TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/14 99/11/0140

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Veröffentlicht am 14.03.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
43/02 Leistungsrecht;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
FamLAG 1967 §2 Abs5;
HGG 1992 §28 Abs1 Z2;
HGG 1992 §32 Abs1 Z2;
HGG 1992 §33 Abs1 idF 1996/201;
HGG 1992 §38 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Mag. P in W, vertreten durch Mag. Rainer Radlinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien,

Bäckerstraße 1/3/13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. Dezember 1998, Zl. MA 62 - III/96/98, betreffend Familienunterhalt, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer leistete ab 5. Oktober 1998 den ordentlichen Zivildienst.

Mit Antrag vom 14. Oktober 1998 begehrte er die Zuerkennung von Familienunterhalt für seinen am 10. Oktober 1997 geborenen, ihm gegenüber unterhaltsberechtigten und zu seinem Haushalt gehörenden Sohn P.K.

Mit Bescheid der Erstbehörde (des Magistrats der Stadt Wien) vom 27. Oktober 1998 wurde dem Beschwerdeführer ab 5. Oktober 1998 für die Dauer des Grundzivildienstes gemäß § 34 Abs. 1 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG in Verbindung mit den §§ 26, 32 Abs. 1 Z. 3 Heeresgebührengesetz 1992 - HGG 1992 Familienunterhalt für seinen Sohn in der Höhe von S 2.285,18 zuerkannt und gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 lit. b HGG 1992 die Auszahlung an die Kindesmutter C.K. verfügt. Zur Berechnung des Familienunterhaltes wurde die Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 29 HGG 1992 herangezogen.

In der dagegen erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer die Anwendung des § 32 Abs. 1 Z. 3 HGG 1992, weil sein Sohn zu seinem Haushalt gehöre und daher unter § 32 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. falle. Da der Beschwerdeführer nicht verheiratet sei und somit ein Familienunterhalt nach § 32 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. nicht anfalle, erhöhe sich der Familienunterhalt gemäß § 32 Abs. 2 leg. cit. um 30 %. Außerdem wäre der Familienunterhalt gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 lit. b leg. cit. an ihn auszuzahlen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer lebe im gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter C.K. Diese sei Hauptmieterin der Wohnung, der Beschwerdeführer lediglich Mitbewohner. Vom Haushalt des Wehrpflichtigen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z. 2 HGG 1992 könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann gesprochen werden, wenn der Wehrpflichtige selbst "Haushälter" sei. Ob diese Voraussetzung gegeben sei, sei aus dem Vorliegen realer Umstände zu schließen, insbesondere daraus, ob der Wehrpflichtige Wohnungsinhaber sei und das Hauswesen tatsächlich führe. Da der Beschwerdeführer lediglich Mitbewohner bei C.K. und nicht Wohnungsinhaber sei, sei er nicht "Haushaltsführer". Damit sei die Voraussetzung für die Zuerkennung von Familienunterhalt nach § 32 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 HGG 1992 nicht erfüllt. Der Familienunterhalt sei daher nach § 32 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. zu bemessen gewesen. Die Auszahlung des Familienunterhaltes an die Kindesmutter sei gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 lit. b leg. cit. zu verfügen gewesen, weil diese (ebenso wie der Beschwerdeführer) gesetzlicher Vertreter des Kindes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 ZDG hat der Zivildienstpflichtige, der einen ordentlichen Zivildienst leistet, Anspruch auf Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, wie er einem Wehrpflichtigen nach § 26 HGG 1992 zusteht.

Gemäß § 34 Abs. 2 ZDG sind auf den Familienunterhalt und die Wohnkostenbeihilfe die Bestimmungen des V. Hauptstückes des HGG 1992 sowie dessen §§ 48, 49 Abs. 1 bis 3 und § 50 nach Maßgabe des Abs. 3 anzuwenden.

Das V. Hauptstück (§§ 26 bis 38) des HGG 1992 betrifft Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe.

Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen dieses Gesetzes lauten wie folgt:

"Anspruch

§ 28. (1) Der Anspruch des Wehrpflichtigen auf Familienunterhalt besteht

1.

für seine Ehefrau,

2.

für Kinder, für die ihm oder seiner nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehefrau eine Familienbeihilfe aufgrund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, oder eine gleichartige ausländische Beihilfe gewährt wird, und

              3.              für andere Personen, sofern er ihnen kraft Gesetzes Unterhalt leistet oder zu leisten hätte.

Ausmaß

§ 32. (1) Bei der Bemessung des Familienunterhaltes sind zu veranschlagen:

1. für die Ehefrau, wenn sie nicht dauernd vom Wehrpflichtigen getrennt lebt, 50 vH der Bemessungsgrundlage,

2. für jede andere Person, für die ein Anspruch auf Familienunterhalt besteht und die zum Haushalt des Wehrpflichtigen gehört oder in seinem Haushalt lebt, je 10 vH der Bemessungsgrundlage und

3. für jede andere Person, für die ein Anspruch auf Familienunterhalt besteht und die nicht unter die Z. 1 oder 2 fällt, der vom Wehrpflichtigen zu leistende Unterhalt, jedoch nicht mehr als 20 vH der Bemessungsgrundlage.

