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43/02 Leistungsrecht;Norm
HGG 1992 §33 Abs1 idF 1996/201;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des R in L, vertreten durch Dr. Heimo Jilek, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Erzherzog-Johann-Straße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 13. Juli 1998, Zl. 794.958/1-2.5/98, betreffend Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Aktenlage wurde dem Beschwerdeführer am 18. März 1998 ein Einberufungsbefehl zugestellt. Mit am 27. April 1998 zur Post gegebenem Schreiben stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe. In weiterer Folge legte er ua. einen Meldezettel über eine Anmeldung am 13. November 1997 an einer Adresse in Leoben sowie einen auf diese Adresse lautenden Mietvertrag ohne Datumsangabe vor, demzufolge eine näher umschriebene Wohnung ab 1. November 1997 für die Dauer von drei Jahren vermietet werde. Als Bestandnehmer wird der Beschwerdeführer angeführt. Eine Vergebührung des Vertrages ist nicht ersichtlich. Weiters legte der Beschwerdeführer drei Kontoauszüge seiner Mutter vor, aus denen Mietzahlungen für die Miete des Beschwerdeführers in der Höhe, wie sie auch im erwähnten Mietvertrag angegeben ist, aufscheinen (der älteste der Belege erwähnt als Buchungstag den 5. Dezember 1997).
Mit Bescheid vom 24. Juni 1998 wies das Heeresgebührenamt den Antrag des Beschwerdeführers nach dem V. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992) ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, da der Beschwerdeführer weder einen vergebührten mit dem Datum der Vertragsunterfertigung versehenen Mietvertrag noch Belege bzw. Kontoauszüge über von ihm geleistete Mietzahlungen vorgelegt habe, habe seine Behauptung, er würde die Mietkosten für die verfahrensgegenständliche Wohnung tragen, nicht der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können.
Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Landesverteidigung mit Bescheid vom 13. Juli 1998 abgewiesen und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. In der Begründung führte der Bundesminister für Landesverteidigung aus, der Beschwerdeführer habe am 28. September 1998 seinen Grundwehrdienst angetreten. Er habe im Fragebogen zum Antrag auf Wohnkostenbeihilfe angegeben, er hätte gegen eine monatliche Miete von S 3.200,-- zuzüglich monatlich S 500,-- für Strom- und Heizölkosten von einem Dritten eine Wohnung an einer Adresse, an der er ab 13. November 1997 gemeldet sei, gemietet. Aus dem undatierten, nicht vergebührten Bestandsvertrag sei ersichtlich, dass es sich um ein befristetes Mietverhältnis vom 1. November 1997 bis zum 31. Oktober 2000 handle. Aus den Kontoauszügen des Kontos, lautend auf seine Mutter, seien Überweisungen von jeweils S 3.200,-- mit dem Verwendungszweck "Miete H.R." für den Zeitraum vom Dezember 1997 bis Februar 1998 ersichtlich. Gemäß § 33 HGG 1992 habe der Wehrpflichtige den "Nachweis zu erbringen", dass bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehls ein privatrechtliches Rechtsverhältnis bestanden habe, dem zufolge er zur Innehabung der verfahrensgegenständlichen Wohnung berechtigt gewesen sei und dafür Entgelt zu leisten hatte, widrigenfalls er gekündigt werde. Der vorliegende, undatierte und nicht vergebührte Bestandsvertrag stelle eine Privaturkunde im Sinne der Zivilprozessordnung dar und unterliege der freien Beweiswürdigung. Privaturkunden bewiesen lediglich, dass sie vom Aussteller stammten, über den Inhalt hingegen lieferten sie keinen vollen Beweis. Das im Mietvertrag (oder mündlich) Vereinbarte möge unbestrittenerweise zwischen den Vertragspartnern gelten. Im Verfahren nach dem HGG 1992 könnten Rechtsverhältnisse - selbst wenn sie den Gültigkeitserfordernissen des Zivilrechts entsprächen - nur Anerkennung finden, wenn sie im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt (Zustellung des Einberufungsbefehles) "nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen sind und einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt" hätten. Ein nicht vergebührter bzw. nach diesem Zeitpunkt zur Vergebührung angezeigter oder notariell beglaubigter Mietvertrag hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Wohnung sowie die Kontoauszüge betreffend Mietzahlungen vom Konto der Mutter des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom Dezember 1997 bis zum Februar 1998 stellten keinen zweifelsfreien Nachweis für ein bereits vor Zustellung des Einberufungsbefehles aufrechtes Rechtsverhältnis seitens des Beschwerdeführers "hinsichtlich einer eigenen Wohnung" dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 33 HGG 1992 lautet (auszugsweise):
"§ 33. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind dem Wehrpflichtigen jene Kosten abzugelten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes entstehen für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung, in der er nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet ist. Dabei gilt Folgendes:
1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Wehrpflichtige bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehls oder der allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung gewohnt hat.
