Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz B***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 12 zweiter Fall, 15 Abs 1, 156 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 21. September 2017, GZ 62 Hv 17/14g-264, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch II./A./2./ sowie in der zu II./A./ gebildeten Subsumtionseinheit, demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Mit seinem Beschwerdevorbringen gegen den Schuldspruch II./A./2./ und mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Aufhebung verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.
Franz B***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurde Franz B***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach (richtig:) §§ 12 zweiter Fall, 15 Abs 1, 156 Abs 1 StGB (I./) sowie der Vergehen der Untreue nach §§ 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall, 15 Abs 1 StGB (II./A./1./ und 2./) und der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach (richtig:) §§ 159 Abs 1 iVm Abs 5 Z 1 und Z 3, 161 Abs 1 StGB (II./B./1./), nach §§ 159 Abs 2 iVm Abs 5 Z 1 und Z 3, 161 Abs 1 StGB (II./B./2./) und nach §§ 12 dritter Fall, 159 Abs 2 iVm Abs 5 Z 3 und Z 4 StGB (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er in S*****, S***** und andernorts
I./ von Februar 2001 bis Dezember 2003 die bereits rechtskräftig verurteilte Inge J***** dazu angeleitet sowie durch Erstellung von Verträgen und Urkunden dazu beigetragen, dass die Genannte als Schuldnerin mehrerer Gläubiger einen Bestandteil ihres Vermögens zum Schein verringert bzw beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung (zumindest eines) ihrer Gläubiger zu vereiteln versucht hat, indem sie ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ *****, GB *****, mit dem darauf befindlichen Wohnhaus in unbekanntem (jedenfalls aber 50.000 Euro übersteigendem) Wert um 60.000 Euro der D***** GmbH (im Folgenden: D***** GmbH) zum Schein verkaufte und grundbücherlich überschreiben ließ;
II./A./ seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch Nachgenannten einen zumindest 5.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er
1./ zwischen Jänner 2002 und 25. Juni 2003 als selbständig vertretungsbefugter Vorstand der p***** AG dadurch, dass er Bargeldbehebungen von Bankkonten des genannten Unternehmens in zumindest 5.000 Euro übersteigender Höhe veranlasste und diese Beträge für unternehmensfremde Zwecke verwendete, wodurch die p***** AG in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurde;
2./ am 14. August 2003 als faktischer Geschäftsführer der D***** GmbH „dadurch, dass er“ den der genannten Gesellschaft treuhändig übertragenen Hälfteanteil der Inge J***** an der Liegenschaft EZ *****, GB ***** aufrechnungsweise an die aus der zu II./A./1./ angeführten Tat „Geschädigten zur Tilgung seiner eigenen Verbindlichkeiten veräußerte, wodurch Inge J***** zumindest mit EUR 60.000,00 an ihrem Vermögen geschädigt worden wäre, wobei die Tat beim Versuch blieb“;
B./ als faktischer Geschäftsführer gemeinsam mit dem bereits rechtskräftig verurteilten Christian Po***** als eingetragenem Geschäftsführer jeweils der D***** GmbH, somit als leitender Angestellter, entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens durch kridaträchtiges Handeln
1./ grob fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit des genannten Unternehmens herbeigeführt, indem sie zwischen Anfang 2003 und dem dritten Quartal 2004 einen bedeutenden Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft verschleuderten sowie übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der D***** GmbH in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand betrieben, nämlich die Liegenschaft ***** erwarben, auf dieser ohne eine wertadäquate Gegenleistung Geschäftsräume und Wohnungen an die Franz B***** KEG, die Ba***** KEG und Christian Po***** überließen, und Verfahrenskosten in Gesamthöhe von 6.988,28 Euro in dem beim Landesgericht Salzburg zu AZ***** gegen die L***** GmbH geführten Insolvenzverfahren aus Gesellschaftsmitteln bezahlten;
2./ ab Anfang 2005 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft grob fahrlässig (US 76 f) die Befriedigung wenigstens eines der Gläubiger der D***** GmbH dadurch vereitelt oder geschmälert, dass sie einen bedeutenden Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft verschleuderten, indem sie auf der im Eigentum der Gesellschaft stehenden Liegenschaft ***** zumindest bis Ende 2006 Geschäftsräume und Wohnungen an die Franz B***** KEG, die Ba***** KEG und Christian Po***** ohne eine wertadäquate Gegenleistung überließen und zumindest bis Ende 2005 übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der D***** GmbH in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand durch Anmietung einer Halle in H***** betrieben;
