TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/2 W119 2143362-1

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Veröffentlicht am 02.05.2018
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Entscheidungsdatum

02.05.2018

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs2
AsylG 2005 §9 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W119 2143362-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA: Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2016, Zl. 820953509/160144282, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.3.2018

A)

I. beschlossen:

Hinsichtlich der Beschwerde gegen den Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG idgF eingestellt.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, stellte am 27.8.2012 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 11.06.2014, Zl 13-820953509/2094855/BMI-BFA RD Wien, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) sowie dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 12.06.2015 erteilt wurde (Spruchpunkt III.).

Dem Antrag des Beschwerdeführers vom 20.5.2015 auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde entsprochen und ihm mit Bescheid des Bundesamtes gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine weitere befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 12.06.2017 erteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 201 (1) StGB (Vergewaltigung) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Mit Schreiben des Bundesamtes vom 29.01.2016 wurde dem Beschwerdeführer zum Verfahren gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wegen seiner strafgerichtlichen Verurteilung Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer äußerte sich dazu nicht.

In der Folge erkannte das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.10.2016 dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen ab (Spruchpunkt I.), entzog ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG (Spruchpunkt II.), erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 9 Abs. 2 AsylG für unzulässig (Spruchpunkt III.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt IV.). Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des in Österreich wegen eines Verbrechens verurteilten, aus dem Distrikt Yakawla in der Provinz Bamyan stammenden Beschwerdeführers ohne Schul- und Berufsausbildung oder Berufserfahrung und ohne familiären oder sozialen Rückhalt in Afghanistan auf Grund der aktuellen Länderfeststellungen der Staatendokumentation zu seinem Herkunftsstaat unzulässig sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 11.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Mit Schriftsatz vom 11. 11. 2016 erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter gegen sämtliche Spruchpunkte des Bescheides Beschwerde.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom XXXX, wurde der Beschwerdeführer amXXXX bedingt auf eine Probezeit von 5 Jahren unter Anordnung von Bewährungshilfe aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wien vom 23.02.2018 zufolge wurde gegen den Beschwerdeführer wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gemäß XXXX Anklage erhoben worden.

Am 21.03.2018 fand beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt nicht teilgenommen hat. Dabei gab der Beschwerdeführer an, seinen Bewährungshelfer alle zwei Wochen zu treffen. In Österreich sei er bisher nicht erwerbstätig gewesen, er habe nur einen Deutschkurs besucht. In Österreich führe er kein Familienleben; er wohne seit seiner Haftentlassung im August 2017 bei seiner Patin. Er habe viele Bekannte in Österreich, etwa aus der Schule. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wurde zu den in das Verfahren eingeführten Länderberichten eine Frist von 2 Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Mit Schriftsatz vom 23.03.2018 teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes vom 11.10.2016 zurückgezogen werde, während die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte aufrecht bleibe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2014, Zl 13-820953509/2094855/BMI-BFA RD Wien, der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Zum Antrag vom 20.05.2015 wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.05.2015 eine weitere Aufenthaltsberechtigung bis zum 12.06.2017 erteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen § 201 (1) StGB (Vergewaltigung) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit Beschluss des LG Korneuburg vom XXXX, wurde der Beschwerdeführer am XXXX bedingt auf eine Probezeit von 5 Jahren unter Anordnung von Bewährungshilfe aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2016, Zl 820953509/160144282, wurde dem Beschwerdeführer der ihm zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.), seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 9 Abs. 2 AsylG für unzulässig erklärt (Spruchpunkt III.) und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt IV.).

Mit Schriftsatz vom 23.03.2018 wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes vom 11.10.2016 zurückgezogen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Staatszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründet sich auf seine nachvollziehbaren und im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung an diesen zu zweifeln.

Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. zur Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, zu der strafgerichtlichen Verurteilung und zur amtswegigen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. zum Entzug der erteilten Aufenthaltsberechtigung ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie dem eingeholten Strafregisterauszug vom 09.02.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen keine gegenteiligen Bestimmungen enthalten sind, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

I.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zurückziehung einer Berufung zulässig und wird diese mit dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist - mangels einer aufrechten Berufung - die Pflicht der Berufungsbehörde zur Entscheidung weggefallen und das Berufungsverfahren ist einzustellen (siehe etwa VwGH E vom 25.07.2013, Gz. 2013/07/0106).

Dies muss grundsätzlich auch für die Zurückziehung einer Beschwerde, die beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, gelten (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 K 6). Allerdings ist das Verfahren diesfalls gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss einzustellen, dieser Beschluss ist allen Verfahrensparteien zur Kenntnis zu bringen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 28 K 3).

Festzuhalten ist, dass Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens lediglich die Spruchpunkt I, II und IV. des angefochtenen Bescheides sind. Der - ursprünglich auch angefochtene - Spruchpunkt IIII. wurde durch die am 23. 3. 2018 erfolgte Beschwerdezurückziehung rechtskräftig. Daher war die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes III des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss einzustellen.

II.

Zu Spruchpunkt I und II des Bescheides:

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 Asylgesetz 2005 (AsylG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017, ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen, wenn der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens nach § 17 StGB rechtskräftig verurteilt worden ist. Nach § 9 Abs. 2, letzter Satz AsylG ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 9 Abs. 3 AsylG ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls dann einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 leg.cit. wahrscheinlich ist. Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist gemäß § 9 Abs. 4 leg.cit. mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Nach § 17 Abs. 1 StGB sind Verbrechen vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind; alle anderen strafbaren Handlungen sind Vergehen.

Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 201 (1) StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

§ 201 Abs. 1 StGB sieht einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor.

