Entscheidungsdatum
11.05.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W159 2136391-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.04.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gem. § 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit §§ 9 BFA-VG, 52 Abs. 2 Z 2, 52 Abs. 9, 46 und 55 Abs. 1 und 3 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Gambia, gelangte (spätestens) am 29.08.2015 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der ebenfalls noch am 29.08.2015 stattgefundenen Erstbefragung durch die Polizeiinspektion XXXX gab der Antragsteller zu seinen Fluchtgründen an, dass sein Vater schon gestorben sei, als er drei Jahre alt gewesen sei und er bei seinem Onkel aufgewachsen sei. Als der Präsident von Gambia gedroht habe, alle Homosexuellen umbringen zu lassen, sei sein Onkel 2010 geflüchtet. Die Gemeinde, in der er gelebt habe, habe gedacht, dass er auch homosexuell sei. Da er befürchtete, dass ihn die Regierung oder die Bevölkerung umbringen könnte, sei auch er aus Gambia geflüchtet. Er sei insgesamt von seinem Umfeld schlecht behandelt worden, weil sie gedacht hätten, dass er homosexuell sei. Sonst habe er keine Fluchtgründe. Bei der Rückkehr habe er Angst getötet zu werden. Als Geburtsdatum gab der Antragsteller den XXXX an.
Es erfolgte eine Anzeige gegen den Asylwerber wegen Besitz von Cannabiskraut. Die belangte Behörde holte ein medizinisches Sachverständigengutachten zur Altersbestimmung ein, das ein Mindestalter von 19 Jahren ergab und ein spät möglichstes fiktives Geburtsdatum XXXX .
Dieses wurde in der Folge mit Verfahrensanordnung vom 03.12.2015 festgesetzt und der Antragsteller für volljährig erklärt.
Mit Aktenvermerk vom 04.12.2015 wurde das Verfahren eingestellt, da der Antragsteller das Bundesgebiet eigenmächtig verlassen hatte. Er kehrte jedoch zurück und wurde am 06.06.2016 eine Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, XXXX , durchgeführt. Der Antragsteller gab an, perfekt Englisch zu sprechen, wenn auch seine Muttersprache XXXX sei. Er habe nie einen Reisepass besessen. Als er jung gewesen sei, habe er eine Geburtsurkunde gehabt, nunmehr aber nicht mehr. Sein Vater sei schon verstorben, als er klein gewesen sei und sei in der Folge auch nicht bei seiner Mutter aufhältig gewesen, welche seine Geburtsurkunde habe. Er habe auch keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter und habe auch keine Möglichkeit sie direkt anzurufen, allenfalls könne er über seinen Bruder mit ihr kommunizieren. Es gäbe dort auch keine Poststelle.
Bei der Erstbefragung habe er der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht, es seien die Protokolle rückübersetzt und korrekt protokolliert worden. Er befinde sich in Grundversorgung und sei auch bei keinem Verein oder einer sonstigen Organisation Mitglied. Er habe auch in Österreich keine Verwandten oder sonstige soziale oder private Bindungen. Er sei von seiner Volksgruppe her Serahoule und sunnitischer Moslem. In Gambia habe er nur sechs Jahre lang die Grundschule besucht. Er habe zwei Schwestern und drei Brüder, welche alle in Gambia im selben Dorf wie seine Mutter, nämlich in XXXX , leben würden. Seine Schwestern seien verheiratet und sein Bruder lebe bei seiner Mutter. Als er drei Jahre alt gewesen sei, sei sein Vater gestorben. Seine Mutter habe ihn dann zu seinem Großvater gegeben, dem Vater seiner Mutter. Er sei nunmehr 19 Jahre alt. Bei der Erstbefragung habe er nicht gewusst, wie alt er gewesen sei. Seinem Gefühl nach sei er 17 Jahre alt gewesen.
Er sei nicht verheiratet und habe auch keine Kinder. Im Jahr 2010 sei er aus seinem Heimatland ausgereist. Einer Arbeit sei er dort nicht nachgegangen. Vor einer Woche habe er noch mit seinem Bruder über Facebook Kontakt gehabt. Seiner Familie gehe es gut. Er sei in seinem Heimatland nicht politisch tätig gewesen.