III./ grob fahrlässig (US 77 f) dazu beigetragen, dass Dr. Dagmar A***** zunächst ab Ende Juni 2008 als faktische und ab 30. Juli 2008 als eingetragene Geschäftsführerin der S***** GmbH (vormals Dr. A*****), somit als deren leitende Angestellte, von Ende Juni 2008 bis zumindest Dezember 2008 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines ihrer Gläubiger durch kridatächtiges Handeln vereitelt oder geschmälert hat, indem sie entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens übermäßigen sowie mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb und erforderliche Kontrollmaßnahmen unterließ, die ihr einen zeitnahen Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verschafft hätten, indem er faktisch einen maßgeblichen Einfluss auf die Leitung des Unternehmens ausübte, die wirtschaftlichen Entscheidungen der Geschäftsführung entscheidend beeinflusste und diese zur Fortführung der Geschäfte ermunterte und gegenüber Werknehmern und Gläubigern für das Unternehmen auftrat.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Schuldsprüche richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, Z 5a, Z „9a“ und Z „9b“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur davon, dass dem Schuldspruch II./A./2./ ein vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachter, ihm zum Nachteil gereichender Rechtsfehler (Z 9 lit a) anhaftet:
Die Strafbarkeit extraner Beteiligter am Sonderpflichtdelikt der Untreue setzt voraus, dass der Intraneus das Vertrauensverhältnis zumindest bedingt vorsätzlich missbraucht (RIS-Justiz RS0116032, RS0090558 [T8 bis T11], RS0094595 [T4 und T5], RS0089956 [T4]).
Zudem muss es der extrane Beitragstäter zum unrechtsbezogenen Sonderdelikt der Untreue nicht nur für gewiss halten, dass der unmittelbare Täter objektiv die durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis missbraucht, sondern gleichermaßen auch, dass der Intraneus dies (zumindest bedingt) vorsätzlich tut (RIS-Justiz RS0103984 [T8]; vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 153 Rz 44; weitergehend hingegen Kienapfel/Schmoller StudB BT II² § 153 Rz 121).
Nach den Urteilsfeststellungen schloss am 14. August 2003 in Ansehung der von der D***** GmbH treuhändig für Inge J***** gehaltenen Liegenschaft EZ ***** GB ***** nicht der Angeklagte, sondern Christian Po***** als eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer der D***** GmbH (US 8) „auf Geheiß“ des als faktischer Geschäftsführer agierenden Angeklagten den Vertrag mit dem Käufer Mag. Franz Le***** ab (US 15, 46).
Davon ausgehend ist Christian Po***** unmittelbarer Täter. Dem festgestellten faktischen (damit schon keine Verfügung rechtlicher Art darstellenden [RIS-Justiz RS0094733, RS0095943, RS0094545]) psychischen Einwirken des Angeklagten auf den diesbezüglich nicht weisungsunterworfenen Geschäftsführer der D***** GmbH Christian Po***** liegt keine dem Angeklagten seitens Inge J***** rechtlich eingeräumte Verfügungsmacht zugrunde, weshalb der Angeklagte als extraner Bestimmungstäter zu beurteilen ist.
Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Christian Po***** sowie zu einem darauf bezogenen Wissen des Angeklagten sind dem angefochtenen Urteil jedoch nicht zu entnehmen.
Demzufolge waren der Schuldspruch II./A./2./ sowie die zu II./A./ gebildete Subsumtionseinheit schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO). Ein Eingehen auf das gegen den Schuldspruch II./A./2./ gerichtete Rechtsmittelvorbringen erübrigt sich demgemäß.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen:
Der Erledigung der Mängel- (Z 5) und der Tatsachenrüge (Z 5a) ist voranzustellen:
Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS-Justiz RS0115902).
Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse – über schuld- oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS-Justiz RS0106268). Hievon ausgehend nennt das Gesetz fünf Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen:
Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn – nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, somit aus objektiver Sicht – nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS-Justiz RS0117995 [insbesondere T3 und T4]).
