TE Vwgh Beschluss 2018/3/27 Ra 2018/16/0018

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Veröffentlicht am 27.03.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
GebG 1957 §33 TP9;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision der S AG in W, vertreten durch die Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 24. November 2017, RV/7100390/2014, betreffend Rechtsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass die Revisionswerberin am 7. Oktober 2013 mit Eigentümern eines Grundstücks den "Deponievertrag R" abschloss, der zugunsten der Revisionswerberin die Einräumung der Dienstbarkeit der Deponie an diesem Grundstück zum Gegenstand hatte. Diese beinhaltete das Recht, auf dem Grundstück nach Maßgabe noch zu erlangender behördlicher Bewilligungen die Tätigkeiten der Abfallsammler und -behandler für näher bezeichnete Deponieklassen auszuüben. Der Deponiezins (Entgelt) wurde nach Deponieklassen differenziert vereinbart. Das Gesamtvolumen belief sich auf rund 500.000 Festkubikmeter und wurde ein jährliches Einbringungsvolumen von durchschnittlich 25.000m3 in Aussicht genommen. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Grundstückseigentümer verzichteten darauf, den Vertrag mit Wirkung vor dem 31. Dezember 2030 ordentlich zu kündigen. Die Revisionswerberin hatte die Option, den Kündigungsverzicht der Grundeigentümer - ungeachtet einer bereits ausgesprochenen Kündigung - bei betrieblichem Bedarf um weitere fünf Jahre zu verlängern. Die Vertragsparteien bewerteten für Zwecke der Gebührenbemessung den im Entgelt des Deponiezinses enthaltenen Wert der Dienstbarkeit mit insgesamt EUR 50.000,--. Kosten und Gebühren im Zusammenhang mit der Errichtung und Verbücherung des Vertrages sollte die Deponiebetreiberin tragen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht die Festsetzung einer Rechtsgebühr nach § 33 TP 9 GebG 1957 und änderte den angefochtenen Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 6. November 2013 dahingehend ab, dass die Gebühr mit 2 v.H. vom Wert des bedungenen Entgelts in der Höhe von EUR 334.800,-- mit EUR 6.696,-- festgesetzt werde.

Weiters sprach das Gericht aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 In seinen Entscheidungsgründen erwog das Gericht nach Darlegung des Inhaltes des Deponievertrages sowie des Verfahrensganges in rechtlicher Hinsicht zusammengefasst, im revisionsgegenständlichen Fall werde nach dem Urkundeninhalt eindeutig ein von der Menge und Beschaffenheit des Deponiegutes unabhängiges Entgelt geregelt. Hauptgeschäft sei nach dem Inhalt der hier zu beurteilenden Urkunde demnach die Nutzung der Liegenschaft und nicht der Erwerb der Abfälle (von einem Dritten). Das von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Erkenntnis vom 10. Mai 2010, 2009/16/0316, sei auf den gegenständlichen Fall insofern nicht anwendbar, als der Verwaltungsgerichtshof in diesem Fall über das Vorliegen eines Bestandvertrages bzw. eines bestandähnlichen Verhältnisses abzusprechen gehabt habe. Für die Gebührenbemessung sei der Wert der Gegenleistung, die für die Einräumung der Dienstbarkeit versprochen werde, maßgebend. Laut Vertrag bezahle die Deponiebetreiberin als Entgelt für die vertraglichen Leistungen der Grundeigentümer und den Ernteausfall den Deponiezins. Der Berechnung werde der mittlere Deponiezins laut einem Gutachten vom 25. November 2013 zugrunde gelegt. Die Gebühr nach § 33 TP 9 GebG werde mit 2% vom Wert des bedungenen Entgeltes in der Höhe von EUR 334.800,-- mit EUR 6.696,-- (verringert) festgesetzt. Im Übrigen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

Abschließend begründete das Gericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision.