Laut § 36 StGB gelten für eine Person, die zur Zeit der Tat das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die in § 19 JGG vorgesehenen Strafdrohungen. § 19 Abs. 1 besagt, dass gegen eine Person, die zur Zeit der Tat das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, auf keine strengere als eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren erkannt werden darf. Das Mindestmaß aller angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen richtet sich nach jenem bei Jugendlichen (§ 5 Z 2 lit. a, 3 und 4).

Der § 5 Z 2 lit. a, 3 und 4 JGG schreibt vor, dass für die Ahndung von Jugendstraftaten die allgemeinen Strafgesetze gelten, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist:

[...] 2. An die Stelle der Androhung einer lebenslangen Freiheitsstrafe und der Androhung einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe tritt,

a) wenn ein Jugendlicher die Tat nach Vollendung des sechzehnten Lebensjahres begangen hat, die Androhung einer Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren, [...]

3. An die Stelle der Androhung einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren tritt die Androhung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

4. Das Höchstmaß aller sonst angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen wird auf die Hälfte herabgesetzt; ein Mindestmaß entfällt. [...]

Somit beträgt die Strafdrohung im Fall des Beschwerdeführers gemäß § 5 Z 4 JGG bis zu fünf Jahre, womit die von ihm verübte strafbare Handlung als Verbrechen iSd § 17 StGB zu qualifizieren ist.

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher nicht entgegenzutreten, wenn es dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG aberkennt, ihm die erteilte Aufenthaltsberechtigung nach § 9 Abs. 4 leg.cit. entzieht und im - letztlich nicht angefochtenen - Spruchpunkt III. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 9 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, für unzulässig erklärt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Begehung der angeführten Straftat bzw. die Verurteilung des Beschwerdeführers nach Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfolgte (vgl. VfGH 16.12.2010, U 1769/10).

Soweit die Beschwerde darauf hinweist, dass der Beschwerdeführer als traumatisierter Minderjähriger allein und ohne sonstige Erwachsene sein Heimatland verlassen habe und nach Europa geflüchtet sei, sein Verhalten in der Justizanstalt vorbildlich gewesen sei, er sich auf einem guten Weg der Resozialisierung befinde und die Tat bereue sowie regelmäßig mit seiner Patin die Zukunft und Ausbildung des Beschwerdeführers besprochen werde und daher eine Aberkennung es subsidiären Schutzes nicht geboten sei, ist Folgendes festzuhalten:

Nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG hat die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zwingend bereits auf Grund der Verurteilung wegen eines Verbrechens nach § 17 StGB, also einer vorsätzlich begangenen strafbaren Handlung, die mit mindestens dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, zu erfolgen. Da der Gesetzgeber somit ausschließlich auf die erfolgte Verurteilung und die Höhe der Strafdrohung abstellt, ist es dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Beurteilung verwehrt, Umstände wie die vom Beschwerdeführer genannten in diese miteinzubeziehen (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG s. VfGH 08.03.2016, G 440/2015 ua.. Die dahingehenden Beschwerdeausführungen gehen daher ins Leere.

Zu Spruchpunkt IV. des Bescheides:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat gemäß § 58 Abs. 1 Z 4 AsylG die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 70/2015, ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017, ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet geduldet, solange deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist.

Das Bundesamt hat im vorliegenden Fall geprüft, ob die Voraussetzungen des § 57 AsylG ("Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz") vorliegen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 (RV 582 XXV. GP) heißt es in diesem Zusammenhang, dass Fremde, die aus Gründen des § 46a Abs. 1 Z 2 FPG geduldet sind, von vornherein von der Gewährung eines Aufenthaltstitels ausgeschlossen sind, da sie Ausschlussgründe für internationalen Schutz verwirklicht haben. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet wird gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG geduldet, da ihm - wie oben ausgeführt - der Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG aberkannt wurde. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG war ihm somit nicht zu erteilen, weil dem seine rechtskräftige Verurteilung wegen des o.a. Verbrechens entgegensteht.

Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz im Sinne von § 57 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 AsylG sind weder im Verfahren hervorgekommen noch wurden diese vom Beschwerdeführer je vorgebracht.

Desweitern ist in Bezug auf sein Vorbringen zum Privatleben und zur Aufenthaltsverfestigung auszuführen, dass die Aufrechterhaltung des Privatlebens nicht Ziel des § 57 AsylG ist, wie ein Blick auf den Text der Bestimmung zeigt. Eventuelle private Umstände, die der Beschwerdeführer ins Treffen führt, sind danach jedenfalls nicht zu beachten. Solche Umstände sind nur bei Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK, wie sie in § 55 AsylG geregelt sind ("Aufenthaltsberechtigung plus" und "Aufenthaltsberechtigung"), zu berücksichtigen. Diese sind im konkreten Fall nicht verfahrensgegenständlich. Anzumerken ist jedoch, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach § 46a Abs. 1 Z 2 FPG iVm § 9 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 122/2009, geduldet ist, seine Abschiebung wurde nicht für zulässig erklärt und sohin droht ihm diesbezüglich auch kein im Hinblick auf Art. 8 EMRK relevanter Eingriff in ein allenfalls in Österreich bestehendes Privat- bzw. Familienleben. Daher wäre eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen bereits aus diesem Umstand nicht geboten gewesen.

Dem Bundesamt ist daher zu folgen, wenn es die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG für nicht gegeben erachtet. Daher war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten,
Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 2, Aufenthaltsberechtigung
besonderer Schutz, strafrechtliche Verurteilung, Verbrechen,
Vergewaltigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W119.2143362.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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