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS-Justiz RS0118316).
Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen nicht nebeneinander bestehen können (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (RIS-Justiz RS0119089). Gegen getroffene Feststellungen sprechende Beweisergebnisse begründen hingegen – dem in Ansehung einer Vielzahl von Verfahrensergebnissen erhobenen Beschwerdevorbringen zu sämtlichen Schuldsprüchen zuwider – keinen aus § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO beachtlichen Widerspruch (RIS-Justiz RS0119089 [T1]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 439).
Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (RIS-Justiz RS0118317).
Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS-Justiz RS0099431).
In Bezug auf alle fünf Fehlerkategorien ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS-Justiz RS0119370).
Wo das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit den Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall) ist überdies der entsprechende Aktenbezug herzustellen, was bei – wie hier – umfangreichem Aktenmaterial die genaue Angabe der jeweiligen Fundstelle erfordert (RIS-Justiz RS0124172).
Indem die Mängelrüge (Z 5) zu Schuldspruch I./ eine „unvollständige“, „widersprüchliche“ sowie „unzureichende“ Begründung behauptet und den Urteilsannahmen die als nicht glaubwürdig beurteilte Verantwortung des Angeklagten (US 39) entgegenhält, zeigt sie keinen Begründungsfehler im dargelegten Sinn auf, sondern argumentiert nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Gleiches gilt bezüglich der eigenen Erwägungen des Beschwerdeführers zu der von den Tatrichtern ohnedies gewürdigten eidesstättigen Erklärung der Rosa K***** (US 36, 39 f).
Sich mit sämtlichen Details der Aussage des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen war das Erstgericht, dem Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend, nicht gehalten (RIS-Justiz RS0106642).
Die von der Rüge vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite (der Sache nach Z 9 lit a) finden sich auf US 12.
Weiters wendet der Beschwerdeführer ein, das Erstgericht hätte sich mit dem (im Übrigen nicht durch eine Fundstelle bezeichneten) Sachverständigengutachten Dris. Gerald H***** auseinandersetzen müssen (Z 5 zweiter Fall), wonach der Wert des Hälfteanteils der Liegenschaft ohne das Belastungs- und Veräußerungsverbot 54.000 Euro betragen hätte (ON 12 in ON 137 S 16 ff iVm ON 10 in ON 137 S 27). Dieses Vorbringen geht schon daran vorbei, dass nach den mängelfrei begründeten Feststellungen tatsächlich keine Gegenleistung das Vermögen der Inge J***** anlässlich des Liegenschaftsverkaufs vermehrte (US 11).
Die Feststellung des Wissens des Angeklagten, dass im Tatzeitraum bereits mehrere Gläubiger der Inge J***** herandrängten (US 12), ist nicht entscheidend (vgl RIS-Justiz RS0118270 [T2]). Der dagegen gerichtete Einwand geht daher bereits im Ansatz ins Leere.
Die Mängelrüge zu Schuldspruch II./A./1./ behauptet eine „undeutliche“ (Z 5 erster Fall) und „widersprüchliche“ (Z 5 dritter Fall) Begründung der Feststellungen, wonach der Angeklagte einen Teil der buchhalterisch nicht mit Rechnungen belegten Bargeldbehebungen mit einem Gesamtbetrag von mehreren 10.000 Euro für nicht unternehmensbezogene Zwecke verwendete (US 13). Mit dem Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Richard Br*****, wonach die Behebungen „mit Sicherheit eindeutig nicht“ dem Angeklagten zugeordnet werden könnten (ON 254 S 5 ff), zeigt sie die geltend gemachten Anfechtungskategorien der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO jedoch nicht auf. Unter dem Aspekt einer der Sache nach angesprochenen Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ignoriert sie, dass sich die hinsichtlich allfällig mehrfach vorhandener Zeichnungsberechtigungen gestellte Frage des vorsitzenden Richters und die korrespondierende Antwort des Sachverständigen ausschließlich auf die Le***** KEG (siehe Freispruch A./ [US 5 iVm US 14]) und nicht auf die hier gegenständliche p***** AG bezog.