Seine Mutter habe ihn nach seinem Großvater genannt und habe ihn dann ihm übergeben, damit er die Möglichkeit habe die Schule zu besuchen. Er habe auch einen Onkel und eine Tante, diese wären ein Ehepaar. Wo er sich aufhalte, wisse er nicht. Seine Tante lebe in XXXX . Bevor sein Onkel das Land verlassen habe, habe er bei seinem Großvater gelebt. Er habe sein ganzes Leben in XXXX verbracht. Sein Onkel sei homosexuell gewesen. Als der Präsident gedroht habe, Homosexuelle umbringen zu lassen, habe sein Onkel im Jahre 2010 das Land verlassen. In ihrer Gesellschaft würden bei einem Homosexuellen alle in der Familie verdächtigt homosexuell zu sein, deswegen habe er auch das Land verlassen. Die Leute hätten gemeint, dass er auch homosexuell sei und habe er nicht in Ruhe auf die Straße gehen können. Er sei dort nicht mehr sicher gewesen und habe dort nicht mehr leben können. Hinzuzufügen habe er nichts mehr. Er habe das Land drei Monate nach seinem Onkel verlassen. Keiner habe gewusst, wo er hingehe, er habe darüber nicht gesprochen. Er habe mit seiner Tante auch nicht wegen der Ausreise gesprochen. Mit seiner Familie habe er erst drei Jahre später wieder Kontakt gehabt, aber zu seiner Tante habe er seit seiner Ausreise keinen Kontakt mehr. Er habe keine Möglichkeit mit ihr Kontakt aufzunehmen. Seit wann seine Tante und sein Onkel verheiratet gewesen seien, wisse er nicht. Er könne sich an die Hochzeit nicht erinnern. Warum sein Onkel geheiratet habe, wisse er auch nicht, aber es habe jeder gewusst, dass er homosexuell sei. Gesagt habe er ihm das allerdings nicht. Das hätten die Leute aufgrund seines Lebensstils und seines Verhaltens gewusst. Die Leute hätten es daraus geschlossen, wie er sich verhalten habe und wie er sich gekleidet habe. Er habe in den Nachrichten mitbekommen, wie der damalige Präsident von Gambia, XXXX , 2010 gesagt habe, dass er alle Homosexuellen umbringen lassen werde, er wisse aber von keinen konkreten Fällen, wo Homosexuelle getötet worden seien. Homosexuelle würden von den Soldaten getötet werden. Da er bei seinem homosexuellen Onkel aufgewachsen sei, sei er auch verdächtigt worden homosexuell zu sein. Gefragt, ob er jemals bedroht worden sei, gab er an, dass es nicht einfach sei in der Gesellschaft. Wenn sie einen sehen würden, sagen sie, dass er homosexuell wäre. Sie hätten ihn nicht mit dem Umbringen bedroht, aber damit, dass sie ihn der Polizei bekannt geben würden. Bedroht sei er von einem Freund worden, einem Bekannten, den er von der Straße gekannt habe. Das sei 2010 ca. zwei Wochen vor seiner Ausreise gewesen. In diesen zwei Wochen habe er sich dann im Haus seiner Freunde versteckt. Er habe dann keinen Kontakt mehr zu seiner Tante gehabt. In Gambia habe er kein Handy gehabt. Er habe keine Nummer von seiner Tante, außerdem sei es sehr teuer anzurufen. 2010 sei er von Gambia nach Senegal, dann über weitere afrikanische Staaten nach Ägypten, von Ägypten in die Türkei und dann nach Griechenland und weiter nach Österreich. In der Türkei habe er keinen Frieden finden können. Er sei dort oft schikaniert worden. Bei seiner Mutter könnte er in seinem Heimatland nicht leben, weil er "den Ort nicht gewöhnt sei." Gambia sei zu klein, er hätte dieselben Probleme (wie die Homosexuellen). Seine Mutter und seine Schwestern wüssten allerdings nicht einmal, dass sie mit einem Homosexuellen verwandt sind, auch seine Brüder nicht. Sein Onkel sei zwar mit einer Frau verheiratet gewesen, trotzdem sei er als Homosexueller bekannt gewesen. Strafen für Homosexuelle habe es keine gegeben. Es sei nicht legal gewesen, aber es sei vor der Ankündigung des Präsidenten auch nicht geahndet worden. Er selbst sei nicht homosexuell. Ein weiteres Vorbringen habe er nicht. Es folgte eine weitere Anzeige wegen Besitz von Cannabiskraut.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 14.09.2016, Zl. XXXX , wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia, abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Gambia zulässig sei, sowie unter Spruchteil IV. die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen festgelegt.
In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang, einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Gambia getroffen. In der Beweiswürdigung wurde in der Folge insbesondere ausgeführt, dass abgesehen vom nicht glaubhaft gemachten Geburtsdatum auch hinsichtlich des Fluchtgrundes zur Gänze jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen seien, da die Ausführungen in höchstem Maße vage und in keiner Weise plausibel gehalten worden seien, obwohl der Antragsteller ausdrücklich aufgefordert sei, seine Fluchtgründe lebensnahe und mit allen Details zu schildern. Insbesondere sei überhaupt nicht nachvollziehbar, warum er von der Gesellschaft als homosexuell gehalten würde. Außerdem sei das Vorbringen in hohem Maße unplausibel gewesen.
Zu Spruchteil I. wurde rechtlich begründet insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller eine Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Homosexuellen nicht glaubhaft habe vorbringen können. Außerdem liege eine innerstaatliche Fluchtalternative vor. Zu Spruchpunkt II. wurde nochmals festgehalten, dass der Antragsteller die behaupteten Fluchtgründe in keiner Weise habe glaubhaft machen können und daraus auch nichts für die Gewährung von subsidiärem Schutz hätte abgeleitet werden können. Die allgemeine Lage im Herkunftsland sei als ruhig zu bezeichnen und sei demnach keine ernsthafte Bedrohung des Lebens mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Es würden sich überdies keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Antragsteller bei seiner Rückkehr nach Gambia seinen Lebensunterhalt nicht durch berufliche Tätigkeit bestreiten könnte, da er ein junger, gesunder, erwachsener und arbeitsfähiger Mann sei und auch seine gesamte Familie dort wohnhaft sei, welche ihn unterstützen könnte. Es sei somit weder aus dem Vorbringen noch aus der allgemeinen Situation etwas ersichtlich, das im Fall einer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung im gesamten Herkunftsstaat erkennen lassen würde. Zu Spruchteil III. wurde insbesondere dargelegt, dass kein Familienleben in Österreich vorliege. Der Antragsteller verfüge auch nur über geringe Deutschkenntnisse und gehe in Österreich keiner Arbeit nach. Er habe auch keine nennenswerten privaten Bindungen, sodass auch kein schützenswertes Privatleben entstanden sei. Da ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt worden sei, sei die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden gewesen. Wie bereits unter Spruchteil II. geprüft, ergäbe sich auch keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG für den Antragsteller und stehe einer Abschiebung auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegen, sodass diese für zulässig zu befinden gewesen sei. Auch Gründe für eine Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise wären nicht hervorgekommen.