...
(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten, die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Wehrpflichtige einen selbstständigen Haushalt führt. ...
(3) Als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung gelten:
1. Alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt dem nach § 15 Abs. 1 Z 2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1981, auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben,
..."
Die Begründung des angefochtenen Bescheides legt den Schluss nahe, dass die belangte Behörde für den Nachweis des Entstehens von Kosten für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung im Sinne des § 33 Abs. 1 HGG 1992 einen formalisierten Beweis verlangt und davon ausgeht, dass nur eine vergebührte oder notariell beglaubigte Mietvereinbarung einen Nachweis über ein Bestandverhältnis und daraus erwachsende Kosten darstellen könne. Diese Auffassung findet im HGG 1992 jedoch keine Deckung. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, kann auch ein mündlich vereinbarter Mietvertrag Grundlage für einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe bilden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. August 1998, Zl. 98/11/0075, mwN), woraus sich bereits ergibt, dass es auf die Vorlage eines vergebührten Mietvertrages allein nicht ankommen kann. Zum Nachweis im Sinne des § 33 Abs. 1 erster Satz HGG 1992 ist vielmehr im Hinblick auf den aus § 46 AVG sich ergebenden Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel alles geeignet, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Die belangte Behörde hätte sich daher mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere mit seiner Meldebestätigung, dem von ihm vorgelegten, wenngleich undatierten, Mietvertrag sowie den oben erwähnten Kontoauszügen auseinander zu setzen und festzustellen gehabt, ob der Beschwerdeführer, wie er vorbringt, bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles in der verfahrensgegenständlichen Wohnung gewohnt hat, einen selbstständigen Haushalt dort führte und ob ihm auf Grund des behaupteten Mietvertrages Kosten im Sinne des § 33 Abs. 1 erster Satz HGG 1992 entstanden. Zutreffendenfalls hätte der Beschwerdeführer Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe. Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht hat es die belangte Behörde jedoch unterlassen, diesbezügliche begründete Feststellungen zu treffen, und ihren Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit belastet.
Soweit die Begründung des angefochtenen Bescheides schließlich dahingehend verstanden werden könnte, dass nach der Auffassung der belangten Behörde ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Wohnkostenbeihilfe schon deswegen nicht in Frage kam, weil auf Grund der von seiner Mutter geleisteten Zahlungen an den Vermieter von Kosten einer eigenen Wohnung, die dem Beschwerdeführer selbst entstehen, nicht gesprochen werden könne, hätte sie ebenfalls die maßgebliche Rechtslage verkannt. Ist ein Wehrpflichtiger auf Grund eines von ihm abgeschlossenen Mietvertrages zur Mietzinszahlung für eine von ihm bewohnte "eigene Wohnung" verpflichtet, so entstehen ihm durch Wohnkostenbeihilfe abgeltbare Kosten im Sinne des § 33 Abs. 1 erster Satz HGG 1992 auch dann, wenn diese Mietzinszahlungen - wie im vorliegenden Fall nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers - für einen bestimmten Zeitraum von seiner Mutter getragen wurden.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998110259.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
08.12.2010