch handgreiflich geworden.

Die Narbe an der rechten Hand stamme von Raketensplittern. Nach der dritten Bedrohung des Vaters sei der BF gezielt aufgrund seiner Weigerung am Kampf teilzunehmen beschossen worden. Es seien auch andere beschossen worden.

Der BF habe keine Schulbildung, könne aber Zahlen lesen.

Der BF bekomme 320 Euro pro Monat von der XXXX und besuche einen Deutschkurs. Er sei ledig und habe keine Lebensgefährtin oder Kinder. Er verfüge in Österreich über keine Verwandten und habe einen Onkel in XXXX , zu welchem er aber keinen Kontakt habe. Der BF sei Mitglied in einem Fitnessclub und spiele in seiner Freizeit Fußball. Er habe vom AMS keine arbeitsrechtliche Bewilligung bekommen, da er keine Dokumente habe.

Insgesamt seien die Taliban fünfmal bei ihm aufgetaucht.

Nachdem er von den Splittern getroffen worden sei, habe er einen Arzt aufgesucht und sei dann wieder zurück nach Hause gegangen.

In weiterer Folge führte der anwesende Sachverständige befragt durch den Richter Folgendes aus:

"R: Sind die Ausführungen zur Sicherheitslage in der Stadt Kabul, die Sie in der Zeit vom 24.08.- 30.09.2015 angestellt haben noch aufrecht? Wie sieht die Sicherheitslage in der Provinz XXXX , im Distrikt XXXX aus?

SV: Betreffend die Sicherheitslage in XXXX möchte ich auf meine Gutachten vom 23.10.2015

bei einer Verhandlung im BVwG hinweisen. Der Inhalt dieses Gutachtens betreffend die Sicherheitslage in Kabul ist weiterhin gültig. Allerdings hat sich die Situation mit Massen-Auswanderungsbereitschaft der Afghanen im Jahre 2015 inzwischen weitgehend verändert. Aufgrund der vielen Medienpropaganda seitens der EU-Länder und der afghanischen Regierung, sowie die Abschiebungswelle der Afghanen seit Anfang 2017 aus Europa ist die Auswanderung aus Afghanistan ins Ausland im Jahre 2017 sehr zurückgegangen.

Betreffend die Sicherheitslage in XXXX möchte ich ausführen, dass XXXX einer der Distrikte der Provinz XXXX ist, der mit der Stadt Kabul benachbart ist. Der Distrikt XXXX wird von der afghanischen Behörde verwaltet. Aufgrund der starken Zuwanderung in die Stadt XXXX , ist XXXX seit spätestens 2005 Zielort für tausende Menschen, die dort Häuser bauen, damit sie von dort aus die Stadt XXXX täglich erreichen können.

In XXXX wohnen mehrheitlich die Paschtunen und aus diesem Grunde finden immer wieder Taliban-Terroristen Unterschlupf bei manchen der paschtunischen Familien, und sie versuchen von dort aus ihre Aktionen für die Stadt XXXX zu planen.

Nur im Falle von Privatfeindschaften und wenn die Taliban die Behörde und Ausländer treffen wollen, können diese Aktionen in den Bezirken der Provinz XXXX , außerhalb der Stadt XXXX , leichter durchführt werden. XXXX ist ein Distrikt von XXXX und das gesellschaftliche Leben in XXXX mit dem in der Stadt XXXX eng verbunden, weshalb ich nicht davon ausgehe, dass die Taliban XXXX im Besitz nehmen können, außer dass sie vereinzelte Terrorakte, wie in anderen Städten Afghanistans, durchführen, die gegen die Politiker, Militärs und Ausländer gerichtet sind. Bei diesen Aktionen der Taliban können auch in XXXX die Zivilisten betroffen sein, wenn sie sich zufällig am Ort des Geschehnisses befinden. Ich möchte betreffend die Sicherheitslage in XXXX auf die nachfolgenden Beilagen aus dem Internet hinweisen: (siehe Belage 1-4)."

Der BF gab dazu an, dass er mit den Ausführungen des Sachverständigen einverstanden sei. Er könne aber weder nach Afghanistan noch in den Iran zurück. Er habe hier ein gutes Leben und besuche einen Deutschkurs. Er wolle hier arbeiten und eine Familie gründen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der 32-jährige BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gehört der Volksgruppe der Paschtunnen an und ist Moslem.

1.2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde der Antrag des BF abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen.

1.3. Der BF stammt aus XXXX in der Provinz XXXX . Der genaue Herkunftsort des BF kann nicht festgestellt werden. Der BF reiste im Alter von ungefähr 19 Jahren mit seiner Familie aufgrund der damals prekären Lage in Afghanistan in den Iran aus, wo sich derzeit noch seine Eltern, eine Schwester und ein Bruder des BF aufhalten. In Afghanistan arbeitete der BF als Landwirt. Ob der BF noch über weitere Geschwister verfügt, kann nicht festgestellt werden.

Der BF lebte ca. 9 Jahre im Iran, und war dort als Hilfsarbeiter am Bau und als Gartenarbeiter tätig.