Gegen diesen Bescheid, und zwar gegen alle Spruchteile, erhob der Antragsteller fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Kritisiert wurden insbesondere ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und mangelhafte Länderinformationen, insbesondere, dass die Behörde es unterlassen habe, genauere Nachforschungen zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers und der vorgebrachten Verfolgung des Onkels anzustellen, insbesondere, ob eine private oder staatliche Verfolgung vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer hat überdies angegeben, dass er bei einer Rückkehr nach Gambia Angst habe, ins Gefängnis zu kommen und gehe aus den Länderberichten eindeutig hervor, dass die Haftbedingungen in Gambia hart und lebensbedrohlich und jedenfalls dem Art. 3 EMRK widersprechend wären. Auch würden die Gerichte ineffizient und korrupt arbeiten. Beim Beschwerdeführer liege die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe aufgrund seiner unterstellten Homosexualität bzw. aufgrund der Zugehörigkeit zur Gruppe der Homosexuellen vor und sei ihm deswegen Asyl, in eventu wegen der drohenden unmenschlichen Behandlung subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen. Ausdrücklich wurde auch die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung unter Hinweis auf die diesbezügliche Judikatur und Art. 47 GRC beantragt.
Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen vom 25.10.2016 samt Verfahrensanordnung, dass der Antragsteller damit sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verloren habe und ihm in der Folge die Aufenthaltsberechtigungskarte abgenommen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 10.01.2018 an, zu der der Beschwerdeführer trotz nachweislicher Zustellung unentschuldigt nicht erschienen ist.
Daraufhin wurde eine weitere mündliche Beschwerdeverhandlung für den 10.04.2018 anberaumt und nicht nur das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia, sondern auch einen EASO-Bericht zu Gambia vom Dezember 2017 und eine ACCORD Anfragebeantwortung zur Situation der Homosexuellen in Gambia vom 27.03.2017 zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer machte von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme durch die betraute Rechtsberatungsorganisation ( XXXX ) in einem Schriftsatz vom 03.04.2018 Gebrauch, wo die genannten Länderberichte passagenweise wiedergegeben wurde und insbesondere darauf hingewiesen wurde, dass homosexuelle Personen in der Gesellschaft Gambias stark diskriminiert würden und auch von staatlicher Seite nicht mit Schutz zu rechnen sei. Zu dem Beschwerdeführer wird vorgebracht, dass der Antragsteller wegen unterstellter Homosexualität Gambia verlassen habe und dass sich aus den Länderberichten eindeutig ergäbe, dass homosexuelle Menschen in Gambia stigmatisiert und verfolgt würden und dass ihm daher wegen Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der unterstellten Homosexuellen Asyl zu gewähren sei.
Zur Beschwerdeverhandlung erschien der Beschwerdeführer in Begleitung einer Mitarbeiterin der XXXX , welche eine Vertretungsvollmacht vorlegte, während von Seiten der belangten Behörde kein Vertreter erschien. Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht und wollte es weder korrigieren noch ergänzen. Er sei Staatsbürger von Gambia, besitze darüber aber keine Dokumente und sei am XXXX in XXXX in Gambia geboren. Eine Geburtsurkunde könne er nicht vorlegen. Über Vorhalt, dass das angegebene Geburtsdatum der ärztlichen Altersfeststellung wiederspreche, gab der Beschwerdeführer an, dass er sein Geburtsdatum kenne. Dieses sei sicher XXXX . Der Arzt habe aber ein Geburtsdatum XXXX errechnet. Er gehöre dem Stamm Serahoule an und sei Moslem und habe von der Geburt bis zur Ausreise in XXXX gelebt. In Gambia hätte er sechs Jahre lang die Grundschule besucht. In der Folge habe sein Onkel für ihn gesorgt. Sein Onkel sei selbständig gewesen und habe einen kleinen Marktstand für Lebensmittel besessen. Er selbst habe in Gambia nie gearbeitet. Er habe aber wirtschaftliche Probleme gehabt. Gefragt nach der sexuellen Orientierung gab der Beschwerdeführer eindeutig an, dass er nicht homosexuell sei und dass er auch in Gambia niemals homosexuelle Handlungen verübt habe.
