Entscheidungsdatum
04.05.2018Norm
AVG §34Spruch
W221 2143261-5/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017, Zl. 15-1071894510/150603387, betreffend Verhängung einer Ordnungsstrafe, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017, zugestellt am 23.08.2017, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 34 AVG eine Ordnungsstrafe in der Höhe von € 200,00 verhängt. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer mit einem vom ihm eingebrachten E-Mail vom 10.08.2017 mit dem Wortlaut "Fook mi fook yu" sich jedenfalls einer beleidigenden Schreibweise bedient habe. Bei den getätigten Äußerungen habe sich der Beschwerdeführer einer Ausdrucksweise bedient, welche im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Beleidigung darstelle. Maßgebend für die Höhe der Ordnungsstrafe sei die Überlegung, welche Strafe innerhalb des gesetzlichen Rahmens eine Änderung des Fehlverhaltens des Einschreiters erwarten lasse. In Anbetracht dieses Umstandes und der Schwere der hervorgehobenen Äußerung im E-Mail vom 10.08.2017, erweise sich die Verhängung einer Ordnungsstrafe in der Höhe von €
200,-, sohin im unteren Bereich des gesetzlichen Strafsatzes, als angemessen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass am 10.08.2017 kein Verfahren bei der belangten Behörde anhängig gewesen sei. Durch die Anordnung einer Ordnungsstrafe, welche in keinem Zusammenhang mit einem Verfahren oder einem Tätigwerden der belangten Behörde stehe, habe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Grenzen des objektiven Tatbestandes des § 34 AVG überschritten. Zweck der Bestimmung sei weiters, dass die Verfahrenspartei ein solches Verhalten in Hinkunft nicht mehr setze. Es werde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, welcher die Anwendung des § 34 Abs. 3 AVG konkret in Zusammenhang mit Überlegungen der Spezialprävention setze. Dies sei jedoch angesichts der psychischen Verfassung des Beschwerdeführers, die sich aus dem, dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, Gutachten ergebe, nicht möglich. Der Beschwerdeführer befinde sich sowohl in medikamentöser wie auch therapeutischer Behandlung und bemühe sich nachweislich die Symptomatik seiner Erkrankung in Griff zu bekommen. Die Anordnung einer Strafe sei hierfür nicht zielführend. Der Beschwerdeführer könne im Falle von krankheitsbedingten Schüben sein Verhalten nicht entsprechend kontrollieren. Die Zielsetzung ein entsprechendes Fehlverhalten in Hinkunft zu verhindern könne somit aufgrund der krankheitswerten Störung nicht erreicht werden. Schließlich sei der Beschwerdeführer weder im Rahmen seines Rechts auf Parteiengehör zu den Vorwürfen gehört worden, noch sei ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchgeführt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger und stellte am 02.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2016 wurde dieser Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
Spruchpunkt I. der angefochtenen Entscheidung (Asylabweisung) wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 05.01.2017, W221 2143261-1, behoben und gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Mit Bescheid vom 20.06.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.
Der Beschwerdeführer leidet unter einer krankheitswerten psychischen Störung, nämlich paranoider Schizophrenie, wobei aktuell eine Teilremission besteht und der Beschwerdeführer gut in der Lage ist, seinen Alltag selbständig zu organisieren. Amtswege und finanzielle Angelegenheiten konnten von ihm bisher immer selbständig geregelt werden und es besteht kein Grund für eine Besachwalterung.
Am 10.08.2017 richtete der Beschwerdeführer ein E-Mail mit dem Wortlaut "Fook mi fook yu" an die belangte Behörde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Asylverfahren und zum Email ergeben sich aus dem Akt.
Die Feststellungen zur psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers basieren auf der im Akt befindlichen Kopie des Gutachtens einer gerichtlich beeideten Sachverständigen und Fachärztin für Psychiatrie vom 27.03.2017.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A)
Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lauten wie folgt:
"Ordnungsstrafen
§ 34. (1) Das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, hat für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.
(2) Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, sind zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.
(3) Die gleichen Ordnungsstrafen können von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
(4) - (5) [...]"
Gemäß § 34 Abs. 2 AVG sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.
Die gleichen Ordnungsstrafen können gemäß § 34 Abs. 3 AVG von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
Unter einer Eingabe im Sinne des § 34 Abs. 3 AVG ist ein schriftliches Anbringen iSd § 13 AVG zu verstehen, wobei Voraussetzung für die Strafbefugnis der Behörde ist, dass das AVG auf die betreffende Eingabe überhaupt Anwendung findet und sich auf eine mit Bescheid zu erledigende Angelegenheit bezieht (vgl. VwGH 15.10.2009, 2008/09/0344 unter Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG I, 2004, Rz 15 zu § 34).
Im vorliegenden Fall ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen, dass sein Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seit Erlassung des Bescheides am 20.06.2017 bereits abgeschlossen war und sich sein Mail vom 10.08.2017 daher nicht als eine Eingabe darstellt, auf die das AVG Anwendung findet und die sich auf eine mit Bescheid zu erledigende Angelegenheit bezieht.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war daher zur Erlassung einer Ordnungsstrafe unzuständig, weshalb der Bescheid ersatzlos zu beheben ist.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Anhängigkeit, Beleidigung, Ordnungsstrafe, psychische Erkrankung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W221.2143261.5.00Zuletzt aktualisiert am
17.05.2018