TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/4 W269 2176915-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2018
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Entscheidungsdatum

04.05.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W269 2176915-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Elisabeth MAYER-VIDOVIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom XXXX , OB: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer war seit 29.06.2016 Inhaber eines bis 31.08.2017 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 90 von Hundert (v. H.).

Der Beschwerdeführer stellte am 17.05.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Diebstahls und legte ein Konvolut an Unterlagen und medizinischen Befunden vor.

Zur Überprüfung des Antrages holte die belangte Behörde in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 28.08.2017 ein. In diesem wurde auf Basis einer persönlichen Untersuchung die Funktionseinschränkung der Leidensposition

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Herztransplantation 9-2014 nach ischämischer Cardiomyopathie und wiederholtem Herzinfarkt Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da mäßige Belastungsdyspnoe bei Phrenicusparese links und arterieller Bluthochdruck inkludiert.

05.02.01

40

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert (v. H.) eingeschätzt. Begründend führte der Sachverständige aus, dass sich das Herzleiden nach der Herztransplantation maßgeblich gebessert habe.

2. Mit Bescheid vom 01.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v. H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die belangte Behörde verwies dabei auf das ärztliche Sachverständigengutachten vom 28.08.2017, wonach der Grad der Behinderung 40 v. H. betrage. Das Sachverständigengutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 02.10.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt er im Wesentlichen aus, dass folgende Erkrankungen nicht berücksichtigt worden seien:

-

Bruch des rechten und linken Unterschenkels;

-

starke Schwindelanfälle, die zu Stürzen führen;

-

Beeinträchtigung aller 5 Sinnesorgane;

-

Atembeschwerden;

-

neurologische Erkrankungen der rechten Hand und des linkes Fußes

Der Beschwerdeführer legte ein umfangreiches Konvolut an medizinischen Unterlagen vor. Er stellte keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

4. Anlässlich des Beschwerdevorbringens holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 11.10.2017 ein. Es wurden folgende Funktionseinschränkungen festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Herztransplantation 9-2014 nach ischämischer Cardiomyopathie und wiederholtem Herzinfarkt Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da mäßige Belastungsdyspnoe (NYHA I) bei Phrenicusparese links, mäßige Rhythmusstörungen und arterieller Bluthochdruck inkludiert.

05.02.01

40

2

Hochtonabfall beidseits Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da beidseits Hörminderung ab 1,5 kHz Tabelle Zeile 2 Kolonne 2

12.02.01

20

3

Degenerative und posttraumatische Gelenksveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da keine maßgeblichen Funktionsstörungen nach osteosynthetisch korrigierter Unterschenkelfraktur rechts und konservativ behandeltem Außenknöchelbruch links Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da keine maßgeblichen Funktionsstörungen nach osteosynthetisch korrigierter Unterschenkelfraktur rechts und konservativ behandeltem Außenknöchelbruch links.

02.02.01

10

Der Gesamtgrad

der Behinderung betrage 40 v. H. Begründend führte der Sachverständige aus, dass Leiden 2 nicht weiter erhöhe, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung bestehe. Auch Leiden 3 erhöhe nicht, da es von zu geringer funktioneller Relevanz sei.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 24.10.2017 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 01.09.2017 ab. Sie stützte sich dabei auf das aufgrund des Beschwerdevorbringens eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 11.10.2017. Dieses wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

6. Am 13.11.2017 brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag ein. Darin wiederholte er im Wesentlichen sein bisheriges Beschwerdevorbringen und fügte weiters hinzu, dass er eine Lungenoperation gehabt habe und sein Immunsystem aufgrund der notwendigen Einnahme von Medikamenten geschwächt sei. Auch sei seine Nierenfunktion herabgesetzt. Der Beschwerdeführer legte seinem Vorlageantrag weitere Befunde bei.

7. Am 17.1.2017 wurden die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

8. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge eine ergänzende Stellungnahme des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.01.2018 ein, in der der Sachverständige zu dem Ergebnis kam, dass keine Änderung bzw. Erweiterung der bisherigen Beurteilung zu erfolgen habe.

9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass gemäß § 46 BBG keine neuen Tastsachen und Beweismittel mehr vorgelegt werden dürfen.

10. Mit Schreiben vom 05.03.2018 legte der Beschwerdeführer einen weiteren Befund eines Herztransplantationsprogramms einer Medizinischen Universität vom 17.01.2018 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

1.2. Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Herztransplantation 9-2014 nach ischämischer Cardiomyopathie und wiederholtem Herzinfarkt;

2) Hochtonabfall beidseits;

3) Degenerative und posttraumatische Gelenksveränderungen.

1.3. Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v. H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister und den von dem Beschwerdeführer getätigten Angaben bei der Antragstellung. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

2.2. Die Feststellung hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung basiert auf den seitens der belangten Behörde eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 28.08.2017 und vom 11.10.2017 samt vom Bundesverwaltungsgericht eingeholter ergänzender Stellungnahme vom 25.01.2018. In diesen Gutachten und der Stellungnahme wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffene Einschätzung, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Führendes Leiden des Beschwerdeführers ist die Herztransplantation im September 2014 nach ischämischer Cardiomyopathie und wiederholtem Herzinfarkt. Der Sachverständige ordnete diese Funktionseinschränkung korrekt der Positionsnummer 05.02.01 der Anlage zur Einschätzung zu, welche Herzmuskelerkrankungen leichter Ausprägung betrifft und einen Rahmensatz von 30 bis 40 v. H. vorsieht. Der befasste Sachverständige begründete die Wahl des oberen Rahmensatzes damit, dass eine mäßige Belastungsdyspnoe (NYHS I) bei Phrenicusparese links besteht. Es liegen weiters mäßige Rhythmusstörungen und ein arterieller Bluthochdruck vor, welcher bei der Einschätzung ebenfalls entsprechend berücksichtigt worden ist. Aufgrund der befundmäßig dokumentierten Herztransplantation im Jahr 2014 ergab sich eine Besserung des Herzleidens, so dass im Vergleich zum Vorgutachten eine niedrigere Einschätzung nachvollziehbar ist. Die Atembeschwerden und die Zwerchfellraffung bei Phrenicusparese wurden unter Leiden 1 ebenfalls entsprechend berücksichtigt. Laut klinischem Status des Sachverständigengutachtens besteht auf der Lunge ein sonorer Klopfschall und Vesikuläratmung. Eine Dyspnoe war weder in Ruhe noch in Bewegung objektivierbar.