Gefragt, ob seine Eltern noch leben, gab er an, dass sein Vater schon verstorben sei, als er drei Jahre alt gewesen sei und er von seiner Mutter nichts mehr wisse, da er keinerlei Kontakt zu ihr habe. Er habe keine Erinnerung daran. Ihm sei erzählt worden, dass sein Vater krank gewesen sei. Gefragt, bei wem er aufgewachsen sei, gab er an, dass er bei seinem Großvater und seinen Onkel aufgewachsen sei, zwar zusammen bei beiden. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung davon gesprochen habe, dass er bei seinem Onkel aufgewachsen sei (AS 9), beim BFA hingegen, dass er bei seinem Großvater aufgewachsen sei (AS 187) und nunmehr sage, dass er bei beiden aufgewachsen sei, wiederholte er sein Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung. Seine Mutter habe ihn zu seinem Großvater weggegeben. Er habe keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Seine zwei Schwestern und drei Brüder seien allerdings bei seiner Mutter aufgewachsen. Ein Bruder und eine Schwester seien älter als er, die anderen jünger. Sie würden alle in Gambia in XXXX leben. Sein Onkel und sein Großvater hätten zwei getrennte Häuser, aber auf einem Grundstück gehabt. Er habe im Haus des Großvaters gewohnt. Sein Onkel sei verheiratet gewesen, habe aber keine eigenen Kinder gehabt. In der Folge nannte er dessen Namen. Sein Geburtsdatum wisse er nicht. Er könne sich vorstellen, dass er jetzt XXXX Jahre alt sei, aber er wisse es nicht. In der Folge nannte er die Namen der Frau seines Onkels und gab an, dass dieser ausschließlich homosexuell gewesen sei, habe ihm das wohl nicht gesagt, aber durch sein Auftreten habe er das gewusst und zwar so wie er sich angezogen und benommen habe. Über Vorhalt, ob das nicht dem Umstand, dass er verheiratet gewesen sei, wiederspreche, gab er an, dass sein Onkel zwar verheiratet gewesen sei, aber aufgrund seines Auftretens, habe man ihn in Gambia für einen Homosexuellen gehalten. Sein Onkel habe auch, wenn seine Frau nicht dagewesen sei, Männerbesuch erhalten, er habe aber keine konkreten Probleme mit der Polizei oder der Justiz wegen seiner Homosexualität gehabt. Er habe auch nicht mitbekommen, dass sein Großvater seinen Onkel wegen dessen Homosexualität Vorwürfe gemacht habe. Gefragt, ob sein Onkel konkrete Probleme mit Privatpersonen wegen seiner Homosexualität gehabt habe, bejahte er dies; aufgefordert Näheres dazu zu sagen, gab er an, dass das Problem mehr die Gesellschaft als die Polizei sei und dass die Leute einen diskriminieren würden, wenn jemand homosexuell sei. Als der Präsident gesagt habe, dass er Homosexuelle mit lebenslanger Haftstrafe bestrafen oder sogar umbringen werde, habe sich die Gesellschaft noch mehr gegen die Homosexuellen gestellt und deswegen sei sein Onkel weggegangen. Er habe aber niemals mitbekommen, dass sein Onkel von Privatpersonen bedroht oder geschlagen worden sei. Sein Onkel habe Gambia 2010 verlassen. Wo er sich in der Folge aufgehalten habe, wisse er nicht. Er habe mit ihm dann keinen Kontakt mehr gehabt.
Gefragt, ob er selbst Probleme mit staatlichen Behörden/Organen, z. B. der Polizei, wegen unterstellter Homosexualität gehabt habe, verneinte der Beschwerdeführer dies ausdrücklich. Lediglich ein Freund habe ihm gedroht ihn wegen seiner Homosexualität anzuzeigen und von der Gesellschaft habe ihm Gefahr gedroht. Jeder von der Gesellschaft hätte ihm gefährlich werden können. Ein Freund namens XXXX habe ihn im Jahre 2010 bedroht. Er habe ihm gesagt, dass er nicht homosexuell sei, aber der Freund habe das nicht geglaubt. Weil sein Onkel homosexuell gewesen sei, hätten alle geglaubt, er wäre es auch. Dieser Freund habe es allen Leuten erzählt und die Leute hätten ihn beim Vorbeigehen schief angesehen. Er habe sich dann eine Woche lang bei einem anderen Freund versteckt. Diese Drohung sei der unmittelbare Grund der Ausreise gewesen.
Er habe Gambia im Juni 2010 zu Fuß in Richtung Senegal verlassen. Er sei dann nach Mali, Burkina Faso, Togo, Ghana und schließlich nach Ägypten. Von dort habe er sich ein Schiffsticket für die Türkei gekauft. Auf seiner Reise habe er immer wieder dazwischen gearbeitet, z.B. sei er eine Zeit lang im Senegal gewesen. Auch in Ghana habe er gearbeitet, um sich schließlich ein Schiffsticket von Ägypten in die Türkei kaufen zu können. Zu seinen Verwandten in Gambia habe er keine Kontakte mehr. Aktuelle gesundheitliche oder psychische Probleme habe er nicht.
In Österreich besuche er zweimal wöchentlich einen Deutschkurs. Er habe sich um Arbeit bemüht, aber ohne Arbeitsgenehmigung dürfe er in Niederösterreich nicht arbeiten. Er lebe weder in einer Ehe noch in einer Lebensgemeinschaft und habe auch noch kein Deutschdiplom erworben, weil er die Prüfungsgebühr nicht habe bezahlen können. Als Staatsbürger von Gambia bekomme er auch keinen Ausbildungsplatz in XXXX . In Wien hätte er eine Schule besuchen können. Er sei nicht in Vereinen oder Organisationen tätig, habe aber schon österreichische Freunde.
Über Vorhalt des aktuellen Strafregisterauszuges, indem zwei Verurteilungen nach § 27 SMG aufscheinen, gab er zu, dass er selbst Marihuana rauche, weil er nicht einschlafen könne. Er rauche es nur, er verkaufe es nicht.