1.4. Das Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen ist nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder zu einer sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von privaten Dritten verfolgt wird.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Taliban versucht hätten, den BF zu rekrutieren.

1.5. Dem BF würde bei einer Rückkehr in die Provinz Kabul kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Ihm ist es jedenfalls möglich und zumutbar, sich in der Hauptstadt Kabul niederzulassen. Er nicht glaubhaft gemacht, dass ihm im Fall einer Rückkehr in die Stadt Kabul ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde oder er Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der BF ist gesund, im erwerbsfähigen Alter und männlich. Er hat 19 Jahre seines Lebens in Afghanistan und danach im afghanischen Familienverband im Iran verbracht, spricht neben seiner Muttersprache Pashtu auch Dari ist mit den kulturellen Traditionen und Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Herkunftsstaat auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte in der Lage sein wird, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen, zumal er über Arbeitserfahrung als Landwirt und als Hilfsarbeiter am Bau und bei Gartenarbeiten verfügt.

Hinzu kommt, dass die Tante mütterlicherseits des BF mit deren Ehemann in Kabul lebt und der BF, selbst wenn er angibt, keinen Kontakt zu dieser Tante zu haben, Kenntnisse über deren genaue Wohnadresse verfügt. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF auch über zumindest kurzfristige Unterstützung durch seine Familienangehörigen in Kabul erhalten kann.

Der BF kann die Stadt Kabul von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

1.6. Der BF verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen oder sonstigen intensiven Bindungen. Der BF hat einen Alphabetisierungs- und einen Deutschkurs besucht, jedoch noch keine Deutschprüfungen erfolgreich abgelegt. Der BF bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist strafgerichtlich unbescholten. Der BF ist nicht erwerbstätig und betreibt in seiner Freizeit Sport.

1.7. Zur Lage in Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 02.03.2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018)

Politische Lage

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet (IDEA o.D.), und im Jahre 2004 angenommen (Staatendokumentation des BFA 7.2016; vgl. auch: IDEA o.D.). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahre 1964. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation des BFA 3.2014; vgl. Max Planck Institute 27.1.2004).

Die Innenpolitik ist seit der Einigung zwischen den Stichwahlkandidaten der Präsidentschaftswahl auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) von mühsamen Konsolidierungsbemühungen geprägt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern der Regierung unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah sind kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 schließlich alle Ministerämter besetzt worden (AA 9.2016). Das bestehende Parlament bleibt erhalten (CRS 12.1.2017) - nachdem die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen wegen bisher ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden konnten (AA 9.2016; vgl. CRS 12.1.2017).

Parlament und Parlamentswahlen

Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wähler/innen. Seit Mitte 2015 ist die Legislaturperiode des Parlamentes abgelaufen. Seine fortgesetzte Arbeit unter Ausbleiben von Neuwahlen sorgt für stetig wachsende Kritik (AA 9.2016). Im Jänner 2017 verlautbarte das Büro von CEO Abdullah Abdullah, dass Parlaments- und Bezirksratswahlen im nächsten Jahr abgehalten werden (Pajhwok 19.1.2017).

Die afghanische Nationalversammlung besteht aus dem Unterhaus, Wolesi Jirga, und dem Oberhaus, Meshrano Jirga, auch Ältestenrat oder Senat genannt. Das Unterhaus hat 249 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze und für die Minderheit der Kutschi 10 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 13.4.2016 vgl. auch: CRS 12.1.2017).

Das Oberhaus umfasst 102 Sitze. Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für Behinderte bestimmt. Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von 25% im Parlament und über 30% in den Provinzräten. Ein Sitz im Oberhaus ist für einen Sikh- oder Hindu-Repräsentanten reserviert (USDOS 13.4.2016).

Die Rolle des Zweikammern-Parlaments bleibt trotz mitunter erheblichem Selbstbewusstsein der Parlamentarier begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit der kritischen Anhörung und auch Abänderung von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Regierungsarbeit destruktiv zu behindern, deren Personalvorschläge z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse teuer abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus spielt hier eine unrühmliche Rolle und hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht (AA 9.2016).

Parteien

Der Terminus Partei umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).

Die afghanische Parteienlandschaft ist mit über 50 registrierten Parteien stark zersplittert. Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf fehlende strukturelle Elemente (wie z.B. ein Parteienfinanzierungsgesetz) zurückzuführen, sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange - werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016).

Im Jahr 2009 wurde ein neues Parteiengesetz eingeführt, welches von allen Parteien verlangte sich neu zu registrieren und zum Ziel hatte ihre Zahl zu reduzieren. Anstatt wie zuvor die Unterschrift von 700 Mitgliedern, müssen sie nun 10.000 Unterschriften aus allen Provinzen erbringen. Diese Bedingung reduzierte tatsächlich die Zahl der offiziell registrierten Parteien von mehr als 100 auf 63, trug aber scheinbar nur wenig zur Konsolidierung des Parteiensystems bei (USIP 3.2015).