(2) Fällt ein Familienunterhalt nach Abs. 1 Z. 1 nicht an, so erhöht sich der für Personen nach Abs. 1 Z. 2 insgesamt gebührende Familienunterhalt um 30 vH der Bemessungsgrundlage.

Auszahlung

§ 38. (1) Der Familienunterhalt ist auszuzahlen:

1. für die zum Haushalt des Wehrpflichtigen gehörenden und die in seinem Haushalt lebenden Personen

a)

an die Ehefrau oder,

b)

sofern eine Ehefrau nicht vorhanden ist, an die vom Wehrpflichtigen bestimmte, den Haushalt führende Person, und

              2.              für die nicht im Haushalt des Wehrpflichtigen lebenden Personen

a)

an diese selbst oder,

b)

sofern eine solche Person nicht eigenberechtigt ist, an den gesetzlichen Vertreter oder,

              c)              sofern der Wehrpflichtige selbst der gesetzliche Vertreter ist und sich die unterhaltsberechtigte Person in Pflege einer dritten Person befindet, an diese Person."

Bei der Lösung der für den Beschwerdefall entscheidenden Frage, ob der Sohn des Beschwerdeführers zu dessen Haushalt im Sinne des § 32 Abs. 1 Z. 2 HGG 1992 gehört, kommt es entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht entscheidend darauf an, wer Wohnungsinhaber (im vorliegenden Fall Hauptmieter der Wohnung) ist. Soweit sich die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1960, Zl. 2367/57, stützt, ist ihr entgegenzuhalten, dass diesem Erkenntnis ein mit dem vorliegenden Beschwerdefall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen war - es ging in jenem Beschwerdeverfahren um die Beschwerde der Mutter eines Wehrpflichtigen - und dieses Erkenntnis zu einer nicht mehr bestehenden Rechtslage ergangen ist.

Die Frage, wer Wohnungsinhaber und damit nach außen zur Zahlung der Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung verpflichtet ist, ist für den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe (§ 33 HGG 1992) maßgebend (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/11/0101), nicht aber für die Frage der Haushaltszugehörigkeit von Kindern.

Nach den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde lebt der Beschwerdeführer mit der Kindesmutter "im gemeinsamen Haushalt". Die Führung eines gemeinsamen Haushaltes durch beide Elternteile kommt häufig vor. Das in der Gegenschrift - zur Unterstützung der Auffassung, dass der Familienunterhalt an die Kindesmutter auszuzahlen sei - zitierte Familienlastenausgleichsgesetz 1967 sieht für Fälle der gemeinsamen Haushaltsführung durch die Eltern und damit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes bei beiden Elternteilen (§ 2 Abs. 5 erster und letzter Satz leg. cit.) in seinem § 2a Regelungen vor, wem in solchen Fällen der Anspruch auf die Familienbeihilfe für das Kind zusteht. Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Auffassung, dass immer nur einer der einen gemeinsamen Haushalt führenden Elternteile als "haushaltsführend" angesehen werden und ein Kind demnach - je nachdem, wer Wohnungsinhaber und "Haushaltsführer" ist - nur dem Haushalt des Vaters oder der Mutter angehören könne, ist weder aus dem HGG 1992 noch aus dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 noch aus anderen Gesetzen ableitbar. Aus § 2 Abs. 5 letzter Satz Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ergibt sich vielmehr das Gegenteil, nämlich dass ein Kind bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig gilt, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört. Im Übrigen ist die Zugehörigkeit von Kindern zum gemeinsamen Haushalt der Eltern auch sonst der österreichischen Rechtsordnung nicht fremd (siehe z.B. § 26 Abs. 3 BAO).

Gegen die Richtigkeit der Auffassung der belangten Behörde spricht auch die Überlegung, dass es unsachlich wäre, die Höhe des Familienunterhaltes für ein Kind bei ansonsten völlig gleichen Verhältnissen davon abhängig zu machen, ob der (wehrdienst- bzw. zivildienstpflichtige) Vater oder die Mutter Hauptmieter der Wohnung ist.

Die belangte Behörde hat nach dem Gesagten in Ansehung der Haushaltszugehörigkeit des Sohnes des Beschwerdeführers die Rechtslage verkannt, somit zu Unrecht den Familienunterhalt für den Sohn nach § 32 Abs. 1 Z. 3 HGG 1992 bemessen und die Auszahlungsverfügung auf § 38 Abs. 1 Z. 2 lit. b leg. cit. gestützt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999110140.X00

Im RIS seit

01.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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