Gefragt, was mit ihm geschehen würde, wenn er nach Gambia zurückkehren müsste, gab er an, dass ihn seine ehemaligen Freunde wiedererkennen würden und anzeigen würden, denn diese Leute seien noch immer in Gambia. Es könnten ihn auch irgendwelche Passanten umbringen. Jedenfalls würden ihn die Leute diskriminieren.
Abschließend gab die Beschwerdeführervertreterin eine Stellungnahme ab, wo sie darauf hinwies, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr wegen unterstellter Homosexualität Gewalt drohe und dass der gambische Staat in solchen Fällen nicht schutzwillig sei. Außerdem bestehe auch keine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative. Der Beschwerdeführer verfüge auch über keinerlei Berufserfahrung und habe Gambia bereits im Alter von zwölf Jahren verlassen. Er habe in Gambia kein soziales Netzwerk und wurden diesbezüglich zwei Artikel vorgelegt, wonach Gambia mit der Wiederaufnahme von tausenden Rückkehrern überfordert sei. Die häufig angesprochene IOM-Rückkehrhilfe werde in den seltensten Fällen tatsächlich gewährt, daher würde dem Antragsteller in Gambia ein Leben in unangemessener Härte drohen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen:
Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Gambia und gehört der Volksgruppe Serahoule an. Er ist Moslem. Das Geburtsdatum kann nicht mit erforderlicher Sicherheit festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hat in Gambia sechs Jahre die Grundschule besucht, war aber anschließend nicht berufstätig. Der Beschwerdeführer ist nicht homosexuell und hatte selbst in Gambia keine Probleme mit staatlichen Behörden-Organen. Zu den Fluchtgründen können mangels glaubhafter Angaben jedenfalls keine Feststellungen getroffen werden.
Der Beschwerdeführer gelangte (spätestens am 29.08.2015) nach Österreich und stellte sogleich einen Antrag auf internationalen Schutz. Er leidet unter keinen organischen oder psychischen Problemen. Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er hat wohl Deutschkurse besucht, aber keine Deutschdiplome erworben und in keiner Weise in Österreich gearbeitet.
Er konsumiert regelmäßig Marihuana. Er wurde in Österreich mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25.10.2016 Zl. XXXX wegen § 27 SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten bedingt auf drei Jahre (wobei er das Suchtgift nicht ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen hat, sondern auch anderen entgeltlich überlassen hat) und weiters mit Urteil des BG Meidling vom 12.12.2017, XXXX wegen § 27 Abs. 1 und 2 SMG, 127 StGB und 241e StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Seine Mutter, zwei Schwestern und drei Brüder von ihm leben nach wie vor in Gambia (wenn er auch behauptet aktuell mit diesen keinen Kontakt zu haben).
Zur Gambia wird folgendes festgestellt:
1. Neuste Entwicklung:
Nach wochenlangem Hin und Her hat der Langzeitherrscher Jammeh am Samstagabend schließlich Gambia verlassen und Platz gemacht für seinen legitimen Nachfolger Barrow. Er geht nach Äquatorialguinea ins Exil (NZZ 22.1.2017; vgl. DS 22.1.2017). In der gambischen Hauptstadt Banjul brachen die Bewohner in Jubel aus und feierten die ganze Nacht in den Straßen (NZZ 22. 1. 2017).
Die Truppen der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, bestehend aus Soldaten aus Senegal, Nigeria, Ghana, Togo und Mali, werden zunächst nicht zurückgezogen. Sie waren seit Donnerstag an strategischen Grenzorten rund um Gambia stationiert (NZZ 22. 1.2017). Dann rückten die ECOWAS-Truppen - mit Billigung der UNO - in Gambia ein (DS 22. 1. 2017; vgl. WP 22. 1. 2017), wo sie am Sonntag von der gambischen Bevölkerung mit Freudentänzen begrüßt wurden. Die Militärmission wird bis zur definitiven Amtsübernahme des neuen Präsidenten Barrow die Sicherheit im Land garantieren (NZZ 22. 1. 2017; vgl. TWP 22. 1. 2017). Die gambische Armee wurde entwaffnet (NZZ 22. 1. 20179 bzw. mussten Teile der Sicherheitskräfte "immobilisiert" werden, wie ein ECOWAS-Sprecher angab (TWP 22. 1. 2017).
Der neue Präsident Barrow wird nun ein Kabinett bilden und den Ausnahmezustand offiziell beenden. Schon am Sonntag kehrte das Leben zurück in die Straßen. Geschäfte und Restaurants sperrten wieder auf, und Menschen tanzten in den Straßen. Einige der rund 45.000 Personen, die präventiv aus dem Land geflüchtet waren, kehrten bereits nach Gambia zurück (TWP 22. 1. 2017).