4 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht darauf verletzt, dass für den Deponievertrag vom 7. Oktober 2013 keine nach dem bedungenen Entgelt (Deponiezins) bemessene Gebühr nach § 33 TP 9 GebG festgesetzt werde. Die Zulässigkeit ihrer Revision legt sie zusammengefasst darin dar, der Verwaltungsgerichtshof habe sich in seiner Judikatur mit der gebührenrechtlichen Einstufung von Deponieverträgen in seinen Erkenntnissen vom 10. Mai 2010, 2009/16/0316, vom 24. Juni 2010, 2010/16/0053, und vom 13. Dezember 2012, 2010/16/0023, auseinandergesetzt. In Ansehung dieser Judikatur sei sie der Auffassung, dass die Frage, ob der Deponievertrag per se als Dienstbarkeitsvertrag den Gebührentatbestand des § 33 TP 9 GebG unterliege - in diese Richtung gehe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. Juni 2010 - oder ob eine Beurteilung anhand des

Hauptzwecks zu einem anderen Ergebnis führen könne - in diese

Richtung gehe der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 10. Mai 2010 - in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet werde. Mangels eindeutiger Rechtslage liege darin eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Sollte der dargestellten Judikatur jedoch eine einheitliche Beantwortung der Rechtsfrage zu entnehmen sein, ziele die gegenständliche Revision auf ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Wenn eine Revision ein Vorbringen enthalte, das Zweifel an der Richtigkeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründen könnte und daher dazu angetan wäre, davon abzugehen, werde sie als zulässig erachtet. Schließlich habe das Gericht in seiner Begründung auch die Formulierung "Dienstbarkeit der Deponie" als Argument gewertet, warum der gegenständliche Vertrag als Dienstbarkeit anzusehen sei. Damit sei das Gericht von der ständigen Rechtsprechung abgewichen. Nach dieser sei nie die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern der Vertragsinhalt maßgeblich.

5 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Der Frage, ob etwa besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Auslegung einer Erklärung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinne zu (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 19.9.2017, Ra 2017/16/0111, betreffend die Auslegung eines Vertrages, sowie etwa den Beschluss vom 22.4.2015, Ra 2015/16/0020, betreffend die Auslegung eines Verhandlungsprotokolles oder jenen vom 4.2.2016, Ra 2015/16/0140, betreffend die Auslegung eines Bescheides).

7 Inhalt des revisionsgegenständlichen Vertrages ist die bloße Einräumung der Dienstbarkeit der Ablagerung von Material auf fremdem Grund gegen Entgelt, nicht jedoch etwa auch das Recht zum Abbau von Bodenmaterial aus der Liegenschaft, wie dies dem Erkenntnis vom 10. Mai 2010, 2009/16/0316, zu Grunde lag. Zur Darstellung der Rechtslage kann daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Erkenntnisse vom 24. Juni 2010, 2010/16/0053, und vom 13. Dezember 2012, 2010/16/0023, die gleichermaßen die Einräumung einer Berechtigung auf Zeit zur Ablagerung von Material auf fremdem Grund zu beurteilen hatten, verwiesen werden.

Zweifel an der Richtigkeit dieser Rechtsprechung, insbesondere der Abgrenzung einer Dienstbarkeit von einem Bestandverhältnis (mit Elementen des Kaufvertrages), ergeben sich hiebei nicht.

8 Im Revisionsfall gelangte das Gericht in Auslegung nicht nur der Titulierung des Vertrages, sondern, wie den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist, auch unter Würdigung der einzelnen Vertragspunkte zum Ergebnis, dass der Vertrag die Einräumung einer Dienstbarkeit zum Gegenstand habe, wie dies im Erkenntnis vom 23.12.2012, 2010/16/0023, der Fall gewesen sei. Dagegen sei das Erkenntnis vom 10. Mai 2010, 2009/16/0316, auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar, weil es sich dort um einen Bestandvertrag gehandelt habe.

9 Damit erweist sich die rechtliche Beurteilung des Inhaltes des Deponievertrages vom 7. Oktober 2013 als eine Frage der Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung und deren Subsumtion unter einen bestimmten Gebührentatbestand im Einzelfall, der keine über den Revisionsfall hinausweisende Bedeutung zukommt.

10 Die vorliegende Revision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 27. März 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160018.L00

Im RIS seit

18.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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