Auch die degenerativen und posttraumatischen Gelenksveränderungen sind in dem Sachverständigengutachten entsprechend berücksichtigt worden und korrekt der Positionsnummer 02.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet worden. Begründend für den unteren Rahmensatz führt der Sachverständige nachvollziehbar aus, dass keine maßgeblichen Funktionsstörungen nach osteosynthetisch korrigierter Unterschenkelfraktur rechts und konservativ behandelter Außenknöchelfraktur links vorliegen. Der Beschwerdeführer verwendet darüber hinaus keine Gehhilfe und kann einen Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits durchführen. Die grobe Kraft der unteren Extremitäten ist unauffällig, und es sind alle Gelenke altersentsprechend frei beweglich.

Der Hochtonabfall beidseits wurde unter Leiden 2 nachvollziehbar berücksichtigt und korrekt der Positionsnummer 12.02.01 (Tabelle, Zeile 2, Kolonne 2) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet. Der obere Rahmensatz ist durch die Hörminderung ab 1,5 kHz beidseits gerechtfertigt. Die in der Beschwerde monierte Nichtberücksichtigung dieses Leidenszustandes ist daher für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar.

Hinsichtlich der vorgebrachten Beeinträchtigung der Sehleistung des Beschwerdeführers kommt der Gutachter nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass der Visus nach erfolgreicher Grauer Star-Operation durch die Verwendung von Brillen ausreichend kompensiert werden kann.

Die Beeinträchtigung des Geruchs-, Geschmacks- und Tastsinns konnte durch die vorgelegten Befunde nicht objektiviert werden und findet sohin keinen Niederschlag in der gutachterlichen Einschätzung.

Ein schwaches Immunsystem aufgrund der notwendigen Einnahme von Medikamenten sowie eine herabgesetzte Nierenfunktion waren im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung nicht objektivierbar.

Ein einschätzungsrelevantes neurologisches Leiden der rechten Hand und des linken Fußes konnte dem Gutachter zufolge weder durch die vorgelegten Befunde noch im Rahmen der Untersuchung objektiviert werden. Laut klinischem Status des Gutachtens liegen weder in den oberen noch in den unteren Extremitäten Sensibilitätsausfälle vor. Die Feinmotorik und Fingerfertigkeit ist ungestört.

Das in der Beschwerde vorgebrachte Schwindelgefühl ist dem Sachverständigen zufolge auf die Einnahme von Medikamenten zurückzuführen und bedingt keine Behinderung im Rahmen der Einschätzungsverordnung. Diese Beurteilung deckt sich auch mit dem eJournal-Auszug eines Krankenhauses, in dem bei einer Untersuchung am 11.07.2016 ein Schwindelgefühl nach der Einnahme eines namentlich genannten Medikaments dokumentiert ist.

Hinsichtlich des am 05.03.2018 nachgereichten Befundes des Herztransplantationsprogramms einer Medizinischen Universität vom 17.01.2018 wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Zusammenfassend wurden die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers unter Zugrundelegung der vorgelegten medizinischen Befunde und der Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Untersuchung bei der Gutachtenserstellung entsprechend berücksichtigt und den korrekten Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet. Die Sachverständigengutachten samt Stellungnahme erweisen sich daher insgesamt als schlüssig und nachvollziehbar.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, die vorliegenden Sachverständigengutachten samt Stellungnahme zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es ihm doch, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen insgesamt keine Zweifel an der Vollständigkeit, Schlüssigkeit und Richtigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten und der Stellungnahme. Es findet auch keinen Anlass zur Annahme, dass die Sachverständigengutachten samt Stellungnahme mit den Erfahrungen des Lebens oder den Denkgesetzen in Widerspruch stehen und legt sie daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A)

3.2. Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl II 251/2012, ist unter einer Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 45 Abs. 1 leg.cit. sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 46 leg.cit. beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

3.3. Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung die schlüssigen Sachverständigengutachten vom 28.08.2017 und vom 11.10.2017 samt ergänzender Stellungnahme vom 25.01.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in den Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben in der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, die vorliegenden aktuellen Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v. H. beträgt.

3.4. Der am 05.03.2018 nach Beschwerdevorlage vorgelegte Befund eines Herztransplantationsprogrammes einer Medizinischen Universität unterliegt der Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG und kann sohin nicht berücksichtigt werden. Der Beschwerdeführer wurde diesbezüglich im Rahmen des Parteiengehörs vom 14.02.2018 explizit darauf hingewiesen, dass im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweise nicht vorgebracht werden dürfen.

3.5. Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v. H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung der Leidenszustände ein neuer Antrag des Beschwerdeführers beim Sozialministeriumservice und damit eine neuerliche Prüfung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.6. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen überprüft. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht gestellt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W269.2176915.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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