Quellen:
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DS - Der Standard (22. 1. 2017): Gambias Langzeit-Präsident gibt auf: Jammeh ins Exil geflogen,
http.77derstandard.at/2000051269844/Unblutiger-Machtwechsel-in-Gambia-Jammeh-tritt-doch-zurueck?ref=rec, Zugriff 23. 1.2017
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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (22. 1. 2017): Jammeh geht nach Äquatorialguinea ins Exil,
https://www.nzz.ch/international/gambias-ex-praesident-jammeh-im-exil-in-aequatorialguinea-angekommen-ld. 141177, Zugriff 23. 1. 2017
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TWP - The Washington Post (22. 1. 2017): Gambia's ex-leader made off with millions, luxury cars, https://www.washingtonpost.com/world/africa/gambias-defeated-leader-leaves-country-ends-standoff/2017/01/21/4e46503e-e037-11e6-8902-610fe486791c_story.html?utm_term=.07012ae59564, Zugriff 23. 1. 2017
2. Sicherheitslage
Die politische Situation ist zwar weiterhin stabil, wurde jedoch im Zuge der Häufung von politischen Demonstrationen und der Verhaftung von Oppositionspolitikern ab April 2016 unruhiger. Im Vorfeld der für Dezember 2016 geplanten Präsidentschaftswahlen fanden seit April wiederholt Märsche bzw. Demonstrationen von Anhängern der Oppositionsparteien statt. Diese wurden mitunter gewaltsam von den Sicherheitskräften aufgelöst und es kam zu Verhaftungen von Oppositionspolitikern (BMEIA 17.8.2016; vgl. BAMF 25.4.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (22.8.2016): Reise & Sicherheit - Gambia - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/GambiaSicherheit.html?nn=368308#doc368274bodyText1, Zugriff 22.8.2016
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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (25.4.2016):
Briefing Notes,
http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1461673868_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-25-04-2016-deutsch.pdf, Zugriff 18.8.2016
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BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (22.8.2016): Reise & Aufenthalt - Gambia - Sicherheit und Kriminalität,
http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia/, Zugriff 22.8.2016
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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia
3. Allgemeine Menschenrechtslage
Das gambische Recht basiert auf einer Kombination aus Common Law, Scharia und Gewohnheitsrecht. Prinzipiell gewährt die Verfassung von 1997 den Bürgern weitreichenden Schutz, wie z.B. Schutz der persönlichen Freiheit sowie vor willkürlicher Festnahme und Haft (Art. 19), der Meinungs-, Versammlungs-, und Glaubensfreiheit (Art. 25) oder der Pressefreiheit (Art. 207 und 208). Die in der Verfassung garantierten Rechte werden jedoch auf einfachgesetzlicher Ebene teilweise stark eingeschränkt, was zu einer großen Diskrepanz zwischen Verfassung und gelebter Realität führt (ÖB 9.2015).
Zu den schwersten Menschenrechtsverletzungen zählen Folter, willkürliche Verhaftungen, das Verlängern von Vorverhandlungen und Isolationshaft, das Verschwindenlassen von Bürgern und behördliche Schikanen und Übergriffe auf ihre [Behörden] Kritiker. Regierungsbeamte wenden regelmäßig verschiedene Einschüchterungsmethoden an, um ihre Macht beizubehalten. Obwohl die Regierung Schritte unternommen hat, um einige Personen zu strafen oder zu ahnden, die Missbräuche begangen haben, bleibt die Straffreiheit [von Tätern] und die fehlende konsequente Durchsetzung weiterhin ein Problem (USDOS 13.4.2016).
Die Meinungs- und Pressefreiheit sind gesetzlich vorgesehen, werden in der Praxis aber eingeschränkt. Die wichtigsten nationalen Medien sind unter staatlicher Kontrolle, darunter der einzige nationale Fernsehsender. Daneben existieren acht private Printmedien und neun private Radiosender (ÖB 9.2015; vgl. FH 27.1.2016).
Die Versammlungsfreiheit ist in der Verfassung und anderen Gesetzen vorgesehen. Die Polizei lehnt jedoch systematisch Anträge zur Genehmigung von Demonstrationen ab, einschließlich der friedlichen, und verweigert gelegentlich Oppositionsparteien, die politische Kundgebungen halten wollen, Genehmigungen zu erteilen (USDOS 13.4.2016). NGOs arbeiten unter ständiger Bedrohung durch Repressalien und Inhaftierung der Regierung (FH 27.1.2016).
Quellen:
-
FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World, Gambia, the, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 19.8.2016
-
ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia
-
USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 18.8.2016
4. Haftbedingungen
Die Haftbedingungen sind hart und lebensbedrohlich. Die Zellen sind überfüllt, feucht und schlecht belüftet. Das Mile 2 [Anm.:
Zentralgefängnis in der Hauptstadt Banjul], welches eine Kapazität von 450 Insassen hat, hält 536 Gefangene. Die Insassen beschweren sich oft über schlechte Hygiene, Lebensmittel und dass sie manchmal am Boden schlafen. Die Zuführung von Lebensmitteln von Außerhalb ist nur bis zur Verurteilung erlaubt. Die medizinischen Einrichtungen in den Haftanstalten sind schlecht. Die Todesrate unter Häftlingen ist ehemaligen Insassen und NGOs zufolge hoch (USDOS 13.4.2016). Der UN-Sonderbericht vom März 2015 über Folter äußert Bedenken über die Haftbedingungen (AI 24.2.2016; vgl. HRW 27.1.2016).
Den Häftlingen stehen sowohl ein Besuchs- als auch ein Beschwerderecht zu, welche im Allgemeinen gewährt werden. Beides gestaltet sich jedoch mitunter schwierig. Hindernisse werden hauptsächlich mit der jeweiligen Gefängnisordnung gerechtfertigt. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat seit 2006 keinen Zugang mehr zu den gambischen Gefängnissen, bis dato konnte keine Einigung über ein diesbezügliches Abkommen mit der gambischen Regierung gefunden werden. Das Büro in Banjul wurde daher geschlossen und das Land wird vom Senegal aus betreut. (ÖB 9.2015).
