Entscheidungsdatum
07.05.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W165 2192149-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde vonXXXX, geb. XXXX, StA Türkei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2018, Zl. 1168109207-171066368-East-West, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG
stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid wird behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet, wo dieser am 15.09.2017 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.
Zur Person des Beschwerdeführers liegt ein EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" zu Deutschland (DE1...07.12.2010) vor.
In der polizeilichen Erstbefragung vom 15.09.2017 gab der Beschwerdeführer an, dass er der Einvernahme ohne Probleme folgen könne. Er habe seinen Herkunftsstaat im Juli 2004 Richtung Kroatien mit einem PKW verlassen. Von Kroatien (einen Monat Aufenthalt) sei er über Slowenien, Italien und Frankreich (neun Jahre Aufenthalt) nach Deutschland (sieben Jahre Aufenthalt) und schließlich nach Österreich gelangt. Er wolle nicht mehr nach Frankreich zurückkehren, auch in Deutschland sei er nicht gut behandelt worden. Er habe sowohl in Frankreich als auch in Deutschland einen Landesverweis erhalten. Er habe immer nach Österreich kommen wollen, da er hier Verwandte (einen Neffen) habe.
Am 21.09.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland.
Mit Schreiben vom 25.09.2017, per E-Mail übermittelt am selben Tag, stimmte Deutschland der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Vom 22.09.2017 bis 05.10.2017 befand sich der Beschwerdeführer in stationärer Behandlung eines Landesklinikums (Aufenthaltsbestätigung des Landesklinikums liegt im Verwaltungsakt ein).
Am 28.09.2017 setzte das BFA die deutsche Dublin-Behörde darüber in Kenntnis, dass die Überstellung des Beschwerdeführers vorübergehend ausgesetzt werden müsse, da dieser untergetaucht sei. Unter Einem wurde um Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate ersucht (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO).
Mit Schreiben vom 29.09.2017 übermittelte das BFA der deutschen Dublin-Behörde einen Widerruf der mit Schreiben vom 28.09.2017 bekannt gegebenen Aussetzung.
Am 28.02.2018 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.03.2018 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gem. Art. 18 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei sowie II. gem. § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Deutschland zulässig sei.
Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.
Mit E-Mail vom 13.04.2018 teilte das BFA auf Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes mit, dass die Überstellungsfrist am 25.03.2018 abgelaufen sei. Eine zunächst am 28.09.2017 wegen unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers an Deutschland versendete Aussetzung sei am 29.09.2017 wegen ungerechtfertigten Sachverhaltes widerrufen worden, sodass die 6-monatige Überstellungsfrist unverändert bestehen geblieben und nicht verlängert worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird der unter I. dargelegte Verfahrensgang.
Obwohl grundsätzlich die Zuständigkeit Deutschlands zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers vorlag, erfolgte dessen Überstellung nicht innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO festgelegten Frist, konkret bis zum Ablauf des 25.03.2018. Eine zunächst am 28.09.2017 mit der Begründung des unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers ("untergetaucht") gegenüber Deutschland bekannt gegebene Aussetzung nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO wurde am 29.09.2017 wegen ungerechtfertigten Sachverhaltes storniert.
Der Beschwerdeführer war nicht flüchtig, sondern befand sich im Zeitpunkt der Übermittlung der Aussetzung an Deutschland nachweislich in stationärer Krankenhausbehandlung. Ein Krankenhausaufenthalt bzw. die Unmöglichkeit der Effektuierung einer Überstellung aufgrund Krankheit sind in Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO als in Frage kommende Verlängerungstatbestände der Überstellungsfrist nicht genannt. Gemäß Art. 29 Abs. 2 2. Satz Dublin III-VO kann die Überstellungsfrist höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte oder höchstens auf 18 Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.
Durch die Übermittlung der Aussetzung an Deutschland mit Schreiben vom 28.09.2017 die am 29.09.2017 als irrtümlich ergangen widerrufen wurde, wurde somit keine Verlängerung der Überstellungsfrist herbeigeführt. Die Überstellungsfrist in der ursprünglichen Dauer von sechs Monaten (Art. 29 Abs. 2 1. Satz Dublin III-VO) wurde somit nicht verlängert und ist in der Dauer von sechs Monaten unverändert aufrecht geblieben.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des BFA, insbesondere aus den im Akt einliegenden Schriftstücken zum geführten Konsultationsverfahren.
Die Überschreitung der Frist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO ergibt sich aus der zitierten Bestimmung, wonach die Überstellung innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedsstaat zu erfolgen hat.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ununterbrochen aufrecht gemeldet war, folgt aus einem ZMR-Auszug.
Die Feststellung, dass eine Überstellung des Beschwerdeführers bis zum Ablauf des 25.03.2018 nicht erfolgt ist, ergibt sich aus der E-Mail-Mitteilung des BFA vom 13.04.2018.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
...
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
...
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 21 Abs. 3 BFA-VG idgF lautet:
§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes
im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:
Art. 20
Einleitung des Verfahrens
(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.
(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.
(4) Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.
Der Antragsteller wird schriftlich von dieser Änderung des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats und dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, unterrichtet.
(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.
Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.
Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.
Art. 25
Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch
(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.
(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft treffen.
Art. 29
Modalitäten und Fristen
(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme - oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.
Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden.
Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez-passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.
(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.
Der Beschwerdeführer war in Österreich durchgehend aufrecht gemeldet. Der Beschwerdeführer war entgegen der im Schreiben über die Aussetzung an Deutschland zunächst getroffenen Annahme nicht flüchtig, sondern befand sich im Zeitpunkt der Übermittlung der Aussetzung an Deutschland nachweislich in stationärer Krankenhausbehandlung. Ein Krankenhausaufenthalt bzw. die Unmöglichkeit der Effektuierung einer Überstellung aufgrund Krankheit sind in Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO als in Frage kommende Verlängerungstatbestände der Überstellungsfrist nicht genannt. Gemäß Art. 29 Abs. 2 2. Satz Dublin III-VO kann die Überstellungsfrist höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte oder höchstens auf 18 Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung der Überstellungsfrist hat die am 28.09.2017 an Deutschland übermittelte - umgehend am 29.09.2017 widerrufene - Aussetzung keine Verlängerung der Überstellungsfrist bewirkt.
Eine Fristverlängerung aus den in Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO genannten Gründen ist demnach nicht erfolgt bzw. wurde ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht gewährt.
Ein Übergang der Zuständigkeit gem. Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO hat im gegenständlichen Verfahren somit stattgefunden und ist Österreich demnach nunmehr zur Führung des materiellen Verfahrens des Beschwerdeführers zuständig. Dementsprechend war der die Zuständigkeit Österreichs zurückweisende Bescheid des Beschwerdeführers zu beheben und das Verfahren zuzulassen.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben, zumal sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen, insbesondere die im gegenständlichen Verfahren relevante Frage des Vorliegens eines Fristablaufes, eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt beantwortet werden konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen treffen Art. 29 Dublin III-VO und § 21 Abs. 3 BFA-VG klare eindeutige Regelungen (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Fristablauf, Fristversäumung, Überstellungsfrist, Verfristung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W165.2192149.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.05.2018