Unter der neuen Verfassung haben sich seit 2001 zuvor islamistisch-militärische Fraktionen, kommunistische Organisationen, ethno-nationalistische Gruppen und zivilgesellschaftliche Gruppen zu politischen Parteien gewandelt. Sie repräsentieren einen vielgestaltigen Querschnitt der politischen Landschaft und haben sich in den letzten Jahren zu Institutionen entwickelt. Keine von ihnen ist eine weltanschauliche Organisation oder Mobilmacher von Wähler/innen, wie es Parteien in reiferen Demokratien sind (USIP 3.2015). Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bis hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani verbrachte selbst die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 9.2016).

Friedens- und Versöhnungsprozess:

Im afghanischen Friedens- und Versöhnungsprozess gibt es weiterhin keine greifbaren Fortschritte. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Die Reintegration versöhnungswilliger Aufständischer bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 9.2016).

Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)

Nach zweijährigen Verhandlungen (Die Zeit 22.9.2016), unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtet sich die Gruppe alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommen zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung, erklärte erstere in einer Stellungnahme eine Waffenruhe (The Express Tribune 30.9.2016). Das Abkommen beinhaltet unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, int. Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, wird von Hekmatyar erwartet, nach 20 Jahren aus dem Exil nach Afghanistan zurückkehren. Im Jahr 2003 war Hekmatyar von den USA

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 181

zum "internationalen Terroristen" erklärt worden (NYT 29.9.2016). Schlussendlich wurden im Februar 2017 die Sanktionen gegen Hekmatyar von den Vereinten Nationen aufgehoben (BBC News 4.2.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

-

BBC News (4.2.2017): Afghan warlord Hekmatyar sanctions dropped by UN, http://www.bbc.com/news/world-asia-38867280, Zugriff 9.2.2017

-

CRS - Congressional Research Service (12.1.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf, Zugriff 24.1.2017

-

CRS - U.S. Congressional Research Service (12.1.2015):

Afghanistan: Politics, Elections, and Government Performance, http://www.fas.org/sgp/crs/row/RS21922.pdf, Zugriff 20.10.2015

-

Die Zeit (22.9.2016): Kabul schließt Friedensabkommen mit berüchtigtem Milizenführer Hekmatjar, http://www.zeit.de/news/2016-09/22/afghanistan-kabul-schliesst-friedensabkommen-mit-beruechtigtem-milizenfuehrer-hekmatjar-22113008, Zugriff 5.10.2016

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DW - Deutsche Welle (29.9.2016): Friedensabkommen in Afghanistan unterzeichnet,

http://www.dw.com/de/friedensabkommen-in-afghanistan-unterzeichnet/a-35923949, Zugriff 5.10.2016

-

IDEA - The International Institute for Democracy and Electoral Assistance (o.D.): Afghanistan: An Electoral Management Body Evolves,

http://www.oldsite.idea.int/publications/emd/upload/EMD_CS_Afghanistan.pdf, Zugriff 13.2.2017

-

Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,

http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf, Zugriff 11.9.2014

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (8.7.2014): Afghanischer Wahlsieger Ashraf Ghani,

http://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/technokrat-populist-choleriker-1.18339044, Zugriff 31.10.2014

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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (22.1.2015): Leerlauf in Kabul Afghanistans endlose Regierungsbildung, http://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/afghanistans-endlose-regierungsbildung-1.18466841, Zugriff 2.11.2015

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NYT - The New York Times (29.9.2016): Afghan President, Insurgent Warlord Sign Peace Agreement,

http://www.nytimes.com/aponline/2016/09/29/world/asia/ap-as-afghanistan-peace-agreement.html?_r=0; Zugriff 5.10.2016

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Pajhwok (19.1.2017): Wolesi Jirga, district council elections next year,

http://www.pajhwok.com/en/2017/01/19/wolesi-jirga-district-council-elections-next-year, Zugriff 24.1.2017

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Staatendokumentation des BFA (7.2016): Dossier der Staatendokumentation, AfPak - Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur,

http://www.bfa.gv.at/files/berichte/AFGH_Stammes_und%20Clanstruktur_Onlineversion_2016_07.pdf, Zugriff 23.1.2017

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Staatendokumentation des BFA (3.2014): Afghanistan; 2014 and beyond,

http://www.bfa.gv.at/files/broschueren/AFGH_Monographie_2014_03.pdf, Zugriff 24.1.2017

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The Express Tribune (30.9.2016): Afghanistan's Hizb-e-Islami declares ceasefire after peace deal, http://tribune.com.pk/story/1191258/afghanistans-hizb-e-islami-declares-ceasefire-peace-deal/, Zugriff 5.10.2016

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Tolonews (19.1.2017): Hizb-e-Islami Slams Taliban As An Ignorant, Fanatic Group,

http://www.tolonews.com/afghanistan/hizb-e-islami-slams-taliban-ignorant-fanatic-group, Zugriff 31.1.2017

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USIP - United States Institute of Peace (3.2015): Political Parties in Afghanistan,

http://www.usip.org/sites/default/files/SR362-Political-Parties-in-Afghanistan.pdf, Zugriff 2.11.2015

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).

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(INSO 2017).

INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).

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Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

Rebellengruppen

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Kh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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