Quellen:
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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty Report - Gambia 2016,
https://www.amnesty.de/jahresbericht/2016/gambia?destination=node%2F2919%3Fcountry%3D134%26topic%3D%26node_type%3Dai_annual_report%26from_month%3D0%26from_year%3D%26to_month%3D0%26to_year%3D%26submit_x%3D103%26submit_y%3D14%26result_limit%3D50%26form_id%3Dai_core_search_form#folterundanderemisshandlungen, Zugriff 22.8.2016
-
HRW - Human rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Gambia, http://www.ecoi.net/local_link/318342/457342_de.html, Zugriff 19.8.2016
-
ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (10.2014): Asylländerbericht
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Gambia
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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 16.8.2016
5. Todesstrafe
Die Todesstrafe ist in Gambia formell noch in Kraft und wird auch weiterhin für schwere Delikte (Mord und Hochverrat) verhängt (ÖB 9.2015). Das seit 1985 bestehende de facto-Moratorium bezüglich ihrer Vollstreckung wurde am 23.8.2012 mit der Hinrichtung von neun Personen aufgehoben. Offizielle Begründung für die Wiederaufnahme der Hinrichtungen war eine angeblich stark gestiegene Verbrechensrate. Die Exekutionen wurden von einer gezielten Desinformationskampagne der Regierung begleitet. Aufgrund der internationalen Empörung und vor allem des Drucks seiner afrikanischen Partner setzte Präsident Jammeh am 14.9.2012 das de facto-Moratorium wieder in Kraft, behielt sich aber vor dieses wieder auszusetzen, sollte es wieder zu einer ehrhöhten Verbrechensrate kommen (ÖB 9.2015).
Zuletzt wurde die Todesstrafe in Gambia im Sommer 2012 vollstreckt (AA 17.8.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (17.8.2016): Reise- und Sicherheitshinweise - Gambia - Besondere strafrechtliche Vorschriften, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GambiaSicherheit_node.html, Zugriff 17.8.2016
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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia
6. Religionsfreiheit
Schätzungsweise sind 90 Prozent der rund 1,9 Einwohner Gambias Muslime, die meisten davon sind Sunniten. Die christliche Gemeinde, welche sich hauptsächlich im Westen und Süden des Landes befindet, macht neun Prozent der Bevölkerung aus. Rund ein Prozent der Bevölkerung praktiziert indigene animistische Glaubensrichtungen, obwohl viele Muslime und Christen einige traditionelle Praktiken aufrechterhalten (USDOS 10.8.2016). Zu anderen Gruppen gehören die Bahai, eine kleine Hindu-Gemeinschaft unter südasiatischen Einwanderern und Geschäftsleuten, und eine kleine Gemeinschaft von Eckankar Mitgliedern (USDOS 10.8.2016).
Die Verfassung verbietet religiöse Diskriminierung, das Einrichten einer Staatsreligion und auf Religion basierende politische Parteien. Präsident Yahya Jammeh erklärte das Land am 10.12.2015 zu einem islamischen Staat, in dem die Scharia gilt (USDOS 10.8.2016). Die Religionsfreiheit ist in der Regel geschützt. Allerdings visieren die Behörden gelegentlich muslimische Gruppen oder Geistliche an, die von den Praktiken des regierungsnahen Obersten Islamischen Rat abweichen. Der Religionsunterricht in der Schule ist verpflichtend (FH 27.1.2016). Heiraten zwischen Muslimen und Christen sind üblich (USDOS 10.8.2016). Sowohl was das ethnische als auch religiöse Zusammenleben anbelangt, ist Gambia durch eine friedliche Koexistenz der diversen Ethnien und Religionen gekennzeichnet (ÖB 9.2015; vgl. FH 21.1.2016).
Quellen:
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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/327612/468230_de.html, Zugriff 17.8.2016
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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia
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USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): Report on International Religious Freedom - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/328322/469101_de.html, Zugriff 19.8.2016
7. Ethnische Minderheiten
Der Volkszählung aus dem Jahr 2015 zufolge hat Gambia 1.967.709 Einwohner. 33,8 Prozent gehören der Volksgruppe der Mandinka an, 22,1 Prozent den Fula/Fulbe, 12,2 Prozent den Wolof, 10,9 Prozent den Jola/Diola, 7 Prozent den Serahuli, 3,2 Prozent den Serer, 2,1 Prozent der Manjago, 1 Prozent der Bambara u.a. (CIA 29.7.2016). Die Amtssprache ist Englisch, die wichtigsten Umgangssprachen sind Mandinka, Wolof, Diola und Fula (ÖB 9.2015).
Es gibt keine Statistiken, wie viele Mitglieder ethnischer Minderheiten in der Legislative oder im Regierungskabinett vertreten sind. Präsident Jammeh und viele Mitglieder seiner Verwaltung gehören der ethnischen Minderheitengruppe der Jola an (USDOS 13.4.2016).
Sowohl was das ethnische als auch religiöse Zusammenleben anbelangt ist Gambia durch eine friedliche Koexistenz der diversen Ethnien und Religionen gekennzeichnet (ÖB 10.2014; vgl. FH 27.1.2016).