Die Aussage des Zeugen Mag. Franz L*****, wonach ihm vom Angeklagten keine Geldbeträge aus der p***** AG für private Angelegenheiten übergeben worden seien (ON 260 S 7 f), wurde von den Tatrichtern dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider sehr wohl erwogen (US 44).
Die Mängelrüge zu Schuldspruch II./B./1./ und 2./ (nominell Z 5 erster, zweiter und dritter Fall) wendet sich mit dem Hinweis auf Passagen des Gutachtens des Sachverständigen Mag. Dr. Matthias K***** (ON 260 S 15 ff) gegen die Feststellung, wonach die D***** GmbH aus der Überlassung von Geschäftsräumen, Lagerräumen und Wohnungen an die Franz B***** KEG und die Ba***** KEG keine wertadäquate Gegenleistung erhielt oder einforderte (US 20). Dabei verkennt sie, dass die in § 159 Abs 5 StGB genannten Handlungen rechtlich gleichwertige Begehungsformen darstellen, deren eine (hier Z 3) für den Schuldspruch bereits ausreicht (vgl RIS-Justiz RS0120172; Kirchbacher in WK² StGB § 159 Rz 111). Solcherart wendet sie sich nicht gegen eine entscheidende Tatsache.
Mit dem nicht näher erklärten Hinweis auf einzelne, aus dem Zusammenhang gelöste Passagen des Sachverständigengutachtens Dris. Richard B***** (ON 254 S 16 und 19) geht die Rüge daran vorbei, dass zur deutlichen und bestimmten Bezeichnung eines Begründungsmangels konkret auf jene Feststellungen Bezug genommen werden muss, auf die sich dieser beziehen soll (RIS-Justiz RS0130729).
Der Einwand eines Widerspruchs (nominell Z 5 dritter Fall, der Sache nach Z 5 zweiter Fall) zwischen Ausführungen des Sachverständigen Mag. Dr. Matthias K***** (ON 260 S 11, 15 ff) und der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit der D***** GmbH „etwa ab dem ersten Quartal 2004“ (US 21) bleibt unverständlich. Denn diese Ausführungen bezogen sich – wie die Beschwerde selbst einräumt – ausschließlich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Franz B***** KEG sowie der Ba***** KG (vgl dazu den Freispruch US 6).
Ohne jeglichen Aktenbezug erhebt die Mängelrüge (Z 5) mit eigenen Erwägungen die Forderung, das Erstgericht hätte „aufgrund der Aktenlage die fehlende Feststellung zu treffen gehabt“, dass es sich bei der Zahlung von Verfahrenskosten und der Zwangsausgleichsquote für die L***** GmbH in Höhe von 6.988,28 Euro um Investitionskosten für den Erwerb der Geschäftsanteile gehandelt habe, dass die Beteiligung an anderen Gesellschaften Unternehmensgegenstand der D***** GmbH gewesen sei, und dass der Erwerb der Liegenschaft ***** mittels Bankkredit finanziert worden und „auch der Saldenstand von 176.443,80 als Verbindlichkeit gegenüber der Bank zum 27. 12. 2005 [...] unterhalb des Kaufpreises und Wertes der Liegenschaft“ gelegen sei. Damit orientiert sie sich einmal mehr nicht an den dargestellten Anfechtungskriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.
Zu Schuldspruch III./ releviert der Beschwerdeführer die fehlende Erörterung (Z 5 zweiter Fall) der Aussage des Zeugen Günter Be***** (ON 229 S 35 ff), wonach er den Businessplan für die Dr. A***** erstellt und die Präsentation gemacht habe sowie für die B&***** AG aufgetreten sei. Damit geht er daran vorbei, dass sich die – von den Tatrichtern in ihrer Gesamtheit ohnehin erwogenen (US 55 f) – Angaben dieses Zeugen auf den ersten und nicht auf den von den Tatrichtern festgestellten, vom Angeklagten erstellten angepassten Businessplan (US 25) bezogen.
Mit dem nach jedem der dargestellten Einwände der Mängelrüge (Z 5) wiederholten Vorbringen, das Erstgericht „hätte aufgrund der Aktenlage“ andere, dem Beschwerdeführer günstigere „Feststellungen zu treffen gehabt“, wird erneut kein Begründungsfehler im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt.
Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worte intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unrichtige Lösung der Schuldfrage qualifiziert nahelegen. Eine über diese Prüfung hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie es die Berufung wegen Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt – wird dadurch nicht möglich (RIS-Justiz RS0118780; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 487 und 491).
Die ihr bereits zur Mängelrüge erstattetes Vorbringen wiederholende Tatsachenrüge (Z 5a) zu sämtlichen Schuldsprüchen vermag erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen nicht zu wecken.
Das ohne Bezugnahme auf konkrete Feststellungen und ohne Aktenbezug erstattete Vorbringen zu Schuldspruch II./B./1./ (Z 5a), die Gläubigerin H***** sei befriedigt worden und der Wert der Liegenschaft habe den aushaftenden Bankkredit wesentlich überstiegen, bleibt unverständlich.
Ebenso wenig ist zu erkennen, warum die aus dem Gutachten Dris. Richard Br***** (ON 42 in ON 11 S 265) ersichtliche Zahlung des Vadiums für die Ersteigerung der Liegenschaft ***** durch die D***** Stiftung oder die Verantwortung des Beschwerdeführers, das sanierte Unternehmen L***** für ein Projekt verwenden zu wollen (ON 231 S 17), für die Feststellung der Bezahlung der Zwangsausgleichsquote sowie von Verfahrenskosten in einer Gesamthöhe von 6.988,28 Euro im Verfahren gegen die L***** GmbH aus Gesellschaftsmitteln der D***** GmbH (US 20 f) von Bedeutung sein sollten.
Auch die Tatsachenrüge (Z 5a) zu Schuldspruch III./ vermag mit dem Hinweis auf die ohnehin erörterte leugnende Verantwortung des Angeklagten (US 54 ff) sowie die von den Tatrichtern berücksichtigten (teils faktischen) Geschäftsführerfunktionen von Mag. Thomas W***** und Dr. Dagmar A***** (US 23 ff) keine erheblichen Bedenken im Sinn der Z 5a zu wecken.
Die – prozessordnungswidrig ohne Aktenbezug – erhobene Kritik, aus dem Telefax vom 23. Juli 2008 sei ersichtlich, dass der Angeklagte erst zu diesem Zeitpunkt von der Ablehnung der Förderung seitens A***** erfahren habe, richtet sich bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung gegen die eingehende, logisch und empirisch nachvollziehbare Begründung der gegenteiligen Feststellung (US 25) durch die Tatrichter (US 58 f).
Weshalb sich aus den „Aussagen der sonst einvernommenen Professionisten“ (vgl ON 45 S 85 ff, 91 ff), wonach der Architekt DI Oswin St***** und der Geschäftsführer Mag. Thomas W***** Aufträge an die Professionisten erteilt hätten, erhebliche Bedenken gegen die festgestellten Beitragshandlungen des Angeklagten betreffend die unmittelbar handelnde Dr. Dagmar A***** (US 25 ff) wecken sollten, bleibt offen.
Die eigene beweiswürdigende Erwägungen anstellende Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu Schuldspruch III./ vermisst Feststellungen, die die rechtliche Annahme einer den Angeklagten deliktsspezifisch gegenüber den Gläubigern treffenden Sorgfaltspflicht (RIS-Justiz RS0090422; Kirchbacher in WK² StGB § 159 Rz 92 f; Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 107; Rainer SbgK § 159 Rz 15 f) zu tragen vermögen (RIS-Justiz RS0116565). Sie leitet jedoch prozessordnungswidrig nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb die Konstatierungen, wonach dem Angeklagten aufgrund seiner – trotz Wissens um die eingetretene Zahlungsunfähigkeit und die wirtschaftliche Unerfahrenheit Dris. Dagmar A***** dennoch ausgeübten, nicht auf Vermögenserhaltung und Befriedigung der Gläubiger abzielenden – Beratungsfunktion, die auch die Erstellung eines angepassten Businessplans umfasste, ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung durch Dr. Dagmar A***** zukam (US 25 bis 28, 78 f), diese rechtliche Beurteilung (US 78 f) nicht ermöglichen sollten.
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher erneut in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Kassation des Schuldspruchs II./A./2./ hatte die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge, worauf der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen war.
Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E121413European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00012.18H.0419.000Im RIS seit
22.05.2018Zuletzt aktualisiert am
22.05.2018