Quellen:
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CIA - Central Intelligence Agency (29.7.2016): The World Factbook
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Gambia, The - Government,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ga.html, Zugriff 12.8.2016
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FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/327612/468230_de.html, Zugriff 17.8.2016
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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia
USDOS - U.S. Department of State (13.4.2015): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 12.8.2016
8. Homosexuelle
Homosexualität ist in Gambia strafbar und wird mit Gefängnisstrafen von mehreren Jahren geahndet (AA 12.8.2016; vgl. BMEIA 18.8.2016), die bis zu 14 Jahren Haft führen kann (ÖB 9.2015). Hohe Repräsentanten des gambischen Staates haben die Bevölkerung in öffentlichen Reden zur Anzeige Homosexueller aufgerufen. Das Vorgehen der gambischen Behörden scheint sich eher zu verschärfen (AA 12.8.2016). Generell wird Homosexualität als unafrikanisch und Versuch des Westens gesehen, die lokale Kultur zu pervertieren. Auch abseits der Gesetzeslage ist die gesellschaftliche Akzeptanz der Homosexualität praktisch nicht gegeben und öffentliches Zurschautragen stößt auf Ablehnung (ÖB 9.2015).
In Gambia trat am 9.10.2014 ein Gesetz in Kraft, das bei "schwerer Homosexualität" eine Strafe von bis zu lebenslanger Haft vorsieht (AI 20.11.2014; vgl. HRW 27.1.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Die Gesetzesnovellierung Criminal Code (Amendment) Act 2014 führte die Straftat der verstärkten Homosexualität ein (AI 20.11.2014), unter dieser versteht das Gesetz u.a. homosexuelle "Wiederholungstäter", homosexuelle Handlungen mit Minderjährigen (unter 18 Jahren), Schutzbefohlenen, Behinderten, drogenabhängigen bzw. HIV-infizierten Personen (ÖB 9.2015; vgl. USDOS 13.4.2016, HRW 27.1.2016). Obwohl Homosexualität in Gambia illegal ist und es Berichte über Verhaftungen bzw. Misshandlungen gegeben hat, kam es nicht zu strafrechtlichen Verurteilungen. Allerdings dokumentiert eine von UKHO nicht näher bezeichnete Quelle, dass die Anzahl der Fälle von Verhaftungen und Belästigungen nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes angestiegen sind (UKHO 1.2016).
Homosexuelle Personen werden stark von der Gesellschaft diskriminiert und werden nicht vom Anti-Diskriminierungsgesetz geschützt (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.8.2016): Gambia: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GambiaSicherheit_node.html, Zugriff 12.8.2016
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AI - Amnesty International (20.11.2014): Further Information on Urgent Action: 226/14,
http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-226-2014-1/erste-festnahmen-nach-homophobem-gesetz?destination=node/5309?support_type=&node_type=&country=&topic=&from_month=0&from_year=&to_month=0&to_year=&submit_x=41&submit, Zugriff 12.8.2016
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BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (18.8.2016): Reise & Aufenthalt - Gambia - Sicherheit und Kriminalität,
http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia/, Zugriff 18.8.2016
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HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Gambia, http://www.ecoi.net/local_link/318342/457342_de.html, Zugriff 19.8.2016
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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia
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UKHO - U.K Home Office (1.2016): Country Information and Guidance
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The Gambia: Sexual orientation and gender identity, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/489450/Gambia_Sexual_orientation_Jan_2016__2016_01_05.pdf, Zugriff 24.8.2016
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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/270711/400794_de.html, Zugriff 12.8.2016
9. Grundversorgung/Wirtschaft
Gambia ist eines der ärmsten Länder in Afrika und steht 2015 im Human Development Index der Vereinten Nationen an 175. Stelle von 188 (IFAD 3.2016). Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze (IFAD 3.2016; vgl. CIA 29.7.2016).
Gambia ist eine kleine und nur wenig entwickelte Volkswirtschaft mit einer sehr schmalen wirtschaftlichen Basis und geringem Diversifizierungsgrad. Die Außenwirtschaft ist stark von Re-Exporten, Tourismus und Überweisungen der Auslandsgambier abhängig. Nach dem Wachstumseinbruch in Folge der 2011er Dürre konnte sich die Wirtschaft 2012 und 2013 erholen. Für 2015 sollte die Wirtschaft ein Wachstum von 5 Prozent einfahren. Die wichtigsten Wachstumsmotoren sollten dabei die bisherigen zwei Säulen Landwirtschaft und Tourismus bleiben. Gambia besitzt keine nennenswerten Bodenschätze, die sich wirtschaftlich erschließen ließen (ÖB 9.2015).
Rund drei Viertel der Bevölkerung hängen für ihren Lebensunterhalt vom Landwirtschaftssektor ab (CIA 29.7.2016; vgl. IFAD 3.2016), etwa ein Fünftel des Bruttoinlandsproduktes wird in diesem Sektor erwirtschaftet (CIA 29.7.2016).
Der Großteil der Bevölkerung ist entweder im Agrarsektor tätig (wo sie nicht von offiziellen Statistiken erfasst wird) oder im informellen Wirtschaftssektor (ÖB 9.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Der formelle Wirtschaftssektor ist nur schwach ausgeprägt und beschränkt sich meist auf den öffentlichen Sektor und im Land tätige ausländische Unternehmen. Laut der gambischen Integrated Household Survey 2010 (IHS) gehen 73 Prozent der Bevölkerung einer Beschäftigung (Kleinhandel, Kleinhandwerk, Gelegenheitsjobs, Straßenverkauf, usw.) nach, wovon 96 Prozent im informellen Sektor tätig sind (ÖB 9.2015).